Nach vorne...

Vergessen, was hinter uns liegt? Schauen auf das, was vor uns liegt?

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Einleitung

Ich hatte letztens ein Gespräch mit einem Bekannten, wo es um Corona ging. Ihr habt es vielleicht mitbekommen, dass ein Online-Magazin die Corona-Protokolle vom Robert-Koch-Institut über das Informationsfreiheitsgesetz nach einem gewonnenen Rechtsstreit veröffentlicht hat.

Und jetzt regte sich mein Bekannter, der sich damals nicht impfen lassen hat, über Lauterbach auf, der ja in manchen Talkshows von nebenwirkungsfreien Impfungen gesprochen hat und vor kurzem im Fernsehen das Vorhandensein von Impfschäden in wenigen Fällen eingestanden hat. Ich habe mal ein bisschen recherchiert, Lauterbach war während der Coronazeit so oft im Fernsehen, dass er auch damals in manchen Talkshows schon einmal erwähnt hat, dass es seltene Impfnebenwirkungen geben könnte. In anderen Talkshows hat er von nebenwirkungsfreien Impfungen gesprochen.

Ich muss gestehen, mich interessiert das eigentlich gar nicht mehr und mein Bekannter konnte das nicht verstehen. Er wirkte auf mich enttäuscht, dass ich mich nicht mit ihm aufregte.

Ich persönlich denke schon, dass man die Pandemie und das Vorgehen irgendwie aufarbeiten muss, um daraus zu lernen. Es könnte ja irgendwann die nächste Pandemie kommen und da sollte man aus der vorigen gelernt haben.

Aber trotzdem: Mir fehlt das Interesse daran. Ich lese auch die Nachrichten dazu nur sehr oberflächlich, wenn überhaupt.

Ich habe mich gefragt, ob mein Desinteresse richtig ist.

Aus der Geschichte zu lernen finde ich schon wichtig, z.B. dass die Verbrechen der Nazizeit nicht in Vergessenheit geraten. Die Verbrechen der Kolonialzeit sind schon ziemlich vergessen. Also. Grundkenntnisse in unserer Geschichte finde ich erstrebenswert.

Aber manches, wie eben die Coronazeit, interessiert mich eigentlich nicht.

Wie ist das eigentlich so als Christ? Was sagt die Bibel in Bezug auf nach vorne gucken oder zurück schauen?

Ich gibt einen ziemlich krassen Bibelvers dazu, wo Paulus in Philipper 3, 13b; NEÜ seine Lebensrichtung so beschreibt:

Ich vergesse das Vergangene und schaue auf das, was vor mir liegt.

Uiuiui, so eine Aussage ist schon eine ziemliche Herauforderung.

Nachfolge, aber...

Schauen wir uns dazu eine Stelle aus Lukas 9, 59-62; NL an, wo es um Berufungen geht:

59 Zu einem anderen sagte er: »Komm, folge mir nach.« Dieser jedoch antwortete: »Herr, lass mich zuerst noch nach Hause gehen und meinen Vater begraben.« 60 Jesus erwiderte: »Lass die Menschen, die nicht nach Gott fragen, für ihre Toten sorgen. Deine Aufgabe ist es hinzugehen und das Kommen des Reiches Gottes zu verkündigen.« 61 Ein anderer sagte: »Ja, Herr, ich will mit dir gehen, aber lass mich zuerst noch von meiner Familie Abschied nehmen.« 62 Doch Jesus sagte: »Wer eine Hand an den Pflug legt und dann zurückschaut, ist nicht geeignet für das Reich Gottes.«

Auch bei diesen Versen schlucke ich erstmal und fühle mich etwas überfordert.

Es fängt mit einem ganz klaren Blick nach vorne an: „Komm, folge mir nach.“ Jetzt fängt etwas Neues an, jetzt geht es los.

Dann kommt noch ein Einwand, den man irgendwie verstehen kann. Und warum soll er nicht vor seinem Dienst seinen Vater noch begraben?

Ich glaube, diese Aussagen Jesu wirken weniger seltsam, wenn man einmal genau hinhört, was dieser Mensch sagt:

„Bevor ich Dir nachfolge, muss ich erst einmal noch meine eigene Angelegenheiten regeln.“

Mich erinnert das an Aussagen, die ich auch in heutiger Zeit immer mal wieder gehört habe. Für Gemeinde habe ich jetzt keine Zeit, weil ich so viel um die Ohren habe. Ich muss mich um so viel kümmern.

Später, wenn meine Angelegenheiten nicht mehr so viel Raum einnehmen, dann kann ich mich mehr um Jesus kümmern.

Also, Nachfolge grundsätzlich ja, aber zuvor noch...

Diese Trennung zwischen Dienst und Privatleben ist meiner Ansicht nach nicht richtig. Wenn man mit Jesus beginnt, dann beginnt die Nachfolge. Auch wenn einen Pflichten aus der Vergangenheit begleiteten, geht man trotzdem mit Jesus Christus voran.

Es ist nicht so ganz klar, ob es in dieser konkreten Geschichte nur darum ging, dass Begräbnis zu organisieren oder den alten Vater auf dem letzten Weg zu begleiteten, was ja dann auch noch richtig lange hätte dauern können.

Was wäre gewesen, wenn er nicht nur seinen Vater begraben hätte, sondern auch in seinem Vaterhaus das Kommen des Reiches Gottes verkündigt hätte? Das wäre ja auch Nachfolge gewesen. Ich weiß, dass das im eigenen Elternhaus und in der eigenen Verwandtschaft nicht immer leicht ist.

Nachfolge muss natürlich nicht immer Verkündigung mit Worten sein, aber Nachfolge kann sofort beginnen, man braucht kein „aber zuvor noch“.

Werfen wir auch einen Blick auf die zweite Person:

61 Ein anderer sagte: »Ja, Herr, ich will mit dir gehen, aber lass mich zuerst noch von meiner Familie Abschied nehmen.« 62 Doch Jesus sagte: »Wer eine Hand an den Pflug legt und dann zurückschaut, ist nicht geeignet für das Reich Gottes.«

Wir haben hier auch wieder dieses „aber zuvor noch“, aber ein Abschied kann ja nicht so lange dauern, oder?

Ich glaube, dass diese Aussage für diesen Menschen persönlich gedacht war. Das Verabschieden wird kein Problem gewesen sein, aber mit welcher Haltung geht man?

Guckt man nach vorne und freut sich auf das Neue, auf die Nachfolge, oder blickt man zurück und trauert dem Vergangenen nach?

Ich persönlich hatte noch nie einen Pflug in der Hand, aber ich kann mir vorstellen, dass man nicht besonders gerade pflügt, wenn man immer nach hinten guckt.

Mich erinnert das ein meine Mofa-Zeit. Wenn ich vor dem Abbiegen einen Schulterblick gemacht habe, konnte ich diese kurzen Augenblick nicht gerade fahren. Ich bin immer zu der Seite etwas ausgeschert, wohin ich mich gedreht habe.

Ist es falsch zurück zu gucken?

Ich glaube, das hängt davon ab. Wenn man sich beim Pflügen ab und zu einmal umdreht und die Landschaft bewundert oder guckt, wieviel man schon geschafft hat, dann scheint mir das nicht schlimm.

Wenn man aber zurückschaut und sich über vertane Chancen immer wieder ärgert, wenn eine ungerechte Behandlung in der Vergangenheit immer wieder präsent ist, wenn man der guten alten Zeit hinterher trauert, dann kommt das Leben aus der Spur. Das glaube ich schon.

Ich habe an dieser Stelle lange überlegt, ob ich noch einmal das Beispiel Corona-Bewältigung anführe. Das ist ja immer eine heiße Geschichte.

Grundsätzlich habe ich persönlich hin und wieder mal darüber nachgedacht, politisch irgendwie aktiv zu werden, weil ich es eigentlich doof finde, sich hauptsächlich zu beschweren und nicht selber etwas zu machen.

Aber in der Corona-Zeit fand ich die Situation so schwierig, dass ich mit keinem Politiker tauschen wollte. Natürlich sind Fehler gemacht worden, manche Leute waren auch kriminell (Stichwort Masken-Deals), aber es war auch einfach schwierig. Man wusste nicht, wie gefährlich die einzelen Virus-Varianten wirklich sind. Ich will keinen Politiker verteidigen, ich kann keinem in den Kopf gucken, mit welchen Motiven jemand unterwegs war.

Dock wie guckt man auf die Corona-Zeit zurück? Will man aus Fehlern lernen, damit das Management der nächsten Pandemie besser wird?

Oder geht der Puls direkt auf 180, wenn man zurückblickt? Wenn der Ärger und die Empörung immer wieder die Kontrolle übernehmen, wenn man zurückblickt, dann klappt das mit der geraden Spur nicht.

Nachfolge mit Jesus Christus geht nach vorne.

Werfen wir dazu doch einmal einen Blick auf den

Missionsbefehl

Matthäus 28, 18-20; NEÜ

18 Da trat Jesus auf sie zu und sagte: "Mir ist alle Macht im Himmel und auf der Erde gegeben. 19 Darum geht zu allen Völkern und macht die Menschen zu meinen Jüngern. Dabei sollt ihr sie auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes taufen 20 und sie belehren, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe. Und seid gewiss: Ich bin jeden Tag bei euch bis zum Ende der Zeit!"

Es ist schon interessant, was Jesus hier nicht sagt:

„Also seht zu, dass Ihr treu bleibt und euch nicht zum Klauen verführen lasst, wie Judas. Und lasst die Streiterei, von wegen, wer der Größte von Euch sei.“

Jesus hätte sicherlich vieles negative aus den vergangenen drei Jahren mit den Jüngern hervorholen können. Aber das tut er nicht.

Zuerst weitet er ihren Blick auf ihn selbst:

Mir ist alle Macht im Himmel und auf der Erde gegeben.

