Einleitung
Wir haben uns jetzt drei Wochen lang mit dem Thema „Frieden“ im Gottesdienst beschäftigt:
- Frieden mit Gott
- Frieden mit dem Nächsten
- Frieden mit sich selbst
Irgendwie hängen diese drei Themen zusammen. Wenn man sich bewusst ist, dass Gott einem die Sünden vergeben hat, wenn man das wirklich verstanden und verinnerlicht hat, dann ist man mit dem Nächsten auch viel gnädiger und man ist viel eher zur Vergebung bereit und das fördert den Frieden mit dem Nächsten.
Und wenn man dieses Bewusstsein hat, dass man nur ein Mensch ist, der immer mal wieder Fehler macht, auch blöde Fehler, und man weiß, dass man trotzdem geliebt ist, dann ist man auch viel eher mit sich selbst im Reinen und kann mit seinen eigenen Unzulänglichkeiten viel besser umgehen.
Und man ist natürlich auch mit den Unzulänglichkeiten des Nächsten viel nachgiebiger.
Vielleicht kann man diese drei Punkte sogar als auf einander aufbauend sehen:
- Frieden mit Gott als Vorraussetzung für den Frieden mit sich selbst.
- Frieden mit sich selbst, als Vorraussetzung für den Frieden mit dem Nächsten
- Frieden mit dem Nächsten, als Vorraussetzung für eine Gemeinde, eine lebenswerte Gesellschaft, für politischen Frieden und noch vieles mehr.
Und das Thema ist heute: Verhalten, was zum Frieden führt.
Ich glaube, meistens fällt uns eher das Gegenteil ein. Verhalten, das zum Unfrieden führt.
Ich hatte mal einen Arbeitskollegen, der hat sich in Rekordzeit überall unbeliebt gemacht und das hat auch für Unfrieden gesorgt. Ich weiß gar nicht, ob er das mit Absicht gemacht hat, aber die Beschwerden häuften sich.
Mich hat er immer an den kleinen Römer aus dem Asterix-Heft „Streit um Asterix“ erinnert. Ich hatte ja Latein auf der Schule und musste deswegen zur Unterstützung meiner schulischen Bildung Asterix lesen, ganz klar.
Diese kleine Römer war ein Agent, der den Auftrag hatte, Zwietracht zwischen den Galliern zu säen. Der musste nur anwesend sein und die Leute fingen an, sich zu streiten. In diesem Asterix-Heft wurden bei solchen Streits die Sprechblasen immer grün gezeichnet, so konnte man so eine Streitentwicklung ganz gut verfolgen.
So ganz passt der Vergleich zu meinem ehemaligen Arbeitskollegen nicht, weil der eher die anderen gegen sich vereint aufgebracht hat, aber es ging in beiden Fällen irgendwie wie von selbst.
Verhalten, das zum Unfrieden führt, finden wir ja auch von Anfang an in der Bibel. Im Garten Eden geht es ja schon los. Die Frau verführt den Mann zur verbotenen Frucht, der Mann schiebt die Schuld auf die Frau und auf Gott und daraus folgt ein Leben, dass nicht unbedingt von Frieden gekennzeichnet ist.
In 1 Mose 1, 16b; NEÜ sagt Gott zur Frau:
Das hebräische Wort für „Verlangen“ hier meint eigentlich die Anstrengung, jemanden zu besitzen. „Verlangen“ oder „Sehnsucht“, wie es in anderen Übersetzungen heißt, ist ja etwas mehrdeutig. Man könnte es auch als anhimmeln verstehen, aber es geht hier um mehr. Die Frau will den Mann für sich besitzen und der Mann will über die Frau herrschen. Hier steckt der Unfrieden schon im Keim der Beziehung.
Liebe heißt ja eigentlich, dass Beste für den anderen zu wollen, das passt aber nicht so richtig zum Besitzen oder zum Herrschen.
Besitzen und Herrschen hört sich eher nach einem Gegeneinander als nach einem Miteinander an, nach Unfrieden oder nach einem Sieg-Frieden. Der Stärkere gewinnt.
Aber wenn der eine den anderen liebt und wirklich das Beste für ihn will, dann werden die beiden auch die Besten für einander sein und dann kehrt ein lebendiger Frieden in die Beziehung ein.
Und ich glaube, dass generell der Frieden ein Auftrag für uns ist, diese drei Friedensebenen Frieden mit Gott, Frieden mit sich selbst und Frieden mit dem Nächsten sind ein Auftrag für uns.
