Rache(gedanken)

Vergebung im Zeitalter der Rache? Wie gehen wir mit Rachegedanken um?

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Einleitung

Wenn man heutzutage auf Nachrichtenportale guckt, dann nimmt der Krieg in Nahost einen sehr großen Raum ein.

Ihr habt es sicher mitbekommen. Hamas-Anhänger sind in Israel eingedrungen und haben Zivilisten erschossen und auch entführt.

Diese Leute haben auch ein Jugendfestival überfallen und 260 Menschen zwischen 20 und 40 ermordet.

Mich hat das schockiert und es schockiert mich immer noch.

Jetzt ist die Rede von Rache. Der israelische Ministerpräsident hat ein hartes Vorgehen gegen die Hamas angekündigt. „Jedes Hamas-Mitglied ist ein toter Mann.“

Und nun wird der Gazastreifen von Israel total blockiert, kein Strom, kein Wasser, keine Lebensmitteleinfuhren. Wie es an der ägyptischen Grenze ist, weiß ich nicht.

Im Gazastreifen leben über zwei Millionen Menschen und fast die Hälfte ist unter 18. Der Gazastreifen ist von der Fläche her nicht einmal halb so groß wie Hamburg.

2005 hat Israel den Gazastreifen verlassen und alle Siedlungen dort geräumt und die Kontrollen den palästinensischen Behörden übergeben.

2006 gewann die Hamas die Parlamentswahlen in den palästinensischen Autonomiegebieten und nach Hin-und-Her gab es einen Bürgerkrieg, wo die Hamas die Fatah aus dem Gazastreifen vertrieb. Seitdem herrscht die Hamas im Gazastreifen und die Fatah über die Autonomiegebiete im West-Jordanland.

Es gab immer Kämpfe und Anschläge aus dem Gazastreifen und israelische Gegenschläge.

Die Hamas hat dabei sehr oft Zivilisten als Schutzschilde missbraucht, was sicherlich auch zu zivilen Opfern bei israelischen Gegenschlägen führte. Dazu wurden viele Rohstoffe und Resourcen, die in den Gazastreifen eingeführt wurden, auch für die Raketenproduktion und auch für den Tunnelbau verwendet. Laut Wikipedia wurden seit 2012 über 60000 Tonnen Beton, eigentlich für zivile Gebäude, für den Tunnelbau verwendet.

Es gab übrigens seit 2006 keine Wahlen mehr im Gazastreifen.

Das waren jetzt ein paar Infos zu der Situation dort, das meiste wusstet Ihr wahrscheinlich schon.

Wie geht man damit um? Ich muss gestehen, ich fühle da wirklich Agressionen, wenn ich das so höre. Nach meiner persönlichen Meinung ist Israel da ganz klar im Recht. Ich kann auch diese Rachegedanken, die von diversen israelischen Politikern geäußert werden, nachvollziehen. Aber es ist gar nicht wichtig, wie ich über die Situation denke. Ich bin weit weg und habe keinerlei Einfluss auf die Lage da unten.

Und es soll heute auch gar nicht das Thema sein, welches Vorgehen der Israelis nun richtig ist. Wir haben gar keinen Einfluss darauf und da sollten wir, die wir weit weg sind, uns kein Urteil anmaßen.

Betrachten wir lieber unsere eigene kleine Welt, in der wir uns bewegen und in der wir Einfluss haben.

Wie gehen wir persönlich mit solchen Rachegedanken um?

Rachegedanken in der Bibel

Wir finden in der Bibel sehr wohl auch Rachegedanken. Es gibt eine Liste von sogenannten Rachepsalmen (Psalm 35; 52; 55; 58; 59; 79; 109; 137). Zum Teil geht es gegen andere Personen, die dem Psalmisten übel mitgespielt haben, z.B. Psalm 35, 8; NL

Deshalb soll sie der Untergang ganz unerwartet ereilen! Sie sollen sich in den Fallen verfangen, die sie mir stellten, und darin umkommen!

Teilweise wird in diesem Psalmen auch um Schutz vor dem Feind gebeten, zum anderen wird ihnen einfach auch nur quasi die Pest an den Hals gewünscht, z.B. Psalm 55, 16; NL:

Der Tod treffe meine Feinde unvorbereitet, lebendig sollen sie hinunter in das Totenreich, denn das Böse wohnt in ihren Herzen.

