Leichlingen, 11.4.2010

Lüge

Einleitung

Es soll um das Thema „Lüge“ gehen.

Als ich das vorgestern in der Jugend erzählte, hat eine Teilnehmerin vorgeschlagen, ich soll einfach nach vorne gehen und eine tolle Predigt ankündigen und sagen „Ne, das war gelogen.“ und mich wieder hinsetzen.

Ich fand die Idee interessant, aber ich habe dann doch lieber eine Predigt vorbereitet.

Zur Vorbereitung habe ich ein bißchen im Internet über das Thema Lüge recherschiert und dabei habe ich entdeckt, daß es sogar eine Lehre von der Lüge gibt, die Mentiologie (aus dem Lateinischen mentiri: Lügen).

Der Begründer dieser Mentiologie, ein Professor Dr. Phil. Peter Stiegnitz verdankt sein Leben einer Lüge: Auf die Frage eines NS-Schergen 1944 an den damals 8-Jährigen, ob er ein Jude sei, antwortete er mit „nein“ – und konnte dann den Transport nach Auschwitz verlassen.
Er war aber Jude.

In dieser Mentiologie werden die Lügen in drei Gruppen unterteilt:

Bei der Frage, wie häufig man lügt, sind sich interessanterweise die Psychologen, die sich mit dem Lügen beschäftigen, nicht so ganz einig.

Der amerikanische Psychologe John Frazer behauptet, daß der (Durchschnitts-) Mensch täglich rund 200 mal lügt.
Mit dieser Zahl konnte ich irgendwie nichts angefangen, denn wenn man das mal nachrechnet, dann wären das bei 16 Stunden Wachsein rund 12,5 Lügen pro Stunde und das sind ungefähr eine Lüge pro 5 Minuten.
Dieser Psychologe wird häufig zitiert, wenn man so verschiedene Publikationen zum Thema „Lüge“ liest.

Ich kann mir nicht so richtig vorstellen, was dieser Psychologe mit „Lüge“ genau meint.

Belüge ich mich selbst, wenn ich mir in Gedanken etwas ausmale?

Oder belüge ich mich selbst, wenn ich morgens in den Spiegel gucke und denke, eigentlich sehe ich ja ganz gut aus?

Oder ist in jedem Gespräch, daß ich am Tag führe eine Lüge vorhanden?

Manchmal passiert es mir, daß ich in einem Gespräch aus Versehen ein Detail falsch schildere und es nicht korrigiere, weil ich es für unwichtig halte.
Z.B. habe ich Arbeitskollegen davon erzählt, daß ich vor zwei Wochen auf der „Beauty International“ in Düsseldorf war und in der S-Bahn dahin waren von den Fahrgästen auf einmal – gefühlt – mehr als die Hälfte unechte Blondinen.
Mir fiel beim Erzählen auf, daß es keine S-Bahn sondern eine Straßenbahn war, aber ich habe den Fehler nicht korrigiert, weil er mir unwichtig erschien.

War das eine von den 200 Lügen?

(Folgende Zitate sind aus http://www.rhetorik.ch/Wahrheit/Wahrheit1.html)

Eine andere Behauptung eines anderen Wissenschaftlers ist: „Nur die Hälfte von dem, was wir sagen, ist wahr.“

Auch das erscheint mir zu krass, aber vielleicht müßt ihr bei euch mal selbst schauen, wenn ihr mit eurem Ehepartner, Eltern, Kindern, Arbeitskollegen, Freunden, Nachbarn oder  Gemeindemitgliedern sprecht.
Ich bin mir da nicht so klar, aber ich hoffe, es ist bei mir mehr als die Hälfte.

Und dann habe ich eine Aussage von einem britischen Wissenschaftler Albert Vrij von der Uni Portsmouth gefunden, der in einer Untersuchung feststellte, daß ein Mensch durchschnittlich zweimal pro Tag lügt.

80 Prozent dieser Lügen wären jedoch von der unschuldigen Art:
Die häufigsten Lügen im Beruf:

Und die häufigsten Lügen im Privatleben:

(Zitate Ende)

Ich weiß nicht, ob manche von den Aussagen dem einen oder anderen von uns bekannt vorkommen, aber so ganz fremd werden sie uns nicht sein.

Mit der Zahl „zwei mal am Tag“ sind sicherlich Fremdlügen gegenüber unserem nächsten gemeint.

Man kann natürlich auch in einer Lüge leben, indem man sich über einen längeren Zeitraum etwas vormacht, aber diese Lüge kann man irgendwie nicht numerisch erfassen.

Die Lüge in der Bibel

Denen, die die Bibel schon etwas kennen, fallen natürlich zum Stichwort Lüge schnell einige Bibelverse ein und ich möchte nun auch einige davon betrachten.

Ich fand die drei Unterteilungen aus der Mentiologie (Selbstlüge, Fremdlüge und Kollektivlüge) recht interessant und möchte anhand dieser Unterteilung Bibelverse betrachten.

Doch bevor ich damit beginne, möchte ich eine Tatsache vorher klarstellen.

Gott lügt nicht

Eine ganz klare Aussage der Bibel ist, daß Gott niemals lügt, das steht z.B. in 4. Mose 23, 19:

Nicht ein Mensch ist Gott, daß er lüge, noch der Sohn eines Menschen, daß er bereue. Sollte er gesprochen haben und es nicht tun und geredet haben und es nicht halten?

Das ist eine ganz wichtige Grundlage für unser Leben.

Egal, wie das mit der Lüge in unserem Leben aussieht, wie wir uns vielleicht selbst belügen oder uns vielleicht in einem Lügengespinst verfangen haben, wir können aus auf alle Fälle auf das verlassen, was Gott gesagt hat. Er lügt niemals.

Und nun kommen wir zu der ersten Lügenkategorie, zu der

Selbstlüge

Jesaja 28 (ELB)

14 Darum hört das Wort des HERRN, ihr Männer der Prahlerei, Beherrscher dieses Volkes, das in Jerusalem ist! 15 Denn ihr sagt: Wir haben einen Bund mit dem Tod geschlossen und mit dem Scheol einen Vertrag gemacht. Wenn die einherflutende Geißel hindurchfährt, wird sie uns nicht erreichen, denn wir haben Lüge zu unserer Zuflucht gemacht und in Trug uns geborgen. 16 Darum, so spricht der Herr, HERR: Siehe, ich lege in Zion einen Grundstein, einen bewährten Stein, einen kostbaren Eckstein, felsenfest gegründet. Wer glaubt, wird nicht ängstlich eilen. 17 Und ich werde das Recht zur Richtschnur machen und die Gerechtigkeit zur Waage. Hagel wird die Zuflucht der Lüge hinwegfegen, und das Wasser wird das Versteck wegschwemmen. 18 Und euer Bund mit dem Tod wird aufgehoben werden, und euer Vertrag mit dem Scheol wird nicht bestehen bleiben. Wenn die einherflutende Geißel hindurchfährt, dann werdet ihr von ihr zertreten werden.

Mir ist bei diesem Text die Formulierung „Zuflucht der Lüge“ ins Auge gesprungen.

Kurz zur Erklärung: Mit dem Bund mit dem Tod ist wohl ein Bündnis mit einem mächtigen Land gemeint und die israelitischen Politiker sind der Meinung, daß ihnen deshalb von anderen Feinden nichts mehr drohen kann.

Israel – und das zieht sich durchs gesamte alte Testament – hat immer Probleme bekommen, wenn es sich nicht auf Gott sondern auf mächtige Nachbarn verlassen hat.

Das Bündnis mit diesem mächtigen Verbündeten wird von dem Propheten Jesaja als „Zuflucht zur Lüge“ bezeichnet, denn – und das ist auch oft genug im alten Testament beschrieben – der angeblich mächtige Verbündete kann oder will Israel nicht wirklich helfen.
Israel belügt sich hier selbst und verschließt die Augen vor der Wahrheit.

Wir finden hier Parallelen zur Selbstlüge heute.

Z.B. erhofft man sich durch Besitz Lebensglück, Ansehen oder Freundschaften.

Oder durch Geschenke will man Freundschaften erhalten.

Oder man redet sich etwas ein, z.B. das auf der Arbeit alles in Ordnung ist, obwohl man eigentlich merken müßte, daß die eigene Arbeit nicht erfolgreich ist.

Oder man belügt sich über den Zustand seiner Ehe.

Wo belügst Du Dich selbst?

Wir finden in dem Text übrigens auch direkt den richtigen Ausweg:

16 Darum, so spricht der Herr, HERR: Siehe, ich lege in Zion einen Grundstein, einen bewährten Stein, einen kostbaren Eckstein, felsenfest gegründet. Wer glaubt, wird nicht ängstlich eilen. 17 Und ich werde das Recht zur Richtschnur machen und die Gerechtigkeit zur Waage. Hagel wird die Zuflucht der Lüge hinwegfegen, und das Wasser wird das Versteck wegschwemmen.

Mit dem Grundstein ist Jesus Christus gemeint und wer an ihn glaubt, hat die Zuflucht zur Lüge nicht mehr nötig und muß und wird sich seinen Selbstlügen stellen und kann Befreiung erleben.

Kommen wir zur

Fremdlüge

Die Fremdlüge ist die am häufigsten in der Bibel beschriebene Lüge, denn wenn man einen anderen belügt, ist das irgendwie schlimmer, als wenn man sich selbst belügt.

Und zur Fremdlüge habe ich eine Unterteilung (aus http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/KOMMUNIKATION/KommLuegen.shtml) gefunden, die mir plausibel erscheint.

Die Notlüge aus Freundschaft

Viele Schwindeleien entspringen vornehmlich dem Wunsch, seinen Mitmenschen eine Freude zu machen, sie nicht bloßzustellen oder gar zu verletzen. Man denke nur an die "nette" todlangweilige Party oder an die völlig mißratene Frisur, die der Nachbarin "wirklich gut steht".

Ich habe kein Bespiel für so eine Lüge in der Bibel gefunden, aber mir ist eine Stelle aus Sprüche 27, 6 dazu aufgefallen:

Treu gemeint sind die Schläge dessen, der liebt, aber überreichlich die Küsse des Hassers.

Selbstverständlich sollte man die Wahrheit normalerweise nicht zum Schlagen verwenden und z.B. ungefragt der Nachbarin mitteilen, daß man ihre Frisur furchtbar findet, ist sicherlich nicht richtig.

Zum einen sollte man seine eigene Meinung sowieso nicht als Maßstab für die Welt ansehen, also wenn mir etwas nicht gefällt, heißt das nicht, daß es anderen auch nicht gefällt.
Und ob eine Party langweilig ist, liegt ja auch ein bißchen an einem selbst.

Zum anderen sollten wir als Idealziel, eine Beziehung zu unserem Nächsten aufbauen, bei der er Kritik akzeptieren kann, weil er merkt, daß uns etwas an ihm liegt.
Das ist natürlich ein Idealziel und nicht bei allen Mitmenschen machbar, aber das würde die scheinbare Notwendigkeit so einer Notlüge aus Freundschaft erheblich reduzieren.

Die Geltungslüge

Diese betrifft vor allem Übertreibungen, mit denen andere Menschen beeindruckt werden und die das Bedürfnis nach Anerkennung stillen. Da werden dann die eigenen Heldentaten geschildert und natürlich übertrieben und die Mithilfe anderer ausgeblendet.

So etwas ist mir schon oft begegnet, denn viele Menschen erzählen Ich-bin-toll-Geschichten und wenn ich ehrlich bin, passiert mir das auch manchmal.

Es gibt ein Beispiel für so ein Verhalten in Apostelgeschichte 5, 1-11

1 Auch ein Mann namens Hananias und seine Frau Saphira verkauften ein Stück Land, 2 und Hananias stellte ´der Gemeinde` einen Teil des Erlöses zur Verfügung. Aber mit dem Einverständnis seiner Frau gab er diesen Betrag als Gesamterlös aus, während er in Wirklichkeit einen Teil für sich behielt. Als er das Geld vor den Aposteln niederlegte, 3 sagte Petrus zu ihm: »Hananias, warum hast du dein Herz dem Satan geöffnet und dich von ihm dazu verführen lassen, den Heiligen Geist zu belügen? Warum hast du uns verheimlicht, dass du einen Teil vom Erlös deines Grundstücks für dich behalten hast? 4 Niemand hat dich gezwungen, das Land zu verkaufen; es war ja dein Eigentum! Und nach dem Verkauf stand es dir frei, mit dem Erlös zu machen, was du wolltest. Was hat dich nur dazu gebracht, so zu handeln? Du hast nicht Menschen belogen, sondern Gott!« 5 Als Hananias diese Worte hörte, brach er tot zusammen. Es war ein Ende, das bei allen, die davon erfuhren, tiefes Erschrecken auslöste. 6 Einige junge Männer ´unter den Versammelten` traten zu dem Leichnam, wickelten ihn in ein Tuch und trugen ihn hinaus, um ihn zu begraben.

7 Nachdem etwa drei Stunden vergangen waren, kam die Frau des Hananias. Sie wusste nichts von dem, was geschehen war. 8 »Sag mir«, fragte Petrus sie, »ist das der volle Betrag, den ihr für euer Grundstück bekommen habt?« – »Ja«, erwiderte Saphira, »das ist der volle Betrag.« 9 Da sagte Petrus zu ihr: »Warum seid ihr beiden übereingekommen, den Geist des Herrn herauszufordern? Hörst du die Schritte vor der Tür? Die Leute, die deinen Mann begraben haben, ´kommen gerade zurück`. Sie werden auch dich hinaustragen.« 10 Im selben Augenblick sank Saphira zu Boden und starb, und als die Männer hereinkamen, sahen sie ihren Leichnam zu Petrus’ Füßen liegen. Da trugen sie sie ebenfalls hinaus und begruben sie an der Seite ihres Mannes. 11 Eine tiefe Ehrfurcht vor Gott ergriff die ganze Gemeinde, und genauso erging es allen, die von diesem Vorfall erfuhren.

Man fragt sich, warum das Urteil hier so streng war.
Es gab und gibt viele andere Mitglieder von christlichen Gemeinden, die in unseren Augen sicherlich schlimmer gelogen haben und nicht tot umgefallen sind.

Ich vermute, die Strafe ist deshalb so streng, weil es die erste – zumindest beschriebene – Sünde in der neuentstandenen Gemeinde war.
Wir finden ein ähnliches Beispiel in Josua 7 (Achans Diebstahl), wo die erste beschriebene Sünde im neuen gelobten Land ähnlich schwer bestraft wurde.

Es ist eine Geltungslüge, was Hananias und Saphira hier tun.
Sie hätten ja z.B. sagen können: „Zwei Fünftel des Ertrags des Grundstückverkaufs spende ich der Gemeinde.“ und das wäre überhaupt kein Problem gewesen, aber sie wollten offensichtlich als besonders toll da stehen, indem sie sagten, daß sie alles gegeben haben.

Ich hoffe nicht, daß wir in unserer Gemeinde so ein Klima haben, wo Menschen sich genötigt fühlen, sich als besonders geistlich und dienend darstellen zu müssen, sondern daß jeder das gibt und tut, was er sich aus freien Stücken vorgenommen hat und kann.
So steht es z.B. in Philemon 14 (NGÜ), wo Paulus zu Philemon sagt:

Doch ohne deine Zustimmung wollte ich keine Entscheidung treffen; schließlich sollst du das, was gut ist, nicht gezwungenermaßen tun, sondern aus freien Stücken.

Und das gilt auch fürs Geben, so wie es in 2. Korinther 9, 7 (NGÜ) steht:

Jeder soll für sich selbst entscheiden, wie viel er geben möchte, und soll den Betrag dann ohne Bedauern und ohne Widerstreben spenden. Gott liebt den, der fröhlich gibt.

Das Bedürfnis nach Anerkennung ist natürlich bei jedem Menschen da, aber bei Menschen, die sich geliebt wissen, ist die Neigung zu Ich-bin-toll-Geschichten natürlich geringer.

Wenn wir in der Gemeinde und jeder auch in seinem persönlichen Umfeld eine Atmosphäre schaffen, wo Menschen sich angenommen und respektiert fühlen, dann wird auch der Bedarf, Ich-bin-toll-Geschichten zu erzählen, abnehmen.