Ich möchte nun zwei Ebenen betrachten, wo es um Frieden und Unfrieden geht und möchte dazu einige Beispiele aus der Bibel heranziehen.
Beginnen wir mit den
Sachfragen
Das scheint noch relativ unproblematisch zu sein, weil man hier ja objektiv entscheiden kann, was gut oder weniger gut ist. Aber wie geht man mit unterschiedlichen Meinungen und Kritik dabei um?
Ich lese aus 2. Mose 18, 13-27; NEÜ, wo Mose von seinem Schwiegervater Jitro besucht wurde. Den Tag vorher hatten sie miteinander verbracht. Mose hat erzählt, was sie mit Gott erlebt hatten und Jitro hat sich darüber gefreut.
Diese Vorgehenweise hier finde ich sehr lehrreich. Jitro fragt nach, er will das Verfahren verstehen, bevor er es beurteilt und einen Rat gibt. Er lässt sich erklären, was Mose macht und warum er es macht.
Und nach der Erklärung traut er sich aber auch und fällt ein Urteil über dieses Vorgehen. „Das machst du nicht besonders gut.“
Hier kann man unterschiedlich reagieren. Das haben wir schon immer so gemacht, das geht nicht anders. Du bist jetzt einen Tag hier und glaubst, es besser machen zu können?
Mose hat sich solange richtig aufgerieben in seinem Amt und dann kommt jemand und sagt, das ist falsch?
Wir wissen über Mose, dass er ein sehr demütiger, bescheidener Mann war (4. Mose 12, 3). Er hört weiter zu. Und Jitros Ratschlag ist sehr vernünftig. Mose wird entlastet, es werden mehr Leute eingebunden. Die Leitung des Volks wird von der One-Man-Show zu einer Team-Aufgabe. Der ganze Alltag wird effizienter und besser.
Mose muss dadurch andere Aufgaben wahrnehmen. Er muss lernen, zu delegieren, er muss lernen, Menschen etwas zuzutrauen, sie zu entwickeln und sie auch einschätzen zu können. Wie erkennt man denn, ob jemand tüchtig und zuverlässig ist?
Was ich an Jitros Vorschlag auch sehr bemerkenswert finde, ist der Nebensatz „sofern Gott es dir befiehlt“. Auch Jitro ist sich bewusst, dass er nicht die Weisheit alleine mit Löffeln gefressen hat. So gut der Vorschlag in seinen und ich denke auch in unseren Augen ist, auch er könnte sich irren und das ist ihm bewusst. Vielleicht hat sich Gott doch etwas anderes gedacht.
Man kennt das ja auch. Da hat jemand eine tolle Idee und ist dann total beleidigt, wenn der andere sie trotzdem nicht umsetzt.
Bei solchen Sachfragen, wie man richtige Strukuren wählt, wie eine Aufgabe richtig durchgeführt wird, usw ist immer Demut angebracht. Ein Außenstehender kann die richtigen Ideen haben, um voran zu kommen, muss aber nicht.
Diese Demut, dieses Bewusstsein, der andere könnte einen besseren Durchblick haben, das sorgt für Frieden in Zeiten von vielleicht notwendigen Veränderungen. Der andere könnte recht haben.
Bei rein sachlichen Fragen, wie z.B. in Organisationsfragen oder auch z.B. in technischen Fragen, sind unterschiedliche Meinungen und Ideen und der Umgang damit das eine.
Schwieriger wird es in ethischen Fragen oder in Glaubensfragen. In solchen Fällen ist das mit der Objektivität schwieriger.
Es gibt ein Bespiel aus Apostelgeschichte 10 und 11.
Zur Erklärung für die folgende Begebenheit muss man wissen, dass es den Juden damals aufgrund von religiösen Vorschriften nicht erlaubt war, mit Nicht-Juden Gemeinschaft zu haben, also z.B. ein gemeinsames Essen war verboten.
Diese Ansicht wirkt auf uns etwas befremdlich, zumal wir selber keine Juden sind. Aber die Juden haben das damals so verstanden und für richtig gehalten.
Und der Apostel Petrus hatte das übrigens anfangs auch so gesehen, aber Gott hat ihm durch ein Erlebnis vorher gezeigt, dass es nicht richtig war, so zu denken. Er hatte eine Vision, wo ihm Tiere gezeigt wurden, die ein Jude nicht essen durfte, und in dieser Vision hat Gott ihm befohlen, diese Tiere zu essen. Dreimal passierte das. Und dann kamen Gesandte des Römers Cornelius vorbei, um ihn zu holen und Gott befahl Petrus mit diesen Römern mit zu gehen.
