Dankbar

Das ist gar nicht so leicht mit der Dankbarkeit...

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Frieda: Frieda
Marlene: Marlene

Frieda sitzt an einem Tisch und liest. Dann klingelt es, sie geht zu Tür.

Frieda Ach hallo Marlene, komm doch rein, setz Dich. Möchtest Du einen Kaffee?

Marlene (setzt sich) Danke, das ist lieb.

Frieda (kommt mit zwei Tassen zum Tisch, setzt sich und reicht Marlene eine Tasse. Beide trinken etwas.)

Marlene (sieht sich um) Oh, heute ist es aber perfekt aufgeräumt. Erwartest Du Besuch?

Frieda (etwas säuerlich) Vielen Dank. Sonst ist es ja immer ein Saustall hier!

Marlene (unsicher) Nein, nein, so meine ich das nicht. Es sieht sonst eher normal aus, (zögernd, dann schnell) so wie bei mir zu Hause.

Frieda (verzieht das Gesicht)

Marlene Na ja, als würde man hier wohnen und nicht im Schaufenster stehen. (guckt hilflos)

Frieda (entspannt sich, lächelt) Du hast ja Recht. Sonst sieht es nicht so geleckt aus.

Marlene Und warum hast Du das gemacht?

Frieda (verzieht wieder das Gesicht) Das war nicht ich, das war Tante Margarethe, als ich nicht zu Hause war.

Marlene Deine Tante von nebenan? Ohne Dich zu fragen?

Frieda (seufzend) Ja

Marlene (sarkastisch) Ich würd' mich ja bedanken! (kurze Pause) Wieso macht sie das?

Frieda Keine Ahnung, vielleicht war ihr langweilig! Was weiß ich?

Marlene (guckt fragend)

Frieda Sie hat ja einen Schlüssel und als Sascha noch kleiner war, hat sie öfter auf ihn aufgepasst. Als Fred vor zwei Jahren gestorben war, war ich ja mit dem Jungen alleine und wenn ich mal abends weg musste oder auch mal weg wollte, dann hat sie auf ihn aufgepasst. Und da bin ich auch total dankbar für. Inzwischen ist er 12 und recht vernünftig für sein Alter und man kann ihn Abends ab und zu auch einmal alleine lassen.

Marlene Dann braucht Deine Tante nicht mehr zu babysitten?

Frieda Nein, eigentlich nicht. Es wäre auch OK, wenn sie ab und zu zum Kaffee mal rüberkommen würde, bisschen quatschen und so. Aber sie ist der Meinung, sie muss mir immer helfen! Dann kommt sie dauernd in meine Wohnung, wenn ich nicht da bin und räumt irgendwas auf oder putzt, so wie heute die Küche. Sie meint es ja gut, aber mich macht das wahnsinnig. Bin ich undankbar?

Marlene Ich weiß nicht, ich denke nicht.

Frieda Und das Schlimmste ist: Wenn ich etwas suche oder verlegt habe, dann beschuldige ich in Gedanken zuerst Tante Margarethe, weil das auch schon einmal vorkommen ist, dass sie Sachen umgeräumt hat und ich sie deswegen nicht mehr gefunden habe. Normalerweise habe ich meinen Kram aber selber verlegt und bin selbst Schuld daran, wenn ich etwas nicht finde. Trotzdem ist in so einer Situation der erste Gedanke „Tante Margarethe!“ und dann fühle ich mich schlecht.

Marlene Hast Du mit ihr mal darüber gesprochen?

Frieda Irgendwie geht das nicht. Ich will sie auch nicht verletzen, denn ich weiß nicht, wie ich das alles ohne sie nach Freds Tod geschafft hätte. Manchmal glaube ich, ihr ist tatsächlich einfach langweilig. Sie ist ja schon Mitte 60, auch alleinstehend und hat keine Kinder. Und ich will auch nicht undankbar erscheinen.

Marlene Vielleicht bräuchte Sie einen Freund oder so.

Frieda Wo soll ich den denn hernehmen? Soll ich sie bei einer Dating-Platform anmelden? Bei Tinder vielleicht? (zögert) Manchmal fühle ich mich ja selber einsam. Aber Fred ist irgendwie noch zu präsent.

Marlene Ach, dann geh doch mit ihr zusammen mal zu einer Single-Börse, z.B. zum Speed-Dating!

Frieda Du hast so doch nicht mehr alle! Das wäre dasselbe, als würde ich mit meiner Mutter in die Disko gehen. (schüttelt sich) Nein, auf keinen Fall. Ich fände es auch nicht richtig, sie mit irgendwelchen hinterlistigen Tricks verkuppeln zu wollen.

Marlene Wenn sie aber dann doch ihren Traummann dadurch findet, wäre sie sicherlich dankbar.

Frieda (überlegt) Dankbar dafür zu sein, dass durch falsches Handeln das richtige Ergebnis erreicht wurde, fühlt sich aber komisch an.

Marlene Häh?

Frieda Ja, dann müsste ich auch für die Küche dankbar sein, denn sie sieht ja toll aus.

Marlene (grinst) Besser als der Saustall sonst.

Frieda Blöde Kuh! (streckt die Zunge raus) Trotzdem stört mich diese Putzaktion meiner Tante. Ich kann nicht dankbar dafür sein.

Marlene Ich glaube, du grübelst zu viel. Lass uns kommenden Freitag einen Mädelsabend machen. Karin und Klaudia kommen bestimmt auch mit und wir machen einen drauf.

Frieda Ach, ich weiß nicht...

Marlene Das wird ein Abend, für den Du mir mal danken wirst...

Frieda Ja klar! Ewiger Dank gebührt Dir, weil wir in einer Bar zusammen 'was trinken.

Marlene Genau, dankbar dafür, wie wunderbar es mit uns in der Bar wird.

Frieda Das ist doch bar jeder Vernunft...

Marlene Du sollst auch nicht vernünftig sein und sondern dankbar dafür, dass Du so coole Freundinnen hast, die sich mit Dir abgeben.

Frieda Dankbar werde ich wohl eher sein, wenn ich es schaffe, bei solchen Sprüchen am nächsten Tag ohne Kater zu erwachen.