Einleitung
Kennt Ihr Leute, die super-fromm wirken? Das sind Leute, die in jedem Gespräch zu jedem Thema Formulierungen wie „Wenn der Herr es will“ oder „Jesus wird das schon machen“ einfließen lassen.
Wie ich ganz neu in der Gemeinde war, fand ich solche Leute immer sehr beeindruckend. Später habe ich dann auch „Super-Fromme“ gesehen, die sich später vom Glauben abgewandt haben und es ist ein gewisses Mißtrauen in mir gegen Leute entstanden, die sehr oft in alle möglichen Gespräche solche frommen Reden einfließen lassen.
So ein Mißtrauen ist eine Gefahr, denn natürlich wollen wir Jesus in unseren Alltag mit hineinnehmen und ihn auch „machen lassen“ und man kann Leuten mit so einem Mißtrauen leicht unrecht tun.
Aber sind die Worte durch das Leben gedeckt?
Es kommt halt nicht so gut, das große fromme Wort zu führen, um dann in aller Öffentlichkeit abzustürzen.
Wir wollen uns heute einmal mit einem Super-Frommen beschäftigen, mit Hiob.
Geschichte Hiobs
Der Name Hiob ist ja durch die Redensart „Hiobsbotschaft“ allgemein bekannt.Ich möchte mit Euch heute über die Person „Hiobs“ nachdenken, was er so gedacht hat und zu welchen Erkenntnissen er gekommen ist.
Die Geschichte Hiobs ist rasch erzählt.
Hiob lebte im Land Uz, wobei nicht so ganz klar ist, wo das wahr. Für die Geschichte spielt das aber keine Rolle.
Er war rechtschaffen, redlich, gottesfürchtig und mied das Böse. Dies Urteil fällt nicht nur der Schreiber des Buches Hiob, sondern auch Gott selbst sieht das so.
Hiob war sehr reich und hatte 10 Kinder. Innerhalb weniger Sekunden erfährt er, daß sein Besitz futsch ist und seine Kinder tot (vier Hiobsbotschaften kurz hintereinander).
Als nächstes wird er krank und wird voll von Geschwüren. Daraufhin verläßt ihn seine Frau. Danach kommen drei Freunde und sie haben ein langes Streitgespräch.
Dann mischt sich noch ein weiterer Freund ein und am Ende spricht Gott selbst.
Danach kommt Hiob zu dem Schluß (Hiob 42, 5):
Diese Aussage ist besonders bemerkenswert, weil Hiob ja am Anfang als gottesfürchtig beschrieben wird. Welchem Gott gegenüber war er denn gottesfürchtig?
Hiobs Freunde lagen falsch und Hiob muß für sie um Vergebung bitten. Seine Frau kam zurück und sie bekamen erneut 10 Kinder und den doppelten Besitz im Vergleich zu vor der Leidenszeit.
Das war im Prinzip die Geschichte Hiobs. Allerdings habe ich eine Sache vom Anfang weggelassen, nämlich das Gespräch vom Satan mit Gott. Auf den ersten Blick hört sich das so an, als würde Satan die Sache erst so ins Rollen bringen, aber ich denke, daß Gott von Anfang ab diese Ereignisse deswegen zugelassen hat, um Hiob zu dieser Erkenntnis zu bringen. Der Satan ist hier nur eine unwichtige Nebenfigur, die auch am Ende des Buchs Hiob nicht mehr erwähnt wird.
Also kann man sagen: Von der Gottesfurcht zur Gotteserkenntnis? Wir werden sehen.
Zuerst einmal beschäftigen wir uns mit der Person Hiobs.
Wie war Hiob?
Das Buch fängt so an (Hiob 1, 1):
Wir haben hier vier Eigenschaften:
- rechtschaffen
- redlich
- gottesfürchtig
- das Böse meidend
Die ersten beiden Worte „rechtschaffen“ und „redlich“ werden je nach Übersetzungen auch mit untadelig oder aufrichtig übersetzt. Ich habe auch einmal in eine uralte Luther-Übersetzung von 1892, die ich vor 20 Jahren auf einem Trödelmarkt erwerben konnte, hineingeschaut und dort stand „schlecht und recht“. Das hat mich sehr irritiert und ich vermute, daß es sich entweder um eine falsche Übersetzung oder um eine alte Redensart handelt, die uns heute völlig fremd ist.
