Predigt, 28.7.96

Was ist wahr ? Wie kann ich wissen, was wahr ist ?

Verschiedene Bibelstellen:
Joh. 18, 37.38; - Jesus und Pilatus; „Was ist Wahrheit ?"
Joh. 14, 6; - Jesus ist Weg, Wahrheit und Leben.
Joh. 6, 66-69; - geglaubt und erkannt;
Ps.139, 1-4.23.24; - Gott durchschaut mich; er soll mein Leben prüfen;

0. Einstieg
Alle glauben an Gott, Atheisten gibt es kaum noch.
Aber kennen sie auch Gott ? Vielleicht glauben viele an einen falschen Gott ?
(Telefonbuch mitbringen, aufschlagen, einen beliebigen unbekannten Namen
auswählen und darüber spekulieren)
(Als weiteres Beispiel vielleicht auch ein Geburtstagskind nehmen, aber genau
abwägen !)
Genauso machen es viele Menschen mit Gott. Sie vermuten nur, daß es etwas
Höheres gibt und nennen es Gott, aber sie wissen fast nichts.
Und genauso wie man einen Menschen nur dann kennenlernt, wenn man dessen
Leben in Wort und Tat sieht, genauso ist es mit Gott.
Nun werden viele sagen: Niemand hat Gott je gesehen. Das ist ja auch richtig,
auch ich habe ihn noch nie gesehen.
Deswegen hat Gott sich selbst vorgestellt:
Joh.1,14; Gottes Wort wurde Fleisch; Gott hat in Jesus vorgemacht, was er und
wie er wirklich ist;
Als Jesus getauft wurde, passierte folgendes:
Mat.3,17; Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen
gefunden habe.
So wie Jesus war, so gefiel es Gott.
Also hat Gott in Jesus einerseits gezeigt, wie er selbst ist und andererseits wie er
sich wünscht, wie wir sein sollen. (Diese zwei Bibelstellen sind exemplarisch
ausgewählt, da gibt es noch mehr.)
Die Frage ist, ob wir Gott wirklich kennenlernen wollen.
Von manchen Menschen wird man in seiner Meinung über sie ent-täuscht -vorher
hat man sich getäuscht- und vielleicht hat man auch ein bißchen Angst, daß Gott
ganz anders ist, als man sich ihn vorstellt und daß auch das, was er will, ganz
anders ist, als man bisher gedacht hat.

Die entscheidene Frage, die sich jetzt stellt, ist, wie stelle ich fest, was Gottes Wille
ist. Zu diesem Thema gehört die Frage: Was ist moralisch richtig ?
Was ist gut, was ist schlecht, was ist richtig, was ist falsch ?
Mein Maßstab ist dabei die Bibel. Viele Menschen haben damit Schwierigkeiten,
„Es ist nur ein altes Buch", „Jeder legt sie anders aus", usw.
Darauf kommen wir noch zurück.

Zuerst möchte ich mit euch darüber nachdenken, warum ein Maßstab notwendig
ist.

1. Was ist richtig ?

(Folie oberen Teil der Folio (Skala) auflegen)
Bei vielen Dingen im Alltag werden Skalen verwendet. Oft haben sie einen roten Bereich
für das schlechte und einen grünen Bereich für das Gute. Nun kann man versuchen, Denk-
und Handlungsweisen an einer Skala zu messen. Was ist gut (im grünen Bereich) und was
schlecht (im roten Bereich).

Folgende Beispiele könnte man z.B. einfach einmal an so einer Skala anlegen:
1. Mord und Witwen besuchen
2. Spenden
3. Familie gründen
4. Stehlen
5. Diskutieren
6. Fernsehen
7. Rockmusik hören
8. Ehebruch (oder ein kleines Abenteuer)
9. uneheliche Sexualität
10. Teures Auto
11. Reichtum
und noch viele mehr;
Eine korrekte Einordnung ist bei den meisten Dingen wegen der Komplexität von
Sachverhalten, wegen Meinungsverschiedenheiten, usw. eigentlich unmöglich.
Man kann versuchen, es ungefähr einzuordnen.