Manchmal gibt es auch Rachegedanken allgemein gegen böse Menschen (Psalm 58, 4-9; NL):

4 Diese Gottlosen sind als Sünder geboren, von Geburt an haben sie gelogen und sind ihren eigenen Weg gegangen. 5 Sie sind giftig wie Schlangen. Sie sind wie eine taube Otter, die ihre Ohren verschließt, 6 sodass sie die Flöten des Schlangenbeschwörers nicht hören, wie kunstvoll der Zauberer auch spielt. 7 Gott, zerschlage ihre Zähne und zerschmettere die Kiefer der jungen Löwen, HERR! 8 Sie sollen verschwinden wie Wasser, das in der Erde versickert. Wenn sie ihre Waffen verwenden, sollen sie nutzlos sein. 9 Wie Schnecken in der Hitze sollen sie austrocknen; wie eine Fehlgeburt sollen sie die Sonne nicht sehen. 10 Gott wird sie fortjagen und vertreiben, schneller, als ein Topf über offenem Feuer heiß wird.

Hin- und wieder wird das Unheil auch mit eigenen Fehlern verbunden, z.B. in Psalm 79, 6-8; NL

6 Lass doch deinen Zorn an den Völkern aus, die sich weigern, dich anzuerkennen, und an den Königreichen, die deinen Namen nicht anrufen. 7 Denn sie haben dein Volk Israel vernichtet und das Land verwüstet. 8 Rechne uns die Schuld unserer Väter nicht an, sondern erbarme dich bald wieder über uns, denn wir sind sehr schwach.

Hier ist der Wunsch nach Rache mit einer eigenen Sündenerkenntnis und der bitte um Vergebung verbunden. Im alten Testament war Israels Unheil nicht selten mit der Abwendung von Gott begründet. Aber so ein Urteil würde ich mir heute nie erlauben. Ganz allgemein kann ich nicht von außen erlittenes Unheil einem Fehlverhalten eines Volkes zuordnen, ob das nun so ein Überfall wie in Israel ist oder eine Naturkatastrophe wie z.B. in Afghanistan. Wenn wir einmal im Himmel bei Gott sind, dann werden wir vielleicht im Rückblick manches verstehen oder erkennen, wie das alles zusammen hing.

Es gibt auch zwei Rachepsalmen, wo der Psalmist auch den Kindern des Übeltäters Böses wünscht. Der schlimmste ist in Psalm 137, 7-9; NL:

7 HERR, denk doch daran, was die Edomiter an dem Tag taten, als die babylonischen Heere Jerusalem eroberten. Sie schrien: »Zerstört es! Macht es dem Erdboden gleich!« 8 Babylon, du selbst wirst zerstört werden. Der ist gut dran, der Vergeltung an dir übt für das, was du uns angetan hast. 9 Der ist gut dran, der deine kleinen Kinder an den Felsen zerschmettert!

Mich schüttelt's, wenn ich so etwas lese. Es war leider nicht selten, dass bei solchen Kriegen auch Kinder ermordet wurden und auch das damalige Israel hat so etwas immer mal wieder selbst erlitten. Und als Vergeltung möchte man, dass der andere das selbe erlebt bzw noch ein bisschen mehr.

Das alttestamentarische „Auge und Auge, Zahn um Zahn“ ist schon eine Eingrenzung der persönlichen Rache, damit man nicht über das Erlittene hinaus geht und so eine Spirale der ansteigenden Rache auslöst.

Beurteilung der Rachegedanken

Wie geht man mit so etwas um?

Wenn man Kommentare zu diesen Rachepsalmen liest, dann gibt es unterschiedliche Interpretationen.

Manche sagen, die Autoren nehmen prophetisch Gottes Gericht vorweg.

Andere schreiben, dass solche Rachewünsche für die Zeit des alten Testaments angemessen waren, für das neue aber nicht mehr.

Wieder andere interpretieren, dass der Psalmist beschreibt, was die Sünder verdienen, ohne persönliche Rachegelüste. Diese Aussage finde ich etwas albern.

Am Plausibelsten erscheint mir der Gedanken, dass diese Autoren das wirklich gefühlt und es ausgedrückt haben. Das sind ja keine Anweisungen zur Tat, aber in den Bibeltext wird auch immer wieder die wahre menschliche Natur sichtbar und der Wunsch nach Rache gehört leider dazu. Trotzdem sind auch diese Psalmen Gottes Wort, wenn wir an die Inspiration der Bibel durch Gott glauben. Die Gefühle und die Persönlichkeit der biblischen Autoren sind ja trotzdem häufig im Text mit sichtbar.

Was bei all diesen, teilweise befremdlichen, Aussagen aber deutlich wird, ist, dass man Gott um Rache bittet.