Also rechtschaffen und redlich: Mit so jemandem macht man z.B. gerne Geschäfte, weil man weiß, daß er einen nicht übers Ohr haut. So einen hätte man z.B. auch gerne in einem Verein, ja man würde ihn sogar in den Vorstand wählen. Auf so jemanden kann man sich verlassen.
Wäre man mit so einer Person auch gerne befreundet? Oder fühlt man sich von dessen Rechtschaffenheit dauernd angeklagt? Freundschaft ist wohl eher von Sympathie und ähnlichem abhängig. Da ist wohl Rechtschaffenheit oder Redlichkeit nicht ganz so wichtig. Freundschaften entstehen eher selten, indem einer sagt: „Oh, der ist aber die Redlichkeit in Person, mit dem möchte ich befreundet sein.“
Kommen wir zur nächsten Eigenschaft: Gottesfürchtig.
Er war fromm und alle haben es gewußt, denn es war eines seiner Kennzeichen. Ob er jetzt so wie ein Super-Frommer aufgetreten ist, wie ich es am Anfang geschildert habe, wissen wir nicht. Auf alle Fälle paßte sein Leben zu seiner Gottesfurcht. Man konnte ihm also nicht vorwerfen, ein Heuchler zu sein.
Die letzte Eigenschaft in diesem ersten Vers ist, daß er das Böse meidete.
Was verbindet man mit so einer Aussage?
Wenn man in einer Umgebung groß geworden ist, wo alles neue und andere als „böse“ bezeichnet wurde, dann bekommt so eine Aussage etwas spießig-langweiliges.
Wenn man dagegen z.B. in der Geschäftswelt miterlebt hat, daß man mit einfachem Betrug oder Hintergehen von Geschäftspartnern/Kunden oder den staatlichen Behörden leicht Geld machen kann, dann bekommt die Aussage - er meidet das Böse - einen anderen Charakter.
Dieses Wort „böse“ hat heute nicht immer mehr so die schlechte Bedeutung, die es früher hatte, denn allzu oft wurden engstirnige, menschliche Regeln mit „gut“ bezeichnet und alles andere mit „böse“. Dadurch ist „böse“ in manchen Bereichen schon fast zu einem Synonym für innovativ oder für den Aufbruch zu neuen Horizonten geworden. Wenn z.B. in der Software-Entwicklung jemand eine Idee hat, die den bekannten Methodiken völlig zu widersprechen aber trotzdem gut zu sein scheint, dann benutzen wir – auch ich – als Charakterisierung dafür hin und wieder das Wort „böse“.
Ein weiteres Beispiel ist der nicht mehr so neue Spruch: „Gute Mädchen kommen in den Himmel, böse überall hin.“
Hier steckt wieder das Erleben dahinter, daß einem neue Horizonten mit dem Kampfbegriff „böse“ verweigert werden sollen.
Nun wissen wir, daß nicht die guten Mädchen – die guten Jungs auch nicht – in den Himmel kommen, sondern die Mädchen – und Jungs –, die wissen, daß sie wirklich böse sind und ihre Bosheit zu Jesus Christus bringen.
Aber kommen wir zurück zu Hiob. Hier ist „böse“ wirklich noch „böse“. Ich denke, daß Hiob im Geschäftsleben ehrlich war, das leichte, unehrliche Geld verschmäht hat und auch seine Frau nie betrogen hat.
In Hiob 31, 1 steht etwas noch etwas dazu:
Er wollte die Gefahr vermeiden, zum Ehebruch, ja sogar zum Ehebruch in Gedanken, verführt zu werden. Und Ehebruch ist auch heute noch wirklich böse, auch im Zeitalter der Seitensprungagenturen.
Aber Hiob war noch mehr:
In Hiob 1, 4.5 steht:
Dieses priesterliche Verhalten gegenüber seiner Familie war teilweise zu dieser Zeit üblich, aber trotzdem hinterläßt es bei mir einen schalen Beigeschmack.
Ich möchte gerne, daß meine Kinder selbst ihre Schuld vor Gott bekennen.
Aber Hiob wollte wohl auf Nummer Sicher gehen. Er selbst wollte immer alles richtig machen und er wollte auch nicht riskieren, daß seine Kinder etwas falsch machen.
Ob den Kindern das auf die Nerven ging und sie sich deshalb nur untereinander nicht ihre Eltern eingeladen haben, ist aber Spekulation.