Normalerweise haben die meisten Menschen Sehnsucht, nach einem, der diese
Unsicherheit in die Hand nimmt, und der einem sagt, was richtig ist.
Ich habe im Ostblock schon häufig erlebt, daß Menschen bedingungslos dem
Wort ihres örtlichen Priesters glauben. Was der sagt, das muß ja stimmen.
Das ist eine Verhaltensweise, die in den meisten Menschen drin ist.
Ich bin sicher, wenn heute einer auftreten würde, der halbwegs plausibel
erklären würde, wie er die Umwelt- und Wirtschaftsprobleme in den Griff
kriegt, dem würden alle nachlaufen und bedingungslos alles glauben.
Diese Denkweise gibt es z.T. ja auch in christlichen Kreisen, daß man einen als
geistliches Vorbild sieht und dem -ohne zu prüfen- fast alles glaubt.

Aber wie kommt man einen richtigen Maßstab, um solche Gegebenheiten des
Lebens richtig zu beurteilen? Wie kann man erkennen, was wahr ist ?
Der richtige Weg ist, denke ich, ein Maßstab, der von oben, von Gott kommt,
die Bibel.
(Dann viele Sachen auf einmal legen) Gal. 5, 19-22; (lesen)
(anhand von diesen Versen versuchen zu ordnen; Schwierigkeiten dabei aufzeigen;)
Man merkt, daß die Bibel nur eingeschränkt als Gesetzbuch zu gebrauchen ist, auch
wenn man andere Verse mit dazunimmt. Aber deutlich wird hier schon, daß die
Absichten, das Motiv, das hinter einer Tat steckt, im besonderen Maße wichtig ist.
Aber trotzdem bleibt es oft schwierig, im praktischen Alltag zu erkennen, was
richtig ist.

2. Wie erfahre ich, was richtig ist ?
Das normale menschliche Zusammenleben ist meistens hierarchisch organisiert:
Ein Betrieb hat z.B. einen Leiter, der hat vielleicht 5 Direktoren, jeder Direktor
hat die Aufsicht über 10 Abteilungsleiter, usw.
Auch in den meisten Kirchen ist es so. Es gibt einen Leiter, Unterleiter,
Gruppenleiter, usw. Und das macht ja auch Sinn und ist gut so.
Schwierig ist es, wenn auch die Wahrheit über diese Hierarchie fließt.
Ein katholischer Priester hat mal in einer Predigt erklärt, daß er sich seiner
Gemeinde gegenüber als Stellvertreter Gottes sieht, ihm gegenüber ist sein
Bischof Stellvertreter Gottes, usw. Das katholische Modell ist also so, daß
der Papst die Botschaft Gottes empfängt, sie an seine Bischöfe weitergibt, usw.
bis sie unten an den Gläubigen ankommt. In der orthodoxen Kirche und in
manchen anderen Kirchen ist das wahrscheinlich genauso.
In so einem Fall ist es ganz einfach herauszufinden, was wahr ist: Man fragt
seinen Priester, und was der sagt, stimmt.
Ich möchte dazu einen Vers lesen:
1.Joh. 2, 27 ; (lesen; gesalbt: Apg.10, 38; Jesus wurde mit Heiligem Geist gesalbt)
Also, das biblische Modell scheint so zu sein, daß Gott uns durch den Geist
direkt lehrt. Das geht natürlich nur, wenn man sich zu Jesus bekehrt hat.
Wenn man Jesus' Eigentum geworden ist, dann kann man wirkliche Wahrheiten
entdecken, denn Jesus ist die wirkliche Wahrheit (Joh.14,6). Ihm zu gehören ist
die Grundlage dafür, zu erkennen, was richtig ist. Ich kann das nicht beweisen,
aber bin davon überzeugt, weil ich das erlebt habe.
Ich habe, wie in Joh.6, 69; steht, erst geglaubt und dann erkannt, daß das mit
Jesus Christus wahr ist.
Alle Christen sollten dafür beten, daß an ihrem Leben ihre Beziehung zu Jesus
nach außen für andere sichtbar wird.

(zweiten Teil der Folio aufdecken, Grafik mit den Verbindungslinien)
Also, alle, die ihr Leben Jesus gegeben haben, haben durch den Heiligen Geist
eine direkte Verbindung zu Gott.
Dann ist es also ganz einfach, wenn man wissen will, was wahr ist:
Man fragt Gott direkt.
Nun ist aber das Problem, daß keiner eine perfekte Verbindung zu Gott hat.
Sie ist bei allen Christen unterschiedlich.
Manch einer nutzt seine Verbindung oft (durchgezogene Linie), manch einer selten
(z.B. nur bei Problemen; Gottes Telefonnummer auch wirklich nur in der Not).
Manch einer nutzt die Verbindung intensiv, rot (heißgelaufen), manch einer hat
eher ein kühles Verhältnis zu Gott (blau, schwarz). Bei manch einem ist die
Verbindung zu Gott gar nicht mehr vorhanden (keine Linie).
Warum hat nicht jeder eine perfekte Verbindung zu Gott ?
Da gibt es die „fleischlichen Begierden, die gegen die Seele streiten (1.Pet. 2, 11)".
Das Böse, das in jedem Menschen drin ist, ist auch noch in uns drin.
1.Joh.1, 8 - 2, 1; (lesen) Vor Gott sind wir rein, wenn wir unsere Sünden bekennen,
aber wir werden immer wieder sündigen, auch wenn wir versuchen sollen, es zu
vermeiden.
Und weil das so ist und daher keiner eine perfekte Verbindung zu Gott hat, hat Gott
die Gemeinde geschaffen, zum Zusammenleben und mit gegenseitiger Korrektur.

Der erste Schritt, wenn man in irgendeiner Frage die Wahrheit wissen will, ist
seine eigene Verbindung zu Gott zu benutzen, sie heißlaufen zu lassen.
Dies bedeutet, intensiv zu beten und auch - um die Antwort zu hören - in der Bibel
nach zu sehen. Bei vielen ist das Problem, daß sie das nicht tun und deswegen
zu ganz absonderlichen Antworten kommen. Sie beten wenig und lesen kaum
in der Bibel. Es ist ja neuerdings in den Medien die Rede von der Datenautobahn,
vom Information Highway, und die Bibel ist so ein Information Highway, durch
den eine Menge wichtigster Informationen direkt von Gott zu uns kommt.

Nun kommt es vor, daß zwei Christen in derselben Frage zu verschiedenen
Ergebnissen kommen, obwohl sie ihre Leitung zu Gott heißlaufen lassen.
Beide haben halt nur unvollkommene Leitungen.
Manche Antworten hält Gott vielleicht auch noch zurück, weil sie der Fragende
noch nicht verstehen kann.
Ich denke, der richtige Weg in so einem Fall ist, erstmal seine eigene Leitung
zu überprüfen. Viele Antworten zu verschiedenen Fragen kommen einfach daher,
weil das schon immer so war. Solche Weil-das-schon-immer-so-war-Antworten
sind immer gefährlich; man kann nämlich auch 1000 Jahre etwas falsch machen.
Ein Beispiel hierfür sind die Pharisäer, die ihre eigenen Überlieferungen, die sich
im Laufe der Zeit so entwickelt haben, nachher immer wichtiger nahmen,
und sie sogar über die Bibel stellten.
Haben wir unsere Erkenntnis von Gott oder von dem Herrn
Weil-das-schon-immer-so-war ?
Ein weitere Möglichkeit für Leitungsstörungen ist, wenn wir uns von unseren
Wünschen regieren lassen. Wer z.B. unbedingt einen Partner haben will, und es
ergibt sich eine Gelegenheit, dann ist derjenige oft nicht bereit, ein Nein zu hören.
Beten wir darum, bereit für Gottes Antworten zu sein, auch wenn sie uns nicht
gefallen.
Psalm 139, 1-4.23.24; (lesen) Hier betet der Psalmist darum, daß Gott aufdeckt,
wie die eigenen Motive sind. Luther übersetzt hier: „Sieh, ob ich auf bösem Wege
wandle", ein Gebet, daß unser eigenes werden sollte.
Laßt uns dazu bereit sein, Sünde in unserem Leben zu erkennen und zu bekennen,
damit die Leitung zu Gott wieder frei wird.

Als nächstes sollten wir uns bei wichtigen Fragestellungen und Entscheidungen
mit Leuten, die auch eine Leitung zu Gott haben, beraten.
Gott hat uns auch zu diesem Zweck in eine Gemeinde gestellt.
Bei unterschiedlichen Erkenntnissen in wichtigen Fragen ist es sicher richtig,
als erstes Gott nach dem „Wozu" zu fragen. Vielleicht verfolgt er damit ein
bestimmtes Ziel, indem er unterschiedliche Meinungen sogar in einer Gemeinde
zuläßt. Es ist doch eigenartig, daß Leute, die den Geist Gottes haben, der nach
Joh.16,13; uns in alle Wahrheit leiten wird, zu wirklich verschiedenen Meinungen
kommen.
Ich glaube, eine wichtige Ursache für dieses Phänomen ist der Verlust der Fähigkeit
des Dazulernens. Laut Matth. 11,29; sollen wir Jesus' Joch auf uns nehmen und
von ihm lernen und da wir unser ganzes Leben dieses Joch tragen sollen, müssen
wir wohl oder übel auch unser ganzes Leben lang lernen.
Ich habe die Erfahrung gemacht, daß ein Kennzeichen des Alterns der zunehmende
Verlust der Fähigkeit dazuzulernen ist. Ich würde sogar sagen, daß das das
Hauptkennzeichen des Alters ist. Also, man ist nicht so jung, wie man sich fühlt,
sondern wie gut man noch dazulernen kann. Nun gibt es sicherlich junge 80-jährige
und alte 30-jährige. Aber ist es nicht oft so, daß man die Claims seiner Wahrheit
abgesteckt -so wie ein Goldgräber sein Gebiet abgesteckt hat- und seine
Erkenntnis ganz festhält, daß man da nichts draufkommen läßt ?
Man hat oft auch Angst, daß sich die eigene Erkenntnis als unvollkommen oder
gar als falsch herausstellt.
Vielleicht ist es ja auch so, daß man recht hat und der andere sich irrt.
Aber sind wir auch bereit für den Fall, daß es nicht so ist ?
Wenn alle ihre Meinungen ganz fest halten, egal ob sie richtig oder falsch
sind, dann wird die Wahrheitsfindung ganz unmöglich.
Ich denke, wir müssen die Tatsache festhalten, daß unsere Verbindung zu
Gott nicht vollkommen ist und deswegen brauchen wir die Bereitschaft, dazu
zu lernen. Sonst werden wir in vielen Punkten die Wahrheit nie kennenlernen.
Wir können auch noch so in der Bibel forschen. Wenn wir nicht bereit zur
Korrektur sind, wird es uns nicht viel nützen. In Joh. 5, 39; sagt Jesus z.B. zu den
Pharisäern, daß sie die Schriften erforschen, die Jesus bezeugen, und trotzdem
kommen sie nicht zu ihm. Sie waren einfach nicht bereit dazu.
Wir müssen lernen, wie es die Gemeinde in Beröa in Apg. 17,11; tat, die in
der Schrift forschte, um zu sehen, wie es wirklich ist.

Ich möchte zusammenfassen:
- Zuerst ist es wichtig, Gott kennenzulernen;
- Weiter ist es wichtig zu erkennen, daß menschliche Maßstäbe ungenau sind
- Wir müssen die Direktleitung zu Gott benutzen, die jeder Christ hat.
- Wir müssen uns mit anderen Christen über unsere Erkenntnisse austauschen.
- Wir werden nur Wahrheit erkennen, wenn wir bereit sind, dazu zu lernen.


AMEN