Hören

Hören, Zuhören, gehört werden...

Gottesdienst, Gemeindeausflug, , , Haus Friede, Hattingen, mehr...

Einleitung

(vorher wurde ein Sketch zum Thema „Zuhören“ vorgeführt, bei dem die ganze Familie dem Teenager nicht zugehört hat).

Mit dem Zuhören ist das so eine Sache. Jeder hat so viel zu erzählen und möchte, daß man ihm zuhört.

Beim Thema „Hören“ fällt mir ein Spruch meiner Eltern aus meiner Kindheit ein, den ich öfters gehört habe:

„Kannst Du nicht hören?“

Wahrscheinlich kam er immer dann, wenn ich nicht hören wollte.

Aber irgendwie war er nervend und forderte immer zum Widerspruch heraus („Nein, ich kann nicht hören“) und war deswegen diplomatisch vielleicht nicht so geschickt.

Wahrscheinlich werden unsere Kinder in 20 Jahren auch irgendwelche Sprüche von uns zitieren, die sie in ihrer Kindheit genervt haben.

Aber wie ist das überhaupt mit dem Hören?

Als Eltern hat man mit diesem Thema häufig dann zu tun, wenn die Kinder nicht „hören“ wollen, also nicht auf Bitten oder Anweisungen reagieren. Meistens klappt es, wenn man die Bitten oder Anweisungen mit erhöhter Lautstärke wiederholt.

Wenn das auch nicht hilft, dann werden zumindest aus den Anweisungen Befehle mit angedrohten Strafen und dann klappt es meistens mit dem Hören.

Aber diese Art von Hören ist ja nur ein Spezialfall fürs Hören allgemein.

Es geht ja ums „Zuhören“. „Zuhören“ beinhaltet ja immer irgendwie eine Kommunikation - der eine spricht, der andere hört zu - oder sogar eine Form der Beziehung. Man verbringt ja Zeit miteinander, wenn man miteinander spricht.

Wir wollen uns als erstes mit dem Zuhören zwischen Mensch und Mensch beschäftigen.

Zuhören von Mensch zu Mensch

Warum hört man sich überhaupt zu?

Manche Menschen stellen sich dabei die Frage: Was bringt mir das?

„Der Typ redet nur Unsinn oder redet nur über Sachen, die mich nicht interessieren, warum soll ich mit dem reden. Dem gehe ich lieber aus dem Weg, der ist so nervig.“

Gerade in unserer heutigen Zeit sieht man alles unter Effektivitätsgesichtspunkten und daher taucht dann auch die Frage auf: Was bringt mir das, wenn ich Zeit mit jemandem verbringe, wenn ich mit ihm rede?

Da hält man sich doch zu netten, umgänglichen Leuten oder auch zu Leuten, die richtig was zu sagen haben (1. Könige 4,34; ELB):

Und man kam aus allen Völkern, um die Weisheit Salomos zu hören, von allen Königen der Erde her, die von seiner Weisheit gehört hatten.

Wenn Salomo heutzutage leben würde, dann würde man doch versuchen, den in unserer Gemeinde mal als Gastredner zu bekommen. Zumindest würde man sich mal ein Video besorgen oder mal eine Rede aus dem Internet herunterladen.

Der hat was zu sagen, da hört man gerne zu.

Und laut Sprüche 1, 5; ELB:

Der Weise wird hören und an Kenntnis zunehmen, und der Verständige wird sich weisen Rat erwerben;

Und weise wollen wir ja alle sein.

Und es ist ja auch nicht verkehrt, wirklich weisen Leuten zuzuhören und von ihnen zu lernen.

Aber was ist mit all den Nicht-Salomos?

Ein altes Sprichwort sagt: „Wessen das Herz voll ist, dem geht der Mund über.“ (oder so ähnlich)

Sinngemäß: Was in Dir drin ist, kommt irgendwann über den Mund raus.

Damit ist natürlich nicht das Essen mitgemeint, obwohl das auch manchmal über den Mund wieder hinauskommt.

Das, was einem auf der Seele brennt, muß einfach manchmal 'raus, sonst wird man davon krank.

Man sagt ja manchmal auch bildhaft, daß man sich mal auskotzen muß, mal sich den Frust von der Seele reden muß.

Aber natürlich hat man (hoffentlich) nicht immer nur Ärger und Frust in sich. Manche Sachen beschäftigen einen einfach und man würde sie gerne anderen mitteilen.

Kinder haben da überhaupt keine Verträge mit. Die erzählen einfach, was ihnen im Kopf herumgeht, was ihnen wichtig ist, manchmal ohne direkten Zusammenhang. Das ist auch OK, man ist ja als Eltern zum Zuhören für die Kinder da.

Allerdings gibt es auch genügend Fälle, wo größere Kinder - Teenager und Jugendliche - sich von ihren Eltern nicht verstanden fühlen. Vielleicht hörten auch die Eltern gar nicht zu, wie im vorigen Anspiel.

Woran kann so etwas liegen?

Der Knackpunkt ist hierbei das Interesse. Verschiedene Menschen haben teilweise völlig verschiedene Interessensbereiche, das gilt wahrscheinlich besonders für Jugendliche und Eltern.

Mit Gleichgesinnten redet man gerne (z.B. fachsimpeln über Computer, Autos, Fußball, usw.), aber mit Leuten aus einer anderen Welt?

Manche Leute reagieren ziemlich hart, z.B. „Hier hast Du 10 Cent, erzähl es der Parkuhr“ oder „Du verwechselst mich mit jemandem, den Dein Gelaber interessiert.“

Es ist halt bequem. Man umgibt sich mit angenehmen Leuten, mit Gleichgesinnten und die anderen werden abgekanzelt.

Andere tun so, als wären sie interessiert, aber hören nicht wirklich zu. Sie halten die Anliegen der anderen nicht für wichtig genug.

Wieder andere haben selber den Kopf mit eigenen Problemen voll und können sich daher nicht so richtig auf andere einlassen.

Und dann gibt es natürlich noch die persönliche Komponente. Nicht jeder kann mit jedem gut umgehen. Es wird immer Leute geben, mit denen kommt der eine klar und der andere nicht.

Ich habe jetzt ein paar Negativbeispiele aufgeführt und möchte jetzt ein positives Beispiel aus der Bibel bringen (Markus 10, 46-52; ELB):

„Und sie kommen nach Jericho. Und als er aus Jericho ging mit seinen Jüngern und einer zahlreichen Volksmenge, saß der Sohn des Timäus, Bartimäus, der Blinde, bettelnd am Wege. Und als er hörte, daß es Jesus, der Nazarener sei, fing er an zu schreien und zu sagen: O Sohn Davids, Jesu, erbarme dich meiner! Und viele bedrohten ihn, daß er schweigen solle; er aber schrie um so mehr: Sohn Davids, erbarme dich meiner!

Und Jesus blieb stehen und hieß ihn rufen. Und sie rufen den Blinden und sagen zu ihm: Sei gutes Mutes; stehe auf, er ruft dich! Er aber warf sein Gewand ab, sprang auf und kam zu Jesu.

Und Jesus hob an und spricht zu ihm: Was willst du, daß ich dir tun soll? Der Blinde aber sprach zu ihm: Rabbuni, daß ich sehend werde. Jesus aber sprach zu ihm: Gehe hin, dein Glaube hat dich geheilt. Und alsbald wurde er sehend und folgte ihm nach auf dem Wege.“

Die meisten hier kennen diese Geschichte.

Ich möchte sie nun unter dem Gesichtspunkt des Zuhörens betrachten.

Jesus war hier auf dem Weg nach Jerusalem, letztendlich um zu sterben und das wußte er.

Und nun kommt jemand, der schreit, um Hilfe von ihm zu bekommen.

Jesus wußte alles. Er wußte, daß der Betreffende blind war und gerne wieder sehen können möchte. Also hätte er einfach ein Wort sprechen können und der Blinde wäre geheilt gewesen, genauso wie bei dem Knecht des römischen Hauptmanns (Matth. 8, 5-13).

Das wäre für ihn überhaupt kein Problem gewesen; schnipps (Fingerschnippend) und gesund.

Doch bevor wir uns Jesu Handeln ansehen, werfen wir kurz ein Blick auf die Volksmenge.

Sie bedroht ihn, daß er den Mund halten solle, so sinngemäß:

„Halt die Klappe, dein Problem interessiert uns nicht. Du bringst ja hier alles durcheinander. Laß Jesus mit deinem armseligen Leben in Ruhe.“

Aber Jesus reagiert anders: Er bleibt stehen.

Der Evangelist Wilhelm Busch hat mal diese Stelle als die schönste in der Bibel bezeichnet. Egal, was alles wichtiges um Jesus herum passiert und was er wichtiges zu tun hat, er bleibt stehen und nimmt sich Zeit für denjenigen, der um Hilfe schreit. Im Prinzip läßt er alles stehen und liegen für diesen Bartimäus, der für diesen Augenblick die wichtigste Person für Jesus ist.

Als nächstes kommt dann die Frage: „Was willst du, daß ich dir tun soll?“

Häufig wird diese Frage mit psychologischem Touch ausgelegt: Der Blinde muß sich darüber bewußt werden, was er will. Er muß es formulieren.

Denn schließlich wußte Jesus, was der Blinde hatte und wollte – man konnte sicherlich auch offensichtlich sehen, daß Bartimäus blind war –, also muß diese Frage einen tieferen Sinn haben.

Aber vielleicht bedeutet diese Frage in erster Linie das:

„Ich interessiere mich für dich. Ich möchte hören, was du mir zu sagen hast. Ich habe Zeit für dich und möchte dir helfen.“

Der Blinde hatte hier nur ein Problem und deshalb war das Gespräch eher kurz. Aber er folgte Jesus weiter nach und blieb in seiner Nähe, es entstand sicherlich auch eine Beziehung.

Jesus hat aber auch längere Gespräche geführt, z.B. mit dem jüdischen Gelehrten Nikodemus (Johannes 3) oder der Frau am Jakobsbrunnen (Johannes 4).

Er hat nicht nur zugehört, sondern – wenn nötig – auch etwas gesagt, auch für den Zuhörenden unangenehme Dinge. Aber er hat jeden ernstgenommen und sich für jeden, der ihn ansprach, interessiert.

Tun wir das auch? Können wir das auch?

Wir können Leute üblicherweise nicht heilen, aber wir können für einen Einzelnen stehenbleiben und uns Zeit nehmen.

Das ist nicht immer leicht. Ich wurde gestern von jemandem angerufen, der mit mir über seine Probleme reden wollte. Gleichzeitig klingelte es und meine kleine Tochter schrie und meine Frau war gerade nicht da.

Da fiel mir das mit dem Zeit nehmen eher schwer.

Oder wie ist das, wenn wir uns mit der betreffenden Person überfordert fühlen?

Wir haben sicherlich erheblich mehr menschliche Begrenztheiten als Jesus.

Ich kenne einige Fälle aus meinem Bekanntenkreis, wo jemand einem anderen gesagt hat, daß er keinen Kontakt mehr wünsche. Hier fühlte sich der andere sicherlich überfordert.

Manchmal will man auch helfen und macht alles falsch.

Ein bekanntes Beispiel dafür sind die Freunde von Hiob. Nachdem Hiob seine Kinder, seinen Besitz und seine Gesundheit verloren hatte (Hiob 2, 11-13; ELB):

Und die drei Freunde Hiobs hörten all dieses Unglück, das über ihn gekommen war; und sie kamen, ein jeder aus seinem Orte: Eliphas, der Temaniter, und Bildad, der Schuchiter, und Zophar, der Naamathiter; und sie verabredeten sich miteinander zu kommen, um ihm ihr Beileid zu bezeugen und ihn zu trösten.

Und sie erhoben ihre Augen von ferne und erkannten ihn nicht; da erhoben sie ihre Stimme und weinten, und sie zerrissen ein jeder sein Gewand und streuten Staub auf ihre Häupter himmelwärts. Und sie saßen mit ihm auf der Erde sieben Tage und sieben Nächte lang; und keiner redete ein Wort zu ihm, denn sie sahen, daß der Schmerz sehr groß war.

Sie nehmen sich richtig Zeit und stehen ihm bei. Das finde ich total Klasse.

Danach machen sie aber einen für Hiob schmerzhaften Fehler: Sie glauben, daß sie Hiobs Probleme besser als er selbst erklären können. Sie waren Kinder ihrer Zeit und waren der Meinung, das Hiob an seinem Unglück selbst Schuld ist.

Klar, manche sind an ihrem Unglück selbst schuld, aber man muß in solchen Fällen schon sehr genau wissen, was man sagt.

Das hat es für Hiob leider noch schlimmer gemacht. Gut gemeint und schlecht gemacht.

Es gibt in Jakobus 1, 18-20; ELB ein paar grundsätzliche Aussagen, u.a. zum Thema „Zuhören“:

„Nach seinem eigenen Willen hat er uns durch das Wort der Wahrheit gezeugt, auf daß wir eine gewisse Erstlingsfrucht seiner Geschöpfe seien. Daher, meine geliebten Brüder, sei jeder Mensch schnell zum Hören, langsam zum Reden, langsam zum Zorn. Denn eines Mannes Zorn wirkt nicht Gottes Gerechtigkeit.“

Durch Worte sind wir zu Kindern Gottes geworden und deshalb sollen wir mit Worten vorsichtig umgehen.

„Schnell zum Hören, langsam zum Reden, langsam zum Zorn“

Man hat zwei Ohren und einen Mund, also soll man doppelt so viel hören wie reden.

Wenn jemand 10 Sätze braucht, um sein Problem zu erklären, dann ist es nicht richtig, ihm schon nach 2 Sätzen eine Lösung anzubieten.

Richtig zuhören löst nicht unbedingt das Problem, hilft aber schon vielfach weiter und ich denke schon, daß Zuhören ein Auftrag von uns Christen ist.

Um eine Frage in diesem Thema habe ich mich ein bißchen herumgedrückt.

Wie gehen wir mit Leuten um, die sich gerne reden hören und gerne „Ich-bin-toll“- oder „Ich-bin-wichtig“-Geschichten erzählen? Meistens versucht man sich durch geschickte Fluchtstrategien dem zu entziehen.

Aber wie verhält man sich richtig? Ich glaube nicht, daß man darauf eine allgemeingültige Antwort geben kann.

Was steckt hinter solchem Reden? Ist es ein verborgener Minderwertigkeitskomplex? Glaubt man, mit den anderen nicht mithalten zu können? Will man jemanden beeindrucken?

Ich denke schon, daß man durch Zuhören den anderen gewinnen kann und daß man aber auch, wenn eine gewisse Beziehung da ist, etwas dazu sagen kann. Der andere ist ja nicht wichtig, weil er so tolles erlebt hat, sondern weil Gott ihn liebt.

In Lukas 18, 10-14; ELB steht so eine „Ich-bin-toll“-Geschichte.

Zwei Menschen gingen hinauf in den Tempel, um zu beten, der eine ein Pharisäer und der andere ein Zöllner.

Der Pharisäer stand und betete bei sich selbst also: O Gott, ich danke dir, daß ich nicht bin wie die übrigen der Menschen, Räuber, Ungerechte, Ehebrecher, oder auch wie dieser Zöllner. Ich faste zweimal in der Woche, ich verzehnte alles, was ich erwerbe.

Und der Zöllner, von ferne stehend, wollte sogar die Augen nicht aufheben gen Himmel, sondern schlug an seine Brust und sprach: O Gott, sei mir, dem Sünder, gnädig!

Ich sage euch: Dieser ging gerechtfertigt hinab in sein Haus vor jenem; denn jeder, der sich selbst erhöht, wird erniedrigt werden; wer aber sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden.

Nochmal in Kurzform:

Was würde man als Mensch zu so einem Pharisäer sagen?

Ich denke schon, daß man versuchen kann, einem Pharisäer zu erklären, daß er eben nicht so toll ist und das er Gott braucht, auch wenn das wahrscheinlich schwierig ist.

Man kommt einfacher zu Gott, wenn man sich bewußt ist, daß man Gott braucht, als wenn man sich für toll hält. Aber damals habe sich auch Pharisäer zu Jesus bekehrt.

Nach dem zwischenmenschlichen Zuhören möchte nun abschließend zu noch einem Punkt kommen:

Zuhören von Gott zu Mensch

Wir haben ja vorhin schon ein Beispiel mit Jesus ausführlicher behandelt.

Der auferstandene Jesus wird sich sicherlich nicht anders als der irdische Jesus verhalten, nur daß er keinerlei irdischen Begrenzungen mehr unterworfen ist.

Er hat jetzt einfach noch mehr Zeit als früher und ist immer erreichbar. Er bleibt stehen für uns und nimmt sich Zeit (Psalm 94,9; ELB):

Der das Ohr gepflanzt hat, sollte er nicht hören? Der das Auge gebildet, sollte er nicht sehen?

Gott ist immer bereit zu hören.

Allerdings hört er bei manchen Sachen manchmal weg. Man denke an den Pharisäer und Zöllner von vorhin. Ich-bin-toll-Geschichten hört er nicht so gerne.

Es ist wichtig, daß man vor Gott ehrlich ist (Psalm 62, 7.8; ELB):

Auf Gott ruht mein Heil und meine Herrlichkeit; der Fels meiner Stärke, meine Zuflucht, ist in Gott. Vertrauet auf ihn allezeit, o Volk! Schüttet vor ihm aus euer Herz! Gott ist unsere Zuflucht.

Ehrlich das Herz vor Gott ausschütten: Alle die vorhin beschriebenen negativen Reaktionen, die menschlichen Fehler, im zwischenmenschlichen Gespräch treten beim Gespräch mit Gott nicht auf.

Schüttet ehrlich vor ihm euer Herz aus und er wird euch nicht enttäuschen.