Die Angstlüge

Man hat Angst vor Konsequenzen oder Bestrafungen und lügt, um diesen zu entgehen.

Manche Lüge kann man sehr gut nachvollziehen, wie z.B. die am Anfang erwähnte Lüge des Kindes, das dadurch nicht in den Zug nach Ausschwitz steigen mußte. Es gibt andere Lügen dieser Art, die uns feige vorkommen, weil der Betreffende sich nicht den Konsequenzen eines Fehlers stellen will.

Die erste Angstlüge in der Bibel ist übrigens in 1. Mose 4, 9

Und der HERR sprach zu Kain: Wo ist dein Bruder Abel? Und er sagte: Ich weiß nicht. Bin ich meines Bruders Hüter?

Er hatte ihn selbst erschlagen und wußte daher ganz genau, wo Abel war.

Genützt hat es ihm nichts, da Gott genau wußte, was passiert war.

Gott kann man nicht belügen.

Von Abraham sind auch zwei Angstlügen überliefert. Er hat bei zwei Gelegenheiten (1. Mose  12, 12; und 1. Mose 20, 2ff) seine Frau als seine Schwester bezeichnet, weil er Angst hatte, daß man ihn wegen seiner schönen Frau umbringen würde.

Hier hat Gott sich zu Abraham gestellt und die Folgen seiner Lügen wieder ausgebügelt.

Ich finde Angstlügen schwierig zu beurteilen.

Ich denke, wenn es um Leben oder Tod geht, würden die meisten von uns lügen, glaube ich.
Allerdings schenkt Gott auch oft genug Auswege aus solchen Situationen, so daß man eben nicht lügen muß.

In allen anderen Fällen können wir unsere Angst zu Jesus bringen und es ohne Lüge versuchen, denn in Johannes 16, 33 (Luther) sagt Jesus Christus:

Das habe ich mit euch geredet, damit ihr in mir Frieden habt. In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.

Kommen wir zu dem letzten Fremdlügentyp,

Die skrupellose Lüge

Das sind Lügen, die gezielt eingesetzt werden, um andere zu täuschen und zu benachteiligen, zu desinformieren oder in die Irre zu führen. Sie haben den eigenen Vorteil zum Zweck. Um sich selbst ins rechte Licht zu rücken, werden Kollegen oder Familienmitglieder beschuldigt, anstatt die eigenen Fehler einzugestehen.

Diese Art der Lügen wird in der Bibel oft im Zusammenhang mit anderen Sünden genannt.

Einige Beispiele:

3. Mose 19,11; ihr sollt nicht lügen und nicht betrügerisch handeln einer gegen den anderen

Psalm 36,4; Lüge und Betrug sind die Worte seines Mundes

Jesaja 57, 4; Kinder des Verbrechens, Brut der Lüge

Diese Art der Lüge kann man vielleicht als Verbrechen des kleinen Mannes bezeichnen.
Er raubt nicht, er mordet nicht, aber mittels Lügen kann man doch über eine unrechtmäßige Abkürzung seine Ziele erreichen.

Bei den anderen Lügenarten wird oft darüber diskutiert, in welchem Rahmen sie vielleicht doch nicht so schlimm sind, aber bei einer skrupellosen Lüge, da ist man sich meistens einig.

Allerdings, wie ist das, wenn man z.B. die Versicherung oder das Finanzamt belügt?
Das scheint ja oft ein Kavaliersdelikt zu sein.
Man redet sich dann oft damit raus, daß das ganze System eh ungerecht ist – und gerade beim Steuerrecht ist trifft das meiner Meinung nach alleine durch seine Komplexität auch zu – aber trotzdem ist es eine skrupellose Lüge zum eigenen Vorteil und das ist, da bin ich sicher, nicht richtig.

Ich möchte noch kurz die

Kollektive Lüge

ansprechen.

Auch dafür finden wir Beispiele in der Bibel.

Dazu möchte ich Auszüge aus einer meiner Lieblingsgeschichten in der Bibel vorlesen (1. Könige 22, 10-12)

10 Und der König von Israel und Joschafat, der König von Juda, saßen jeder auf seinem Thron, bekleidet mit königlichen Gewändern, auf einem freien Platz am Toreingang von Samaria. Und alle Propheten weissagten vor ihnen. 11 Und Zedekia, der Sohn des Kenaana, machte sich eiserne Hörner und sagte: So spricht der HERR: Mit denen wirst du die Aramäer niederstoßen, bis du sie vernichtet hast. 12 Ebenso weissagten alle Propheten, indem sie sagten: Zieh hinauf nach Ramot in Gilead und führe Israel zum Sieg! Der HERR wird es in die Hand des Königs geben.

Das war jetzt die Meinung fast aller Propheten und Berater.

Und so war es wirklich (V. 17-25), geschildert vom Propheten Micha:

17 Da sagte er: Ich sah ganz Israel auf den Bergen zerstreut wie Schafe, die keinen Hirten haben. Und der HERR sprach: Diese haben keinen Herrn, sie sollen in Frieden zurückkehren, jeder in sein Haus. 18 Da sagte der König von Israel zu Joschafat: Habe ich dir nicht gesagt, er weissagt nichts Gutes über mich, sondern nur Böses? 19 Und Micha sprach: Darum höre das Wort des HERRN! Ich sah den HERRN auf seinem Thron sitzen, und das ganze Heer des Himmels stand um ihn, zu seiner Rechten und zu seiner Linken. 20 Und der HERR sprach: Wer will Ahab betören, dass er hinaufzieht und bei Ramot in Gilead fällt? Und der eine sagte dies, und der andere sagte das. 21 Da trat der Geist hervor und stellte sich vor den HERRN und sagte: Ich will ihn betören. Und der HERR sprach zu ihm: Womit? 22 Da sagte er: Ich will ausgehen und will ein Lügengeist sein im Mund aller seiner Propheten. Und er sprach: Du sollst ihn betören und wirst es auch können. Geh aus und mache es so! 23 Und nun, siehe, der HERR hat einen Lügengeist in den Mund all dieser deiner Propheten gegeben, denn der HERR hat Unheil über dich geredet.
24 Da trat Zedekia, der Sohn des Kenaana, heran und schlug Micha auf die Backe und sprach: Auf welchem Weg ist denn der Geist des HERRN von mir gewichen, um mit dir zu reden?
25 Micha sagte: Siehe, du wirst es an jenem Tag sehen, wenn du von Zimmer zu Zimmer flüchtest, um dich zu verstecken.

Alle haben es geglaubt und trotzdem war es nicht wahr und das gibt es heute auch noch: Lügen, die alle glauben.

Der Kommunismus und der Faschismus waren solche Kollektivlügen.

Falsche Religionen wie z.B. der Islam sind so eine Kollektivlüge.

In dieser Geschichte hat Gott diese Kollektivlüge als Gericht zugelassen.
Ob das immer so ist weiß ich nicht, aber wir merken hier schon, daß nicht immer die Mehrheit recht hat und das gilt auch für die Gemeinde.
Ich sehe zwar zur Zeit keine Kollektivlüge in unserer Gemeinde, aber wir müssen die Möglichkeit im Hinterkopf behalten.

Aber es gibt solche Kollektivlügen auch im kleineren Maßstab.
Z.B. wenn alle glauben, man müßte etwas haben, was alle haben, um „in“ zu sein.
Ich gehöre dann dazu und bin dann nicht mehr einsam.

Auch das ist eine Lüge, weil man Einsamkeit nur durch wahre Beziehungen überwinden kann und nicht, wenn man dazugehört.

Bewertung der Lüge

Wir haben jetzt verschiedene Arten der Lügen betrachtet und es wurde auch schon deutlich, daß in der Bibel Lügen sehr negativ gesehen werden.

Einer der ersten Philosophen, der sich systematisch mit dem Thema Lüge beschäftigt hat, war der Kirchenvater Augustinus und er lehnte jede Lüge ab, denn eine Lüge hat ein grundsätzliches Problem:

Eine Lüge muß, um erfolgreich zu sein, das Vertrauen in die Wahrheit menschlicher Rede voraussetzen, das sie zugleich zerstört.

Ich wiederhole es noch einmal:

Eine Lüge muß, um erfolgreich zu sein, das Vertrauen in die Wahrheit menschlicher Rede voraussetzen, das sie zugleich zerstört.

Der Volksmund sagt es ähnlich: Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, auch wenn er dann die Wahrheit spricht.

Ich finde, damit ist das Grundproblem der Lüge sehr treffend beschrieben.

Und damit ist eine Lüge auch ein Beziehungskiller, weil sie das Vertrauen untereinander zerstört.

Jesus Christus bezeichnet als Quelle der Lüge den Teufel, wie er es in Johannes 8, 44; (NGÜ) in einer Rede an die Pharisäer beschreibt:

Ihr stammt vom Teufel; der ist euer Vater. Und was euer Vater wünscht, das führt ihr bereitwillig aus. Er war von Anfang an ein Mörder und stand nie auf dem Boden der Wahrheit, weil es in ihm keine Wahrheit gibt. Wenn er lügt, redet er so, wie es seinem ureigensten Wesen entspricht; denn er ist ein Lügner, ja er ist der Vater der Lüge.

Der Teufel möchte Beziehungen zwischen Menschen und zwischen Menschen und Gott zerstören und ein Mittel dazu ist die Lüge.
Er möchte, daß wir vereinsamen, denn alleine ist es schwer zu bestehen.

Viele kennen wahrscheinlich das Bild vom Christen als brennenden Holzscheit:
Ein einzelner geht schnell aus, aber eine Menge hält das Feuer am Brennen.

Auch wenn man die einzelnen Lügen differenziert bewerten sollte und es einigen wenigen Fällen – wenn es um Leben und Tod geht – sinnvoll sein kann, zu lügen, ist die Lüge grundsätzlich falsch und gefährlich.
Sie zerstört Beziehungen und das sollten wir immer vor Augen haben, wenn wir mit dem Gedanken spielen zu lügen.

Umgang miteinander

Epheser 4, 25; (ELB)

25 Deshalb legt die Lüge ab und redet Wahrheit, ein jeder mit seinem Nächsten! Denn wir sind untereinander Glieder.

Vor vielen Jahren hat einmal jemand in dieser Gemeine einen Zettel mit u.a. diesem Vers in die Fächer für die Gemeindeglieder getan und manche Gemeindeglieder fühlten sich angegriffen und zu Unrecht als Lügner beschimpft.

Ich hoffe, daß dieser Vers jetzt nicht so rüberkommt und ich glaube auch nicht, daß welche von uns andere skrupellos belügen, um sie zu übervorteilen, denn der Umgang mit der Lüge ist schon ein wichtiger Punkt im Christenleben und je mehr man mit Jesus lebt, um so mehr wächst die Abneigung gegen die Lüge. Das ist zumindest meine Erfahrung.

Aber was ist mit den anderen Formen der Lüge?

Benutzen wir die freundliche Notlüge gegenüber dem anderen, weil der andere uns nicht wirklich interessiert? Z.B. Fragen wir, wie es geht, obwohl es uns nicht interessiert?

Versuchen wir, andere Gemeindeglieder mit Geltungslügen zu beeindrucken?

Oder lügen wir gar, weil wir Angst voreinander haben, Angst davor, daß wir manches in unserem Leben nicht auf die Reihe bekommen und wir nicht möchten, daß der andere es mitbekommt?
Und schaffen wir andererseits so ein Klima, daß so eine Angst gar nicht entsteht?

Auch diese Art der Lügen sollten wir oder sogar müssen wir voreinander ablegen, damit wir immer mehr eine Familie werden und damit wir wirklich ein Brief Christi an die Welt werden.

Zusammenfassung

Wir können sicher sein, daß Gott nie lügt.

Es gibt verschiedene Formen der Lüge:

Und ich lese noch einmal den Vers von vorhin (Epheser 4, 25; (ELB)):

25 Deshalb legt die Lüge ab und redet Wahrheit, ein jeder mit seinem Nächsten! Denn wir sind untereinander Glieder.

Wie gesagt, es ist nicht als Beschuldigung im Sinne von skrupelloser Lüge gemeint, sondern ich möchte uns nahelegen, die ganze Facette der Lüge, die es in unserem irdischen Leben leider noch gibt, abzulegen und uns gegeneinander zu öffnen.

AMEN