Gästegottesdienst, Leichlingen, 3.9.2000
Onesimus
(Der Gästegottesdienst war ziemlich auf Kinder im Alter ab 6 bis 12 zugeschnitten. Aber auch die übrigen Gäste haben hoffentlich etwas mitgenommen.)
Kurze Einleitung vor dem Hörspiel:
Vorneweg möchte ich sagen, daß sich die Geschichte von Onesimus nicht unbedingt genau so abgespielt haben muß, wie wir es hier darstellen. Details aus seinem Leben sind nicht bekannt und es ist auch nicht sicher, ob Onesimus Paulus in Rom oder in einem anderen Gefängnis kennengelernt hat.
Aber anhand der Fakten aus dem Philemonbrief könnte es sich so abgespielt haben.
(Hörspiel mit Figuren am Tageslichtprojektor)
(In der Predigt wurden immer wieder Fragen an die Kinder eingeflochten, die sie versuchten zu beantworten.)
Predigt:
„Auf der Flucht“ :
Onesimus ist
weggelaufen. Er hat es nicht mehr ausgehalten.
Vielleicht geht es uns manchmal ebenso, wir möchten am Liebsten
weglaufen. Vielleicht ist es zu Hause unerträglich, weil man sich
mit dem Rest der Familie nicht so richtig versteht. Oder in der
Schule oder auf der Arbeit kommt man mit den Klassenkameraden oder
Arbeitskollegen nicht klar.
Woanders ist es doch bestimmt schöner, oder? Vielleicht irgendwo mal neu anfangen, alles bisherige hinter sich lassen, das wäre doch manchmal toll, oder?
Onesimus hat es
versucht. Er ist einfach abgehauen.
Oft geht das Abhauen auch auf Kosten anderer. Onesimus hat Philemon
bestohlen, um fliehen zu können. Das kann man ja noch verstehen.
Als Sklave hatte man es nicht leicht. Man wurde ausgebeutet, man
mußte für andere arbeiten, ohne selbst etwas dafür zu bekommen. Von
daher kann man Verständnis dafür haben, wenn sich Onesimus nimmt,
was er glaubt, das ihm zusteht und dann abhaut.
„Die große Freiheit“:
Onesimus träumt
von der großen Freiheit. Endlich kann er tun und lassen, was er
will.
Auch das können wir gut verstehen. Wer hat als Kind oder Teenager
nicht schon mal gedacht: „Ach, wäre ich doch endlich erwachsen!
Dann könnte ich endlich tun, was ich will.“
Und hin und wieder hat es auch wirklich Vorteile erwachsen zu sein. Als ich in meiner eigenen Wohnung wohnte, fand ich es irgendwie gut, daß ich mir zu jedem Nachtisch so viel Eis nachholen konnte, wie ich wollte. Keiner sagte: „Jetzt ist es genug“ oder „Es ist nichts mehr da“; es lag ja an mir, wie viel Eispackungen ich mir in den Kühlschrank legte.
Aber meistens hält die große Freiheit nicht, was sie verspricht. Man nimmt sich selbst ja immer mit und meistens ist man an seinen Problemen, die man bisher hatte, auch ein bißchen mitschuldig und von daher wird man sie woanders auch nicht so leicht los.
„Gefangen“:
Für Onesimus ist der Traum der Freiheit bald ausgeträumt. Er kommt ins Gefängnis.
Viele haben das
schon erlebt, daß ihr Traum von der großen Freiheit ausgeträumt
ist.
Aus der Täuschung wird die Ent-Täuschung, der Boden der Tatsachen
kommt wieder.
Es ist natürlich nicht verkehrt, Träume zu haben und zu versuchen,
sie zu verwirklichen, aber oft macht man es verkehrt und kommt
nicht weiter, man landet in einer Sackgasse.
Was mache ich denn jetzt?
Man sagt ja dem Vogelstrauß nach, daß er bei Gefahr den Kopf in den
Sand steckt.
Oh, ich bin sicher, daß jeder von euch schon einmal in Situationen
war, wo er am liebsten den Kopf in den Sand gesteckt hätte, bis
alles vorüber ist.
Aber oft geht nichts vorüber, wenn der Kopf im Sand steckt. Guckt man dann wieder, ist die Situation immer noch genauso schlimm.
„Neue Hoffnung / Ausweg“:
Onesimus begegnet im Gefängnis dem Paulus. Mit ihm kann er über alles sprechen, über seine Probleme, über die Sackgasse, in der er jetzt ist.
Es ist wichtig,
daß man so jemanden hat. Nun, das ist ja ganz einfach, sollte man
meinen.
Kinder haben ihre Eltern, Verheiratete ihren Ehepartner und auch
Singles haben sicherlich auch enge Vertraute. Damit ist doch für
jeden gesorgt, oder?
Erstens haben
viele zu ihren Bekannten oder Verwandten nicht so eine vertraute
Beziehung, daß sie sich trauen, über ihre Probleme zu reden. Und
zum Zweiten reicht es meistens auch nicht, einfach nur es anderen
zu erzählen.
Aber die Bereitschaft, seine Probleme zuzugeben, ist schon ein
Anfang.
Krisenzeiten sind
Gelegenheiten, in denen man oft anders und tiefer über Gott und
sich selbst nachdenkt. Wenn alles in Ordnung ist, dann denkt man
eher daran, wie man z.B. im Beruf vorankommt, man pflegt seine
Hobbies, usw.
Aber so eine Krisenzeit ist eine Chance und Gott sendet jedem
Menschen hin und wieder Probleme und Krisen, um ihn zum Nachdenken
zu führen.
Aber dann braucht man auch Mut und Ehrlichkeit; ja, ich habe
Probleme, ich bin in der Klemme, ich habe Mist gemacht, ich brauche
Hilfe.
Onesimus hätte auch sauer und voller Rachegedanken in der Zelle bleiben können. Er wäre dann verbittert in der Zelle versauert.
Aber er wollte
nicht, er hat seine Chance genutzt. Er stand zu seinen Sünden, er
hat alles zugegeben.
Dann hat er neues Leben in Jesus gefunden. Er war zwar äußerlich
noch gefangen aber innerlich wurde er frei. Er wollte äußerlich
frei sein, hat dann aber innere Freiheit gefunden, die noch viel
größer ist. Gott beantwortet unsere Sehnsüchte und Gebete manchmal
ganz anders, als wir uns das vorstellen.
Wie gehen wir mit
unseren Krisenzeiten um? Nutzen wir sie als Chance oder werden wir
verbittert, sauer, rachsüchtig? Oder denken wir resignierend:
Irgendwie wird es schon weitergehen.
Jesus wartet auf uns. Er ist unsere Chance.
Oft hören Predigten an dieser Stelle auf. Aber bei Onesimus geht es noch weiter.
„Der neue Alltag“:
Sein Leben vor Gott wurde in Ordnung gebracht. Nun werden Konsequenzen im Alltag notwendig.
Was ist mit dem Schaden, den er verursacht hat? Wie soll er dem Geschädigten unter die Augen treten?
Manchmal brauchen wir Hilfe von anderen Menschen, um Probleme mit anderen Menschen in Ordnung zu bringen. Onesimus hat Paulus. Der schreibt einen Brief, wo er die Situation schildert und eindringlich dem Philemon nahelegt, Onesimus zu vergeben. Ja, Paulus bietet sogar an, den Schaden, den Onesimus verursacht hat, selbst zu bezahlen.
Zum neuen Alltag
mit Jesus gehört auch die Bewältigung der eigenen
Vergangenheit:
Eigene Sünden vor Gott und betroffenen Menschen bekennen, anderen
Menschen wirklich vergeben, wenn möglich Gestohlenes zurückzahlen,
usw.
Das ist nicht leicht, aber nötig. Vielleicht brauchen wir bei
manchen Angelegenheiten einen Paulus, der uns hilft und für uns
eintritt. Gott hat die Gemeinde geschaffen, auch diese in
Leichlingen, damit wir einander helfen können, auch unsere
Vergangenheit in Ordnung zu bringen. Mancher hat da mehr, mancher
weniger in Ordnung zu bringen.
„Happy End“:
In unserer Geschichte gab es ein Happy End. Wir wissen nicht, wie Philemon damals wirklich reagierte – wir haben es nur geraten, da ja nur der Brief an ihn überliefert ist –, aber so wie Paulus ihn eingeschätzt hatte, hat es damals ein Happy End gegeben.
Wenn man seine Sünden gegenüber anderen auch vor den Betreffenden bereinigen will, dann muß es nicht immer ein Happy End geben. Manchmal ist der andere nicht bereit, einem zu vergeben.
Manchmal aber auch erntet man aber sogar Respekt und Anerkennung für den Mut, seine Sünden zu bekennen. Aber das ist letztendlich nicht das Wichtigste.
Onesimus hatte Frieden mit Gott, nach dem Gott ihm vergeben hatte, er hatte neues Leben und das ist das wirklich wichtige.
AMEN