Einleitung
Wir haben Advent und alle Jahre wieder hört man etwas darüber. Ihr wisst, „Advent“ bedeutet Ankunft.
So eine Ankunft hat immer zwei Seiten: Einer der ankommt und ein anderer, der darauf wartet.
Und zum Thema „Warten“ fällt sehr häufig der Ausdruck „Warten auf Godot“, ein Stück von Samuel Beckett. Ich glaube, den Ausdruck „Warten auf Godot“ kennt jeder, aber das Stück hat kaum einer gesehen.
Ich habe auf einem bekannten Video-Portal mal in eine Inszenierung hineingeguckt, aber ich fand es eher langweilig und die angekündigte Dauer von 2 Std im Zusammenhang mit meiner begrenzten Lebenszeit ließ mich dann zügig das Experiment abbrechen. Witzig fand ich einen Kommentar unter dem Video zu dieser Inszenierung:
„Da gucke ich lieber einem Zwieback beim Schimmeln zu.“
Ich habe dann eine Kurzversion gefunden, die sieben Minuten dauerte und mit Playmobilfiguren gespielt wurde. Das hat mir für einen Überblick gereicht.
„Warten auf Godot“ ist ja eine Redewendung, mit dem der Zwang zu langem, sinnlosem und vergeblichen Warten gemeint ist.
Aber Warten muss nicht immer so sein und wir finden in der Bibel hier und da Menschen, die auf etwas gewartet haben oder sogar warten mussten. Und davon möchte ich heute einige mit Euch betrachten.
Abram
Beginnen wir mit Abraham oder Abram, wie er anfangs hieß (1. Mose 12, 1-4; NL):
Mit 75 war er nicht mehr der Jüngste. Allerdings muss man hier erwähnen, dass die Menschen damals noch älter als heute wurden. Von daher war er wohl etwas fitter als der durchschnittliche heutige 75-Jährige.
Er macht sich mit seiner Frau, der Familie seines Neffens und seinem gesamten Besitz auf den Weg und wartet darauf, dass er, der noch keine Kinder hat, Vater eines großen Volkes wird.
In Kanaan angekommen, erweitert Gott die Zusage, dass er nicht nur Nachkommen haben wird, sondern dass die Nachkommen auch noch das Land bekommen werden (1. Mose 12, 7). Er wird wohl als Nomade in Zelten gelebt haben und wandert in Kanaan herum. Er erlebt dabei vieles. Sie ziehen einmal nach Ägypten, wo er Probleme bekommt. Dann trennt er sich von seinem Neffen Lot, weil sie beide einfach zu reich waren. Dann zieht er in einen Krieg und gewinnt (1. Mose 14). Er begegnet einem Hohepriester des Herrn mit Namen Melchisedek. Er hat also ein erfülltes Leben.
Aber er wird immer älter und hat immer noch kein Kind. Seine Frau Sarai scheint unfruchtbar zu sein. Die Zeit rinnt beiden durch die Finger.
Abram war nun schon 85 und da kommt Sarai auf die Idee, dass Abram mit ihrer Magd Hagar schlafen soll, damit sie dadurch zu einem Kind kommt. Das funktioniert zwar, aber die schwangere Hagar blickt nun so deutlich herablassend auf ihre unfruchtbare Herrin, dass diese sie nun so schlecht behandelte, dass Hagar floh.
Die komplette Geschichte war eigentlich eine blöde Idee, aber Gott begegnet Hagar, so dass sie zurückkam.
Nun war Abram 99 und Sarai 89 und Gott erneuert und erweitert seine Zusage. Nun soll Abram Abraham heißen, als Vater vieler Völker. Dazu soll es einen ewigen Bund zwischen Abrahams Nachkommen und Gott geben. Und Sarai wird in Sara („Fürstin“) umbenannt und sie soll ein Kind gebären. In dem Alter war damals die geschlechtliche Vereinigung schon sehr ungewöhnlich, erst recht eine Zeugung und eine Geburt.
Und dann bekam in (1. Mose 21, 1ff) Sara wirklich einen Sohn, Isaak.
25 Jahres mussten sie auf die Erfüllung der Zusage von Gott warten. Und diese 25 Jahre fielen in die Zeit, wo menschlich gesehen, die Chance auf eigene Kinder immer mehr dahin schwand.
Sie hatten schon ein erfülltes Leben, sind immer wieder Gott begegnet, aber der eigentliche Wunsch, die entscheidende Verheißung, auf die sie warteten, erfüllte sich lange nicht.
Abraham wurde „Freund Gottes“ (Jakobus 2, 23) genannt und hat so sein Leben mit Gott gelebt. Manchmal hat er sicherlich darunter gelitten, dass trotz langem Warten seine Frau keine Kinder bekam, obwohl ihm Gott welche zugesagt hatte und sich daher auch auf die Sache mit Hagar eingelassen. Abraham war also nicht fehlerfrei. Aber er war sich sicher, dass Gott es gut mit ihm meint, und das war ihm wichtiger, als die Erfüllung der Zusage.
Nach Saras Tod hat Abraham sogar noch einmal im hohen Alter geheiratet und noch einmal 6 Söhne gezeugt, welche die Stammväter von Völkern wurden. Er wurde also tatsächlich Vater vieler Völker.
Jakob
Kommen wir zu einem nächsten Beispiel aus der Bibel. Abraham hatte ein Enkel, Jakob, und der hatte eine schwierige Kindheit. Er hat als junger Mann seinen Bruder Esau beim Erbe abgezockt und weil seine Mutter befürchtete, dass Esau sich rächen würde, überredete sie ihren Mann, Jakob in die Ferne zu seinem Onkel Laban zu schicken.
Er trifft dort ein und versteht sich gut mit ihm (1. Mose 29, 14-20; NL):
Sieben Jahre auf die Frau warten, das ist hart. Wer wartet heute noch sieben Jahre! Aber weil er sie liebte, kam ihm die Zeit nur wie ein paar Tage vor.
Diese Aussage finde ich interessant. Fällt das Warten leichter, wenn man weiß, worauf man wartet? Wenn man sich auf etwas freut?
Vergleichen wir doch einmal kurz das Warten von Abraham und Jakob. Abraham hatte eine „Irgendwann“-Zusage, die sich auch nicht so einfach mit seiner Lebenswirklichkeit überein bringen ließ. Er und seine Frau wurden halt immer älter.
Für Jakob war es zumindest soweit leichter zu warten, weil er eine feste Zusage hatte, dass er seine Frau nach sieben Jahren bekommt.
Aber Ungeduld war für Keinen von Beiden eine Option.
Ich möchte noch ein weiteres Beispiel, Kaleb, betrachten.
Kaleb
Ein paar Generationen nach Jakob war das Volk Israel inzwischen in Ägypten gelandet und sollte von Gott wieder nach Kanaan, ins gelobte Land, geführt werden. Als sie an der Grenze zu Kanaan lagerten, wurden 12 Kundschafter ausgewählt, von denen Kaleb einer war, die sich das Land ansehen sollten.
Also sie wieder kamen, gaben sie folgenden Bericht (4. Mose 13, 27-32; NL):
Daraufhin fängt das Volk an zu jammern und will nach Ägypten zurückkehren (4. Mose 14, 6-10; NL).
Die Geschichte endet dann so, dass die murrenden Erwachsenen nicht in das gelobte Land dürfen, sondern erst ihre Kinder, mit zwei Ausnahmen (4. Mose 14, 29.30; NL):
Und es soll 40 Jahre dauern, bis sie dann ins gelobte Land kommen.
Mindestens 40 Jahre muss Kaleb also warten. Wer wartet 40 Jahre auf die Erfüllung eines Versprechens?
Aber es wird erfüllt (Josua 14, 6-11; NL):
Kaleb musste sogar 45 Jahre warten. Mit 85 nimmt er die Zusage von damals in Anspruch und Gott hat dafür gesorgt, dass er es auch noch kann.
Zur Zeit von Kaleb wurden die Leute nicht mehr so alt, da war 85 schon eher selten.
Und ich glaube, die meisten Menschen würden sich heutzutage eher betrogen vorkommen, wenn sie 45 Jahre auf etwas warten müssen und es erst mit 85 bekommen. Mit 85 hat man doch nichts mehr davon. Man jammert über Zipperlein und redet nur noch von früher und Veränderungen will man doch auch nicht mehr.
