Lobpreis Peter Schütt, 1995

Der nachfolgende Text beschreibt meine Erkenntnisse zum Thema
Lobpreis und wie er bei uns praktiziert wird.
Der nachfolgende Text ist natürlich weder dazu geeignet,
ungeprüft übernommen zu werden, noch ungeprüft verworfen zu werden.
Ich habe bisher selber schon einiges zum Thema Lobpreis gelesen
(z.B. Buch von G. Kendrick) und bin deswegen über verschiedene
Standpunkte zu diesem Thema informiert.
Diese Papier soll keinen Streit entfachen, sondern nur dem
Meinungsaustausch dienen.

- Einleitung
Als Vorbild zum Lobpreis ist das Buch der Psalmen geeignet, da
laut revidierter Elberfelder die Überschrift "Lobgesänge"
bedeutet. Ferner wurden in alt- und neutestamentlicher Zeit die
Psalmen als Loblieder gesungen (z.B. Matth.26,30;).
Sicherlich geht es nicht darum, in Lobliedern nur wörtliche
Bibelstellen zuzulassen ("Singt dem Herrn ein neues Lied"), aber
bestimmte Prinzipien aus den Psalmen sollten meiner Ansicht
nach beachtet werden.
Vom musikalischen Stil gefallen mir die modernen Lieder besser;
der steht von der Bibel her, meiner Ansicht nach, aber nicht
zur Diskussion.

- Kritikpunkte:
1. Inhaltliche Ausrichtung
In den Psalmen und auch in alten Glaubensliedern -die mir
musikalisch oft nicht gefallen- wird die Größe Gottes oft
von der menschlichen Schwäche her herausgestellt (z.B.
Psalm 13; 51; u.v.a.).
Dieses Prinzip halte ich für sehr wichtig und es fehlt in
den Lobpreisliedern fast völlig. Das kann dazu führen, daß
man mit guter Stimmung die Probleme wegloben und damit
verdrängen will, sie aber nicht vernünftig bewältigt werden.
Sie kommen dann wieder, wenn die Stimmung vorbei ist.

2. Inhaltliche Tiefe
Die meisten Lobpreislieder besitzen wenig inhaltliche Tiefe;
sie sind mit Psalm 117 vergleichbar. Solche Loblieder muß es
auch geben, aber sie sollten nicht in der Mehrheit sein,
weil sie es im Buch der Psalmen auch nicht sind. Zu viele zu
einfache Lieder können zu einer allgemeinen Oberflächlichkeit
führen; jeder füllt die Lieder mit eigenen Inhalten, weil
der grobe Text das einfach verlangt (z.B. häufige Floskel
"Ich erhebe dich"). In den meisten Psalmen werden solche
Aussage meistens mit Beispielen und erklärenden Aussagen
gefüllt. Diese inhaltliche Tiefe ist notwendig, damit die
vielen Einzelheiten in Gottes Wesen, die seine Größe
ausmachen, deutlich werden.

3. Erfüllung mit dem Geist und "Herbeisingen" des Herrn
In einigen Lobliedern wird um die Erfüllung mit dem Heiligen
Geist gebeten. Diese Bitte gibt es nirgendwo in der Bibel;
ebenso gibt es nirgendwo eine Bitte an den Heiligen Geist
(Hes.37,9 ist sicherlich auf den Odem Gottes und nicht auf
den Heiligen Geist bezogen).
Viele Gemeindetypen halten die Bitte um Erfüllung mit dem
Heiligen Geist für wichtig und das drückt sich auch in den
Liedern aus, die von diesen Gemeinden her kommen.
Die Erfüllung mit dem Heiligen Geist ist eine
Folgeerscheinung und ein Wachstumsprozeß (Eph.3,16-19; auch
das Verb in Eph.5,18 ist in einer Zeitform, die einen
Prozeß beschreibt).
Eine interessante Stelle zu diesem Thema ist 2.Kön.2,9; wo
Elisa um den doppelten Anteil von Elias Geist bittet.
Ich denke, daß in der heutigen Zeit durch Jesu Opfer
wir schon mehr als Elisa haben, nämlich den ganzen Geist und
nicht nur einige Anteile. Elisa Herzenshaltung ist hier
vorbildlich für uns, weil sie auch aufgabenorientiert war,
aber man kann sie meiner Meinung nicht als Beispiel für ein
Gebet zur Erfüllung mit dem Geist nehmen.
Auch Lukas 11,13, denke ich, trifft nicht direkt auf uns
zu, weil wir den Heiligen Geist schon haben. Der Text will
uns auf diese beste Gabe Gottes (Matth.7,11), den Heiligen
Geist, hinweisen.
Die Zuhörer damals waren hauptsächlich irdisch ausgerichtet
(Apg.1,6;), hatten den Heiligen Geist allesamt noch nicht
und deshalb stellt Jesus ihn als die beste Gabe Gottes dar.

In manchen Fällen erfüllt Gott für eine besondere Aufgabe
in besonderem Maße mit dem Heiligen Geist (z.B. Luk.21,14.15;
was z.B. in Apg.4,7-14; erfüllt wird).
Wer ein Gebet nicht ganz richtig formuliert, es aber
richtig meint, wird von Gott Erhörung erfahren und deshalb
reagiert Gott oft auch auf die Bitte um die Erfüllung mit
dem Heiligen Geist mit einer Stärkung des Glaubens.
Die Gefahr liegt aber darin, daß man im Hauruckverfahren
Wachstum oder irgendwelche Erlebnisse erfahren will und so
emotionale Empfindungen mit dem Heiligen Geist verwechselt.
Ferner wird der Heilige Geist manchmal "herbeigesungen".
Eigentlich hat ihn doch jeder Wiedergeborene und damit ist
er schon da.

Auch das Herbeisingen des Herrn (z.B. "Komm in unsere Mitte")
erscheint mir nicht richtig, da er versprochen hat, da zu
sein, wenn wir uns in seinem Namen versammeln. Wenn wir es
bei so einer Versammlung nicht so richtig spüren, liegt das
nicht daran, daß wir ihn zu wenig darum gebeten haben,
sondern daß vielleicht Sünde in unserem Leben ist oder wir
einfach mit unseren Gedanken woanders sind.

4. Loben, um etwas zu erreichen
In der heutigen Zeit ist die Lehre nicht selten, daß man
durch Lobpreis die Macht von Dämonen beschränken kann.
Von daher stellt sich die Frage nach dem Sinn des
Lobpreises.
Jemanden zu loben bedeutet einfach, etwas Gutes über ihn zu
sagen und damit ist Gott der einzige, der wirklich Lob
verdient. Lob hat in erster Linie Sinn, wenn es das
Bewußtsein über die Größe Gottes bei einem Menschen vermehrt.
Das kann zum einen das Lob Gottes in aller Welt sein oder das
Lob Gottes in der Gemeinde sein.
Wenn man Gott vor anderen lobt und diese dadurch Gottes
Größe besser verstehen, dann kann etwas passieren, worüber
Freude im Himmel ist, nämlich daß ein Sünder Buße tut.
Loblieder sollen dazu beitragen, Gott vor den anderen zu
loben und auch sich die Größe Gottes vor Augen zu stellen.
Die Frage ist nun, ob man durch Loblieder auch den Satan
binden kann. Verliert Satan die Macht über ein Gebiet, wenn
man dort viele Loblieder singt ?
Ein häufig gebrauchtes Beispiel ist Apg.16,25.26; wo
angeblich durch die Lobgesänge die Mauern gefallen sein sollen.
In V.25 steht, daß sie gebetet haben, und ich denke, daß sie
einfach auch für die Bekehrung des Kerkermeisters gebetet
haben und Gott daraufhin etwas unternommen hat. Die
Loblieder waren sicherlich auch Bekenntnislieder, da ja die
Gefangenen zuhörten. Bei den heutigen Lobpreisliedern hätten
heutige Gefangene sicherlich einige Verständnisprobleme.
Durch Gebet und Buße kann man den Machtbereich des Satans
beschränken, nicht durch Lobpreislieder und Proklamationen.
Der erste Missionar Paulus hat sich auch nirgendwo
hingestellt und Loblieder gesungen, um dem Satan Gebiet
abzunehmen. Er bat die Gemeinden um Gebet für offene Türen.
Das reichte ihm.

Ich halte diese Sache lange nicht für ein Hauptproblem in
unserer Gemeinde, aber es ist vielleicht einmal ganz gut,
meine Ansichten dazu schriftlich zu formulieren.

Der wichtigste Punkt ist, daß das Inhaltsspektrum der
Lobpreislieder nicht mit dem Inhaltsspektrum der biblischen
Loblieder, der Psalmen, übereinstimmt. Meiner Ansicht nach kann
man das auch nicht durch Hinzunahme einiger weiterer Lieder
korrigieren, sondern man müßte meiner Ansicht nach das
Lobpreisliederspektrum stark verändern, um dem Vorbild der
Psalmen näher zu kommen.

Ich möchte nochmal betonen:
Dies ist keine Streitschrift, kein Flugblatt, keine 95 Thesen,
sondern das sind meine Ansichten zum Thema Lobpreis, die ich
aus der Bibel erkannt habe, die weder dazu da sind, sie
ungeprüft zu übernehmen, noch sie ungeprüft zu verwerfen.
Und dieses Papier soll keinen Streit entfachen, sondern nur
dem Meinungsaustausch dienen.
Dieses Papier wird auch nicht als Propagandamaterial in der
Gemeinde verteilt werden, sondern in erster Linie einigen
der Lobpreisgruppe gegeben werden.