Predigt, Leichlingen, 11.5.97

Gott als Mutter

0. Bibelstellen über Gott als Mutter;
- wie eine Henne ihre Küken
Matth. 23, 37 ; Lukas 13, 34 ;
Ps 17, 8; 61, 5; in dem Schatten der Flügel geborgen ;
- trösten, wie eine Mutter tröstet
Jes. 66, 13 ;

Begriffe
- Geborgenheit, Sicherheit
- Trost
- Leitung, Aufsicht, an die Hand nehmen
- Stützpunkt
- Lehrer
- Ernährung, Kleidung, Wohnung

1. Einleitung
Im Allgemeinen wird Gott als Vater betrachtet, aber es gibt auch einige Bibelstellen, wo er mit einer Mutter verglichen wird und über die möchte ich heute mit euch nachdenken. Ich habe nur eine Stelle gefunden, wo das Wort „Mutter“ in dem Zusammenhang auch erscheint. Aber es gibt viele Stellen, wo Gott mit einer Mutter verglichen wird, ohne das dort das Wort „Mutter“ steht.
Eine zusammenfassende Stelle dazu ist Jesu. 49, 15 (lesen).

Es ist ja meistens so, daß die Mutter zu ihrem Kind anfangs eine engere Beziehung als der Vater hat und da wir laut Mark. 10, 15; werden müssen wie die Kinder, um in den Himmel zu kommen, ist es sicherlich sehr lehrreich, Gott mit einer Mutter zu vergleichen.
Dies möchte ich im folgenden anhand von einigen Begriffen tun.

Anfangen möchte ich mit den grundsätzlichen Sachen, wie Nahrung, Kleidung und Wohnung. Die Beschaffung dieser Sachen ist zwar meist Aufgabe des Vaters, er verdient ja meistens das Geld, aber man kann trotzdem genauso sagen, daß eine Mutter lieber ihr letztes Hemd verkaufen würde, als ihr Kind unversorgt zu lassen. Eine Mutter kauft ein, kocht, näht für das Kind, richtet das Kinderzimmer ein, und vieles, vieles mehr. Sie investiert viel Zeit, um die Bedürfnisse des Kindes zu stillen.
Genauso hat Gott uns die Versorgung garantiert: Matth. 6, 24c-26; (lesen). Kinder machen sich keine Sorgen, ob sie von den Eltern zu essen kriegen, sie erwarten es einfach und genauso sollen wir es einfach von Gott erwarten (V.33.34; lesen). Gott garantiert unsere Versorgung sogar unter Verfolgung (Markus 10, 29.30) ;

Als nächstes möchte ich mit euch den Begriff Geborgenheit betrachten.
Bei der Mutter fühlt sich das Kind immer sicher. Es ist ja lustig anzusehen, wenn kleine Kinder in der Fremdelphase sind, wo sie als Angst vor Fremden haben. Sie verstecken sich dann bei der Mutter, in dem sie sich entweder hinter sie stellen oder indem sie ihr Gesicht an sie drücken.
Bei der Mutter ist man sicher, sicher vor ungewohntem, gefährlich Erscheinendem. Wenn das Kind bei der Mutter ist, dann ist die Gefahr keine Gefahr mehr. Sie drücken ihr Gesicht an die Mutter und schon ist die Gefahr aus dem Gesichtskreis verschwunden, sie ist weg. Die Mutter wird sich schon um die Gefahr kümmern.
Ich möchte dazu Ps 61, 2-5; lesen.
Der Psalmschreiber will sich bei Gott bergen, ganz nah bei ihm. Dieses Bild „im Schutz deiner Flügel“ kommt natürlich von Henne und Küken her. Wenn Gefahr droht oder Gefahr zu drohen scheint, dann flüchten sich die Küken unter die Flügel der Mutter, wo sie die Gefahr nicht mehr sehen und sie der Mutter überlassen. Dies ist genauso wie bei Mutter und kleinem Kind.
Nun mag mancher denken, die Gefahren, die Kinder sehen, sind doch nur eingebildet und von daher kann die Mutter leicht helfen.
Bei dem, was ich hier aus dem Psalm vorgelesen habe, handelt es sich um reale Gefahren, z.B. wie hier, Leute, die einem ans Leder wollen. Die sind ja noch da, wenn man den Kopf wegdreht oder die Augen schließt.
Aber genauso, wie ein Kind das Problem der Mutter überläßt, genauso können wir es Gott überlassen, er wird auch mit realen Gefahren fertig. Auch bei Anfeindungen, aber auch bei existenzbedrohenden Dingen wie Arbeitslosigkeit, Schwierigkeiten in der Familie, usw. kann er helfen. Wir sollen nicht die Augen schließen, sondern unser Gesicht zu Gott hindrehen und uns fest an ihn drücken. Nur so können wirkliche Probleme gelöst werden.
Gott bietet uns diese Geborgenheit an. Jesus weint in Matth. 23, 37 über Jerusalem und sagt: „Wie oft habe ich deine Kinder versammeln wollen, wie eine Henne ihre Küken versammelt unter ihre Flügel, und ihr habt nicht gewollt.“ Diese Geborgenheit in Gott gibt es nicht automatisch, sondern nur, wenn man sie will.

