Werte

Werte? Für hier? Für die Ewigkeit? Weil ich es mir wert bin? Betrachtungen anhand der Bergpredigt

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Einleitung

Ich habe mir in letzter Zeit viel Gedanken über „Werte“ gemacht.

Das ist ein Thema, dass man in der neueren Zeit auch in der Geschäfts- und Firmenwelt häufig findet, häufig zusammen mit einer Vision und Strategie. Manche Firmen geben sich sogar eine Mission.

Ich bin von solches Aussagen immer ein wenig hin und her gerissen.

Vor 50 Jahren und früher konnte man für die meisten Firmen Werte, Vision und Strategie mit dem Wort „Profit“ zusammenfassen.

Und letztendlich ist das das Hauptziel einer Firma. Wenn eine Firma keinen Profit macht, wird sie auf Dauer pleite gehen und all die anderen schönen Werte, Visionen und Strategien spielen keine Rolle mehr.

Ich habe mal im Internet bei diversen großen Firmen auf der Web-Seite nach Werten gesucht. Bei Thyssen-Krupp z.B. stand der Satz: „Wir bauen auf starke Werte: Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit, Glaubwürdigkeit und Integrität.“

Man hat so ein bisschen den Eindruck, das sagen alle und so etwas ist auch leicht gesagt.

Am Besten gefiel ein Satz, den ich bei der Bayer AG
(https://www.bayer.com/de/strategie/strategie)
gefunden habe. Dort ist die Rede von vier strategischen Werthebeln. Das alleine ist schon eine geile Formulierung.

Als 1. Innovation, als 2. Kostenreduktion, als 3. Nachhaltigkeit (muss heutzutage immer mit dabei sein) und 4. kommt dann folgende Aussage:

Wir entwickeln ein in den Bereichen Gesundheit und Ernährung global führendes Unternehmen weiter. Dabei schaffen wir Wert durch strategische Kapitalallokation mit Fokus auf profitablem Wachstum.

„strategische Kapitalallokation“, ich glaube, so schön hat noch niemand „Geldscheffeln“ bezeichnet.

Ich persönlich empfinde solche Strategien, Visionen oder auch Unternehmenswerte immer so bisschen grenzwertig, manchmal an der Grenze zur Lächerlichkeit.

Z.B. wenn eine Firma sich also menschlich und mitarbeiterfreundlich präsentiert und dann Leute betriebsbedingt gekündigt werden, wirkt so etwas unglaubwürdig.

Oder wenn eine Firma nur menschenfreundliche Werte nach außen kommuniziert und den Wunsch nach Profit peinlich im Hintergrund hält, dann macht sie sich auch unglaubwürdig. Von daher ist diese Bayer-Aussage schon irgendwie ehrlich („strategische Kapitalallokation“).

Als ich jünger war und noch keine Verantwortung hier in der Gemeinde trug, konnte ich mit Strategien und Visionen für die Gemeinde nichts anfangen.

Wir haben den Missionsbefehl aus Matthäus 28, 18-20, also versuchen wir irgendwie das Evangelium in der Stadt zu verbreiten. Wozu Strategie und Vision? Und über Werte habe ich damals noch gar nicht nachgedacht. Diakonie hatte ich auch eher weniger im Blick. In meinem einfachen jugendlichen Weltbild (eher jungen erwachsenen Weltbild) dachte ich mir, Diakonie machen viele, das Evangelium zu verbreiten eher wenige, also machen wir das, was wenige machen.

Ich will mein Denken von damals gar nicht groß heute beurteilen, vielleicht war es etwas zu wenig ganzheitlich gedacht, aber es kommmt mir heute nicht persé falsch vor.

Trotzdem findet wir Werte in der Bibel und ich möchte mit Euch dazu eine sehr bekannte Bibelstelle betrachten. Aber seht diese Predigt bitte nicht als Aufforderung, die nachfolgenden Werte einfach zu übernehmen, sondern als Gedankenanstoß, in das Thema „Werte für unsere Gemeinde“ tiefer einzusteigen.

Werte in der Bergpredigt

Ich lese den Anfang der Bergpredigt, Matthäus 5, 3-12; NL

3 »Glücklich sind die, die erkennen, dass sie Gott brauchen, denn ihnen wird das Himmelreich geschenkt. 4 Glücklich sind die, die traurig sind, denn sie werden getröstet werden. 5 Glücklich sind die Freundlichen und Bescheidenen, denn ihnen wird die ganze Erde gehören. 6 Glücklich sind die, die nach Gerechtigkeit hungern und dürsten, denn sie werden sie im Überfluss erhalten. 7 Glücklich sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erfahren. 8 Glücklich sind die, die ein reines Herz haben, denn sie werden Gott sehen. 9 Glücklich sind die, die sich um Frieden bemühen, denn sie werden Kinder Gottes genannt werden. 10 Glücklich sind die, die verfolgt werden, weil sie in Gottes Gerechtigkeit leben, denn das Himmelreich wird ihnen gehören. 11 Glücklich seid ihr, wenn ihr verspottet und verfolgt werdet und wenn Lügen über euch verbreitet werden, weil ihr mir nachfolgt. 12 Freut euch darüber! Jubelt! Denn im Himmel erwartet euch eine große Belohnung. Und denkt daran, auch die Propheten sind einst verfolgt worden.

Andere Übersetzungen schreiben „Selig sind die...“, aber ich finde hier die modernere Übersetzung verständlicher.

Schauen wir uns die Werte an, die sich aus dem Text ergeben:

Ich brauche Gott

3 »Glücklich sind die, die erkennen, dass sie Gott brauchen, denn ihnen wird das Himmelreich geschenkt.
Dass ich erkenne, dass ich Gott brauche, das ist wirklich ein Wert, der mein Leben bestimmen soll und das wünsche ich mir auch für unsere Gemeinde. In unserer Gemeinde brauchen wir Gott, bei der Planung, bei der Entscheidungsfindung, bei der Umsetzung. Wir brauchen Gottes Leitung.

Wenn man von außen auf unsere Gemeinde guckt und fragt, was macht die evangelisch-freikirchliche Gemeinde Leichlingen aus? Kann man dann sagen, sie braucht Gott und ist sich dem bewusst?

Traurig?

4 Glücklich sind die, die traurig sind, denn sie werden getröstet werden.
Traurig? Was kann man hieraus für einen Wert ableiten?

Müssen wir mit traurigen Gesicht und sauertöpfisch herumlaufen, um auch einmal diverse Klischees über Kirche zu bestätigen?

Nein, ich denke, hiermit ist gemeint, dass man vor den Sorgen, Problemen und Nöten anderer nicht die Augen verschließt, sondern das Leid teilt und mittrauert. Hier ist die Rede von Mitgefühl.

Wir tragen unsere Trauer, unsere Lasten gemeinsam, dass wäre doch ein toller Wert für unsere Gemeinde.

Freundlich und Bescheiden

5 Glücklich sind die Freundlichen und Bescheidenen, denn ihnen wird die ganze Erde gehören.
In anderen Übersetzungen steht „sanftmütig“, aber da kann ich nicht wirklich etwas mit anfangen. Das Wort ist sogar mir zu alt.

Der Ton macht die Musik. Wenn man es hinbekommt, immer freundlich miteinander umzugehen, dann entsteht schon eine ganz besondere, anziehende Atmosphäre. Natürlich darf nicht nur freundlich getan werden, sondern die Freundlichkeit muss tief in den Beziehungen verankert sein. Da sind wir doch auf einem guten Weg, habe ich so das Gefühl.

Und Bescheidenheit: Für die heutige Zeit würde ich folgenden Wert daraus ableiten.

Der andere widerspricht meiner Meinung, könnte aber recht haben. Vielleicht irre ich mich.

Wenn wir diese Wert verinnerlichen, dann würden wir uns schon ziemlich von der heutigen Welt absetzen, glaube ich.

Gerechtigkeit

6 Glücklich sind die, die nach Gerechtigkeit hungern und dürsten, denn sie werden sie im Überfluss erhalten.

Gerechtigkeit halte ich für ein schwieriges Thema. Wir nehmen häufig für uns selbst gerne Gerechtigkeit in Anspruch. Bei anderen ist uns das nicht immer so wichtig.

„Wenn der das darf, darf ich das auch“, das habe ich auch schon von Erwachsenen gehört, vielleicht auch sogar selber schon einmal gesagt.

Mit menschlicher Gerechtigkeit kommen wir hier wahrscheinlich nicht weiter.

Wie sieht es mit Gottes Gerechtigkeit aus? Wir sind vor Gott alle schuldig, alle Sünder und durch Jesus Christus haben wir Vergebung von Gott erlebt. Und das ist Gottes Gerechtigkeit.

Das ist doch ein Wert für unser Leben und für unsere Gemeinde: Vergebung. Wir sind geduldig miteinander und sind zur Vergebung bereit.

Natürlich sind manche Konflikte komplexer und man muss da darüber reden, dass ist klar, aber als grundsätzlicher Wert finde ich „Vergebung“ gut.

Barmherzigkeit

7 Glücklich sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erfahren.

Barmherzigkeit würde ich als gelebtes Verständnis, Hilfe und Beistand ansehen.

Wir hatten vorhin schon unter dem Punkt „Trauer“ das „Mitgefühl“ und das hier setzt darauf auf.

Es kann nicht jeder alle seine Probleme selber lösen, man kommt oft genug an Grenzen. Und so haben wir Verständnis für unsere Schwächen, helfen wir einander und stehen einander bei. Das passiert auch oft genug heute schon so. Und das ist ein Wert für unsere Gemeinde.

Reines Herz

8 Glücklich sind die, die ein reines Herz haben, denn sie werden Gott sehen.

Jede Übersetzung schreibt hier „reines Herz“.

Dieser Punkt fiel mir am Schwersten. Was ist ein reines Herz?

Am ehesten konnte ich mir vorstellen, was das Gegenteil von einem reinen Herzen ist, nämlich Hintergedanken und Heimtücke.

Bekommen wir das hin, in der Gemeinde ohne Hintergedanken (Heimtücke hoffentlich schon einmal gar nicht) miteinander umzugehen?

Das würde natürlich auch bedeuten, dass man unangehme Fragen und Meinungsverschiedenheiten irgendwie anspricht und klärt. Vielleicht bekommt man das freundlich und bescheiden hin.

Ein formulierter Wert wäre dann: Wir gehen ohne Hintergedanken miteinander um.

Um Frieden bemühen

9 Glücklich sind die, die sich um Frieden bemühen, denn sie werden Kinder Gottes genannt werden.
Andere Übersetzungen schreiben „Friedensstifter“. Das empfinde ich persönlich als überfordernde Formulierung. „Um Frieden bemühen“ das geht noch für mich.

Wir leben in einer ziemlich gespaltenen Gesellschaft, insbesondere politisch und gesellschaftlich. Und durch Corona sind diese Spaltungen auch noch quer durch Gruppen und Familien gezogen, die sonst sich zusammengehörig gefühlt haben.

Können wir als Christen oder als Gemeinde dazu beitragen, dass Spaltungen überwunden werden, dass sich Konflikte wirklich befrieden lassen?

Frieden zwischen Mitmenschen empfinde ich als wichtigen Wert, auch für uns als Gemeinde. Brücken bauen, Beziehungen wieder neu knüpfen, können wir das?

Gerade bei diesem Punkt wird mir der erste Wert aus der Bergpredigt ganz besonders bewusst: Ich brauche Gott.

Verfolgung?

10 Glücklich sind die, die verfolgt werden, weil sie in Gottes Gerechtigkeit leben, denn das Himmelreich wird ihnen gehören. 11 Glücklich seid ihr, wenn ihr verspottet und verfolgt werdet und wenn Lügen über euch verbreitet werden, weil ihr mir nachfolgt. 12 Freut euch darüber! Jubelt! Denn im Himmel erwartet euch eine große Belohnung. Und denkt daran, auch die Propheten sind einst verfolgt worden.

Es bleibt unser Auftrag, von Jesus Christus weiter zu sagen, auch wenn manche glauben, dass das nicht in die heutige Welt passt.

Es geht natürlich nicht darum, irgendetwas in peinlicher Art und Weise wie vielleicht vor 40 Jahren zu machen. Jede Generation muss aufs neue ihre Art und Weise, ihre Sprache, ihre Methoden finden, um von Jesus Christus weiter zu erzählen. Der am Anfang erwähnte Missionsbefehl aus Matthäus 28, 18-20 gilt heute immer noch.

Und mir ist es wichtig, dass man über die Gemeinde auch noch in Zukunft sagt: „Die erzählen von Jesus Christus“, in welcher Form auch immer.

Kultur

Nun bin ich mal exemplarisch durch die Bergpredigt mit dem Schwerpunkt „Werte“ durchgangen.

Ich habe auch einmal zu Hause die Werte von einigen Gemeinden, von „Treffpunkt Leben Erkrath“, von der Christuskirche in Ratingen und vom Revitalisierungsprogramm des Bundes miteinander verglichen. Das war total spannend, die Gemeinsamkeiten und auch die Unterschiede, aber das hätte heute den Rahmen gesprengt. Guckt euch das ruhig mal zu Hause an.

Ich möchte kurz vor Ende noch einen Satz aus der Managementwelt zitieren. Diesen Satz habe ich auch vom Marc Stoßberg aus Erkrath gesagt bekommen.

Kultur frisst Strategie zum Frühstück

Dieser Satz ist von dem Guru der Managementtheorie, Peter Drucker.

Die Kultur umfasst die gemeinsamen Werte, Normen und Überzeugungen innerhalb unserer Gemeinde. Sie bestimmt, wie wir miteinander und mit Besuchern umgehen.

Letztendlich kann man die Kultur als die gelebten Werte ansehen. Wenn wir Werte erarbeiten und nur an die Wand hängen, nützt das nichts. Wenn wir sie leben, wird das unsere Gemeindekultur verändern und Menschen anziehen. Gelebtes Christsein war schon immer das beste Zeugnis.

Zusammenfassung

Ich fasse zusammen: