Meinungsblase

Wie schön ist es doch, wenn alle die selbe Meinung haben! Und wie störend sind doch die anderen...

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Einleitung

Ich möchte mit Euch heute das Thema Meinungsblasen vertiefen, weil mich das schon ziemlich lange immer wieder bewegt.

Als Einleitung habe ich mal hier und da geguckt und habe auch einmal ChatGPT gefragt. Ich nutze diesen KI-Bot häufig beruflich, für technische Ideen und Beispiele, und ich hatte in letzter Zeit das Gefühl, dass er etwas nachgelassen hat.

Ich habe ihn dann mal nach einigen Onelinern (damit bezeichnet mit kurze knackige Aussagen, die einen Satz lang sind) zum Thema „Meinungsblase“ gefragt und eine Aussage fand ich richtig Klasse:

Stellen Sie sich vor, Ihre Meinung wäre ein Seifenblasenuniversum – bunt, schillernd, aber gleichzeitig so zart, dass der kleinste Hauch der Realität es zum Platzen bringen könnte.

Ich habe im Netz danach gesucht, ob das irgendein Zitat ist, habe aber nichts gefunden. Anscheinend hat sich ChatGPT, das selber irgendwie ausgedacht, rekombiniert. Wie die Kreativität der KIs funktioniert, weiß man genauso wenig, wie die Kreativität beim Menschen funktioniert.

Aber noch einmal diese schöne Aussage:

Stellen Sie sich vor, Ihre Meinung wäre ein Seifenblasenuniversum – bunt, schillernd, aber gleichzeitig so zart, dass der kleinste Hauch der Realität es zum Platzen bringen könnte.

Es gibt im alten Testament einen Bibeltext, wo ziemlich gut eine Meinungsblase beschrieben ist, obwohl es das Wort damals natürlich noch gar nicht gab.

Ich nehme Euch mal in diese Geschichte mit, manch einer kennt sie vielleicht.

Ich bin wie du

1. Könige 22, 1-4; NL

1 Drei Jahre lang herrschte kein Krieg zwischen Aram und Israel. 2 Im dritten Jahr stattete König Joschafat von Juda König Ahab von Israel einen Besuch ab. 3 Da sagte der König von Israel zu seinen Leuten: »Ist euch bewusst, dass Ramot in Gilead uns gehört? Und wir tun nichts, um es dem König von Aram abzunehmen!« 4 Dann fragte er Joschafat: »Willst du mit mir gegen Ramot in Gilead kämpfen?« Und Joschafat antwortete König Ahab: »Ich bin auf deiner Seite, mein Volk ist wie dein Volk, meine Pferde sind wie deine Pferde.«

Kurz zur Erklärung: Diese Begebenheit spielte sich ungefähr 860 v.Chr. ab. Israel war damals in ein Nord- und in ein Südreich geteilt. Im Norden herrschte Ahab, welcher ein guter Politiker aber ein eher fieser Typ war. Er hat die Verfolgung und Ermordung von Propheten eine längere Zeit zugelassen, er hat Religionen zugelassen, wo es wahrscheinlich Kinderopfer gab und er hat wegen eines Grundstücks jemanden durch falsche Anklagen ermorden lassen. Allerdings hat er nach dieser Ermordung erkannt, dass das falsch war und sein Handeln wirklich bereut und hat das auch öffentlich durch Auftreten in Sack und Asche bekannt. So richtig tiefgreifend von seinem falschen Handeln ist er aber wohl nicht umgekehrt.

Joschafat, der König vom Südreich, war ein guter Mensch, kann man sagen. Er hat auf Gott gehört und wollte so leben, wie es Gott gefällt.

Kommen wir zurück zum Text: Drei Jahre gab es keinen Krieg, da sollte man doch eher „Juchuuh“ rufen, aber Ahab waren die drei Jahre zu lange, er wollte wieder los. Es wäre natürlich möglich, dass in Ramot die Leute böse unterdrückt wurden und Ahab sie menschenfreundlich nur befreien wollte, aber es hört sich für mich eher nach dem egoistischen Wunsch an, einen größeren Herrschaftsbereich zu haben, koste es, was es wolle.

Und dann sagt Joschafat: »Ich bin auf deiner Seite, mein Volk ist wie dein Volk, meine Pferde sind wie deine Pferde.«

„Wir gehören zusammen, wir gegen die.“ Und es geht weiter mit der Einigkeit (1. Könige 22,5.6; NL):

5 Und Joschafat fügte hinzu: »Doch frag zuerst, was der HERR dazu sagt.« 6 Also ließ König Ahab die Propheten rufen, etwa 400 an der Zahl, und fragte sie: »Soll ich gegen Ramot in Gilead in den Krieg ziehen oder es besser lassen?« Alle antworteten: »Zieh in den Krieg! Der Herr wird dir einen großen Sieg schenken!«

Bisschen hat sich bei Ahab schon geändert. Er hat jetzt wieder Propheten am Hof und lässt die Verfolgung solcher Propheten anscheinend nicht mehr zu.

Alle sind sich einig. Das ist irgendwie schön.

Ihr kennt das vielleicht. Man ist in einer Gruppe, wo alle irgendwie genauso wie man selbst ticken. Man fühlt sich vertraut und sicher.

Zweifel?

Doch Joschafat reicht das irgendwie nicht (1. Könige 22,7; NL):

7 Joschafat aber fragte: »Ist hier nicht noch ein Prophet des HERRN, den wir befragen können?«

Warum fragt Joschafat nach noch einem Propheten? Reichen die 400 nicht? Anscheinend hat er Zweifel an dieser Meinungsblase. Aber warum? Was bringt einen dazu, an der Mehrheitsmeinung, an der Mehrheitseinigkeit, zu zweifeln? Joschafat war ein Mensch, der mit Gott lebte und ihm war wichtig, dass Gottes Wille passiert, egal, ob sich alle einig sind oder nicht. Er lässt nicht locker. Was ist richtig, was ist wahr, was ist Gottes Wille? Und was machen wir, wenn die Mehrheit das anders sieht?

Die Antwort von Ahab finde ich super und seine Ehrlichkeit macht ihn fast sympathisch (1. Könige 22,8; NL):

8 Der König von Israel antwortete ihm: »Es gibt noch einen, um den HERRN zu befragen, aber ich hasse ihn. Er hat nichts als schlechte Nachrichten für mich: Micha, der Sohn von Jimla.« »So solltest du nicht reden«, sagte Joschafat.

Wer liebt schon schlechte Nachrichten? Sprichwörtlich erschießt man doch lieber den Boten der schlechten Nachricht. Und Kritik geht sowieso nicht.

Wir sind uns doch alle so schön einig.

Micha wird geholt

Und dann holen sie ihn (1. Könige 22, 9-13; NL):

9 Also rief der König von Israel einen seiner Diener und befahl: »Rasch! Hole Micha, den Sohn Jimlas.«
10 König Ahab von Israel und König Joschafat von Juda saßen in ihren königlichen Gewändern auf ihren Thronen auf einem Platz am Tor von Samaria. Die Propheten weissagten vor ihnen. 11 Zedekia, der Sohn Kenaanas, machte sich eiserne Hörner und verkündete: »So spricht der HERR: ›Mit diesen wirst du die Aramäer niederstoßen, bis du sie vernichtet hast!‹« 12 Alle anderen Propheten stimmten ihm zu. »Ja«, sagten sie, »zieh hinauf nach Ramot in Gilead und triumphiere, denn der HERR schenkt dir den Sieg!« 13 Der Bote, der gegangen war, um Micha zu holen, sagte zu diesem: »Hörst du? Alle Propheten weissagen dem König Gutes. Schließ dich ihnen doch an und versprich auch du ihm Erfolg.«

Uneinigung ist auch schwer zu ertragen. Wir lieben unsere bunte, schillernde Meinungsblase. Schließ Dich doch an, es ist so schön.

Doch Micha widerspricht (1. Könige 22,14; NL):

14 Doch Micha entgegnete: »So wahr der HERR lebt, ich werde nur sagen, was der HERR zu mir redet.«

Als guter Prophet muss man das ja sagen, aber dann geht es unerwartet weiter (1. Könige 22, 15; NL):

15 Als Micha vor dem König stand, fragte Ahab ihn: »Micha, sollen wir gegen Ramot in Gilead in den Krieg ziehen oder nicht?« Und Micha antwortete: »Zieh in den Krieg und triumphiere! Der HERR schenkt dem König einen großen Sieg!«

Warum sagt er das? Ist er von dieser gewaltigen Einigkeit eingeschüchtert? Hat er Angst? Vielleicht.

Er war auch nur ein Mensch, und immer zu kämpfen und auf das Negative hinzuweisen kann einen auch überfordern, so dass man sich auf „Du hast Dein Recht und ich habe meine Ruhe“ zurückzieht.

Auch wenn es um Meinungsblasen geht, möchte man manche Streits und Kämpfe nicht mehr führen. Z.B. wir reden über das Thema „Impfen“ einfach nicht mehr, das hat sowieso keinen Sinn, da kommen wir nicht zueinander. Das verstehe ich und mache es manchmal selbst so.

Aber richtig finde ich es eigentlich nicht. Man muss sich doch auch bei kontroversen Meinungen in Liebe und Respekt begegnen können, auch wenn man inhaltlich die andere Meinung vielleicht sogar bescheuert findet. Doch diese Trennung zwischen Person und Meinungsinhalt wird immer schwieriger.

Z.B. die Aussagen der AfD zum Thema erneuerbare Energien finde ich falsch, ich würde sogar sagen inhaltlich bescheuert. Die wollen ja den Umstieg von fossilen Energiequellen zu erneuerbaren anhalten und sogar rückgängig machen.

Wie spricht man mit solchen Leute darüber? Findet man einen Gesprächskanal? Oder ziehen wir uns in unsere Blase zurück und denken, egal, hat eh keinen Sinn.

In 1.Korinther 13, 1.2; NL (haben wir letzten Sonntag gehört) steht:

1 Wenn ich in den Sprachen der Welt oder mit Engelszungen reden könnte, aber keine Liebe hätte, wäre mein Reden nur sinnloser Lärm wie ein dröhnender Gong oder eine klingende Schelle. 2 Wenn ich die Gabe der Prophetie hätte und wüsste alle Geheimnisse und hätte jede Erkenntnis und wenn ich einen Glauben hätte, der Berge versetzen könnte, aber keine Liebe hätte, so wäre ich nichts.

Mich haben diese Verse zum Thema „Meinungsblase“ angetriggert. Wenn ich super reden und erklären könnte, wären meine Worte ohne Liebe doch nur Geschwafel. Wenn ich alles wüßte und die Wahrheit wirklich gepachtet hätte, wäre es ohne Liebe trotzdem nur nutzlos.

Jesus Christus hat ja in Matthäus 22, 39; NL gesagt:

Liebe deine Nächsten wie dich selbst.

und nicht nur den in Deiner Meinungsblase.

Ich glaube, wir können nur durch Nächstenliebe, durch authentisches liebevolles Handeln, Gesprächskanale finden, auch außerhalb unserer Blase. Anders geht es wohl nicht.

Doch kommen wir zu unserem Text zurück. Wie reagiert Ahab auf Michas falsche Prophetie (2. Könige 22, 16; NL)?

16 Doch der König entgegnete: »Wie oft muss ich dich beschwören, dass du im Namen des HERRN nur die Wahrheit sagst?«

Er will lieber die Wahrheit hören, als sich anlügen zu lassen. Immerhin.

Michas Prophetie

Und dann gibt sich Micha einen Ruck (2. Könige 22, 17-23; NL):

17 Da sagte Micha ihm: »Ich sah, wie ganz Israel in den Bergen verstreut war wie Schafe ohne Hirten. Und der HERR sprach: ›Sie haben keinen Herrn mehr. Sie sollen in Frieden nach Hause gehen.‹«

Peng, die Blase scheint zu platzem.

Dieser Krieg ist nicht Gottes Wille. Geht in Frieden nach Hause. Ohne Soldaten gibt es keinen Krieg.

Eigentlich sollte der König wie ein Hirte für seine Untertanen sorgen, auf sie aufpassen, sie zum Guten anleiten, aber Ahab will seine Leute offensichtlich lieber im Krieg verheizen.

18 »Habe ich es dir nicht gesagt?«, sagte der König von Israel zu Joschafat. »Er hat niemals etwas Gutes für mich, nur schlechte Nachrichten.«

Nichts ist schöner, als wenn die Erwartungen, und wenn sie auch schlecht sind, erfüllt werden. Man hört hier dieses „Siehste, siehste, siehste“ bei Ahab richtig heraus.

Aber dann deckt Micha die Hintergründe auf (2. Könige 22, 19-23; NL):

19 Da fuhr Micha fort: »Höre also, was der HERR spricht! Ich sah den HERRN auf seinem Thron sitzen, rechts und links umgeben von den himmlischen Heerscharen. 20 Und der HERR sprach: ›Wer kann Ahab verleiten, gegen Ramot in Gilead in den Krieg zu ziehen, damit er dort stirbt?‹ Es kamen viele Vorschläge, 21 bis schließlich ein Geist vor den HERRN trat und sagte: ›Ich kann es tun!‹ ›Wie willst du es anfangen?‹, fragte der HERR. 22 Und der Geist antwortete: ›Ich werde gehen und dafür sorgen, dass Ahabs Propheten alle Lügen weissagen.‹ ›Damit wirst du Erfolg haben‹, sagte der HERR. ›Geh und tue es.‹ 23 Du siehst also, der HERR hat deinen Propheten einen Lügengeist in den Mund gelegt. Denn der HERR hat beschlossen, Unglück über dich zu bringen.«

Wer glaubt so eine Geschichte? Ich persönlich habe gelernt, der Bibel zu vertrauen, weil ich mit Jesus Christus schon so einiges erlebt habe, wie viele von Euch auch, und ich bin überzeugt, dass diese Begebenheit wahr ist. Und tatsächlich ist ja nachher das Unglück über Ahab gekommen. Er hat den Krieg nicht überlebt.

Aber wenn mir heute jemand so eine Geschichte erzählen würde, das würde mir sehr schwer fallen zu glauben. Z.B. Gott möchte den Untergang unseres Baptistenbundes und hat deshalb dafür gesorgt, dass alle Pastoren nächsten Sonntag dummes Zeugs in der Predigt erzählen. Und eine Person weiß das und erzählt es mir. Ich gebe zu, der Vergleich hinkt etwas, aber wenn mir Gott nicht ganz deutlich klar machen würde, dass das stimmt, ich würde es nicht glauben.

Es lag auch eine gewissen Spannung danach in der Luft (2. Könige 22, 24-25; NL):

24 Da trat Zedekia, der Sohn Kenaanas, auf Micha zu und schlug ihm ins Gesicht. »Wie? Sollte der Geist des HERRN mich verlassen haben, um mit dir zu reden?«, fragte er. 25 Micha antwortete: »Du wirst es an dem Tag erkennen, wenn du von einem Raum zum anderen irrst und verzweifelt einen Ort suchst, an dem du dich verbergen kannst.«

Wir merken, wie schwierig das ist. In diesem Fall hier hat der Querulant, der eine völlig unwahrscheinliche Geschichte erzählt, recht und zwar als Einziger. Ahab kommt ja nachher in diesem Krieg um.

Natürlich hat nicht immer der Querulant recht, das wissen aus eigenen Erfahrungen. Aber wir müssen im Hinterkopf halten, dass manchmal das Unwahrscheinliche und für uns Unvorstellbare wahr sein kann. Und dann kann unser Seifenblasenuniversum, egal wie bunt und schillernd, mit einem lauten Knall platzen.

Schlüsse daraus

Ein paar Schlüsse möchte ich daraus ziehen:

Eigene Klugheit

Zuerst ein markanter und bekannter Ausspruch aus Römer 12, 16; LUT:

Haltet euch nicht selbst für klug.
heißt es in den meisten Übersetzungen. Vielleicht noch passender ist die Übersetzung „Neues Leben“:
Bildet euch nicht ein, alles zu wissen!

Diese Demut, dass man vieles noch nicht weiß, dass man sich irren kann, dass man sein Leben lang dazu lernen muss, die sollte man als Christ nie verlieren. Wir sollten unsere eigene Meinungsblase nicht zu ernst nehmen.

Umgang in Liebe

Und dann möchte ich noch einmal wiederholen, was Jesus Christus in Matthäus 22, 39; NL gesagt hat:

Liebe deine Nächsten wie dich selbst.

Als Christen haben wir erlebt, dass Gott uns liebt und dass er unsere Schuld weggenommen hat.

Dann können wir doch dem Nächsten in Liebe begegnen, trotz aller Themen wie „Corona-Impfung“, „Ukrainekrieg“, „Klimawandel“, „E-Auto“, „Wärmepumpe“, „Gazakrieg“, euch fallen sicherlich noch mehr Trigger-Themen ein, die vielleicht ein Gespräch erschweren.

Wir haben die Diskussion gewonnen und den Menschen verloren, dass kann es nicht sein.

Jeder Mensch braucht Jesus Christus, egal in welcher Blase er sich bevorzugt bewegt. Und Jesus Christus möchte jeden Menschen erreichen.

Zusammenfassung

Ich fasse zusammen: