Einleitung
Video: „Warum bin ich so fröhlich“ (https://www.youtube.com/watch?v=OpmhPG3vLDA), die ersten 30 Sekunden anspielen
Heute möchte ich mit Euch ein bisschen über Freude und das zugehörige „Warum“ dazu nachdenken. Es gibt dazu einen ziemlich bekannten Vers in der Bibel (Nehemia 8, 10b; LUT):
Vorgeschichte
Dieser Vers ist aus dem Buch Nehemia, in dem die Erlebnisse eines Mannes mit dem Namen „Nehemia“ niedergeschrieben sind. Man kann übrigens die Ereignisse in diesem Buch sehr gut mit erhaltenen altpersischen Dokumenten überprüfen und kann so die Ereignisse monatsgenau datieren.
Nehemia hatte auch einen Beruf: Er war Mundschenk beim persischen König. Ein Mundschenk war für die Versorgung des Königs mit Getränken zuständig und da damals wie heute wurde gerne am Stuhl eines Herrschers von diversen Leuten gesägt und man war da oft nicht zimperlich. Der König hat dem Mundschenk seine Gesundheit und sein Leben anvertraut. Und weil der Mundschenk auch immer direkten Zugang zum König hatte, war dieses Amt hoch angesehen.
Wir wissen allerdings nicht, ob Nehemia freiwillig in Persien lebte, oder ob er zu denen gehörte, die aus ihrer Heimat vertrieben wurden. Denn dieser Nehemia war ein Jude und er bekam Besuch (Nehemia 1, 2-4; NL):
Die Geschichte beginnt also mit dem Gegenteil von Freude, mit Trauer. Man merkt deutlich, dass ihm seine Heimatstadt sehr am Herzen liegt.
Versuchen wir uns doch, seiner Einstellung ein bisschen zu nähern. Die meisten von uns sind auch schon einmal umgezogen, aber nicht jeder würde weinen, wenn die Heimatstadt verfällt oder gar in Trümmern liegt.
Wahrscheinlich ist es auch nicht nur die Stadt an sich, sondern es ist auch die Not der Menschen. Das kaputte Jerusalem ist kein Schutz für die Menschen, sie sind Feinden ausgeliefert.
Und Nehemia leidet darunter und es treibt ihn um. Er trauert, fastet und betet zum Gott des Himmels und das tagelang.
Hier sehe ich das erste Vorbild für uns. Unsere Gemeinde liegt jetzt nicht in Trümmern, aber so wie ihm seine Stadt und sein Volk am Herzen liegt, genauso liegt doch diese unsere Gemeinde uns am Herzen, oder? Vielleicht hört sich das etwas platt an. Es geht mir nicht darum, auf diese „Tut-mehr!“-Schiene zu kommen. Nehemia hat ja eigentlich gar nichts getan, er konnte auch nichts tun, er war ja weit weg, aus beruflichen Gründen. Er konnte sich nur informieren und beten.
Er betet und bringt auch die Schuld seines Volkes noch einmal vor Gott. Er bittet Gott um die Wiederherstellung der Stadt. Dabei reift ein Gedanke in ihm. Es ist zwar unmöglich, weil er beruflich unabkömmlich ist, aber er bittet trotzdem darum (Nehemia 2; NL):
Hier haben wir auch ein Beispiel für ein Stoßgebet. So ein König war sehr absolutistisch und musste sich an nichts halten und es konnte riskant sein, ihn um etwas zu bitten. Aber Nehemia traut sich und fragt nach dem Unmöglichen.
Bitten wir auch für Unmögliches? Die gütige Hand Gottes ist doch über uns, oder?
Nun konnte Nehemia sich auch mit niemand absprechen. Es gab ja kein Telefon und kein Internet. Und außerdem gab es Feinde der Juden, die von diesen Plänen vorher nichts erfahren sollten.
Er reist nach Jerusalem und der König schickt sogar Soldaten zum Schutz mit. Dann begutachtet Nehemia in Jerusalem die kaputten Stadtmauern. Er hatte noch niemandem etwas von seinen Plänen erzählt, aber er wollte ein realistisches Bild vom Istzustand haben. Das muss schon eine gewisse Ratlosigkeit bei den Anwesenden erzeugt haben, wenn da so ein hohes Tier vom Königshof kommt und sich die Stadt ansieht.
Aber er hat nicht die Augen davor verschlossen. Nehemia musste sogar zu Fuß über schwergängiges Gelände kraxeln, nachzulesen in Kapitel 2.
Und dann macht er seine Pläne bekannt und bezeugt, was Gott für Wege geöffnet hat. Und das geht herum wie ein Lauffeuer und auch die Spötter und Gegner kommen (Nehemia 2, 19.20; NL):
Auch das ist ein Bild für die Gemeinde. Es hört sich so ein bisschen nach Ausgrenzung an, oder? Es geht schon um Grenzen, aber nicht um Ausgrenzung. Damals hatten nur die Diener des Gottes des Himmels, und das war damals das jüdische Volk, Anteil und das Recht, mitbauen zu dürfen. Und so ist das heute auch: Nur die, die zu Jesus Christus gehören, haben einen Anteil und ein Anrecht an der Gemeinde. Es kommt nur darauf an, ob man zu Jesus Christus gehört oder nicht. Die Gemeinde toll zu finden, dass ist zu wenig. Es kommt auf Jesus Christus an.
Und dann wird gebaut. Das Volk ist mit ganzem Herzen dabei. Zwar versuchen die Feinde den Aufbau zu verhindern, aber das Volk bewaffnet sich, um sich zu verteidigen. Sie haben immer ein Schwert dabei und arbeiten teilweise nur mit einer Hand am Werkzeug, um mit der anderen die Waffe zu tragen.
Zwischenzeitlich gab es noch einen großen Schuldenerlass, wo die Reichen den Armen ihre Schulden erließen und ihnen die verpfändeten Ländereien zurückgaben. Die Reichen ließen sich darauf ein, weil sie gemeinsam, arm und reich, ihre Stadt wieder aufbauen wollten.
Nach weiteren Schwierigkeit und auch Fallen, die die Feinde Nehemia stellen wollte, war die Mauer nach 52 Tagen vollendet. Dann fand noch einmal eine Art Volkszählung statt und es wurden noch weitere Juden nach Jerusalem gerufen.
Und dann kommen wir zum Kapitel, wo es um die Freude geht.
Freude
Nach dieser Vorgeschichte, von Erschöpfung, Furcht und Erleichterung, kommt nun dieses. Ich lese Nehemia 8; LUT vor
Das ganze Volk hatte sich versammelt, wie ein Mann. Wieviele Personen das waren, läßt sich nicht so genau feststellen, aber sicherlich sehr viel und sie wollen aus den fünf Büchern Moses, dem Anfang des alten Testaments, vorgelesen bekommen. Die Initiative geht nicht von irgendwelchen religiösen Führern aus, die das Volk zu einem Ritual zwingen wollen, wie das leider in der Geschichte der Menschheit oft genug passiert ist, sondern das Volk bittet den Schriftgelehrten Esra, dass er Ihnen vorliest, aus der Bibel kann man sagen.
Warum ist das so?
Das Volk hatte in Angst und Not gelebt. Vielleicht kannten sie noch ein paar alte Geschichten, dass Gott früher einmal mit Israel unterwegs war. Und dann kam einer aus der Ferne und behauptete, Gott habe ihn geschickt, Jerusalem neu aufzubauen. Und sein Leben und seine Taten geben ihm Recht. Nach 52 Tagen wildem Reinklotzen ist auf einmal das Ziel erreicht. Das hat doch bestimmt etwas mit Gott zu tun, oder?
Lies es uns vor, wir wollen mehr über Gott erfahren.
Und dann entwickelt sich daraus quasi ein Gottesdienst, der unserem gar nicht so unähnlich ist.
Esra stand auf einer Plattform, höher als das Volk, damit ihn alle sehen können. Er öffnet die Schriftrolle und alle stehen auf. Dann lobt er Gott und Volk antwortete „Amen, Amen“, was ja eine Bestätigung ist. Vielleicht haben sie auch mit Liedern Gott gelobt, aber das wird hier nicht explizit erwähnt. Dann kniet sich das Volk hin und betet an.
Und dann wird abschnittsweise vorgelesen und die Bedeutung erklärt. Es waren dort Männer, Frauen und auch Kinder, die das Gehörte verstehen konnten.
13 Leviten unterstützen Esra dabei und man muss sich überlegen, dass dort ja auch ganz unterschiedliche Leute, mit unterschiedlicher Bildung und Wissen, anwesend waren und trotzden haben sie es irgendwie geschafft, dass alle folgen konnten.
Das ist auch mein persönlicher Traum für jede Predigt. Es soll der erfahrene Bibelleser etwas mitnehmen können, aber auch derjenige, der zum ersten Mal zufällig hier hereinschneit, soll dem grundsätzlich folgen können, was von hier vorne gesagt wird, auch wenn er vielleicht einige Dinge nicht direkt nicht versteht. Und langweilig darf es auch nicht sein.
