Einleitung
Ich fange heute einmal mit einer Zusage aus Psalm 125 an:
Also, die auf Gott vertrauen, wanken nicht.
Hm, was heißt denn eigentlich wanken?
Laut Wikipedia ist „Wanken“ die fachsprachliche Bezeichnung für die Drehbewegung eines Landfahrzeugs um die Längsachse des fahrzeugfesten Koordinatensystems.
Bei Wasser- und Luftfahrzeugen wird diese Bewegung als „Rollen“ bezeichnet.
Umgangssprachlich wird der Begriff zum Beispiel auch im Sinne von „sich schwankend bewegen“ verwendet.
Die erste Definition gefällt mir am Besten. Man kann das gut miterleben, wenn man mit einem Auto in hoher Geschwindigkeit durch eine enge Kurve fährt, denn dann neigt sich das Auto um die Längsachse nach außen.
Die Autofahrer mögen so ein Wanken offensichtlich nicht, denn die Hersteller bauen, insbesondere bei teureren Autos, elektronisch kontrollierte Stabilisatoren ein, so dass z.B. in solchen Kurvensituationen das Auto möglichst waagerecht bleibt.
Wanken bedeutet ja auch einen gewissen Kontrollverlust, es ist unangenehm. Allerdings, als ich als Student eine Ente fuhr, hatte das auch einen gewissen Charme. Die Federung war ja legendär und die Ente hat sich in den Kurven ganz schön geneigt, dafür war sie bekannt, aber es war auch allgemein bekannt, dass es fast unmöglich war, eine Ente durch enges Kurvenfahren umzukippen. Man wankte, aber man fiel nicht um.
Die jungen Leute können ja einmal unter Citroën 2CV googlen, was eine Ente ist, oder vielleicht finden sie auch eine historische Sendung in der Mediathek von Arte.
Trotzdem möchte man, was das Auto angeht, nicht in die technische Welt der Ente zurück, sondern man möchte ohne zu wanken fahren.
Bekommen wir das für unser Leben auch hin? Ein Leben, ohne zu wanken?
Der Bibelvers hört sich ja so an: Die auf den Herrn vertrauen, gleichen einem Berg, der nicht wankt.
Lesen wir nun erst einmal den ganzen Psalm 125; NGÜ
Ein Wallfahrtslied, persönlich unterwegs
Der Anfang ist etwas, was man bei so einem Psalm gerne überliest: Ein Wallfahrtslied.
Andere Übersetzungen sprechen hier von einer Pilgerfahrt.
Wir wissen aus dem alten Testament, dass die Juden im damaligen Israel dreimal pro Jahr zum Tempel in Jerusalem gehen sollten (z.B 2. Mose 34, 24).
Wir wissen auch aus dem neuen Testament, dass z.B. Maria und Josef mit dem zwölfjährigen Jesus zum Passah nach Jerusalem gepilgert sind und dort sicherlich auch den Tempel besucht haben, weil sie dort Jesus gefunden haben.
Heutzutage habe ich mit solchen Wallfahrten ein bisschen Schwierigkeiten, weil sie häufig zu irgendwelchen seltsamen Reliquien gehen, z.B. soll es ein Stück vom Rock, den Jesus trug, in Trier geben. An anderen Orten wie Altötting, Fátima oder Lourdes soll es Marienerscheinungen gegeben haben und viele Menschen pilgern immer wieder dahin. In Lourdes soll die Quelle, die dort entspringt, sogar Heilung bringen, so dass viele verzweifelte Menschen dorthin pilgern, um Heilung oder zumindest Linderung zu erfahren.
Ich halte von solchen Reliquien- und Wunderwallfahrten nicht viel, aber was war damals der Sinn von solchen Wallfahrten?
Die auf den Herrn vertrauen, wanken nicht, so wird hier gesungen, denn der Psalm war ursprünglich ein Lied. Ich glaube, unser Leben ähnelt doch manchmal eher der Fahrt in einer Ente als in einem elektronisch-stabilisiertem Oberklassewagen, wenn ich dieses Bild noch einmal aufgreifen darf. Wir wanken doch manchmal ganz schön, aber das hängt am schwankenden Vertrauen unsererseits und nicht an Gott.
Ein gutes Beispiel dafür ist Petrus auf dem Wasser, in Matthäus 14, 28-31; NGÜ, wo Jesus den Jüngern in einem Boot auf dem See Genezareth auf dem Wasser entgegen kam:
Das Wanken von Petrus lag nicht an Jesus sondern an Petrus' Zweifel. Doch was macht man gegen Kleinglauben und Zweifel?
Die Menschen zur Zeit des Psalms hatten den Heiligen Geist noch nicht und mussten verstärkt durch äußere Zeichen, Riten an Gott und an seine Zusagen erinnert werden. Deshalb gab es den zentralen Tempel und die zentralen Handlungen.
Wenn wir zu Jesus gehören, dann beten wir und Gott ist da. Wir bekennen und Gott hört es und vergibt und hilft uns, unser Handeln zu ändern.
Trotzdem schwanken auch wir oft genug oder wagen uns wie Petrus auf das Wasser und blicken dann nur noch auf den Sturm. Aber genauso wie Jesus Petrus festhält und nicht absaufen läßt, genauso verhindert er, dass unsere Lebens-Ente umkippt.
Es ist richtig, was in dem Psalm am Anfang steht, aber ich sehe es mehr als ein Lebensprozess. Je mehr wir auf Gott vertrauen, desto weniger werden wir wanken. Und wenn wir vertrauen und unser Leben etwas ins Wanken zu bringen droht, können wir das mit Gottes Hilfe durchstehen.
Von daher brauchen wir eigentlich keine Wallfahrt, weil Gott direkt da ist. Aber manchmal helfen vielleicht Gewohnheiten, um sich manche Sachverhalte wieder neu klar zu machen. Manch einem hilft das Kirchenjahr, die Feste Weihnachten, Ostern und Pfingsten, um sich die Menschwerdung Gottes, die Auferstehung Jesu und den Empfang des Heiligen Geistes immer wieder zu verdeutlichen. Im Prinzip ist das so eine Art Wallfahrt, nur dass man nicht an einen anderen Ort fährt.
Es gibt auch in der Bibel Regelmäßigkeiten, wie z.B. Gottesdienst und Abendmahl, womit einem immer wieder neu klar werden soll, worum es geht.
Und wenn diese Veranstaltungen, Versammlungen und Begegnungen einem dabei helfen zu verstehen, dass Gottvertrauen dabei hilft, zu stehen und nicht zu wanken, dann machen sie Sinn.
Die Gemeinde
Gehen wir ein bisschen weiter im Psalm 125.
Schützende Berge um eine Stadt beschützt die Stadt vor feindlichen Soldaten, zumindest in der damaligen Zeit, wo es noch keine Artillerie oder Flugzeuge gab.
„Sein Volk“ ist heute natürlich ein Bild für die Gemeinde. Also umgibt uns der Herr, jetzt und für alle Zeit.
Ich denke, dass man dieses Bild für die Gemeinde weltweit und auch für unsere Gemeinde hier vor Ort sehen kann.
Für die Gemeinde weltweit sind wir uns sicher, dass Gott sein Volk umgibt und schützt.
Aber wie sieht es hier vor Ort aus? Vor welchen Feinden beschützt uns Gott?
Dieses Bild von Jerusalem, umgeben von Bergen, war den Leuten damals ziemlich einprägsam. Sicherlich haben auch nicht wenige von denen, die den Psalm damals auf der Wallfahrt gesungen haben, schon einen Krieg mit gemacht und live gesehen, wie die Berge den Feinden ihr Werk erschwert haben.
Doch was sind unsere Feinde heute? Das wäre sicherlich einmal interessant, wenn wir das einmal in einer Art Jugendstunde für Ältere diskutieren würden.
Was gefährdet unsere Gemeinde? Wovor brauchen wir Schutz?
Sind es evt. fiese Nachbarn, die unsere Gemeinde nicht mögen? Tatsächlich weiß ich von keinen. Oder ist die Ablenkung, die es zu Hauf in der Welt um uns herum gibt?
An diesem Punkt bin ich bei der Vorbereitung echt stecken geblieben. Ich glaube, das wäre ein eigenes Predigtthema wert.
Vielleicht ist hiermit aber auch einfach gemeint, dass die Probleme der Gemeinde zumeist nicht von außen kommen, sondern von innen von uns selbst gemacht werden. Bei Problemen von außen schützt uns Gott.
Ich lass das jetzt einmal hier so liegen und gehe weiter im Psalm 125, denn der nächste Vers bezieht auf den gerade Gelesenen:
Anscheinend ist der Psalmist zwar von Gottes Schutz überzeugt, aber irgendwie ist dieser Schutz noch nichts so richtig sichtbar, denn die Unterdrücker schwingen zur Zeit ihr Zepter.
Der Psalmist glaubt aber, dass der Schutz Gottes sich durchsetzen wird, sichtbar wird. Er hat Hoffnung und er rechnet mit Gottes Wirken. Das ist sicherlich ein Vorbild für uns.
