Leichlingen, 9.7.2000
Rache
Psalm 94, 1-7;
1
Gott der Rache, HERR, Gott der Rache, strahle hervor!
2 Erhebe dich, Richter der Erde, vergilt den Hochmütigen ihr Tun!
3 Bis wann werden die Gottlosen, HERR,
bis wann werden die Gottlosen frohlocken,
4 übersprudeln, Freches reden,
werden sich rühmen alle Übeltäter?
5 Dein Volk, HERR, zertreten sie,
dein Eigentum bedrücken sie.
6 Die Witwe und den Fremden bringen sie um,
die Waisen ermorden sie.
7 Sie sagen: Jah sieht es nicht!
Der Gott Jakobs merkt es nicht!
In diesen ersten Versen geht es um Rache und über den Begriff Rache möchte ich mit Euch etwas nachdenken.
Oft macht man es
sich zu leicht und tut das Thema mit einem Satz wie diesem Du
sollst dich nicht rächen sondern vergeben. beiseite.
Aber
lasst uns einmal gemeinsam darüber nachdenken.
Zu allererst kann
man feststellen, dass Rache irgendwie etwas verlockendes an sich
hat.
In vielen Filmen bekommt der Bösewicht am Ende seine
gerechte Strafe. Er wird verprügelt oder kommt um und die
Zuschauer rufen (innerlich) begeistert: Jawoll, gib's
ihm..
Dieses Handlungsmotiv kommt in so vielen Filmen vor,
so dass man daraus schließen kann, dass das Publikum so etwas
gerne sehen möchte.
Meistens wird der Bösewicht dann so
böse dargestellt, dass man sich als Zuschauer fast nichts
anderes wünschen kann, dass der Bösewicht am Ende für
seine bösen Taten bezahlen muss.
Für jede böse Tat
des Bösewichts im Film fordert dann das Publikum Rache.
Aber auch wenn man ganz alltäglich in der Zeitung oder in den Nachrichten davon liest, dass irgendein korrupter oder verbrecherischer Politiker verhaftet wurde, kann man sich nicht immer von einer gewissen Freude freimachen.
Und auch bei manchen Leuten, die uns in unserem Leben begegnen, kommen bei uns manchmal Rachegedanken auf. Ach, könnte man doch... manchmal auch: Ach würde denen doch...
Das Sprichwort
Rache ist süß scheint in den Empfindungen der
meisten Menschen zu stimmen.
Doch wie kommt das ?
Ist es nur
eine kulturelle Sache wie die Blutrache, die es in manchen Gegenden
noch gibt ?
Anders gefragt: Beispielsweise ein Bekannter oder ein
Nachbar ärgert mich oder schädigt mich und ich kann nichts
dagegen machen. Irgendwann ist die Sache aber ausgestanden.
Was
hätte ich davon, wenn diesem Bekannten oder Nachbarn etwas
zustoßen würde oder ich ihn meinerseits ärgern oder
schädigen könnte ?
Die Sache von damals bliebe trotzdem
geschehen und es würde sich nichts ändern.
Rache hat ja
nur selten was damit zu tun, dass irgendwie materielle Schädigungen
wieder ausgeglichen werden, oft wird sie nur um der Rache willen
ausgeübt; man will es dem anderen irgendwie heimzahlen.
Warum
? Woher kommen Rachegelüste ? Was für Motive stecken
dahinter ?
Wir können uns
ja zuerst die Motive unseres Psalmisten einmal ansehen.
Also da
gab es Leute (V.4), die frech geredet haben.
Das können wir
den Psalmisten schon gut verstehen, nicht wahr. Bei so frechen Typen
da möchte man doch am liebsten .... na ja, das ist zwar nicht
richtig, aber schon hier können wir die Rachegedanken des
Psalmisten irgendwie nachvollziehen.
Aber es geht noch
weiter: Sie terrorisieren Gottes Volk das sind auch die
Landsleute des Psalmisten und noch schlimmer, sie vergreifen
sich an Hilflosen: Witwen, Waisen und Fremden.
Und da kann man
sich wirklich darüber aufregen.
Auch in der
heutigen Zeit kocht die Volkseele bei derartigen Taten, in erster
Linie bei Kindesmisshandlung, da wird dann manchmal sogar die
Todesstrafe und Selbstjustiz gefordert.
Das kann man auch
nachvollziehen, besonders dann, wenn man selbst Kinder hat.
So
ganz weiß ich nicht, wie ich reagieren würde, wenn jemand
meinen Kindern was antun würde.
Wenn man sich so die Beispiele ansieht, dann merkt man, dass es verschiedene Sorten und Motive von Rache gibt. Aus dem gelesenem Psalm ergeben sich zwei Punkte:
Der Täter
soll für seine Taten bezahlen. Irgendwie hat jeder Mensch auch
ein gewisses Rechtsempfinden, das einem sagt, dass jemand, der böses
tut, dafür bezahlen muss.
In dem oben gelesenen Psalm steht
das in V.2.
Durch Rache an dem Täter sollen auch bestehende Ungerechtigkeiten dadurch beseitigt werden. So steht es in V.3.4.
Diese beiden Punkte
hören sich irgendwie positiv und sinnvoll an.
Aber ... ist
das die Rache, die süß ist ?
Rachegedanken haben selten
etwas mit Vernunft und Logik zu tun. Meistens ist es doch verletzter
Stolz, Eifersucht, Neid oder Fanatismus.
Verletzter Stolz oder
Eifersucht ist ein uraltes Motiv, das auch schon oft in der Literatur
beschrieben wird. Z.B. entscheidet sich ein Mann für eine Frau
und lehnt eine andere ab, die sich dann irgendwann rächt, oder
umgekehrt eine Frau entscheidet sich für einen Mann und läßt
einen anderen abblitzen oder jemand betrügt seinen Partner, da
gibt es unzählige Beispiele.
In den Sprüchen wird das
auch schon beschrieben (Sprüche 6, 32-35):
Wer aber
Ehebruch treibt mit der Frau seines Nächsten, ist ohne Verstand.
Nur wer sich selber vernichten will, der mag das tun. Plage und
Schande nur findet er, und seine Schmach wird nicht mehr gelöscht.
Denn Eifersucht weckt die Zornglut des Mannes, kein Mitleid verspürt
er am Tage der Rache. Er nimmt keine Rücksicht auf irgendein
Sühnegeld und willigt nicht ein, selbst wenn du die Bestechung
häufst.
Der Text sagt nicht aus, dass das Verhalten des Betrogenen, also dessen, der sich rächt, richtig ist, aber häufig verhält sich ein Betrogener so. Der will dann nicht mehr logisch und vernünftig denken, der sinnt dann nur noch auf Rache.
Kann man das als positive oder gar als gerechte Rache ansehen ? Ich denke, nicht. Aber natürlich ist der hier beschriebene Ehebruch genauso eine schwere Sünde.
Oder ein einfacheres Beispiel: Einer haut den anderen übers Ohr und der andere wartet auf die Gelegenheit, sich zu rächen.
Ist das sein gutes
Recht, wie man manchmal so hört ?
Manchmal ist das ja auch
so, dass sich einer übers Ohr gehauen fühlt und der andere
sich aber keiner Schuld bewusst ist. Das ist dann noch schwieriger.
Dann gibt es noch
Rache aus Fanatismus, z.B. wenn Moslems die sich zu Jesus bekehren,
von ihren Landsleuten umgebracht werden, wieder häufig in dem
ach so gemäßigten Saudi-Arabien passiert.
Eine
Entscheidung oder eine bestimmte Lebenshaltung wird als Angriff gegen
den eigenen Glauben betrachtet und dann Rache geübt.
Saulus hat, bevor
er sich zu Jesus bekehrte auch nichts anderes gemacht (Apg. 8,
3):
Saulus aber verwüstete die Gemeinde, indem er
der Reihe nach in die Häuser ging; und er schleppte sowohl
Männer als auch Frauen fort und überlieferte sie ins
Gefängnis.
Die Leute hatten keinem was getan, aber von dem, was sie sagten und lebten, fühlten sich die Oberen herausgefordert und angegriffen und fanatische und willige Helfershelfer standen für die Drecksarbeit bereit.
Fassen wir noch
einmal zusammen:
Als weitere Rachemotive bleiben verletzter Stolz,
Eifersucht, Neid oder Fanatismus.
Und auch wenn wir mancherlei
Rachegedanken positiv erklären wollen, müssen wir doch
anerkennen, dass in unserem Leben Rachegedanken eigentlich zu 99% aus
diesen schlechten Motiven herrühren.
Wie gehen wir mit Rachegedanken in unserem Leben um ?
Ein Schlüssel
ist sicherlich die Vergebung; ich habe sie am Anfang schon
erwähnt.
Ich möchte es mir nicht zu einfach machen, aber
die Vergebung bleibt ein ganz zentraler Punkt.
Bei Rachegedanken
steht nur die Schuld des anderen vor mir und dabei habe ich genügt
eigene Schuld auf dem Kerbholz.
Der Vers aus dem Vater-Unser,
Matthäus 6, 12, sagt alles aus:
vergib uns unsere
Schulden, wie auch wir unseren Schuldnern vergeben
In einigen Versen
weiter setzt Jesus noch einen drauf (V.14.15):
Denn wenn
ihr den Menschen ihre Vergehungen vergebt, so wird euer himmlischer
Vater auch euch vergeben; wenn ihr aber den Menschen nicht vergebt,
so wird euer Vater eure Vergehungen auch nicht vergeben.
Ganz einfach, oder
?
Oh, es ist leicht zu vergeben, wenn der andere uns aus Versehen
etwas angetan hat.
Hey, kann ja mal passieren.
Aber was ist mit
Leuten, die uns aus Verbohrtheit oder gar absichtlich schaden?
Können
wir den auch vergeben? Das ist schwer und eine wichtige Lektion, die
jeder persönlich lernen muss. Da kann man noch so oft hören
du musst dem anderen vergeben, wenn man persönlich
schwer davon betroffen ist, muss man es selbst lernen.
Rachegedanken sind
in unserem Leben häufig mit Nachtragen verbunden; man vergisst
nicht, was der andere einem angetan hat.
Manche leben nur noch
für ihre Rache. In Filmen, die das thematisieren, kommt hin und
wieder der Satz: Nur der Gedanke an meine Rache hat mich am
Leben gehalten.
Auch wenn in Filmen Situationen oft
übertrieben oder einseitig dargestellt werden, haben doch Filme
in erster Linie dann Erfolg, wenn sie das zeigen, was sich die
Zuschauer gerne wünschen.
Und wenn dann ein Lonesome-Cowboy
sein Leben damit verbringt, durch den Westen zu ziehen, um die Mörder
seines Freundes zu finden, dann zieht das ganze Publikum mit, und
auch wenn man keinen ermordeten Freund hat, würde man doch genug
Gründe finden, um sich an allen möglichen Leuten, von denen
man sich falsch behandelt fühlte, irgendwie zu rächen.
Rachegedanken
können einen so richtig gefangen nehmen. Manchmal malt man sich
ausführlich die Rache in Gedanken aus.
Irgendwie ist das wie
eine Droge. Es ist zwar eine Last, die das Denken bindet, aber man
glaubt, dass man sich noch vollzogener Rache gut und frei fühlen
wird und merkt nicht, dass sich nur noch alles um diese Rache dreht.
Der einzige Weg ist, die Rache abzulegen. Aber wie ?
Glauben wir, das Gott gerecht ist? Dann wird er doch für unsere Sache streiten, dann brauchen wir uns nicht mehr den Kopf zu zerbrechen, oder?
In
Römer 12, 17-21 steht:
17
Vergeltet niemand Böses mit Bösem; seid bedacht auf das,
was ehrbar ist vor allen Menschen. 18 Wenn möglich, so viel an
euch ist, lebt mit allen Menschen in Frieden. 19 Rächt euch
nicht selbst, Geliebte, sondern gebt Raum dem Zorn; denn es steht
geschrieben: `Mein ist die Rache; ich will vergelten, spricht der
Herr. 20 `Wenn nun deinen Feind hungert, so speise ihn; wenn ihn
dürstet, so gib ihm zu trinken; denn wenn du das tust, wirst du
feurige Kohlen auf sein Haupt sammeln. 21 Laß dich nicht vom
Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit
dem Guten.
Das ist gar nicht
leicht. Man freut sich vielleicht, hehehe, mögen die feurigen
Kohlen doch so richtig brennen, aber die Zusammenfassung dieses
Textes ist: überwinde das Böse mit dem Guten.
Es geht auch nicht darum, sich wie Jona hinzusetzen und warten,
bis alles untergeht.
Wenn wir uns nicht selbst rächen und es
Gott überlassen, dann übt er Rache wann, wie und wo er will
und das geht uns nichts mehr an. Wenn seine Rache für uns gar
nicht sichtbar wird oder sie zurückstellt, egal, es liegt in
Gottes Hand. Lasst uns das Böse mit dem Guten überwinden.
Es ist wichtig, die richtige Sichtweise auf alles zu bekommen.
Ich persönlich
rege mich oft über korrupte und verbrecherische Politiker
auf.
Amtsmissbrauch finde ich ganz furchtbar und insgeheim freut
es mich manchmal, wenn es dann einen erwischt.
Aber ein Vers hat
mich vor ein paar Wochen voll getroffen:
Sprüche 23,
17;
Dein Herz eifere nicht gegen die Sünder, sondern
um die Furcht des Herrn jeden Tag!
Ups, setze ich die Prioritäten falsch ? Aufregen, Rachegedanken, das kostet Kraft und Zeit und was bringt es ?
Ich lese den Vers
noch einmal vor:
Sprüche 23, 17;
Dein Herz eifere
nicht gegen die Sünder, sondern um die Furcht des Herrn jeden
Tag!
Frag dich mal, was dir wichtig ist: Der Ärger über die Sünder, der Ärger über das, was andere mir getan hat, oder die Furcht des Herrn?
Eine weitere wichtige Sichtweise, die wir nicht verlieren dürfen, wenn wir in Rachegedanken hineinrutschen, ist die Tatsache, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen müssen. (Römer 8, 28)
Egal, was uns zustößt, es muss an Gott vorbei und er
wählt aus, was uns zustößt.
Oft ist es schwer zu
verstehen, warum manche schweren Dinge passieren, aber Gott weiß
es und manchmal lässt er uns ein wenig hinter die Kulissen
gucken.
Für Leute, die nicht Gott lieben, also die nicht zu Jesus gehören, gilt das übrigens nicht. Denen muss nicht unbedingt alles zum Besten dienen.
Bei diesem Thema ist es auch hilfreich, Hiob zu betrachten.
Er hätte ja Grund gehabt, sich zu rächen und hätte es
auch versuchen können.
Er hätte versuchen können,
Leute zu sammeln, um die Banden zu verfolgen, die seinen Besitz
vernichtet haben. Aber diese Banden werden im ganzen Buch Hiob nicht
mehr erwähnt.
Hiob wendet sich nur an Gott, er gibt niemand
anderem die Schuld oder verfolgt andere mit Rachegedanken.
Er
rechtet mit Gott über sein Leben und über das, was er
erlebt hat.
Wenn uns jemand etwas Böses antut, dann müssen wir u.U. schon in geeigneter Weise darauf reagieren, aber wir können uns auch fragen, was für ein Ziel verfolgt Gott damit. Wozu lässt er es zu?
In Joh. 15, 2 sagt Jesus, dass er jede Rebe welche ja ein Bild für einen Christen ist , die Frucht bringt reinigt, auf dass sie mehr Frucht bringe.
Vielleicht ist ja dieser Mensch, der uns ärgert, das
Schmirgelpapier für uns, um den Dreck in unserem Leben
aufzudecken und zu entfernen.
Gott möchte jegliche Heuchelei
und Unwahrheit in unserem Leben aufdecken und entfernen.
Wenn wir
uns schon für ziemlich gut halten, dann kann es sein, dass Gott
uns einen Nervbold sendet, der uns ärgert, damit wir selber
sehen, dass die Sünde in uns nach Rache schreit und das wir von
Vergebung für andere noch meilenweit weg sind.
Aber wir können auch das bekennen und bei Jesus abladen, der ja
unsere Last tragen will und der auch die uns vermeintlich zustehende
Rache übernehmen will, aber so wie er will.
Wir können
sie ganz bei ihm lassen und brauchen nichts mehr damit zu tun zu
haben.
Zusammenfassend gilt für alle Rachegedanken, die in uns sind:
Vergebung lernen und üben
Rache bei Gott abladen (mein ist die Rache, sagt Gott)
Richtige Sichtweise (Gott lässt es zu. Was verfolgt er für ein Ziel? Er meint es gut mit uns.)
AMEN