Einleitung
Es geht heute um Ernte.
Das ist ja immer ein dankbares Thema in einer Predigt und wir haben ja heute auch Erntedank und heute nachmittag werden wir uns als Familie in Witzhelden wieder den Erntedankzug ansehen.
Ich weiß nicht, was Ihr so mit Ernte verbindet, aber ich bin bei der Predigtvorbereitung u.a. auch auf diesen Vers gestoßen (Sprüche 10, 5; NEÜ)
Wir haben bei uns im Garten einen Birnbaum, der in manchen Jahren gut trägt und in anderen eher nicht. Und dieses Jahr war die Ernte nicht schlecht und wir sehen den Baum immer, wenn wir auf der Terasse sitzen.
So richtig Lust auf Erntearbeit hatte ich eigentlich nicht. Ja, wir könnten jetzt langsam ernten, aber dann müsste ich auf der Leiter herumturnen. Och nöh.
Aber, und das wird in diesem Vers indirekt deutlich, kann man die Ernte verpassen, ja sogar verschlafen. Und dann ist es zu spät.
Doch Lust zum Ernten hatte ich trotzdem nicht und mir kamen so ketzerische Gedanken wie dieser, dass Birnen ja gar nicht so teuer sind.
Aber dann doch eines Abends, ich saß am Computer, winkte mir meine Frau durchs Fenster zu und wir haben dann die Birnen geerntet. Da bin der Verachtung noch einmal gerade so entwischt.
Was verbinden wir mit Ernte? Wenn der Bauer erntet, ist das natürlich toll. Wie ist aber, wenn wir selber ernten müssen? Was ist mit der Anstrengung, mit dem Risiko? Wenn ich nicht auf einer Leiter herumturne, komme ich an die meisten Früchte nicht dran. Ich muss mich dauernd strecken und dann kommt noch dazu, dass meine Frau eine Kletterrose an den Birnbaum gepflanzt hat, die inzwischen bis in die Spitze gewachsen ist. Wenn die Rose blüht, sieht das super aus. Aber im Herbst blüht sie nicht mehr und es hängen überall die dornigen Ranken vom Baum herunter. Das reduziert den Erntespaß noch mehr.
Auch bei anderen Ernten kann es Schwierigkeiten und Probleme geben. Z.B. könnte einem der eigene Rücken sagen, dass die Kartoffeln doch lieber im Boden bleiben sollten.
Tja, ohne Fleiß keinen Preis. In der Bibel sind solche Gedanken undenkbar, weil die natürlich alle von der Landwirtschaft gelebt haben. Sie hätten hungern müssen, wenn sie Anstrengung der Ernte gemieden hätten. So heißt es z.B. in Sprüche 21, 25; ELB
Ich will heute auch keine Faulheit rechtfertigen, aber ich möchte trotzdem den Blick auf Ernte jenseits eigener Anstrengung richten.
Die Ernte
Jesus, der Macher
Betrachten wir dazu ein paar Verse aus dem Matthäus-Evangelium.Matthäus 9, 35;NGÜ
Jesus, die One-Man-Show. Er zieht durch alle Orte. Er lehrt, er verkündet und er heilt alle Kranken und Leidenden. Was fehlt noch? Nichts! Jesus macht alles. Für den Gottessohn gibt es keine Grenzen.
Aber er macht es nicht nur als Job, sondern die Menschen sind ihm wirklich wichtig.
Matthäus 9, 36;NGÜ
Jesus ist ja unser Vorbild. Jetzt aber hopp und los. Nächsten Sonntag will ich hier Ergebnisse sehen. Da draußen sind so viele Menschen. Jesus macht es doch auch
Das ist jetzt natürlich nur Spaß. Was sagt denn Jesus überhaupt, nachdem er die Scharen der Menschen gesehen hat?
Bitten den Herrn der Ernte
Wenn man sich diesen Abschnitt, also V.35-38, für die revidierte Elberfelder auf bibleserver.com ansieht, dann hat man den Eindruck, dass die Überschrift falsch ist. Dort steht nämlich als Überschrift:
„Aussendung der zwölf Apostel“
Das passiert hier aber gar erst einmal gar nicht. Die zwölf werden hier in dieser Stelle noch gar nicht ausgesendet. Sie bekommen hier schon eine Anweisung von Jesus, aber die lautet:
“Bittet den Herrn der Ernte, dass er Arbeiter auf sein Erntefeld schickt.“
Was ging dabei in den Jüngern vor, also bevor Jesus dieses Bitten um Arbeiter angesprochen hat.
Jesus war ja Rabbi, Lehrer, Vorbild und seine Jünger haben sich sicherlich nicht nur als Zuschauer empfunden, sondern waren sich schon bewußt, dass sie von Jesus lernen und irgendwann ähnliche Dinge wie Jesus tun sollen.
Ich könnte mir dabei verschiedene Gedanken vorstellen. Z.B. hat Thomas der Zweifler vielleicht gedacht: Das ist zwar total faszinierend, wie der Meister das macht, aber das bekomme ich sicherlich nie hin.
Und Petrus hat vielleicht gedacht: Super, dann übernimmt der Meister mit den anderen elf den Süden von Israel und ich werde durch den Norden ziehen und heilen, verkündigen und retten.
Das ist natürlich nur Spekulation. Aber vielleicht geht es uns ähnlich.
Der Auftrag ist da. Die Erntezeit ist ja nicht zu Ende. Nach der Sintflut hat Gott in 1. Mose 8, 22; gesagt, dass die Ernte bis zum Ende der Erde nicht mehr aufhört und das gilt natürlich auch für die Ernte in Gottes Reich.
Die Menschen sind ja da, in unserer Stadt, Menschen, die Jesus Christus brauchen. Und die Bandbreite unseres Empfindens liegt vielleicht zwischen „Kriegen wir hin, Jesus ist bei uns!“ und „Schaffen wir nie, denn wir sind nur eine kleine Schar.“
Aber Jesus stellt etwas anderes an den Anfang. Er stellt fest, dass Leute gebraucht werden. Aber dann schaut er sich nicht einfach um und sagt Du und Du, sondern er übergibt die Verantwortung an Gott, an den Herrn der Ernte.
Wir machen das ja oft etwas anders. Das alles ist zu tun, wen könnte man denn fragen! OK, der hat erst drei Aufgaben, da geht noch 'was.
Aber das ist nicht richtig. Wenn wir wirklich ernstnehmen, was hier in der Bibel steht, dann ist die Bitte an den Herrn der Ernte der einzig-richtige Weg.
Ich persönlich bin leider nicht so der großer Bete, aber für mich ist die Sache ganz klar. Von daher ist das Gemeindegebet äußerst wichtig, aber auch der andere schon ältere Gebetskreis - und jeder andere Gebetskreis - ist natürlich genauso wichtig.
Und worum beten wir? Wie oft spielt es in unseren Gebeten eine Rolle, dass Menschen Jesus finden und dass Gott Menschen in den Dienst beruft?
Und worauf ist unser Blick als erstes gerichtet? Auf unsere Probleme oder auf die Aufgabe, auf die Ernte?
Wir haben ja in vier Wochen Gemeinde-im-Dialog und wollen dort über Gemeindeangelegenheiten sprechen. Das werden wir natürlich auch tun, aber ich würde gerne am Ende dieses Nachmittags, die letzte halbe Stunde oder so, eine Übung mit Euch machen. Das stelle ich mir so vor, dass wir für diese halbe Stunde unsere Begrenzungen, unsere kleine Schar, vergessen und uns überlegen, was für Aufgaben oder Dienste wir gerne in unserer Gemeinde hätten.
Dabei soll schon im Fokus stehen: Was könnte dem Herrn der Ernte gefallen? Was könnte dazu beitragen, um Menschen zu dienen und mit Jesus bekannt zu machen?
Und dann geht es nicht darum, dass wir uns umgucken, wer es machen könnte oder noch besser: Du hast es vorgeschlagen, du machst es! sondern dann bitten wir den Herrn der Ernte, dass er für Leute sorgt und woher er die nimmt, ist sein Problem.
Zwei Beispiele, die mich persönlich schon länger beschäftigen: Ich fände in der Gemeinde ein Reparatur-Café total klasse. Das würde einmal in der Woche oder vielleicht auch nur einmal im Monat öffnen und dort können die Leute mit defekten Geräten kommen und ein Team von uns versucht diese Geräte zu reparieren. Das wäre ein diakonischer Dienst, der insbesondere nicht so betuchten Leuten helfen könnte und man käme mit Leuten natürlich ins Gespräch und könnte mit Tat und auch mit Wort Jesus bezeugen. Dazu käme noch der Aspekt der Müllreduktion.
Ich könnte das nicht, ich kann zwar Schrauben austauschen, aber sobald ein Kondensator kaputt ist, muss ich passen.
Natürlich springt einem die Frage ins Gesicht: Wer soll denn das hier machen und wo? Aber: Wenn das der Ernte hier in der Stadt nützt und wir den Herrn der Ernte bitten, dann ... ja, was wird dann passieren?
Das zweite, was mich bewegt, wäre, Ehe- und Beziehungsseminare anzubieten, natürlich auf christlich-biblischer Basis, aber so, dass auch Nicht-Christen bereit sind, sie wahrzunemen. Wenn man so etwas kommerziell bucht, dann ist das richtig teuer. Aber ich könnte mir vorstellen, dass es dafür einen Riesenbedarf gibt. Vielleicht wären die ALPHA-Ehekurse dafür geeignet. Haben wir als Christen Antworten auf Beziehungsprobleme? Oder stehen wir auf dem Standpunkt: „Bei uns gibt es auch Scheidungen, wir sind lieber ruhig“?
Vielleicht müssen wir verstärkt proaktiv vorgehen und nicht den Problemen hinterherlaufen. Die Bibel hat doch Antworten auf solche Beziehungsproblemfragen. Wie setzen wir sie um?
Auch hier sehe ich im Augenblick niemanden bei uns, der so etwas anleiern könnte. Aber: Wenn das der Ernte hier in der Stadt nützt und wir den Herrn der Ernte bitten, dann ... ja, was wird dann passieren?
Vielleicht sind diese Ideen auch erst einmal nicht dran, vielleicht habt ihr bessere Ideen und Gott möchte für andere Aufgaben Arbeiter in diese Leichlinger Ernte senden. Darüber möchten wir mit Euch am Schluss von Gemeinde-im-Dialog sprechen.
Die Aussendung der 12
Dann werden die 12 doch ausgesendet. Auf bibleserver.com werden die Bibeltexte kapitelweise dargestellt. Deshalb war die Überschrift „Aussendung der zwölf Apostel“ dann doch nicht falsch, weil sich diese Überschrift auch auf den folgenden Abschnitt im nächsten Kapitel bezieht.
Da sendet er die Zwölf aus. Und natürlich empfängt auch jeder von uns eine persönliche Aussendung von Jesus. Das gehört zum Christsein dazu. Aber die Reihenfolge ist mir hier wichtig. Erst brauchen wir den Blick für die Ernte, um dann den Herrn der Ernte um Mitarbeiter zu bitten. Und dann sendet er aus.
Matthäus 10, 1-15; NGÜ
Dieser Abschnitt geht eigentlich noch weiter, aber das würde heute den Rahmen sprengen.
Ich möchte auch nur ein paar Gesichtspunkte aufgreifen.
Begrenzter Auftrag
Es ist ein begrenzter Auftrag. Aber sie bekommen die Vollmacht, ihn zu tun.Sie hatten Anweisungen, nicht zu den Heiden, nicht zu den Samaritern, sondern nur zu Juden zu gehen. Wenn wir eine Berufung zu einem Dienst bekommen, dann hat dieser Dienst üblicherweise einen Rahmen. Das kann mit der Anzahl der Leute zusammenhängen, also, als würde der Herr der Ernte einer kleinen Gruppe sagen: „So, ihr erntet erst einmal diese kleine Ecke dahinten ab.“
Das kann auch damit zusammenhängen, dass die Ausgesandten erst einmal nicht überfordert werden sollten. Wenn man sich überlegt, welchen Aufwand Gott in der Apostelgeschichte betrieben hat, um Petrus die Augen für Nicht-Juden zu öffnen, dann wäre es hier wahrscheinlich noch viel zu früh gewesen, die Jünger zu Nicht-Juden zu schicken.
Die Botschaft
Das ist eine einfache Botschaft. Komplexe Predigten hätten die Jünger zum jetzigen Zeitpunkt wohl noch nicht hinbekommen.
Hätte man stattdessen auch einfach Traktate in die Briefkästen einwerfen können, wo diese Botschaft draufsteht?
Es gab natürlich noch kein Papier (nur teure Papierersatzstoffe), aber hätte man welches gehabt, wäre das das Gleiche gewesen?
Nein, der Unterschied ist in diesem Auftrag die Verbindung von Verkündigung und Diakonie.
Die Verkündigung wird mit praktischer Hilfe verbunden. Hier werden jetzt natürlich Wundertaten beschrieben, aber ich glaube, die Wunder stehen hier nicht im Vordergrund. Sie sollen natürlich schon deutlich machen, dass es für Gott keine Grenzen gibt.
Aber der Hauptpunkt ist die praktische Hilfe. Sie bekommen nicht nur eine Botschaft und werden dann mit ihren Problemen alleingelassen, sondern sie bekommen praktische Hilfe. Ich glaube schon, dass diese übernatürlichen Wunder wirklich passiert sind und auch heute noch passieren können, aber in meinem Erfahrungshorizont wäre das schon etwas sehr besonderes. Diese Ereignisse können trotzdem ein Vorbild für uns sein, dass wir uns dem Leiden und den Problemen der Menschen stellen: Krankheit, kaputte, tote Beziehungen, ein Leben in Sünde, Unversöhnlichkeit und genauso wie die Jünger vielleicht ihre Hand auf den Aussätzigen legen mussten, müssen wir vielleicht an die Probleme andere Menschen so nah dran, dass es uns selber belastet, dass ihren Kummer ein Stück weit mit tragen müssen.
Aber wenn das Himmelreich nahe gekommen ist, dann muss es auch Hilfe geben.
Ein weiterer Punkt ist nicht nur die praktische Hilfe, sondern auch die Glaubwürdigkeit.
Das ist natürlich jetzt keine wörtliche Anweisung für uns heute, sondern passend zu dieser Aussendung zu den Juden in dieser Zeit damals.
Wenn man z.B. lange ohne zweites Hemd unterwegs wäre, würden einem heute die Leute gar nicht mehr aufmachen.
Aber wir machen trotzdem aus dem Glauben kein Geschäft. Obwohl: Wäre unser Gottesdienst besser besucht, wenn wir Eintritt nehmen würden? Was nichts kostet, ist auch nichts. Das ist natürlich dummes Zeugs.
Die Jünger drücken mit ihrem Lebensstil natürlich auch das Vertrauen aus, dass Gott sie versorgen wird.
Und dieses Vertrauen, bei aller sinnvoller Vorsorge, Versicherungen, Planungen, usw, muss auch unser Leben ausdrücken. Das ist dann ein wirklich glaubwürdiges Zeugnis. Aber dazu muss man sich anderen öffnen.
Verantwortung
Diese Verse finde ich schwierig, insbesondere den Begriff „wert“. Wahrscheinlich hängt das an der Bereitschaft, ob man das Wort Gottes und seine Leute auch einmal an sich heranlassen will.
Wir sollen Frieden bringen und Frieden wünschen. Also Gedanken wie z.B. „Hähä, hättest Du jetzt Jesus, dann hättest Du weniger Streit.“ sind also völlig falsch, auch wenn der Gedanke an sich vielleicht inhaltlich richtig wäre. Wir sollen uns darüber freuen, wenn Menschen sich vertragen und Frieden miteinander haben. Aber am Meisten freuen wir uns hoffentlich darüber, wenn sie Frieden mit Gott haben.
Aber wenn die Botschaft nicht gehört werden will, dann geht man halt. Das ist alles nicht so leicht, weil man die Menschen vielleicht liebgewonnen hat oder weil man vielleicht mit diesen Menschen in irgendeiner Form verbunden ist.
Ich denke auch nicht, dass hiermit eine räumliche Absonderung gemeint ist, sondern es ist die Abgabe der Verantwortung. Genauso ist das Staub-von-den-Füßen-schütteln meiner Ansicht nach gemeint. Kein hämisches Ätsch, kein „Du wirst schon sehen, was Du davon hast“, sondern ein einfaches „Ich bin nicht mehr zuständig“.
Das Gericht wie auch die Rache ist Gottes Sache, da haben wir nichts mit zu tun. Wir, die wir zu Jesus Christus gehören, sind nicht davon betroffen, aber wir müssen auch keine Urteile darüber fällen, wer davon betroffen ist. Das ist allein Gottes Sache.
Wir sollten auch nicht den Fehler machen zu glauben, dass wir die letzte Chance für irgendjemand sind. „Wenn ich jetzt versage, dann gibt es kein Heil mehr.“ Diese Ansicht halte ich für falsch.
Jesus hat ja nicht nur die 12 mit diesem Auftrag ausgesandt, sondern auch nachher 70 mit dem selben Auftrag (Lukas 10, 1ff). Vielleicht hatten ja einige der 12 ähnliche Gedanken, wie: „Also, wenn wir jetzt versagen, dann hat Jesus keinen anderen mehr.“ Keine Ahnung, aber Jesus ist da nicht begrenzt. Er ist der Herr der Ernte, der Leute finden und senden kann, auch jenseits unserer Vorstellungskraft.
Zusammenfassung
Ich komme zum Schluss:
- Ernte kann natürlich anstrengend sein.
- Jesus Christus kann alles: Verkündigen, Heilen, Retten und er sieht die Not der Menschen.
- Wir brauchen diesen selben Blick für die Menschen und wir sollen den Herrn der Ernte, Gott, um Mitarbeiter bitten. Das heißt, wir müssen den Blick von unserer kleinen Schar zu Gott hinwenden und ihn bitten, dass die Leute beruft, für die Aufgaben, die für ihn wichtig sind.
- Ein paar Gedanken zur konkreten Aussendung der zwölf Jünger:
- Die Jünger bekommen Vollmacht und ihr Auftrag hat einen Rahmen, eine Begrenzung.
- Sie verkünden die Botschaft und helfen praktisch, eine Verbindung von Verkündigung und Diakonie.
- Ihre Verantwortung endet dann, wenn die Menschen die Botschaft nicht hören wollen.
Beim nächsten Gemeinde-im-Dialog wollen wir das einmal versuchen.