Dadurch dass Gott uns in Zukunft beschützen wird, brauchen wir uns nicht mit widrigen Umständen und Feinden beschäftigen, sondern können uns auf das konzentrieren, was Gott von uns möchte, seinen Auftrag, seine Mission.
Und dann führt der Psalmist hier einen interessanten Punkt an: Es soll nicht soweit kommen, dass die, welche Gottes Willen tun, ihre Hände nach Unrecht ausstrecken.
Selbst als Christ besteht die Gefahr, unrechte Wege zu gehen, wenn man glaubt, zu oft zu kurz zu kommen. Das Gottvertrauen kann vielleicht unter solchen Umständen leiden.
Hierbei wird deutlich, was ein Psalm eigentlich ist. Ein Psalm ist kein Lehrtext oder Gesetzestext, sondern es ist ein persönliches Gebet, dass jemand als Lied vertont hat.
Und der Autor dieses Psalms hat anscheinend schon miterlebt, dass in widrigen Umständen gläubige Menschen ihre Gottesfurcht beseite schieben, um vermeintlich auch einmal ein Stück vom Kuchen zu bekommen.
Er betet hier für bessere Umstände, dass seine Glaubensgenossen nicht versagen.
Unsereins würde vielleicht für mehr Standhaftigkeit und Glauben beten, aber der Psalmist betet für die äußeren Umstände.
Das ist übrigens nicht weniger fromm, auch Paulus legt uns das in 1. Timotheus 2, 1.2; NGÜ nahe:
Ungünstige gesellschaftliche Bedingungen wie Benachteiligung oder gar Verfolgung kann uns schon das Christsein auch ein bisschen sauer machen.
Ich weiß, dass Jesus für besonders harte Situationen besondere Hilfen zugesagt hat (z.B. Lukas 21, 15), aber trotzdem ist es gut, für unsere Regierung zu beten, damit wir hier in Frieden unseren Glauben leben können.
Die Guten und die Bösen
Dann bleiben noch zwei Verse, 4 und 5, übrig, wo es um die Guten und die Bösen geht.
Ich glaube, hier leidet der Psalmist ein bisschen darunter, dass auf unserer Welt eben nicht die guten Menschen reich, schön und gesund sind und die Bösen hässlich, arm und krank.
Hier kommt auch wieder das persönliche Empfinden des Psalmisten durch, aber ich finde es gut, dass er für erlebte Güte für aufrichtige Menschen betet.
Wann haben wir so etwas zuletzt für jemanden gebetet? Herr schenke, dass er Deine Güte erlebt.
Bei Vers 5 glaube ich, und ich hoffe, ich bin nicht vermessen, schon ein bisschen weiter als der Psalmist zu sein. Mir ist es nicht wichtig, dass die Bösen ins Verderben stürzen, sondern mir ist lieber, dass die Bösen umkehren, Vergeben erfahren und sich ändern.
Das ist natürlich theoretisch ziemlich einfach so zu denken, wird aber schwierig, wenn man von dem Bösen direkt betroffen ist, wenn der Peiniger quasi vor der Tür steht.
Daher finde ich es sehr beeindruckend, wenn Christen ihren Peinigern persönlich vergeben können.
Und das Schlusswort des Psalms ist „Friede komme über Israel“.
Und das wünsche ich mir auch für unsere Gemeinde. Keine simple friedliche Koexistenz, sondern dass wir miteinander im Reinen sind, an einem Strang ziehen und den Frieden mit Gott gemeinsam erleben.
Zusammenfassung
- Wenn wir auf Gott vertrauen, dann wanken wir nicht und bleiben stehen, aber unser Vertrauen muss noch wachsen und deshalb wankt unser Leben doch manchmal wie eine Fahrt mit einer Ente. Aber genauso wie Jesus Petrus vorm Versinken bewahrte, wird auch unsere Lebens-Ente nicht umkippen.
- Alles, was hilft, dieses Vertrauen auf Gott zu stärken, ob es Feste oder Gewohnheiten sind, ist sinnvoll.
- Gott beschützt die Gemeinde vor Feinden, damit wir uns auf unseren Auftrag und unsere Mission konzentrieren können.
- Lasst uns für die gesellschaftlichen Umstände beten, dass wir in Frieden unser Leben hier leben können.
- Lasst uns für einander beten, dass wir Gottes Güte erleben. Beten wir auch für, ich sag einfach einmal etwas vereinfacht, die Bösen, dass sie Jesus kennenlernen können und Vergebung und neues Leben erfahren können.
- Und jagen wir dem Frieden in unserer Gemeinde nach.