Der nächste Begriff ist Trost.
Hierzu möchte ich Jes. 66,13a lesen: „Wie einen, den seine Mutter tröstet, so will ich euch trösten“.
Wie tröstet eine Mutter ?
Als erstes muß man mal feststellen, daß Kinder in den Augen von Erwachsenen oft recht irrationale Probleme haben. Ich habe als Kind gerne mit einem aufgeblasenen Luftballon gespielt. Ich konnte mich mit so einem Teil stundenlang beschäftigen. Einmal ist einer geplatzt und ich habe geheult. Meine Mutter wollte mir dann erklären, daß es doch lustig sei, wenn so ein Ballon platzt, aber ich war mit ihrer Auslegung des Ereignisses nicht einverstanden und heulte weiter. Sie nahm mich dann in den Arm und irgendwann war alles wieder gut.
Was macht also ein kleines Kind, was es irgendetwas hat ? Es flüchtet sich in den Arm der Mutter, drückt sich an sie und die Mutter redet beruhigend mit ihm. Dem Kind kommt es jetzt nicht auf eine exakte Problemanalyse an, sondern einfach auf die Nähe der Mutter. Die Mutter findet oft auch die richtigen tröstenden Worte, auch wenn sie das Problem manchmal nicht nachvollziehen kann. Der größte Trost für das Kind ist sowieso die unausgesprochene Botschaft der Mutter, die durch das In-den-Arm-nehmen verdeutlicht wird: Ich bin für dich da.
Zu Gott können wir auch mit allem kommen. Er ist immer da und er versteht unsere Probleme immer vollkommen. Und wenn wir ehrlich sind, dann müssen wir zugeben, daß unsere Probleme oft genauso unbedeutend sind, wie sie uns bei Kindern scheinen. Als ich vor 5 Jahren das erste Mal in Kroatien war und die Kriegsfolgen und das Flüchtlingselend sah, da hatte ich zu Hause das Problem, daß ich keine Diplomarbeit auf der Uni in Aussicht, kein Auto und keinen Nebenjob–den ich dringend brauchte-, hatte, aber als ich an Kroatien dachte, wußte ich, daß ich eigentlich kein Problem hatte. Unsere Probleme, besonders hier im reichen Westen, sind eigentlich keine großen Probleme. Aber trotzdem nimmt Gott sie ernst, genauso wie die Mutter ihr Kind in seiner scheinbar belanglosen Sorge tröstet.
Gott kümmert sich um unsere Probleme, wenn wir sie zu ihm bringen, und tröstet uns.

Der nächste Begriff ist eigentlich eine Gruppe von Begriffen, wie Leitung, Aufsicht, an-die-Hand-nehmen, Lehre, u.a.
In den meisten Fällen ist der erste Lehrer eines Kindes die Mutter. Es entdeckt die Welt auf dem Arm und an der Hand der Mutter. Es lernt zuerst im Schutzraum des Zuhause unter Aufsicht der Mutter, bevor es sich alleine in die große, feindselige Welt begeben muß. Wenn irgendwo eine ungewohnte Situation, ein Fremder oder etwas Fremdartiges dem Kind begegnet, dann flüchtet es oft an die Hand der Mutter. Es gibt auch noch eine Alternative zu Mutters Hand, das ist Mutters langer, faltiger Rock. Ab einer gewissen Kinderzahl ist das einfach praktischer, weil die Mutter dann beide Hände freibehält. Außerdem hat das Kind dann einen etwas größeren Bewegungsfreiraum und bleibt trotzdem mit der Mutter verbunden.
Das Kind ist oft mit dabei, wenn die Mutter irgendwo hingeht, wie einkaufen, jemanden besucht, usw., damit es viel sieht und lernt. Es lernt natürlich das Meiste vom Vorbild der Mutter. Viele bedeutende Menschen sind u.a. durch das Vorbild ihrer Mutter entscheidend geprägt worden und sind daher auch durch ihre Mutter geworden, was sie sind. Dabei ist natürlich auch wichtig, was die Mutter mit Worten lehrt. Ein Beispiel dafür ist Timotheus, der laut 2. Tim.1, 5 sehr viel von seiner Mutter mitbekam (lesen).
Manchmal muß eine Mutter ihr Kind allerdings auch in Liebe strafen. Das muß so sein, sonst lernt das Kind nicht, gut und böse zu unterscheiden. Von der Bibel her gehört auch körperliche Züchtigung mit dazu, wenn es sein muß, wobei damit sicherlich nicht unbeherrschtes Schlagen gemeint ist, denn der Zorn eines Menschen wirkt nicht Gottes Gerechtigkeit. Aber ein wohlüberlegtes auf-die–Finger-hauen, oder ein paar hinten drauf kann unter Umständen angebracht sein. Denn wenn wirklich jede Form von körperlicher Züchtigung der Psyche eines Kindes Schaden zu fügen würde, dann wäre Deutschland von Psychopathen bevölkert, da bis vor 20 Jahren nahezu jeder mit körperlicher Züchtigung erzogen wurde. Ich denke, die Grenze zur Mißhandlung liegt bei zorniger, unkontrollierter oder bei gedankenloser Züchtigung; das gilt aber genauso für andere Strafen.
Jesus wird zwar nur an einer Stelle mit mütterlichen Eigenschaften in Verbindung gebracht -der vorhin erwähnte Vers, wie er über Jerusalem weint-, aber ich denke, daß sein Weg mit den Jüngern ein ähnlicher wie der einer Mutter mit ihrem Kind ist.
Nachdem Jesus seine Jünger berufen hat, ziehen sie erstmal mit ihm herum und werden von ihm gelehrt. Sie müssen nichts tun, sie sind nur dabei. In Joh. 1, 39; vor ihrer eigentlichen Berufung, sagt er zu ihnen: „Kommt und ihr werdet sehen“. Sie waren dabei und sahen. Unser Kleiner will am liebsten immer gucken und wir müssen ihn dann so halten, daß er gucken kann, sonst fängt er an zu jammern. Später gibt er ihnen Aufgaben und stattet sie mit Vollmacht aus, aber sie kommen immer wieder zu ihm zurück, weil sie seine Aufsicht brauchen. Sie hingen quasi die ganze Zeit an Jesu Rockzipfel.
Wie ist das bei uns heute ? Wer mit Jesus anfängt, muß von vorne anfangen. Laut Joh. 3,5 muß man aus Wasser und Geist von neuem geboren werden. Man muß nicht körperlich neu geboren werden, sondern aus Wasser und Geist. Wasser steht für Reinigung. Zuerst muß man sein altes, gottloses Leben als falsch vor Gott bekennen, dazu gehören natürlich auch Tatsünden, die einem bewußt werden. Gottlos heißt nicht, daß man ein sozialistischer Vaterlandsverräter oder etwas ähnliches ist, sondern daß man sein Leben nach eigenen Vorstellungen ohne Gott zu fragen, also nicht unter Gottes Herrschaft, geführt hat. Das kann durchaus ein religiöses Leben sein, aber halt nicht so, wie Gott es will. Der Geist Gottes wirkt diese Erkenntnis und wenn man dieses erkannt hat und dann sein Leben auch noch Jesus Christus übergibt, bekommt man den Heiligen Geist und wird von neuem geboren.
Man ist dann ein Baby und Jesus fängt neu mit einem an. Man muß die entscheidenden Dinge des Lebens von vorne lernen. Was ist der Sinn meines Lebens, wofür bin ich da, wie verbringe ich meine Zeit sinnvoll ? Und zusammen mit Gott wird man lernen. Zuerst wird man Glauben bei anderen sehen, man wird in der Bibel lesen und vieles nicht verstehen. Dann wird man erste eigene Aufgaben von Gott anvertraut kriegen, aber dabei immer an Gottes Rockzipfel bleiben. Bei Sorgen und Problemen ist Jesus immer da, man kann immer zu ihm kommen und sich bei ihm ausheulen. Und man führt ein von Jesus bestimmtes Leben, ähnlich wie die Mutter bei dem Kind vieles bestimmt. Ein Kind würde doch nicht in die Schule gehen oder früh ins Bett gehen, wenn die Mutter das nicht bestimmen würde, weil das Kind viele Zusammenhänge nicht versteht. Genauso ist es bei uns Erwachsenen: Wir verstehen auch vieles nicht und deswegen muß Gott vieles vorgeben und wir müssen lernen auf ihn zu hören.
Und Gott muß uns auch manchmal züchtigen. Dann läßt er Dinge zu, die uns nicht gefallen, aber das ist wirklich zu unserem Besten; z.B. Ps. 94, 12; (lesen). Oft verstehen wir es nicht anders. Denken wir z.B. an ein Kind und eine heiße Herdplatte. Zuerst wird man es erklären, dann vielleicht die Hand des Kindes in sicherer Entfernung dahin halten, damit das Kind die Hitze etwas spürt. Aber was macht man, wenn es dann immer noch darauf fassen will ? Vielleicht muß man dann einmal auf die Finger hauen, damit das Kind einfach kapiert, daß es nicht auf die heiße Herdplatte fassen darf, auch wenn es das Kind noch nicht versteht.
Genauso geht Gott vor. Wir halten uns bloß oft für kluge Erwachsene, die alles sofort verstehen und deswegen immer richtig handeln, aber das ist Unsinn. Auch Gott muß seine Kinder manchmal strafen.
Zusammenfassend zu diesem Punkt möchte ich sagen, daß man wie Kind werden muß, wenn man mit Jesus leben will. Man wird an der Hand Gottes leben lernen. Besonders den Leuten, die nicht zu Jesus gehören, möchte ich sagen, daß jedes kleines Kind an Mutters Hand oder Rockzipfel allein durch sein Verhalten dich zu Jesus einlädt.

Die Mutter als Rückkehrort
Ist es nicht seltsam, egal wie alt man ist, man kann immer wieder zu seiner Mutter kommen. Es gibt dort lecker Essen, sie paßt auf die Enkel auf, sie ist immer für einen da.
Aber sie wartet auch, wenn man auf Abwegen war. Sie ist meistens bereit, ihrem Kind zu vergeben.
Genauso ist Gott ein Rückkehrort. Er wartet, wenn wir auf Abwegen waren. Die Meisten von euch kennen die Geschichte vom verlorenen Sohn, wo ein Sohn das halbe Vermögen seines Vaters auf den Kopf haut. Der Vater wartet auf ihn, läuft ihm entgegen und vergibt ihm.
Jesus hat deine Schuld bezahlt und deshalb kannst du zu Gott zurückkehren, er wartet auf dich.
Mancher einer stellt immer Unsinn an und kommt dann zu den Eltern und bittet, daß sie es in Ordnung bringen. Die Geduld der Eltern ist irgendwann erschöpft, Gottes Geduld nie. Man könnte Gottes Geduld tatsächlich mißbrauchen, aber man wird dabei nicht glücklich werden, sondern wie der verlorene Sohn bei den Schweinen landen.

Zusammenfassung
Lassen wir uns das Verhältnis Mutter-und-Kind als lebendige Predigt dienen, um Gott besser kennenzulernen.

AMEN