Man stellt sich ja das alte Testament immer so als gewalttätig, rachsüchtig, usw vor, aber es gab auch damals schon Gebote, die in die andere Richtung zeigen, z.B. 3. Mose 19,17.18; NL:

17 Hege in deinem Herzen keinen Hass gegen irgendeinen anderen Menschen, sondern weise ihn zurecht, damit du nicht seinetwegen Schuld auf dich lädst. 18 Übe keine Rache an einem Angehörigen deines Volkes und trage ihm nichts nach, sondern liebe deinen Nächsten wie dich selbst. Ich bin der HERR!

Das ist ja einfach. Aber wie gehen wir denn mit solchen Gedanken um? Hier scheint das ja, zumindest V.18, noch ein bisschen auf das eigene Volk begrenzt zu sein, aber das ist ja schon schwer genug. Der Nachbar ist ja halt nah.

Umgang mit Rachegedanken

Wie gehen wir nun damit um?

Ich möchte dazu ein paar Verse aus Römer 12 betrachten. Ab Vers 9 beginnen allgemeine Anweisungen, wie man in der Gemeinde zusammen lebt. In Römer 12, 16-18; NL kommt dann:

16 Lebt in Frieden miteinander. Versucht nicht, euch wichtig zu machen, sondern wendet euch denen zu, die weniger angesehen sind. Und bildet euch nicht ein, alles zu wissen! 17 Vergeltet anderen Menschen nicht Böses mit Bösem, sondern bemüht euch allen gegenüber um das Gute. 18 Tragt euren Teil dazu bei, mit anderen in Frieden zu leben, so weit es möglich ist!

Das sind ganz vernünftige Aussagen, die eine gute Grundlage für das Zusammenleben sind. Das wird wohl kaum jemand widersprechen.

Aber dann wird es interessant (V.19-21):

19 Liebe Freunde, rächt euch niemals selbst, sondern überlasst die Rache dem Zorn Gottes. Denn es steht geschrieben: »Ich allein will Rache nehmen; ich will das Unrecht vergelten«, spricht der Herr. 20 Handelt stattdessen so, wie es in der Schrift heißt: »Wenn dein Feind hungrig ist, gib ihm zu essen. Wenn er durstig ist, gib ihm zu trinken, und er wird beschämt darüber sein, was er dir angetan hat.« 21 Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse durch das Gute!

Wir finden hier tatsächlich die Verbindung zu den vorhin erwähnten Rachepsalmen, nämlich, dass Gott für die Rache zuständig ist.

Rache und Rachegedanken wird hier scheinbar als etwas normales angesehen, wo man sich aber bei der Umsetzung heraus halten soll. Im Gegenteil, man soll dem Feind sogar irgendwie Gutes tun.

Ich glaube nicht, dass es hier um Naivität gegenüber dem Feind geht, aber wenn er in Not ist, wenn er Hunger und Durst hat, dann soll man ihm helfen.

Eigentlich sieht das ziemlich logisch aus, aber niemand ist so rational, dass er diesen Text einfach so umsetzt. Und der Feind wird sicherlich auch nicht in jedem Fall beschämt sein, aber auch er ist ein Mensch, an dem Gutes, was er erfährt, häufig nicht folgenlos vorüber geht.

Wörtlich steht hier auch nicht beschämt, sondern:

„und du wirst glühende Kohlen auf sein Haupt häufen“

Das ist ein Bild, dass man gut versteht.

21 Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse durch das Gute!

Das ist eigentlich eines der Lebensziele eines Christen und das schaffen wir nicht einfach so aus uns selbst. Wir können unsere Gefühle nicht einfach so kontrollieren, wir brauchen Jesus Christus und die Veränderung durch ihn, damit wir es wirklich schaffen, Rachegedanken und -gelüste an Gott abzugeben und das Gute zu suchen.

In Rachegedanken ist man ja auch häufig gefangen und unfrei. Und wenn man Rache umsetzt, dann erzeugt man häufig auch ungewollte Kollateralschäden.

Unser Verstand und unsere Erfahrungen wissen das, aber ohne Jesus Christus können wir diese Gedanken nur schwer überwinden. Dazu gehört natürlich, dass man lernt, zu vergeben, so wie wir auch Vergebung durch Jesus Christus erfahren haben. Und das kann die Basis für so ein Verhalten sein.

Wie man diesen Bibeltext auf politischer Ebene umsetzt, weiß ich nicht. Ich finde die Umsetzung im persönlichen Leben schon schwer genug, da werde ich mir nicht anmaßen, Lösungen für große politische Konflikte anzubieten, insbesondere nicht für aktuelle Kriegsszenarien.

Zusammenfassung

Ich fasse zusammen: