Weihnachtsfeier

Kevin (kommt auf die Bühne gelaufen) Mama, Mama, wann gibt es denn endlich die Geschenke?

Susanne (dreht sich zu ihm) Ich habe dir doch jetzt schon ein paarmal gesagt, daß es die Geschenke erst heute abend gibt.

Kevin Wann ist denn endlich Abend?

Susanne Also nochmal, Klaus-Kevin: Erst kommen Dein Onkel Herbert, deine Cousinen, Tante Jessica und Onkel Andreas. Dann essen wir gemeinsam, singen ein paar Lieder und dann kommt der Weihnachtsmann.

Kevin Ach Mami, ich bin doch schon acht, da glaube ich doch nicht mehr an den Weihnachtsmann.

Susanne Na, dann laß dich mal überraschen.

Kevin (verläßt die Bühne) Och Mann, das dauert soooo lange.

Chantal (kommt auf die Bühne) Mama, ist Papa mit dem Weihnachtsbaum schon da?

Susanne Du fragst mich auch schon das wievielte Mal. Ich kann nichts dafür, daß Papa erst so spät losgefahren ist. Wer weiß, ob er überhaupt noch einen Weihnachtsbaum bekommt!

Thomas (kommt mit einem winzigen Weihnachtsbaum in einem Topf herein) Hallo, hier bin ich.

Susanne Was ist das?(zeigt auf den mikrigen Baum)

Thomas Tut mir leid, ich habe keinen anderen mehr bekommen. Aber immerhin ist er mit Wurzeln und so haben wir länger was davon.

Chantal Ja, wenn wir Glück haben, ist er nächstes Jahr Weihnachten groß genug.

Susanne Der ist wirklich sehr klein. Du hättest ja wirklich ein paar Tage früher dich drum kümmern können. Immer muß alles erst auf den letzten Drücker passieren.

Chantal Das ist unser erster Baum, wo selbst Kevin ohne Hilfe den Stern an der Spitze anstecken kann.

Thomas (zieht sein Jacke aus und schaut sie finster an)

Chantal Vielleicht sollte wir ihn in unseren alten Laufstall stellen, damit keiner drüber fällt.

Thomas (wird laut) Jetzt ist aber gut, Chantal-Marie! Ich weiß selber, daß er klein ist! (versucht sich zu beherrschen) Sollen wir ihn gleich schmücken?

Chantal (nimmt skeptisch eine rote Kugel) Eine Schachtel Kugeln reicht wohl.

Thomas Können wir ihn nicht diesmal einheitlich silbern schmücken, so wintermäßig?

Chantal Na schön (legt die rote Kugel zurück und nimmt eine silberne)

Kevin (kommt; enttäuscht) Och, der ist aber klein.
(Alle frieren ein, außer Thomas der etwas zum Thema ``Der Weihnachtsbaum ist zu klein'' sagt.)

Chantal (schaut aus dem Fenster) Oh, Onkel Herbert kommt. Der hat ja immer tolle Autos.

Susanne Oh nein! Ich bin doch noch gar nicht fertig. (Zu Thomas) Kannst Du Deinem Bruder nicht mal beibringen, pünktlich zu sein? Mal kommt er zu spät, mal zu früh, mal gar nicht, aber niemals pünktlich.

Thomas (resignierend) Was soll ich da machen? Da weißt ja, wie er ist.

Susanne Deine Familie wieder!

Thomas Ach meine Familie! Und was ist mit Deiner Schwester, Madame ``Perfekt''? Wie sie immer prahlt, mit ihrem Supermann, ihren Super-Kindern, ihrem Super-Haus und ihren Super-Jobs. Das einzige, was ihren Besuch erträglich macht, ist die Tatsache, daß diese Prahlerei auch ihrem Mann sichtbar auf die Nerven geht und sie es nicht merkt.

Susanne Ja, ja du hast ja recht, meine Familie - zumindest Teile davon - sind auch seltsam. Wie sie immer mit der musikalischen „Förderung“ ihrer Mädchen angibt, insbesondere dann, wenn sie feststellt, daß unsere Kinder kein Instrument lernen.

Thomas Ach ja, also müssen wir auch heute wieder die musikalischen Ergüsse deiner Nichten ertragen.

Kevin Ach schaut mal, da kommen Tante Jessica und Onkel Andreas.

Thomas (schaut seine Kinder an) Ach ihr wart die ganze Zeit hier? Ähm, das war jetzt nicht so gemeint, bitte erzählt Tante Jessica und Onkel Andreas nichts davon.

Susanne Ja, und Onkel Herbert bitte auch nicht. Sie könnten das falsch verstehen.

Herbert (kommt rein) Hallo (gibt Thomas und dann der Susanne die Hand, umarmt die Kinder kurz; zur Susanne) Ach ich sehe, ihr seid noch nicht fertig. Na dann will ich nicht stören. Ich setze mich etwas vor euren Fernseher, OK? (geht ab)

Susanne Das ist doch....

Jessica (kommt rein) Hallöchen ihre Lieben (umarmt überschwenglich Susanne, Thomas und die Kinder; zu den Kindern Ihr seid ja groß geworden, wie macht eure Mutter das nur, ha, ha, ha, ha wir haben übrigens Oma mitgebracht, sie wollte zwar erst morgen kommen, weil sie noch bei der Obdachlosenweihnachtsfeier mithelfen wollte, aber sie ist ja schon so alt und hat ja so oft schon mitgeholfen und da dachte ich, es wäre schöner, wenn sie schon Heiligabend hier bei uns wäre... (Andreas, Birte, Susi und Oma kommen rein, umarmen alle wortlos) ... dieses Weihnachten müssen die Obdachlosen mal ohne unsere Oma auskommen ha ha ha ha ha ach du bist ja noch nicht fertig, komm ich helf dir eben, dann schaffen wir es noch rechtzeitig, ah du bist gerade am Nachtisch. Rühre doch schon einmal die Sahne an, ich mach den Pudding fertig, das ist meine Spezialität, (zu Andreas gewandt) stimmt's Schatzi?

Andreas Äh, ja...

Kevin (Kevin verläßt unauffällig die Bühne)

Jessica (unterbricht ihn) Meine Familie liebt meinen Pudding, sie flehen mich geradezu an, ihn jeden Sonntag zu machen ha ha ha ha ha

Herbert (kommt) Ah, ein endloser Wasserfall, das kann nur unsere liebe Jessica sein. (gibt den Neuankömmlingen die Hand)

Jessica (stutzt) Ach Herbert, du bist ja auch schon da. Und hast Du endlich mal jemanden mitgebracht? ha ha

Herbert (sieht sie an, schüttelt den Kopf und geht wieder ab)

Jessica Was hat er denn? Wir haben übrigens eine Überraschung für euch: Birte und Susi haben zwei Weihnachtslieder eingeübt und spielen sie nachher für uns, bezaubernd, sag ich euch.

Susanne Ähem, wißt ihr was? Ich komme hier alleine klar, bitte geht doch schon mal mit Oma ins Wohnzimmer. Thomas kann euch schon mal etwas zu trinken geben.

Jessica Oki doki, aber du mußt wirklich Bescheid geben, wenn du meine Hilfe brauchst. (sie geht mit ihrer Familie und Oma)

Thomas Welche Pillen hat die denn heute genommen? Und wieso schickst du mich ihr hinterher? Habe ich dir irgendwas getan?

Susanne (flehend) Bitte, halt sie mir vom Hals, sonst werde ich mit dem Essen nie fertig.

Thomas (geht ab)

Susanne (zu Chantal) Hilfst Du mir noch ein bißchen?

Chantal Kein Problem. .... Sag mal, warum müssen wir immer Weihnachten mit unseren Verwandten feiern?
(Mutter friert ein und Chantal sagt einiges über Verwandte)

Jessica Das war ja lecker. Das schmeckte ja fast so gut wie zu Hause ha ha ha ha ha doch nun ist es soweit. Laßt uns doch nun ein fröhliches Weihnachtslied singen. Also los: O Tannenbaum, O Tannenbaum, wie grün sind Deine Blätter (sie schmettert das Lied weiter; Andreas, Susi und Birte singen leise mit, die anderen gucken genervt) du grünst nicht nur zur Sommerzeit, nein auch im Winter, wenn es schneit, O Tannenbaum, O Tannenbaum, wie grün sind Deine Blätter.
Hach, war das nicht schön?

Herbert Nein, überhaupt nicht. Das Lied ist doch wirklich kindisch.

Kevin Und außerdem stimmt es nicht. Ein Tannenbaum hat doch Nadeln, keine Blätter.

Chantal Ja, und zur Sommerzeit grünen die meisten Weihnachtsbäume nicht mehr.

Jessica Also ... ihr, ihr macht einen ja die ganze Weihnachtsstimmung kaputt. Also Susanne, sag doch auch mal was.

Susanne Ähm ich finde es auch etwas kitschig. Vielleicht können wir etwas anderes singen.

Jessica Au ja, wir singen 'Stille Nacht'.

Herbert Also 'still' paßt auf unseren Abend hier ganz sicher nicht (guckt demonstrativ auf Jessica)

Jessica (beleidigt) Also, wenn ihr nicht singen wollt, dann können wir uns jetzt doch anhören, was meine Engelchen (ihre Töchter verdrehen die Augen) vorbereitet haben.

Thomas (leise zu sich selbst) die Armen können ja nichts dafür (normal laut) Ja gerne, wir freuen uns.

Susi (Susi und Birte spielen erkennbar aber falsch ein Weihnachtslied)
(Susi und Birte spielen weiter, während Herbert seine Gedanken über die Weihnachtslieder äußert.)

Jessica Hach, war das schön. Das war jetzt quasi unser erstes, schönes Geschenk.

Herbert Ja, und wir können es nicht mehr umtauschen.

Thomas Herbert, bitte! (dreht sich dann zu Susanne)

Susanne So, dann kommen wir jetzt zu dem Teil, das die Kinder schon sehnlichst erwarten ... (blickt auf Andreas)

Jessica (faucht Andreas leise an) Nun mach schon, du bist dran.

Andreas Ach ja... (steht auf und geht nach rechts raus)

Jessica Na Kinder hört ihr schon was ... da ist doch leises Glockengebimmel ... hört ihr es?

Birte (holt ihr Handy heraus und fängt an, darauf herumzutippen; zu ihrer Schwester) Das ist wohl jetzt der Gipfel der Peinlichkeit, oder?

Susi (holt ebenfalls ihr Handy hervor) Das glaube ich auch.

Jessica (wirft einen bösen Blick auf ihre Töchter, guckt suchend umher und spricht dann Kevin an) Es kommt immer näher, was kann es nur sein? Ich höre Schritte... (wartet kurz) ich höre Schritte ... (ruft ärgerlich laut nach rechts) Ich höre Schritte!!

Andreas (kommt als Weihnachtsmann verkleidet mit einem Sack voller Pakete herein) Ho ho ho, vom Nordpol komme ich her und ich habe einen Sack voll Geschenke dabei.

Susi (zu ihrer Schwester gewandt) Du hast Dich geirrt. Es geht noch peinlicher.

Birte (nickt zustimmend)

Andreas (verteilt Päckchen an jeden; alle frieren ein und Andreas äußert seine Gedanken zum Thema ``Geschenke'' im Weihnachtsmannkostüm

Jessica Das war ja so lieb von euch allen, all' die schönen Sachen, es ist doch jedes Jahr wieder nett, wenn man so als Familie zusammen ist...

Herbert Jetzt hör doch 'mal auf zu quasseln! Das ist ja unerträglich, in einem fort bist du am Reden.

Jessica Das ist doch... du bist echt gemein. Andreas sag' doch auch 'mal was!

Andreas Äh also...

Jessica Und ihr anderen? (mit zitternder Stimme) Bin ich auch so unerträglich für euch?

Susanne Bevor hier alles aus dem Ruder läuft, möchte ich als Gastgeberin auch einmal 'was sagen. Ihr wißt, daß wir als Familie an Jesus Christus glauben und für uns ist Weihnachten die Erinnerung daran, daß Jesus zu uns Menschen gekommen ist, aus Liebe zu uns.
Thomas und ich haben euch wirklich gern und haben euch deshalb wieder zur Feier eingeladen, aber ich möchte, daß es diesmal anders wird.
Jesus hat Liebe und Wahrheit vorgelebt und gelehrt und ich will dieses Jahr die Feier einmal so erleben, indem wir uns auch liebevoll die Wahrheit sagen.
Jessica, du bist meine Schwester und ich habe dich echt lieb und ich bin froh, daß du da bist. Aber bitte schalte einmal einen Gang zurück und sei mal einfach nur mein Gast. Ich fühl mich oft von dir überfahren.
Und Andreas, Susi und Birte, es ist auch schön, daß ihr da seid, auch wenn es für euch, Susi und Birte, vielleicht etwas langweilig ist.

Thomas Und du Herbert, es ist auch schön, daß du da bist. Du bist mein Bruder und ich - wir - haben dich lieb. Ich wünsche mir manchmal, du würdest dich mehr auf die anderen einlassen und nicht immer so abweisend sein.

Oma Und ich, ich wollte in Wahrheit deswegen nicht kommen, weil ich nicht miterleben wollte, wie man sich wieder wie jedes Jahr auf die Nerven geht und dabei so tut, als wäre alles in Ordnung. Ich bin aber froh, daß Jessica mich überredet hat, mit zu kommen.

Thomas Es ist schön Mutter, daß du da bist. Ihr dürft auch gerne uns sagen, wo wir jemanden verletzt haben, so daß wir wirklich in guten Atmosphäre noch den restlichen Abend verbringen können. Es braucht sich keiner zu rechtfertigen, sondern laßt uns einfach einander vergeben.

Jessica (nachdem ein paar Sekunden keiner etwas sagt) Ich bin sprachlos.

Andreas (lächelnd) Da erleben wir jetzt sogar ein echtes Weihnachtswunder.