Und im Hause dieser Römer versteht Petrus nun, worum es geht (Apostelgeschichte 10, 34.35; NEÜ):
Diese Römer empfangen dann den Heiligen Geist und werden getauft.
Das sorgt für Unfrieden unter den jüdischen Christen.
Apostelgeschichte 11, 1-3; NEÜ
Kurz zur Erklärung: Verfechter der Beschneidung ist natürlich ein anderes Wort für Juden (steht auch in manchen Übersetzungen direkt so) und Unbeschnittene sind Nicht-Juden.
Wie reagiert nun Petrus darauf, auf diese Vorwürfe?
In einigen anderen Übersetzungen steht „da berichtete Petrus genau, was geschehen war“.
Ich finde diese erste Formulierung so toll. Es ist eine positive Auseinandersetzung. Fakten und Argumente werden so zerlegt und präsentiert, dass der andere sie verstehen kann.
Man nimmt sich die Zeit, und erklärt und überzeugt den anderen.
Petrus hätte ja auch sagen können: Hey, ich war mit Jesus unterwegs, was willst denn du?
Das macht er nicht. Er berichtet ausführlich von seiner Vision, von seinem Zusammensein mit den Römern und wie diese Römer den Heiligen Geist empfangen haben.
Petrus hat sie überzeugt, durch Fakten und durch seine Vertrauenswürdigkeit. Nun hatten alle Frieden darüber, dass auch Nicht-Juden Jesus kennenlernen können.
Wir finden eine ähnliche Situation weiter hinten in der Apostelgeschichte, in Kapitel 15:
Dann wird diskutiert, es werden die unterschiedlichen Standpunkte dargelegt. Petrus erzählt noch einmal von seinem Erlebnis mit den Römern rund um Cornelius und Paulus und Barnabas berichten von zahllosen Bekehrungen von Nicht-Juden.
Letztendlich endet es in einer sehr pragmatischen Entscheidung.
Der Gemeindeälteste Jakobus fasst es zusammen:
Man konnte sich auf eine Lösung einigen. Und das war eine schwierige Frage. Diese vier Punkte sind zum Einen dem geschuldet, dass es in jeder Stadt Juden gab und man diese auch gewinnen wollte. Und diese Punkte waren im Alten Testament auch Nicht-Juden vorgeschrieben, die unter Juden in Israel leben wollten (3. Mose 17.18), für diese Leute war auch damals die Beschneidung nicht vorgeschrieben. Und so vergrätzte man die Juden, die Jesus noch nicht kannten, auch nicht all zu sehr. Von daher war es eine sehr pragmatische Lösung, die zum Frieden führte.
Verhalten / Beziehung
Nach den Sachfragen kommen wir zum Verhalten. Das ist schon eine Nummer schwieriger. Wir finden in der Bibel viele Propheten, die das Verhalten ihrer Landsleute angeprangert haben. Solche Leute mag man üblicherweise nicht.
Und diese Propheten wurden verfolgt, verjagt und manchmal auch ermordet.
Auch Johannes der Täufer, der den Herrscher Herodes Antipas öffentlich wegen dessen Lebensstil kritisiert hatte, wurde eingesperrt und später ermordet (Matthäus 14).
Aber so etwas macht heute keiner mehr. Wer würde Schröder seine fünf Frauen vorwerfen?
Steigen wir aber eine Stufe herunter. Wie ist das, wenn ein anderer mein Verhalten kritisiert?
Wir finden in Matthäus 18, 15-17; NEÜ eine Vorgehensweise:
Hier geht es, denke ich, eher um offensichtliches Fehlverhalten. Darauf weist schon die Formulierung „Stell ihn zur Rede“ hin.
Aber auch für Verhalten in der Grauzone, oder wenn man denkt, mit diesem Verhalten schadet er sich selber, da kann man zumindest V.15 teilweise anwenden, ein Gespräch unter vier Augen.
Wie bekommt man das hin, den anderen zu kritisieren, aber trotzdem echten Frieden miteinander zu behalten?
So wie Petrus, wie vorhin erwähnt, sein Verhalten begründete, in dem er es den anderen Stück für Stück auseinander setzte, genauso könnten wir ja versuchen zu begründen, was wir loben und was wir kritisieren. Dazu muss man aber auch verstehen, warum der andere sich so verhält, wie er sich verhält. Man muss versuchen, mit den Augen des anderen zu gucken.
Aber natürlich muss man auch selber bereit sein, sich kritisieren zu lassen.
Wir finden in den Sprüchen ja auch unzählige Hinweise zu diesem Themenkomplex, z.B. Sprüche 12,1; NEÜ:
„Ermahnung“ kann man hier laut der Elberfelder Bibel auch mit „Rüge“ übersetzen. Wenn ich so etwas lese, fühle ich mich ziemlich dumm.
Und natürlich macht der Ton die Musik (Sprüche 15, 1; NEÜ):
oder Sprüche 15, 4; NL:
Wenn es um unser Verhalten geht, dann kommen wir mit dem rein sachlichen Blick nicht weiter, da geht es um Mitgefühl, um Verständnis, um Beziehung.
In Galater 6, 1.2; NEÜ ist das sehr schön formuliert:
„verständnisvoll“ heißt ja letztendlich, den anderen verstehen, mit seinen Augen sehen.
Und dabei muss man immer die Geschichte mit dem Balken und Splitter im Auge behalten ;-)
Dann kriegen wir das vielleicht auch mit der gegenseitigen Zurechtweisung im Frieden hin.
Falscher Frieden
Der Vollständigkeit halber möchte ich noch darauf hinweisen, dass es auch falschen Frieden geben kann. Da habe ich aber tatsächliche keine konkrete Situation vor Augen, aber es gehört irgendwie dazu.
Es gibt eine Geschichte in der Bibel, wo ein einzelner Prophet Unfrieden stiftet.
Das ist einer meiner Lieblingsgeschichten in der Bibel:
Zwei verbündete Könige wollten in den Krieg ziehen (1. Könige 22, 10-23; NL):
Es ist doch schön, wenn sich alle einig sind. Keine Konflikte, kein Unfrieden, alle ziehen an einem Strang. Aber dieser Prophet Micha war leider ein Spielverderber.
Dieser Spinner, möchte man denken, aber er hatte Recht. Es ging so aus, wie Micha es vorausgesagt hatte.
Ich glaube, dass ein einzelner Querulant meistens nicht Recht hat, das entspricht zumindest meiner Erfahrung, aber es kann vorkommen und in diesem Fall hat der Querulant den falschen Frieden aufgemischt.
Ist man bereit, sein eigenes Verhalten und Denken zu reflektieren? Auch wenn man Teil der Mehrheit ist, sollte so eine Demut wie von Mose, die ich vorhin beschrieben habe, ein Vorbild sein. Der andere könnte Recht haben.
Das war jetzt nur ein Sonderfall, den ich der Vollständigkeit halber hinzugefügt habe.
Zusammenfassung
Ich komme zum Schluss:
- Wir haben uns in den vergangenen Wochen mit dem Frieden beschäftigt und ich glaube schon, dass diese Themen aufeinander aufbauen:
- Frieden mit Gott als Vorraussetzung für den Frieden mit sich selbst.
- Frieden mit sich selbst, als Vorraussetzung für den Frieden mit dem Nächsten
- Frieden mit dem Nächsten, als Vorraussetzung für eine Gemeinde, eine lebenswerte Gesellschaft, für politischen Frieden und noch vieles mehr.
- Der Unfrieden ist leider ein ständiger Begleiter (fing schon in der erste Ehe der Menschheitsgeschichte an), von daher müssen wir lernen, mit unserem Verhalten für Frieden zu sorgen.
- Bei unterschiedlichen Meinungen oder berechtiger Kritik hilft Demut, um in Frieden zur besten Lösung zu kommen. Vielleicht hat der andere ja recht, es lohnt sich darüber nachzudenken. Und der Vorschlag Jitros zur Umstrukturierung war echt gut.
- Dann haben wir die beiden Fälle betrachtet, wo es um Glaubensfragen ging. Eine sachliche Diskussion, das Ernstnehmen der anderen, eine konstruktive Auseinandersetzung führte zu einem guten Ergebnis in Frieden.
- Und dann haben wir noch darüber nachgedacht, wie man mit Kritik umgeht, als Kritisierter und als Kritiker. Die Bereitschaft zu lernen ist wichtig, ein freundlicher Ton und auch das Verständnis für den anderen, versuchen mit den Augen des anderen zu sehen. Und den Splitter und Balken nicht vergessen.
- Und in seltenen Fällen ist ein Frieden ein falscher Frieden und der Querulant hat Recht.