Leichlingen, 6.11.2011

Ich bin nicht schuld

Einleitung

Es gibt verschiedene Themen, die mich seit längerem beschäftigen, und eines davon ist das Thema „Verantwortung“.

Ich möchte dazu mit einem Beispiel beginnen.

Ich kenne mich ja recht gut mit Computern aus und werde häufig dazu um Rat gefragt. Das macht mir auch nichts aus und helfe da auch gerne weiter.

Das meine ich jetzt auch wirklich so. Diese Rede soll hier jetzt kein öffentliches „Fragt mich bloß nie wieder!“ werden.

Manche Menschen sagen ja auch mit einem völlig genervten Gesichtsausdruck „Das macht mir nichts aus“, oder bei manchen anderen ist das Gesicht schon vom Burn-Out gekennzeichnet und sie ächzten dann immer noch ein freundliches „Ich helfe gern.“

Das ist bei mir alles nicht der Fall. Man kann gerne weiter meinen Rat in Computer-Fragen einholen.

Ich ertrage auch ohne Probleme den Satz, der fast immer kommt, wenn Probleme am Computer auftreten: „Ich habe nichts gemacht!“ Das liegt u.a. auch daran, daß ich diesen Satz auch schon öfters gesagt habe, wenn ich bei einer Problemlösung andere fragen muß.

Es gibt aber eine Sache, die mich nervt, eine Sache.

Vieles weiß ich ja gar nicht, was man mich fragt und ich gebe dann diese Frage – oder Stichwörter zu dieser Frage – in eine Internet-Suchmaschine ein. Und wenn dann an Platz 1 der Ergebnisliste eine simple, funktionierende Antwort auf diese Frage erscheint, dann fühle ich mich ein wenig veralbert.

Denn eigentlich hätte der Fragende doch selber seine Frage zuerst einmal in einer Suchmaschine eingeben können, oder?

Es erhöht zwar meine Strahlkraft als Computer-Genie, wenn ich Fragen per Google beantworte, aber das muß eigentlich nicht sein. Meinem Ego reicht es schon, daß sich die Computer-Probleme meiner Mutter manchmal schon von selbst lösen, wenn ich nur den Raum betrete.

Oft ist das gar nicht Faulheit, denn viele sind ganz überrascht, wenn ich sie darauf hinweise, daß man eine Menge Lösungen recht einfach über eine Suchmaschine findet. Sicherlich sind einige Fragen dann doch komplizierter, wo man auch weitergehende Kenntnisse braucht, aber vieles ist doch recht simpel. Eine wichtige Faustregel dafür, ob es die Lösungen schon irgendwo gibt, ist die Frage, wieviel andere schon dieses Problem gehabt haben könnten. Werden es viele sein, dann wird es höchstwahrscheinlich schon einfach erklärte Lösungen geben.

Ich habe allen Ernstes schon darüber nachgedacht, manchen Leuten eine Kurzeinführung in die Benutzung einer Internet-Suchmaschine zu geben, getreu dem Motto:

Gib einem Hungernden einen Fisch, und er wird einen Tag satt. Gib ihm eine Angel, und er wird ein Leben lang satt sein.

Aber, und hier verlassen einmal den Computer-Bereich, möchte man denn das Angeln lernen? Möchte man selbst Verantwortung übernehmen und nicht mehr nur auf den gereichten Fisch warten?

Oder ist unser Motto eher:

Gib einem Hungernden einen Fisch, und er wird einen Tag satt. Gib ihm eine Angel, und er wird dich beschimpfen, weil er Besseres zu tun habe, als seine Zeit damit zu verschwenden, Schnüre ins Wasser zu hängen.

Mit dieser Frage der Verantwortung möchte ich heute mit euch nachdenken.

Beginnend möchte ich die

Verantwortung für eigene Schuld

betrachten.

Der Klassiker dazu ist 1. Mose 3, 1-15;

1 Die Schlange war das listigste von allen Tieren, die Gott, der Herr, erschaffen hatte. »Hat Gott wirklich gesagt«, fragte sie die Frau, »dass ihr keine Früchte von den Bäumen des Gartens essen dürft?« 2 »Selbstverständlich dürfen wir sie essen«, entgegnete die Frau der Schlange. 3 »Nur über die Früchte vom Baum in der Mitte des Gartens hat Gott gesagt: `Esst sie nicht, ja berührt sie nicht einmal, sonst werdet ihr sterben.´« 4 »Ihr werdet nicht sterben!«, zischte die Schlange. 5 »Gott weiß, dass eure Augen geöffnet werden, wenn ihr davon esst. Ihr werdet sein wie Gott und das Gute vom Bösen unterscheiden können.« 6 Die Frau sah: Die Früchte waren so frisch, lecker und verlockend - und sie würden sie klug machen! Also nahm sie eine Frucht, biss hinein und gab auch ihrem Mann davon. Da aß auch er von der Frucht. 7 In diesem Augenblick wurden den beiden die Augen geöffnet und sie bemerkten auf einmal, dass sie nackt waren. Deshalb flochten sie Feigenblätter zusammen und machten sich Lendenschurze.

Hier bemerkten sie, daß sie nackt waren. Hier ist sicherlich nicht nur die physische Nacktheit gemeint, sondern insbesondere geht es hier auch um symbolische Nacktheit. Wenn man Murks gemacht hat und andere bekommen es mit, dann fühlt man sich oft sehr bloß gestellt und das fühlt sich meistens sehr unangenehm an. Das ist manchmal viel schlimmer, als wenn beispielsweise alle einen häßlichen Furunkel auf dem Hintern sehen würden, der normalerweise von der Kleidung verborgen ist.

Für die physische Nacktheit gibt es Kleidung, oder hier Schurze aus Blättern, wie geht man denn mit der symbolischen Nacktheit um? Schauen wir 'mal:

8 Als es am Abend kühl wurde, hörten sie Gott, den Herrn, im Garten umhergehen. Da versteckten sie sich zwischen den Bäumen.

Dies ist die erste Strategie, wenn man sich selber eine Blöße gegeben hat. Man versteckt sich, man isoliert sich. Man erträgt es nicht, wenn andere einen sehen, denn dann erinnern sie sich an den peinlichen oder gar schlimmen Fehler, den man verbrochen hat.

Vielleicht sieht man auf der Stirn der anderen sogar so eine unsichtbare Laufschrift: „Was hat der Vollpfosten wieder für einen Murks gemacht!“

Manch einer geht dann sogar soweit, daß er sich sogar vor Gott versteckt, weil er mit seinem eigenen Versagen nicht mehr klar kommt.

Aber Gott läßt ihn aus der Nummer nicht so einfach 'raus.

9 Gott, der Herr, rief nach Adam: »Wo bist du?« 10 Dieser antwortete: »Als ich deine Schritte im Garten hörte, habe ich mich versteckt. Ich hatte Angst, weil ich nackt bin.« 11 »Wer hat dir gesagt, dass du nackt bist?«, fragte Gott, der Herr. »Hast du etwa von den verbotenen Früchten gegessen?« 12 »Die Frau«, antwortete Adam, »die du mir zur Seite gestellt hast, gab mir die Frucht. Und deshalb habe ich davon gegessen.«

Ein sehr moderner Dialog:

„Was hast Du nur wieder für einen Mist gemacht:“

„Eigentlich ist ja nur meine Frau an allem Schuld.“

Adam ist hier sehr geschickt, was die Verteilung der Schuld angeht.

Erstmal ist die Frau schuld, das ist schon 'mal klar. Aber dann ist eigentlich Gott schuld, denn es war ja die Frau, die Gott ihm zur Seite gestellt hat. Sehr raffiniert, damit hat er Gott ganz schön in die Enge getrieben.

Aber wir sind da heute nicht besser. Irgendwie ist die Weiterleitung von Schuld tief in uns Menschen drinnen. Das fängt schon in der Kindheit an.

Wer mehrere Kinder hat, wird schon häufig den Satz „Ich war's nicht!“ gehört haben und wenn das Kind noch klein genug ist und noch nicht genau verstanden hat, daß man manche Aussagen leicht überprüfen kann, dann wird dann auch schon einmal die Schuld auf die Schwester oder den Bruder weitergeleitet.

Es ist uns anscheinend sehr wichtig, nicht schuld zu sein.

Manchmal sind es auch die Konsequenzen einer Schuld, die uns zu unterschiedlichen Strategien motivieren.

Ich habe einmal in einer Firma gearbeitet, wo mehrere Projekte gescheitert sind. Es war meine erste größere Firma und ein Kollege hat mir erklärt, daß jetzt nach dem Scheitern der Projekte ganz viele Rettungsschirme geknüpft werden. Wichtig ist dabei die Erklärung, warum man selber nicht an dem Scheitern schuld ist. Natürlich hat man auch Fehler gemacht, aber der Kunde hat dauernd die Anforderungen geändert und so konnte das nichts werden, usw., usw.

In solchen Fällen hängt natürlich der Job daran, ob man schuld ist, da kann man solche Schuldvermeidungsstrategien noch gut nachvollziehen.

Aber es stört einen oft ja auch schon, wenn man für etwas beschuldigt wird, ohne das das irgendwelche Konsequenzen hat. Schuld stört einen generell, man möchte sie loswerden.

Und wenn ein anderer Mensch offensichtlich nicht schuld ist, dann kann man immer noch Gott die Schuld geben, bzw. dem Schicksal oder den Umständen, wenn man nicht an Gott glaubt.

Auch Eva damals ließ die Schuld an sich abgleiten:

13 Da fragte Gott, der Herr, die Frau: »Was hast du da getan?« »Die Schlange verleitete mich dazu«, antwortete sie. »Deshalb aß ich von der Frucht.«

Sie war immerhin nicht so unverschämt, Gott die Schuld zu geben. Sie hätte ja auch sagen können: Der Mann, den Du mir gegeben hast, war so blöd, die Frucht zu nehmen, oder der Mann, den Du mir gabst, stand ja neben mir und hätte es verhindern können. Manchmal spielen Mann und Frau in einer Beziehung auch so eine Art Schuld-Ping-Pong, was natürlich irgendwann die Beziehung zerstört.

Das macht sie hier nicht, sie nutzt die „Ich-wurde-verführt“-Strategie.

Diese Strategie wird teilweise bei schlimmen Verbrechen wie Vergewaltigung bis hin zu Beziehungshintergehungen wie Ehebruch verwendet. Auch wenn man eine Straftat in einer Gruppe begangen hat, kann man diese Strategie wählen.

Diese Strategie gibt es noch in einer abgewandelten Form, wenn es darum geht, daß die eigenen Kinder etwas angestellt haben. Die wurden dann verführt.

Manche Eltern scheinen ja auf dem Standpunkt zu stehen, daß die eigenen Kinder immer rein und gut sind – auf alle Fälle sind sie immer im Kern gut – und das Böse von außen, die schlimmen anderen Kinder, verführen die reinen und guten eigenen Kindern zu schlimmen Dingen.

Und was ist mit dem ursprünglichen Verführer?

14 Da sprach Gott, der Herr, zu der Schlange: »Weil du das getan hast, sollst du unter allen zahmen und wilden Tieren verflucht sein. Dein Leben lang sollst du auf dem Bauch kriechen und Staub fressen. 15 Von nun an setze ich Feindschaft zwischen dir und der Frau und deinem Nachkommen und ihrem Nachkommen. Er wird dir den Kopf zertreten und du wirst ihn in seine Ferse beißen.«

Der Verführer wird nicht gefragt, er ist wirklich schuldig, und es geht hier natürlich nicht um die Schlange als Reptil sondern um den Verführer in Gestalt einer Schlange.

Wir haben nun einige „Lendenschurze“ für die symbolische Nacktheit kennengelernt: Verstecken, die Frau beschuldigen, Gott beschuldigen (Atheisten wählen in diesem Fall das „Schicksal“) und „Ich wurde verführt“ bzw „meine Kinder wurden verführt“.

Helfen diese Lendenschurze? Manchmal vielleicht, denn hin und wieder klappt es mit dem Durchmogeln. Aber was wird aus Beziehungen, wenn man die Schuld immer weiterreicht? Wie ist das im Berufsleben, wenn man immer Rettungsschirme knüpft?

In Vers 21 steht noch ein interessanter Satz:

Und Gott, der Herr, machte Adam und seiner Frau Kleidung aus Tierfellen und zog sie ihnen an.

Wie jetzt? Die hatten doch schon Lendenschurze, wozu brauchten die dann noch Kleidung?

Die Lendenschurze aus Blättern reichten nicht. So etwas geht vielleicht am Strand bei strahlendem Sonnenschein, aber wenn ein frischer Wind aufkommt, wenn es einmal kalt wird, dann reichen die Blätter nicht.

Genauso reichen die Lendenschurze für unsere symbolische Nacktheit nicht. Das braucht man Felle und diese Felle gibt hier Gott.

Diese Stelle ist das erste Mal, daß in der Bibel erwähnt wird, daß Tiere getötet wurden, und ist ein Hinweis auf den Kreuzestod von Jesus Christus.

Durch Jesu Opfer wird unsere Schuld vor Gott vergeben und nur durch Jesus Christus lernen wir, richtig mit unserer Schuld vor anderen Menschen umzugehen. Verstecken, abgleiten lassen, ist dann nicht mehr nötig, es geht dann auch anders, auch wenn es natürlich ein Lernprozeß ist.

 

Kommen wir zur

Verantwortung für unser Leben

Verantwortung haben wir nicht nur für unsere Schuld sondern auch für unser gelebtes Leben.

Dabei geht es mir nicht nur darum, daß wir unseren Pflichten nachkommen. Das halte ich für selbstverständlich, wie es z.B. in 1. Timotheus 5, 8 (NGÜ) steht:

Denn wenn sich jemand nicht um seine Angehörigen kümmert, vor allem um die, die unter einem Dach mit ihm leben, verleugnet er den Glauben und ist schlimmer als jemand, der nicht an Christus glaubt.

Allerdings besteht das Leben eines Christen nicht üblicherweise aus spaßfreien Pflichten, denn das führt auf Dauer zur Unzufriedenheit. Und auch manche Christen haben aus falsch verstandenem Pflichtgefühl sich überfordert und einen Burnout erlitten.

In Epheser 2, 8-10 (NGÜ) ist es beschrieben, wie es richtig ist:

8 Noch einmal: Durch ´Gottes` Gnade seid ihr gerettet, und zwar aufgrund des Glaubens. Ihr verdankt eure Rettung also nicht euch selbst; nein, sie ist Gottes Geschenk. 9 Sie gründet sich nicht auf ´menschliche` Leistungen, sodass niemand ´vor Gott` mit irgendetwas großtun kann. 10 Denn was wir sind, ist Gottes Werk; er hat uns durch Jesus Christus dazu geschaffen, das zu tun, was gut und richtig ist. Gott hat alles, was wir tun sollen, vorbereitet; an uns ist es nun, das Vorbereitete auszuführen.

Man kann sich mit Leistung vor Gott nichts verdienen. Unser Christen-Leben ist kein provisionsbasierter Job.

Gott hat unser Leben vorbereitet, Dein und mein Leben persönlich, und Du kannst mit ihm entdecken, was für Dich persönlich dran ist. Und da wird Gott Dich manchmal auf ganz neue Wege führen, wo Du nie darauf gekommen wärst. „Das Vorbereitete auszuführen“ hört sich vielleicht etwas beschränkt an, aber das liegt nur daran, weil wir uns nicht vorstellen können, was Gott alles vorbereitet hat. Vielleicht möchte er, was Du Dir besonders wünscht, das Du es tust und das Du es für Gott tust. Machen wir Gott nicht klein. Das Leben ist nicht nur für andere toll, nein jeder kann mit Gott leben, in Höhen und Tiefen, aber immer in der Nähe Gottes.

Eine wichtige Verantwortung für unser Leben als Grundlage für das gerade Gesagte muß ich hier aber unbedingt erwähnen, nicht nur, weil es einer meiner Lieblingsverse ist (Johannes 1, 12; NGÜ):

All denen jedoch, die ihn aufnahmen und an seinen Namen glaubten, gab er das Recht, Gottes Kinder zu werden.

Mit „ihn“ ist hier Jesus Christus gemeint und ihn in unser Leben aufzunehmen, liegt in unserer Verantwortung. Das ist der Startschuß für das Leben mit Gott. Das kann kein Geistlicher für uns übernehmen. Die Beziehung zu Gott ist eine persönliche und kann nicht über kirchliche Stellvertreter geführt werden.

Eine weitere, daraus folgende Verantwortung wird in 1. Petrus 5, 6.7 beschrieben:

6 Beugt euch also unter die starke Hand Gottes; dann wird er euch erhöhen, wenn die Zeit dafür gekommen ist. 7 Und legt alle eure Sorgen bei ihm ab, denn er sorgt für euch.

Unsere Sorgen zu ihm bringen? Ja, unsere Verantwortung ist es, mit Gott im Gespräch zu sein, ihm die Sorgen zu bringen, von ihm Leitung und Hilfe zu erwarten. Das bedeutet natürlich nicht, nichts mehr zu tun, sondern das ist die Basis unserer Entscheidungen und Handlungen.

Weiterhin liegt unsere geistliche Ernährung in unserer Verantwortung. „Geistliche Ernährung“ hört sich eher seltsam an, aber woher bekommen wir unseren geistlichen Input? Wo erfahren wir von Gott? Der Gottesdienst ist sicherlich eine gute Sache, aber wenn das die einzige Ernährungsstelle ist, dann verlagern wir die Verantwortung dafür auf die jeweiligen Prediger am Sonntag.

Wie ist es richtig? Dazu ein Beispiel aus Apostelgeschichte 17, 11 (NGÜ):

Die Juden in Beröa waren nicht so voreingenommen wie die in Thessalonich. Mit großer Bereitwilligkeit gingen sie auf das Evangelium von Jesus Christus ein, und sie studierten täglich die Heilige Schrift, um zu prüfen, ob das, was Paulus lehrte, mit den Aussagen der Schrift übereinstimmte.

Sie prüften das, was Apostel Paulus gelehrt hat. Sie waren sehr offen, aber nicht leichtgläubig.

Es ist natürlich einfacher, wenn man einfach das übernimmt, was einem andere sagen, aber das ist nicht richtig.

Verantwortung für andere

Nun leben wir nicht alleine. Wir haben Familie, Freunde, Bekannte, Kollegen, Nachbarn und irgendwie haben wir auch für die Verantwortung.

Wir finden dazu in der Bibel verschiedene Beispiele, z.B. Galater 6, 1.2 (NGÜ):

1 Geschwister, wenn sich jemand zu einem Fehltritt verleiten lässt, sollt ihr, die ihr euch von Gottes Geist führen lasst, ihm voll Nachsicht wieder zurechthelfen. Dabei muss aber jeder von euch auf sich selbst achtgeben, damit er nicht auch in Versuchung gerät. 2 Helft einander, eure Lasten zu tragen! Auf diese Weise werdet ihr das Gesetz erfüllen, das Christus uns gegeben hat.

Gerade der erste Satz hört sich sehr fromm an, aber der Schwerpunkt liegt im ersten Satz auf „zurechthelfen“, nicht alles unter einem pseudo-frommen Mantel totschweigen. Und wenn klare Worte zum Zurechthelfen nötig sind, dann gehören sie eben dazu.

Aber wir neigen ja oft eher zu der Selbst-Schuld-Sichtweise oder Ist-mir-egal-Sichtweise. Und hierbei kommt ins Spiel, daß wir durch Gottes Geist Interesse am Anderen und auch Nachsicht lernen können, also Interesse und Nachsicht für die, die sich zu Fehltritten verleiten lassen. Die netten Leute mögen wir ja sowieso.

Auch der zweite Satz des ersten Verses hört sich fromm an („nicht in Versuchung geraten“). Wir neigen ja leider auch häufig zu solchen Gedanken wie „Das kann mir nicht passieren!“. Und auch hier kann Gottes Geist uns eine realistischere Einschätzung von uns selbst geben.

Der zweite Vers zeigt allgemein auf, wie wir für einander Verantwortung übernehmen können und sollen. Jeder Mensch hat Lasten und meistens wollen wir sie für uns behalten.

Es ist irgendwie auch schwierig, anderen mitzuteilen, was einen so belastet. Häufig kann ein anderer auch nur schlecht mitfühlen, was einen belastet. In Sprüche 14, 10 (NL) wird das so ausgedrückt:

Jedes Herz hat seine eigene Bitterkeit und auch seine Freude kann kein anderer vollkommen mit ihm teilen.

Freude und Leid ist oft etwas sehr persönliches, und während man mit Freude, die kein anderer teilen kann, noch recht gut umgehen kann, kann einen ungeteilter Kummer wirklich fertig machen.

Deshalb ist das gemeinsame Lastentragen für die einzelnen Gemeindemitglieder ein wichtiger Auftrag und das setzt natürlich den gemeinsamen Austausch voraus.

Manchmal bedeutet dieses Lastentragen auch Aufwand: (Lukas 5, 17-20; NGÜ)

17 Eines Tages, als Jesus lehrte, saßen unter den Zuhörern auch Pharisäer und Gesetzeslehrer, die aus allen Dörfern Galiläas und aus Judäa und Jerusalem gekommen waren. Die Kraft des Herrn war durch ihn wirksam, sodass Heilungen geschehen konnten. 18 Da brachten einige Männer einen Gelähmten auf einer Tragbahre. Sie versuchten, ihn ins Haus hineinzutragen, um ihn vor Jesus niederzulegen. 19 Doch es herrschte ein solches Gedränge, dass sie keinen Weg fanden, den Kranken zu ihm zu bringen. Da stiegen sie auf das Dach des Hauses, deckten einige Ziegel ab und ließen den Gelähmten samt seiner Bahre mitten in den Raum hinunter, genau vor Jesus. 20 Als Jesus ihren Glauben sah, sagte er zu dem Mann: »Mein Freund, deine Sünden sind dir vergeben!«

Es war bekannt, daß Jesus heilte, und daher wollten diese Männer den Gelähmten zu ihm bringen. Das war gar nicht so leicht, denn es war alles voll. Sie waren dann ziemlich schmerzfrei und haben einige Ziegel abgedeckt und den Kranken durch das Dach gelassen. Es erscheint uns grenzwertig, das Eigentum eines Dritten in dieser Art zu beschädigen, um jemanden zu helfen. Bei heutigen Häusern müßte man dann ja noch einige Latten durchsägen, Dämmung entfernen und vielleicht noch einige Gipskartonplatten durchtreten.

 Aber das war in diesem speziellen Fall dran. Jesus hat ihm nicht nur seine Sünden vergeben, sondern ihn später auch geheilt, wie man in den nachfolgenden Versen nachlesen kann.

Zum Schluß möchte ich noch ein Negativbeispiel bringen, wie Lastentragen nicht sein soll.

Ein Mann namens Hiob hat schlimme Dinge erlebt: Alle seine Kinder sind durch ein Unglück umgekommen, sein Besitz wurde geraubt, er bekam eine schwere Krankheit und seine Frau hat ihn verlassen.

Dann passiert etwas positives, denn er hat Freunde: (Hiob 2, 11-13 ; NL)

11 Hiob hatte drei Freunde: Elifas aus Teman, Bildad aus Schuach und Zofar aus Naama. Als sie erfuhren, welches Unglück über ihn hereingebrochen war, beschlossen sie gemeinsam, ihn zu besuchen. Sie brachen aus ihren Heimatorten auf, um Hiob ihre Anteilnahme zu zeigen und ihn zu trösten. 12 Doch als sie Hiob von weitem sahen und ihn nicht wiedererkannten, brachen sie in Tränen aus. Laut klagend zerrissen sie ihre Kleider und warfen sich Staub über den Kopf. 13 Dann saßen sie sieben Tage und Nächte lang bei Hiob auf dem Boden. Keiner sagte ein Wort zu ihm, denn sie sahen, dass sein Leid zu groß war für Worte.

Dieses Verhalten ist super. Wer nimmt sich so viel Zeit für das Leid seines Freundes? Können wir das und machen wir es auch?

Aber dann wird aus „gut gemacht“ ein „gut gemeint und schlecht gemacht“.

Hiob fängt an, über sein Unglück zu klagen. Er versteht nicht, warum ihm so viel Schlimmes widerfahren mußte und spricht es auch aus.

Leider sind seine Freunde der Meinung, daß Unglück immer auch Schuld bedeutet und das sprechen sie leider auch aus, z.B. in Kapitel 8 (NL):

3 Sollte Gott etwa seine Rechtsprechung verdrehen? Oder wird der Allmächtige das Recht beugen? 4 Deine Kinder müssen gegen ihn gesündigt haben! Das hat Gott ihnen übel genommen, und darum haben sie ihre verdiente Strafe erhalten. 5 Wenn du nun aber ernsthaft nach Gott suchst und den Allmächtigen um Gnade anflehst, 6 und wenn du dabei rein und untadelig bist, wird er sich erheben und dein glückliches Heim wiederherstellen.

Die Meinung, daß Unglück Gottes verdiente Strafe bedeutet, gab es in der Vergangenheit immer mal wieder. Deshalb gibt es wohl das Buch Hiob in der Bibel, denn dort wird am Ende deutlich, daß das Unsinn ist.

Natürlich gibt es Unglück, an man selber schuld ist und auch mir sind schon Personen begegnet, wo ich dachte, wenn er das so macht, läuft er in sein Unglück und er lief in sein Unglück. Und selbstverständlich habe ich mir auch selbst schon – wie wahrscheinlich jeder andere Mensch auch – durch eigene Dummheiten Leid bereitet.

Aber wichtig ist, ein „Siehste“ hilft dem Leidenden nicht, auch nicht ein „Das-hätte-ich-dir-doch-gleich-sagen-können“. Abgesehen von der Frage, warum es dann nicht schon vorher gesagt hat, kann bei solche Diagnosen leider auch so dummes Zeug wie bei Hiobs Freunden herauskommen.

Die Bereitschaft, sich Zeit zu nehmen zu zu hören, Hilfe anzubieten, das ist das richtige Lasten-Tragen. Und Ratschläge müssen zwar manchmal sein, aber sie müssen sehr, sehr vorsichtig, in einer demütigen Weise, angebracht werden, damit sie nicht zu Schlägen werden.

Zusammenfassung

Ich komme zum Schluß.

Zur Eigenverantwortung gehört, zuerst die Verantwortung für die eigene Schuld zu übernehmen.

Hierbei können wir von Adam und Eva lernen, wie es nicht sein soll.

Also falsche „Lendenschurze“ sind:

Auch für unser Leben müssen wir Verantwortung übernehmen.

 

Weiterhin müssen wir auch Verantwortung für andere übernehmen.

 

AMEN

Segen:

2. Korinther 13, 13

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, die Liebe Gottes und die Kraft des Heiligen Geistes, der euch Gemeinschaft untereinander schenkt15, sei mit euch allen!