Die Reaktion seiner Frau nach beiden Katastrophen, wo sie zuerst alles – ihre Kinder und auch ihren Besitz – verloren haben und danach Hiob seine Gesundheit verloren hat, ist bemerkenswert (Hiob 2, 9.10):
Seine Vollkommenheit, sein immer-alles-richtig-machen ging ihr jetzt auf die Nerven. Das kann man nach diesen Schlägen auch verstehen. Vielleicht ging es ihr schon vorher auf die Nerven, aber weil alles glatt ging, hat sie sich nicht beschwert.
Kommen wir nun zur nächsten Frage:
Warum war Hiob so?
Betrachten wir zuerst das erste Gespräch zwischen Gott und Satan (Hiob 1, 7-11):
Hiob war sehr reich. Ist er nur deswegen so redlich und gottesfürchtig gewesen, damit er reich wird? Das würde ja dem heutigen Wohlstandsevangelium entsprechen. Glaub an Jesus und dein Besitz wird wachsen.
Nun verliert er alles. Was passiert nach der ersten Katastrophe? (Hiob 1, 20-22)
Vorbildlich? Übertrieben? Fanatisch? Seltsam?
Wie würde man so ein Verhalten heute bezeichnen?
Es ist sachlich richtig, was er sagt, aber in meinem Augen viel zu beherrscht. Nachher in den Streitgesprächen mit seinen Freunden öffnet er sich und läßt 'raus, was er fühlt.
Aber auf alle Fälle war Hiob kein Wohlstandschrist.
Er war auch kein Gesundheitschrist. Diese Lehre gibt es ja hier und da auch. Wenn Du glaubst, dann wirst Du gesund.
Hiob 2, 3-6
Wir haben vorhin schon gehört, was Hiob zu seiner Frau sagte, nachdem er krank wurde und „bei alldem sündigte Hiob nicht mit seinen Lippen!“
Also seine Gesundheit war auch nicht der Grund für seinen Glauben.
Wir finden in seiner ersten Klagerede ein Motiv für sein Handeln (Hiob 3, 25):
Er war, zumindest etwas, von Angst angetrieben. So ein bißchen hörte man das auch heraus, wo beschrieben wurde, daß er immer für seine Söhne geopfert hat. Er hatte Angst, daß sie etwas falsch gemacht hatten.
Wir kommen da gleich drauf zurück, aber ich möchte erst einmal die Meinung von Hiobs Freunden betrachten.
In der ersten Rede von seinem Freund Elifas gibt es dazu eine schöne Zusammenfassung (Hiob 4, 7.8):
Ein klares, einfaches Weltbild: Wer böse ist, kriegt Schläge und wer gut ist, wird davon verschont.
Ist das so? Stimmt das mit der Wirklichkeit überein, die Du und ich erleben?
Hiob hat es ursprünglich wohl ähnlich gesehen. Ich möchte das mit ein paar Zitaten belegen.
Hiob 7, 20.21;
Hier kommt klar durch, daß für ihn so ein Schicksal ja nur eine Strafe für ein Verbrechen sein kann.
Aber er war ja in Wirklichkeit unschuldig und sein Schicksal paßt nicht zu seinem Welt- und Gottesbild.
Wie geht Hiob mit seinen Klagen um?
Wir haben ja vorhin gehört, daß er zuerst sehr beherrscht war, aber es mußte aus ihm heraus. Ein Beispiel dafür (Hiob 10, 1-7) :
Sein Kummer muß raus, seine Selbstkontrolle hält nicht mehr und das ist auch OK. Wir sind oft peinlich berührt, wenn jemand anfängt zu klagen, aber in der Bibel gibt es nicht wenige Klagen über das, was Gott zuläßt.
Aber es gibt „Klagen“ und „Klagen“.
Nach dem Krieg gab es z.B. den Spruch: „Nach Auschwitz kann man an keinen liebenden Gott mehr glauben.“ Oder den Klassiker: „Ich habe soviel erlebt, ich kann nicht mehr glauben.“
Ich neige dazu, solche Sprüche abzutun, weil es auch viele Christen gibt, die Schlimmes erlebt haben und trotzdem glauben. Logisch sind solche Aussagen also eher nicht, aber es steckt natürlich ein reales, persönliches Empfinden dahinter, mit dem man sich auseinander setzen muß.
Hiob spricht seine Klagen auch aus, aber er wendet sich an Gott und er kritisiert ihn sogar auch. Er fordert Antworten von Gott.
Der Unterschied zwischen beiden Herangehensweisen ist, daß der Ich-kann-nicht-mehr-glauben-Mensch wohl eher ein selbstgemachtes Gottesbild hatte. Er schuf sich seinen Gott zu seinem Bild. So ein bißchen machen wir das ja alle, aber wir kommen immer wieder an Punkte, wo wir merken, daß unsere eigenen Bilder begrenzt oder sogar falsch sind. Und dann sind wir oft an einem Scheideweg.
Sagen wir dann „Gott kann nur so sein, wie ich ihn mir vorstelle und wenn nicht, dann gibt es ihn nicht“ oder machen wir es wie Hiob und bestürmen Gott mit unseren Fragen und Klagen?
Das ist ein wichtiger Punkt. Und hier ist Hiob ein echtes Vorbild.
Er hat, glaube ich, deshalb diesen Weg gewählt, weil er tief in seinem Herzen immer noch an Gott geglaubt hat. Das wird in Hiob 19, 25.26 deutlich:
Und Hiobs Freunde?
Die Freunde spielen hier eine eher unrühmliche Rolle. Sie nehmen sich zwar Zeit für ihn, was Anbetracht der Tatsache, daß ihn viele andere verlassen haben, sehr positiv ist, aber sie haben ihr klares, einfaches Weltbild, daß hinter jedem Leid persönliche Schuld steckt.Damit ist jede Rede von ihnen wie ein weiterer Faustschlag.
Nun ist das Problem, daß es sehr wohl Leiden gibt, in dem man selbst mitschuldig ist. Ich kenne jemanden, der sehr einsam ist, aber andererseits allen Leute, die ihm helfen oder auch nur mit ihm reden wollen, irgendwann vor den Kopf stößt. Ich habe mich auch bei ihm unbeliebt gemacht, weil ich ihm das auch so gesagt habe.
Es ist manchmal eine Gratwanderung zwischen „guter Ratgeber“ und „Hiobs Freund“. Man darf nicht mit einfachen Antworten auf schwierige Probleme reagieren und das haben Hiobs Freunde gemacht. Er war darüber zum Teil sehr angenervt, wie es in Hiob 12, 2.3 deutlich wird:
Also, nicht mit einem Halbsatz ein 20-Sätze-Problem abtun.
Es gibt in Hiob noch einen vierten Freund namens Elihu. Er leitet im Prinzip die Gottesrede im Buch Hiob ein. Gott ist gerecht, souverän und hat den Überblick. Er läßt sich nicht in das einfache Weltbild der anderen Freunde pressen. Es gibt ja diesen blöden Spruch: „Kleine Sünden bestraft der liebe Gott sofort“, welcher übrigens zu diesem Gottesbild der anderen Freunde paßt. Wenn das so wäre, würden wir alle den ganzen Tag nur Schläge bekommen.
Gottes Urteil am Ende
Gott nimmt Hiob seine Klagen nicht übel, sondern antwortet ihm ausführlich und deshalb kommt Hiob am Ende zu folgendem Schluß (Hiob 42, 1-6):
Und Gott antwortet darauf (Hiob 42, 7-9):
Hiob hatte als mit seinem Klagen recht und die Aussagen der drei Freunde waren falsch.
Zusammenfassung
Hiob war
- rechtschaffen
- redlich
- gottesfürchtig
- das Böse meidend
Er wollte vollkommen sein und immer alles richtig machen.
Sein Motiv für seine Gottesfurcht war nicht der Reichtum oder die Gesundheit.
Er war erst sehr beherrscht, aber nachher mußten seine Klagen raus. Er wandte sich nicht von Gott ab, wie es häufig Menschen tun, die schlimmes erleben, sondern er konfrontiert Gott mit seinen Klagen.
Hiobs Freunde machen es sich zu einfach und unterstellen jedem Leid eine persönliche Sünde. Diese Sichtweise verwirft Gott.
Gott antwortet auf Hiobs Klagen und wendet sich ihm zu. Hiob selbst kommt zu dem Schluß, daß er viel dummes Zeug geredet hat, aber weil er sich an Gott gewandt hatte, war das OK.
Es geht nicht darum, alles richtig zu machen, sondern darum, auf Gott, auf Jesus Christus, zu vertrauen.
„Ich weiß, daß mein Erlöser lebt.“