Einleitung
Ich bin der einzige vom Predigtteam, dessen Urlaub schon 'rum ist. Da könnte ich Euch ja etwas vom Urlaub erzählen.
Wir waren im Norden Kroatiens, an der Spitze von Istrien, in Medulin. Das ist in der Nähe von Pula, was vielleicht manch einem etwas sagt.
Wir haben vorher geprüft, wie wir dahin kommen, sind aber letztlich doch mit zwei Autos 'runtergefahren: Ein Männerauto und ein Frauenauto. Da wir am Chiemsee bei Freunden auf dem Hinweg wie auf dem Rückweg übernachten konnten, war die Fahrt nicht so hart.
Ich hatte als Vorbereitung auf die Fahrt mir ungefährt 20 Stunden Kabarett aus einem Videoportal heruntergeladen und in MP3's umgewandelt. So haben wir im Männerauto auf der ganzen Fahrt Kabarett und Comedy gehört. Ich bin noch nie so entspannt eine so lange Strecke gefahren. Ab und zu hatte mein Ältester ein paar Fragen und dann haben wir auf Pause gestellt und kurz über politische Fragen gesprochen, was auch für mich sehr spannend war. Wann bekommt man schon die Möglichkeit, mit seinen Kindern über Politik zu sprechen?
Z.B. haben wir über die Boulevardisierung der Politik gesprochen, also wenn z.B. ein persönlicher Unfall oder gar nur die Frisur eines Politikers mehr Raum in den Medien als dessen politische Entscheidungen einnehmen. Dabei sind diese politischen Entscheidungen das einzige, was Auswirkungen auf unser Leben hat. Aber vielleicht liegt es daran, dass wir zwar beurteilen können, ob uns eine Frisur gefällt, aber kaum verstehen, welche Auswirkungen irgendwelche politischen Beschlüsse haben, z.B. eine Gesundheitsreform. Also findet der Artikel über die Frisur mehr Anklang als der Artikel über die Gesundheitsreform.
Oder wir haben über die Verteilung des Reichtums in unserer Gesellschaft nachgedacht. Z.B. besitzen 10% der Bevölkerung über 60% des gesamten Vermögens in Deutschland. Ein Viertel der Bevölkerung hat nichts oder sogar Schulden. Ist das richtig?
Ihr könnt Euch vorstellen, dass die Gespräche teilweise recht spannend waren und ich auch nicht auf alles immer eine Antwort hatte.
Nach einer Übernachtung bei diesen Freunden am Chiemsee kamen wir dann in Kroatien an. Und wir wollten deswegen nach Kroatien, weil wir schnorcheln und Fische live sehen wollten. Unterwasser konnten wir leider nicht fotografieren, das hatte ich vergessen, vorzubereiten, aber wir haben das Meer fotografiert und folgendes Bild war der Anstoß zu dieser Predigt.
(Bild: Himmel_Welt/Himmel_Meer.jpg)
Wir haben natürlich auch noch schönere Bilder, aber dieses Bild zeigt die ganz klare Trennung von Erde und Himmel. Ich habe auch noch versucht, durch die Aufnahme von Booten genau am Horizont die Erdkrümmung zu fotografieren, also das z.B. nur das Segel sichtbar ist, aber dafür waren die Boote zu klein oder meine Kamera war zu schlecht.
Die Welt
Während der Fahrt in den Urlaub - und auch im Urlaub selbst - habe ich mich viel mit dem unteren Teil dieses Bildes, mit unserer Welt, beschäftigt. Das ist ja letztendlich Politik, was ja aus dem Griechischen kommt und wörtlich bedeutet: „Dinge, die die Stadt betreffen“.
In der Bibel werden natürlich auch politische Fragen behandelt, insbesondere auch im Alten Testament, wo neben der Gottesbeziehung auch Regeln für das alltägliche Zusammenleben aufgeführt werden. Auch die Form der Regierung, der Gerichtsbarkeit und sonstige politische Themen werden behandelt.
Dazu muss man natürlich festhalten, dass diese altestamentarischen Bibeltexte keine für uns politisch anzuwendenden Gesetze sind, sondern sie haben für uns heute in erster Linie eine geistliche Bedeutung.
Dazu möchte ich ein Beispiel aus 3. Mose 25 zeigen, wo es erst um das Sabbatjahr geht, bei dem jedes siebte Jahr in Israel die Felder nicht bestellt und Weinberge nicht beschnitten werden sollen. Man soll in diesem Jahr von dem Leben, was von selbst auf den Feldern wächst.
Und dann kommt das Erlassjahr (V.8-17; NL):
Die geistliche Bedeutung, welche die wichtigere ist, ist ganz klar: Du kannst bei Gott von vorne anfangen. Deine Sünden sind dir vergeben, erlassen.
Als Modell für unser Wirtschaftssystem ist es wohl nicht umsetzbar, aber doch irgendwie interessant. Der Reichtum an Produktionsmitteln - und das war damals hauptsächlich das Land - war an die Familien gebunden und damit begrenzt. Wenn ein Kind ganz miese Startchancen hatte, weil die Eltern den Besitz verloren haben, arm waren, vielleicht versoffen haben, dann ging das nicht über Generationen immer so weiter, sondern es gab einen Neuanfang. Die Armen wurden nicht immer ärmer und die Reichen nicht immer reicher, denn durch das Erlassjahr konnten die Armen von vorne anfangen.
Man redet ja heute davon, dass Hartz 4 immer weiter vererbt wird. Manche Kinder kennen gar nichts anderes. Armut gebiert Armut, die haben einfach keine Chance.
Ich maße mir nicht an, eine Lösung dafür zu wissen. Ich kann auch eher beurteilen, ob mir eine Frisur gefällt, als das ich beurteilen könnte, wie sich eine komplexe politische Reform auswirkt, aber ich finde es interessant, dass eine zu große Ungleichverteilung von Besitz in der Gesellschaft auch damals als Problem gesehen wurde, also das Gott das in einem Gesetz geregelt hat.
Wobei, ich habe das jetzt zu abstrakt geschildert: Gott hat immer den Menschen im Blick und möchte nicht, dass ein Mensch so arm ist, dass er nicht mehr genug zum Leben hat. Und durch die Chance zum Neuanfang im Erlassjahr wird das abgefedert.
Auch Jesus hat über politische Fragen gesprochen: Z.B. erwähnte er in einem Teil eines Satzes, als es um die Frau geht, die ihm sehr teures Parfümöl über den Kopf gegossen hatte (Mätthäus 26, 11; NGÜ)
Offensichtlich ist es für Jesus selbstverständlich, dass die Gemeinde Bedürftige im Blick hat und dass sie sich darum kümmert. Bloß wie?
Ist die Suppenküche, die Tafel, der richtige Weg?
Ich hatte auf der Uni mit einem Kommunisten, die es damals noch gab, ein Gespräch über den Umgang mit Bettlern. Mein Bekannter meinte, er könne natürlich durch die Stadt gehen und jedem Bettler etwas in den Hut werfen, aber er fände es besser, daran zu arbeiten, dass die Verhältnisse besser werden, so dass diese Leute nicht mehr betteln müssen.
Das hört sich gut an, aber ist es realistisch?
Soziales Engagement wie z.B. bei der Tafel ist sicherlich sehr nützlich für die Bedürftigen, aber eigentlich ist es doch ein Skandal, dass so viele Menschen auf die Tafel angewiesen sind. Im Wikipedia-Artikel über die Tafel waren ein paar ganz interessante Gesichtspunkte dazu aufgeführt. Auch die meisten Kritiker empfinden die Tafel als sinnvolle Nothilfe, bemängeln aber, dass sie als Dauereinrichtung schadet. Der Unterschied zwischen arm und reich würde zementiert, tlw wird die Sozialhilfe mit Hinweis auf die Möglichkeit der Tafel sogar reduziert. Und letztendlich kann die Ausgabe von Lebensmitteln und Waren nicht dafür geeignet sein, die individuellen oder auch strukturellen Ursachen von Armut zu bekämpfen.
Aber es scheint sich sich nichts zu ändern, sondern es nutzen immer mehr das Angebot der Tafel.
Gemeinde
Was ist da unsere Rolle als Gemeinde?
Dazu möchte ich Euch einen kurzen Film zeigen; ein bisschen wackelt er noch, obwohl ich ihn schon entwackelt habe. Aber ich hatte am Strand kein Stativ mit.
(Bild: Himmel_Welt/Schiff_am_Horizont.avi)
Hier sehen wir wieder Himmel und Welt. Und dieses Schiff am Horizont war für mich ein Bild für unsere Gemeinde. Ich habe zwar viel über Probleme
der Welt nachgedacht, aber mir fielen dabei auch frühere Begegnungen mit Menschen aus anderen Kirchen ein, die zwar sehr engagiert waren, aber
die mit dem Himmel irgendwie nicht rechneten. Das ist jetzt meine subjektive Wahrnehmung gewesen, ich konnte denen natürlich nicht in den Kopf
gucken. Aber wenn man nur die Welt im Blick hat, dann unterscheidet man sich doch nicht von rein humanistisch-orientierten Hilfsorganisationen.
Welche Existenzberechtigung hat man dann als Gemeinde?
Und ich fand dieses Bild so toll: Das Schiff, das sich Gemeinde nennt, ist das Bindeglied zwischen Himmel und Erde. Da ist zum Einen eine ganz klare horizontale Trennung. Die Welt kann nicht zu Gott, aber wir als Gemeinde sind die Verbindung, das Zeugnis. Und wir müssen mehr im Himmel verankert sein, wie dieses Boot hier, aber wir sind trotzdem auf der Erde.
Und deshalb sind wir ja auch hier, jeden Sonntag, und auch bei sonstigen Treffen, damit wir mehr über den Himmel, über Jesus Christus lernen, damit wir ihn besser kennenlernen, ihm besser gehorchen lernen und noch mehr mit seinem Eingreifen rechnen lernen.
Und wir sollten natürlich auch die Probleme der Erde kennen.
Auf dem Film taucht gegen Ende ja ein Motorboot auf, dass viel schneller als das Segelboot fährt. Das berührt auch nicht den Himmel. Manchmal kommt es ja einem so vor, als ginge es ohne Gott schneller. Man muss ihn nicht fragen, man ist weniger durch ethische Bedenken gebremst, aber oft genug stellt sich ein Handeln ohne Gott am Ende als falsch heraus.
Ja, aber was machen wir nun?
Jesus als Vorbild
In Matthäus 9, 35-38; NGÜ wird Jesu Handeln in Kurzform beschrieben:
Er zog durch alle Städte und Dörfer. Jesus wollte keinen Menschen auslassen oder übersehen. Er hat auch die uninteressanten Dörfer besucht, wo keine Museen, keine interessanten Leute wohnen, also keine, die wir interessant fänden. Jesus hatte an allen Menschen Interesse.
Er lehrte in den Synagogen, er erzählte von Gott und dem Himmel und wie man das Leben mit Gott umsetzt.
Und dann heilte alle Kranken und Leidenden. Diese Hilfe entspricht weniger einer Suppenküche sondern eher einer dauerhaften Hilfe. Die waren danach gesund. Versteht mich nicht falsch, als Nothilfe muss eine Suppenküche manchmal sein, aber als dauerhafte Einrichtung für einen Menschen ist sie wohl in den meisten Fällen falsch. Heilung muss wichtiger als Dauerbetreuung sein, wenn sie denn möglich ist.
Aber letztendlich muss jede Gemeinde, jeder Christ individuell, mit ihrem Herrn die Stelle finden, wo und wie sie, er auf der Welt den Kranken und Leidenden hilft.
Jesus hatte den Menschen im Blick. Ihn ergriff tiefes Mitgefühl und er hat gesehen, was mit ihnen los war. Sie waren erschöpft und hilflos. Die Aussage „wie Schafe, die keinen Hirten haben“ ist sehr interessant. Vielleicht sind sie bisher den falschen Hirten nachgelaufen, die sie kaputt gemacht haben. Es ist meistens nicht gut, allein auf Menschen seine Hoffnung zu setzen.
Jesus ist der Hirte, der heilt, der dauerhaft hilft, der einen guten Weg zeigt und der gute Weg ist.
Und dann kommen zwei weitere interessante Verse über die Größe der Ernte, aber vorher möchte ich euch noch von einer tollen Idee erzählen, die ich habe.
Ich fände es super, wenn wir in unserer Gemeinde ein Repair-Café anbieten würden, „repair„ Englisch für reparieren. Dort kann man dann defekte Geräte, die sonst weggeworfen würden, hinbringen, und Freiwillige versuchen zu reparieren bzw versuchen sie zusammen mit dem Besitzer zu reparieren. Diese Repair-Cafés sind inzwischen eine Bewegung, die ursprünglich in Amsterdam ihren Anfang nahm. Inzwischen gibt es weltweit 750 solcher Repair-Cafés in 18 Ländern. Zum einen würde Müll vermieden, zum andern würden wir als Gemeinde eine Menge Kontakte bekommen und es würde wahrscheinlich viele Menschen in unser Gebäude führen, die sonst nie hierhin kommen würden.
Ich habe nur ein Problem: Ich kann das gar nicht. Ich habe zwar schon Sachen repariert, aber ich komme da doch schnell an meine Grenzen. Ich habe auch gar keine Zeit dafür und ich sehe in der Gemeinde auch niemanden, der das anleiern könnte.
Aber was hatte Jesus in dem Abschnitt gesagt, den ich vorhin gelesen habe?
Ich muss das gar nicht machen. Vielleicht hast Du auch irgendeine tolle Idee und denkst, das klappt sowieso nicht. Vielleicht bekommst Du auch Panik, wenn irgendjemand eine tolle Idee äußert, weil Du den Eindruck hast, dass viele in der Gemeinde schon auf dem Zahnfleisch gehen und man auch selber zeitlich ziemlich ausgelastet ist. Du musst solche guten Ideen nicht unbedingt selber umsetzen. Bitten wir den Herrn der Ernte, Jesus Christus, dass er die Leute schickt. Natürlich ist er auch Herr unserer Ideen. Vielleicht ist das gerade nicht dran, aber wenn doch und wir beten, dann beruft Jesus jemanden für dieses Projekt. Die Ernte liegt in Gottes Verantwortung. Er ist der Herr der Ernte und er setzt die Arbeiter ein, wie er will. Das liegt nicht in unserer Verantwortung.
Zusammenfassung
Ich komme zum Schluss.
- Wir sehen viele Probleme in der Welt, deren Lösungen sehr schwierig sind. Ich denke schon, dass wir die Probleme kennen und uns auch damit beschäftigen sollten, auch wenn es leichter ist, Frisuren von Politikern zu beurteilen.
- Als Gemeinde sind wir das Bindeglied zwischen Welt und Himmel. Wir sind das Zeugnis für die Welt, im Himmel verankert, der Welt zugewandt.
- Jesus ist hier unser Vorbild.
- Er zog durch alle Dörfer und Städte und verkündete die Botschaft vom Reich Gottes. Er hatte alle Menschen im Blick.
- Er heilte dauerhaft alle Kranken und Leidenden. Hilfe muss nachhaltig sein.
- Er hatte Mitgefühl für jeden Menschen. Er hat den Menschen im Blick.
- Und egal, was wir für gute Ideen haben, ob es nun so ein Repair-Café ist oder etwas anderes, Jesus Christus ist der Herr der Ernte. Er muss die Arbeiter berufen und schicken. Wenn wir alles selber machen wollen, machen wir uns nur kaputt.