Aber für Kaleb passte es und er schien sich auch ein bisschen auf die Einnahme seines versprochenen Lands zu freuen.
Ich glaube, dass Gott unser Warten für uns passend macht. So steht ganz allgemein in 1. Korinther 10, 13; NL:
Andere Übersetzungen schreiben hier, dass wir es ertragen können.
Gott lädt uns nicht mehr auf, als wir ertragen können. So ging es Abraham, Jakob und Kaleb und diese drei sind nur eine kleine Auswahl von Menschen, die mit Gott unterwegs waren.
Worauf warten wir?
Zum einen warten wir auf Weihnachten, das kommt ja immer so überraschend. Habt Ihr schon alles bestellt? Oder - natürlich - selber gebastelt?
Aber worauf warten wir wirklich im Leben?
Als ich ein junger Mann war, habe ich auf die richtige Frau gewartet. Ich wollte eine gläubige Frau und habe daher vor nichtgläubigen mein Herz verschlossen. Das ging irgendwie. Aber ich hatte die Mitte der Zwanziger überschritten und es war immer noch keine da.
Hier und da hat auch einmal eine ältere Dame unserer Gemeinde gesagt: So, wie der herumläuft, findet der nie eine. Und dann war auf einmal doch eine da.
Worauf wartet man noch? Auf das Ende der Schule, der Ausbildung, darauf, dass die Kinder endlich ausziehen? Ich selbst bin erst mit 29 ausgezogen, von daher fühle ich mich nicht so im Recht, zu drängeln.
Ich persönlich habe keine konkrete Zusage für ein besonderes Ereignis von Gott empfangen, wie jetzt z.B. Abraham.
Andererseits wartet man als Christ ja auf die Wiederkunft des Herrn. Aber wie sehr wirkt sich diese Erwartung im Alltag aus?
Ich habe jetzt Urlaub und bin dabei, meine Heimwerker-Werkstatt aufzuräumen. Dazu habe ich mir als erstes eine neue Werkbank gebaut. Das hat zwar Spaß gemacht, war aber auch sehr anstrengend.
Wenn der Herr jetzt nächste Woche wiederkommt, dann hätte ich mir das klemmen können. Andererseits, wenn er erst in zwei Jahren kommt, dann habe ich zumindest zwei Jahre eine aufgeräumte Werkstatt, was mir das Leben erleichtert.
Vielleicht ist der Begriff „Warten“ auch zu wenig. Vielleicht sollte man lieber vom „Erwarten“ sprechen.
Was erwarten wir? Womit rechnen wir? Abraham hat zwar nicht immer so recht mit dem versprochenen Kind gerechnet, aber er hat mit Gott gerechnet; schließlich wurde er Gottes Freund genannt.
Jakob hat in der Erwartung auf seine Frau sieben Jahre gearbeitet, aber es kam ihm nur sehr kurz vor, weil er sich auf das Ziel freute.
Und Kaleb hat nicht nur die Zeit abgewartet, sondern er hat in Erwartung auf das versprochene gelobte Land gelebt.
Was erwarten wir? Ist die Wiederkunft Jesu Christi nur etwas, was wir für wahr halten? Oder ist etwas, was Auswirkungen hat. Erwarten wir, dass Jesus etwas mit unserer Gemeinde vorhat? Dass, wenn wir ihn bitten, er etwas mit und in uns etwas bewirken, verändern will?
Können wir wie Abraham als Freunde Gottes leben und so ein Warten gut ertragen?
Und glauben wir wie Kaleb, dass Gott seine Zusagen erfüllt, auch wenn es lange dauert?
Zusammenfassung
- Zur Ankunft gehört auch jemand, der darauf wartet.
- Abraham hat mit Gott gelebt, aber er musste 25 Jahre auf die Erfüllung der Zusage warten und teilweise selbst nicht mehr so richtig daran geglaubt.
- Jakob musste sieben Jahre arbeiten und warten, und es kam ihm kurz vor, weil er Rahel liebte.
- Kaleb war Gott treu und wurde trotz langem Warten dafür belohnt.
- Worauf warten wir? Was erwarten wir? Erwarten wir, dass Jesus etwas mit unserer Gemeinde vorhat? Dass, wenn wir ihn bitten, er etwas mit und in uns etwas bewirken, verändern will?