Ich möchte nicht, dass junge Christen denken: „Mit Jesus ist das ja wirklich toll, aber jetzt muss ich die nächsten 50 Jahre in sonntags früh in diesen Gottesdienst kommen..“ Man soll schon getroffen werden vom Wort. Man darf weinen und man darf lachen.
Vor diesen Problemen standen Esra und die Leviten ja auch. Und sie haben es hinbekommen, denn das Volk hat geweint, als sie die Worte der Bibel hörten. Wir wissen nicht, welche Abschnitte aus den fünf Büchern Mose vorgelesen wurden, aber es hat sie getroffen, sie haben es verstanden.
Und dann kommt dieser Satz, von dem gar nicht so eindeutig ist, wer ihn gesagt hat. Laut der Luther-Übersetzung war es Esra, der Schriftgelehrte, also eine Art Pastor:
Macht Party, denn dieser Tag ist heilig. Und seid nicht bekümmert, sondern freut euch, denn die Freude am HERRN ist eure Stärke.
Bei manchen Pastoren würde man sich sehr wundern, wenn die so einen Satz von sich geben würden.
Ein spontaner Gottesdienst, der zu einer Party wird, weil dieser Tag heilig für Gott ist, das hat was.
„Party“ klingt vielleicht etwas oberflächlich, aber es geht auch um Gemeinschaft, da ja auch die mitgenommen werden sollen, die nichts vorbereitet haben. Es war eine Feier, die Spaß machen sollte.
Und der Grund dafür war die Freude an Gott.
Hier ist es interessant, verschiedene Bibelübersetzungen zu vergleichen.
In der Luther-Übersetzung steht dieses markante Wort „Stärke“, in einigen anderen Übersetzungen stehen Worte wie „Zuflucht“, „Schutz“, „Bergfeste“. Ich glaube, wenn ich ausnahmsweise einmal die Fußballsprache bemühen darf, geht es hier um Defensivstärke.
Hast Du Freude an Gott, dann kann dich so leicht nichts umhauen.
Aber wie bekommt man die? Ich kann Euch ja allen die Hände auflegen, und dann bekommt ihr die Freude an Gott.
Nein, so einfach ist das natürlich nicht.
Die Israeliten haben sich in Jerusalem damals auf das eingelassen, was Nehemia angestoßen hat. Sie haben sich auf Gott eingelassen.
Vielleicht haben sie oft genug während dieser 52 Tage aufgeben wollen, weil sie nicht mehr konnten. Lest das Buch Nehemia ruhig einmal komplett, das war noch viel härter, als ich das so in der Kürze schildern konnte.
Aber sie haben erlebt, dass Gott bis zu Ende dabei war.
Und sie haben auch noch verstanden, wie Gott wirklich ist. Ihre Vorfahren hatten sich abgewandt und über das Bibellesen haben sie Gott neu kennengelernt und das hat sie wirklich bewegt.
Und so ist ihre Freude fundiert.
Freude kann natürlich auch unbeschwert sein, wie das Beispiel am Anfang mit dem Video aus der Kinderserie. Aber unbeschwert sollte nicht bedeuten, die Probleme zu ignorieren, das funktioniert natürlich nicht.
Ist Freude ein Gefühl? Irgendwie schon, aber es hat doch immer einen Grund.
Es ist die Freude aus Vergebung heraus, aus Dankbarkeit, Freude über Freunde und natürlich Freude darüber, dass Gott einem beisteht und einen nie verlässt.
Zusammenfassung
Ich komme zum Schluss.
Es ging ja um den Vers
- Die Vorgeschichte begannt mit der Trauer Nehemias. Er hat eigentlich lange Zeit nichts gemacht, außer Beten und sich zu informieren. Aber ihm war Jerusalem wichtig, so wie uns die Gemeinde wichtig ist.
- Er bitte um das Unmögliche und wagt auch das Unmögliche. Sein Beruf ließ ihm eigentlich gar nicht die Möglichkeit etwas zu tun, aber Gott öffnet trotzdem eine Tür und er behält sogar seinen Beruf.
- Nehemia schaut sich die Probleme genau an, lässt sich davon aber nicht abbringen und nimmt alle mit.
- Es gibt Feinde und es gibt genauso auch Widrigkeiten in der Gemeindearbeit.
- Nach dem der Aufbau geschafft ist, möchte das Volk aus der Bibel hören, freiwillig und sie lassen sich drauf ein. Und die Bibel wird so erklärt, dass die Leute es verstehen.
- Und der spontane Gottesdienst mündet in eine Party, denn es gibt Grund gemeinsam zu feiern.
- Es ist die Freude aus Vergebung heraus, aus Dankbarkeit, Freude über Freunde und natürlich Freude darüber, dass Gott einem beisteht und einen nie verlässt.