Und dann kommt der Auftrag, Menschen zu Jüngern machen. Das ist der allergrößte und wichtigste Auftrag, den es je gab. Und jeder, der Jesus Christus nachfolgen will, und das heißt, mit ihm unterwegs zu sein, kann dabei sein.

Und dann noch ein weiterer Blick nach vorne:

Und seid gewiss: Ich bin jeden Tag bei euch bis zum Ende der Zeit!

Wie wichtig ist die vergangene Zeit in unserem Leben, wo das vielleicht noch nicht so war?

Schauen wir nach vorne.

Doch Vergangenheitsbewältigung?

Aber was ist nun, wenn uns unsere Vergangenheit verfolgt?

Ich würde es mir sehr einfach machen, wenn ich mit einem „nach vorne“ aufhören würde.

Es gibt in der Bibel schon auch so etwas wie Vergangenheitsbewältigung.

Streitbewältigung

Einen Punkt, dass ich dazu betrachten möchte, ist die Streitbewältigung. Da die Bibel den Menschen ziemlich realistisch darstellt, wird natürlich auch Streit in der Bibel erwähnt, welcher manchmal auch unerfreulich endete.

Eine Strategie Streit zu lösen ist zu sagen: Reden wir nicht mehr drüber.

Bei Banalitäten funktioniert das vielleicht, bei tiefen Meinungsverschiedenheiten und Konflikten geht das nicht.

In Apostelgeschichte 15 ging es um die Frage, ob Nicht-Juden, die sich Jesus anschließen wollen, sich an alle jüdische Gesetze halten müssen. Dieser Streit schwelte schon eine gewisse Zeit und dann ging es richtig rund und es hätte die noch junge Gemeinde zerreißen können, wenn man sich nicht zusammengesetzt hätte, um das Problem zu lösen.

Man hat eine Lösung gefunden, wo ein Großteil der Anwesenden mit einverstanden war. Das war kein Kompromiss, wo alle ein bisschen bekommen haben, sondern eine Partei hatte weitgehend recht, und das haben aber die anderen mit akzeptiert, wahrscheinlich weil man auch sehr respektvoll miteinander umgegangen ist.

Hierbei war sicherlich auch die Beziehung untereinander wichtig. Jeder hat vielleicht auch rote Linien, wo er nicht hinter zurück kann, aber da sollte man sich auf wirkliche rote Linien beschränken.

Vielleicht war damals einer dabei, der auch nach dem Apostelkonzil der Meinung war, dass die falsche Entscheidung getroffen wurde. Nun hätte er mit den wenigen anderen Unzufriedenen etwas eigenes aufmachen können. Oder, falls es für ihn möglich war, akzeptierte er, dass die Mehrheit eine andere Erkenntnis hat und er sich dem dann trotzdem anschließt, weil er sich ja vielleicht geirrt hat. Der Streit ist nun bewältigt und nun gehen alle gemeinsam in der Nachfolge voran.

Seelsorge

Ein vielleicht noch wichtigerer Punkt der Vergangenheitsbewältigung ist seelsorgerlicher Art.

Manch einer trägt ein Trauma mit sich herum, durch schlimme Erfahrungen, ein anderer kommt nicht mit dem klar, was er selbst in der Vergangenheit gemacht hat.

Hier gibt es selbstverständlich nur individuelle Betrachtungen.

In Sprüche 14, 10; NEÜ steht das sehr treffend:

Das Herz allein kennt seinen tiefen Schmerz, und auch seine Freude teilt es Fremden nicht mit.

Jeder empfindet seinen eigenen Schmerz und bei manch einem ist er wirklich schmerzhaft.

Ich finde das Beispiel, wie Jesus mit Petrus umgeht, sehr schön.

Petrus hatte Jesus ja, nachdem er sehr großkotzig verkündet hatte, dass er mit Jesus in den Tod gehen würde, dreimal verleugnet.

Und im Gespräch nachher in Johannes 21, 15-19 fragte ihn Jesus dreimal, ob Petrus ihn lieb habe.

Beim dritten Mal war es für Petrus etwas unangenehm, er wurde traurig. Aber anscheinend war diese Art des Gesprächs, um die dreifache Verleugnung zu bewältigen, wichtig.

Aber dann geht es auch wieder nach vorne (Johannes 21, 18.19; NL):

18 Ich versichere dir: Als du jung warst, konntest du tun, was du wolltest, und hingehen, wo es dir gefiel. Doch wenn du alt bist, wirst du deine Hände ausstrecken, und ein anderer wird dich führen und hinbringen, wo du nicht hingehen willst.« 19 So deutete Jesus an, auf welche Weise Petrus sterben würde, um Gott damit zu verherrlichen. Dann forderte Jesus ihn auf: »Folge mir nach.«

„Folge mir nach.“ Es geht weiter.

Man merkt hier, dass die Seelsorge individuell passend sein muss, weiterhelfend. Vielleicht ist so ein Gespräch manchmal auch unangenehm, aber es bringt voran und es muss nach vorne führen.

Und hier endet es in einem „Folge Jesus nach.“, nicht nur als Formel, sondern als wirkliche Perspektive.

Zusammenfassung

Ich fasse zusammen: