Einleitung
Es geht heute um Gideon und um die Lektion, die er lernen sollte.
Es mußte lernen, daß Gott ihm hilft.
Gideons Geschichte fängt mit einem Satz in Richter 6 an, den man häufig im Buch der Richter liest (Kap. 6, 1a):
Und das brachte sie immer in Schwierigkeiten. Meistens gab Gott sie dann immer in die Hand eines Feindes und diesmal waren es die Midianiter: (V1.b)
Und diese Herrschaft war sehr grausam: (V.2-6)
Ich weiß nicht, ob Ihr Euch schon einmal gefragt habt, ob das richtig ist, was Gott hier macht. Und es ist ja nicht das einzige Mal. Er gab Israel oft in die Hand eines Feindes, wenn sie sich richtig von Gott abgewandt hatten.
Warum gibt Gott sie hier in die Hand der Midianiter? Warum handelt er hier nicht nach dem Motto „OK, ihr seid freie Menschen; macht, was Ihr wollt!“?
Es gibt hier zwei mögliche Standpunkte:
- Gott ist allmächtig und wenn er will, daß man in Schwierigkeiten kommt, wenn man das tut, was er nicht mag, dann ist das halt so und man muß das so hinnehmen.
- Gott kennt die Erde und das Leben hier ganz genau und weiß tatsächlich, was gut für die Menschen ist. Deswegen greift er bei Fehlverhalten ein und macht es kurzfristig für Israel sehr schwer, damit sie lernen, wie es richtig ist, und sie langfristig ein erfülltes Leben haben.
In diesem Fall ist Israel also selbst an seinem Leid schuld. Aber es gib natürlich viele andere Fälle, wo die Leidenden nicht an ihrem Leid schuld sind, und wo die Frage „Warum“ ganz groß im Raume steht. Auch als Christ und Bibelleser habe ich meistens keine Antwort auf die Warum-Frage nach dem vielen Leid auf unserer Erde, aber ich weiß, daß Gott trotzdem da ist.
In Psalm 23 steht sinngemäß: Wenn ich auch im finsteren Tal bin, dann ist Gott trotzdem bei mir.
Wir haben halt nicht die Verheißung, alle finsteren Täler in unserem Leben verstehen oder gar vermeiden zu können, aber wir haben die Verheißung, daß Jesus, wenn wir zu ihm gehören, uns durch diese Täler begleiten wird.
Ich denke, das zweite ist richtig. Gott verfolgt mit allem einen bestimmten Plan. Das Problem ist nur, daß wir Gottes Plan normalerweise nicht durchschauen können. Wir kapieren einfach nicht, was hier so auf Erden um uns herum passiert. Hin und wieder läßt er uns zwar einen Blick hinter die Kulissen werfen, aber üblicherweise haben wir keine Ahnung.
Bei den Episoden, die in der Bibel beschrieben sind, sehen wir oft den Anfang und das Ende einer Begebenheit und können daher manchmal verstehen, warum Gott so gehandelt hat, manchmal auch, warum er Leid zu gelassen hat.
In diesem Text wird beschrieben, wie Gott den alten Grundsatz „Not lehrt Beten“ umsetzt: Israel wird arm, es geht ihnen an die Existenz, also beten sie. Ja, sie schreien sogar zu Gott.
Kommen wir zurück zum Text:
V.7-10;
Gott hatte es vorausgesagt: Ich befreie euch und gebe euch ein gutes Land. Aber wenn ihr meine Gebote verlaßt und euch von mir abwendet, dann bekommt ihr Ärger.
Sie haben sich abgewandt gemacht und haben richtigen Ärger.
Man könnte den Abschnitt in der Hinsicht falsch verstehen, daß man Gott hier so eine „Siehste“-Haltung unterstellt. Jemand hat gesündigt und muß die Folgen tragen und dann kommt Gott und sagt: „Siehste, das hast Du nun dann davon.“ Das könnte man hier ja so falsch verstehen.
Aber so eine „Siehste“-Haltung oder artverwandte „Das habe ich Dir ja gleich gesagt“-Haltung – eher unter älteren Semestern vertreten – hilft natürlich nicht weiter. Meistens entsteht als Antwort darauf die „Das weiß ich selber. Laß mich in Ruhe!“-Haltung.
Gott betonte die Sünde von Israel hier deswegen, weil denen anscheinend gar nicht klar war, was sie falsch gemacht hatten. Das wird auch nachher bei Gideon deutlich. Und Gott legt schon Wert darauf, daß er sich an sein Wort hält. Von daher ist es wichtig, daß Gott die Sünde deutlich macht.
Aber es bleibt ja nicht dabei. Im Gegensatz zu den Menschen mit der „Siehste“-Haltung hilft Gott.
Gideons Berufung
Gideon wird von Gott angesprochen:
V.11-13;
Hier wird zum einen deutlich, daß sich Gideon nicht bewußt war, daß das Unglück über Israel in Israels Sünde begründet war. Man muß ihm hier aber zugute halten, daß er noch jung war. Die Erwachsenen sind häufig nicht so ehrlich, ihren Kindern zu sagen, daß sie – die Erwachsenen – oft an dem Unglück schuld sind, das auch ihre Kinder mitbetrifft. Aber ich unterstelle mal jedem Anwesenden, der Kinder hat, daß er bei seinen Entscheidungen, die er so zu treffen hat, schon die Auswirkungen auf seine Kinder berücksichtigt.
Das Hauptproblem Gideons ist aber, daß er gar nicht mehr so richtig glauben kann, daß Gott hilft. „Wo ist denn Gott?“, fragt er hier. Trauen wir uns, diese Frage zu stellen? Wenn Gott wirklich mit uns ist, warum hat ist mir denn dieses oder jenes zugestoßen? Wo war er denn, wo war sein Wirken? Zu was für einen Schluß kommst Du, wenn Du Dein Leben betrachtest? Hast Du Gottes große Wunder erlebt, oder kennst Du solche Wunder nur aus Erzählungen und christlichen Büchern? Oder kommst Du vielleicht wie Gideon zu dem Schluß, daß Gott sich nicht für dich interessiert ? Er macht ja nichts, denkst Du vielleicht.
Interessant ist, was der Engel vorher zu ihm gesagt hat:
Gott ist es nicht egal, wie es Gideon geht. Gott interessiert sich für ihn und er deutet schon Gideons zukünftige Berufung an, nämlich ein Held zu sein.
Das ist heute nicht anders. Wer sein Leben Jesus gegeben hat, dem hat Jesus versprochen, daß er immer bei ihm sein wird, bis ans Ende aller Tage (Matthäus 28, 20). Das gilt auch, egal was man fühlt und denkt. Man denke dabei auch an die vorhin erwähnten finsteren Täler.
Nun erteilt Gott dem Gideon einen allgemeinen Auftrag:
V.14;
Gott erteilt ihm, der eigentlich nicht so richtig glauben kann, daß Gott sich für ihn interessiert, einen Auftrag. Und das ist ein äußerst wichtiger Auftrag. Gott hat mit ihm etwas vor.
Gott hat mit jedem etwas vor, der sein Leben Jesus gegeben hat. Das ist vielleicht nicht immer so ein Auftrag wie „Rette mein Volk“, aber zu irgendetwas im Reich Gottes ist jeder gut.
Glaubst Du das? Gideon glaubte das nämlich nicht.
V.15;
Ich, Herr? Was kann ich denn schon ausrichten?
Der Leser dieses Textes denkt jetzt natürlich, dieser Gideon stapelt tief. Das ist wie in manchen Filmen, wo die angeblich häßliche Frau in Wirklichkeit nur eine häßliche Brille auf hat und unscheinbar angezogen ist. Genauso hat Gideon schon die Tapferkeit in sich und er ist noch unsicher.
Aber ich – so denkt der Leser weiter –, ich bin wirklich nicht sehr begabt, um irgendwas im Reich Gottes zu bewegen, ich – um jetzt das Bild von dem Film noch einmal zu verwenden – bin wirklich nicht sehr hübsch.
Gott ist aber nicht an das gebunden, was Du selbst von Dir denkst. Er hat u.U. Aufgaben für Dich bereit, von denen Du vielleicht noch gar nichts ahnst.
Da staunt auch Gideon:
V.16;
Das soll möglich sein? In Psalm 18, 30 steht:
Vielleicht auch die Mauer meiner Ängste, die Mauer meines „Das kann ich sowieso nicht“?
Interessant ist, daß Gideon nicht mit einem „Juchhee, jetzt geht es los“ sich in seine neue Aufgabe stürzt. Er will auf Nummer sicher gehen, daß Gott wirklich bei ihm ist: (V.17-24a)
Gideon bittet um ein Zeichen, um wirklich
sicher zu sein, daß es Gott ist, der ihn beruft.
Ist das jetzt Kleinglaube nach dem Motto „Ich glaube nur, was ich sehe“? Oder fromm ausgedrückt: Ist das ein Wandel im Schauen und nicht im Glauben?
Ich denke, daß diese Haltung, sicher sein zu wollen, daß es wirklich Gott ist, der ihn beruft, sehr positiv ist. Die ganze Menschheitsgeschichte hindurch treten immer wieder Menschen auf, die behaupten, in Gottes Sinne zu handeln und die dann durch ihr Handeln, das dann leider nicht in Gottes Sinne ist, viel Leid erzeugen.
Die Haltung, sicher sein zu wollen, daß das, was wir tun, wirklich Gottes Willen ist, sollten wir uns zu eigen machen.
Das Herausfinden von Gottes Willen sollte aber nicht hauptsächlich über die Bitte nach einem Zeichen laufen. Dies kommt in der Bibel nicht im alltäglichen Leben vor, sondern nur an außergewöhnlichen Punkten. Und ich denke, an besonderen Punkten im Leben oder vor besonders schwierigen und weitreichenden Entscheidungen kann man
Gott auch um ein Zeichen zur Bestätigung bitten.
Gideon zieht aus dem Zeichen, das er dann bekommt, auch Konsequenzen und baut als erstes einen Altar.
Gideons erster Auftrag
Dann bekommt er den ersten konkreten Auftrag: (V.25-27)
Gideon fängt an. Er ist noch in seiner Angst etwas begrenzt, aber er fängt an.
Wir müssen auch nicht direkt 5 Meter über unseren Schatten springen, aber fangen wir ruhig mit 10cm an; das ist immer noch besser, als überhaupt nicht zu springen.
Ein Beispiel für einen ängstlichen Christen, der aber trotzdem im Rahmen seiner Möglichkeiten handelt, ist mir Joseph von Arimathäa geworden: (Johannes 19, 38)
Offensichtlich hatte er Angst, aber er hat im Rahmen seiner Möglichkeiten gehandelt, und es war wichtig und richtig, was er getan hatte.
Hast Du Angst? Angst vor Spott, wenn Du was von Jesus sagst? Fang bei Leuten an, die nicht spotten. Fang an, und die Angst wird kleiner werden.
Aber Gideons Tat kommt ans Tageslicht und er erlebt zum ersten Mal Gottes Hilfe: (V.28-32)
Gideon hatte sich vor dem Haus seines Vaters gefürchtet (V.27) – der Baals-Altar und das Aschera-Götzenbild gehörten ja seinem Vater –, deswegen hatte er seine Tat ja bei Nacht ausgeführt. Und jetzt steht sein Vater Joasch zu ihm und nimmt ihn in Schutz. Und Joasch hatte anscheinend in der Stadt etwas zu sagen, so das alle auf ihn hören.
Hilfe von ganz unerwarteten Seiten: Das wird oft passieren, wenn man im Reich Gottes unterwegs ist.
Die war die erste Lektion für Gideon vom Studienfach „Gott will und wird helfen“.
Gideons großer Auftrag
V.33-35;
Jetzt geht es los. Gideon nimmt den Auftrag an und sammelt seine Truppen.
Aber er bleibt unsicher:
Dies ist sicherlich die bekannteste Stelle im Zusammenhang mit Gideon.
Er bittet um ein wunderhaftes Zeichen, um ganz sicher sein zu können.
Es wird ja manchmal gesagt, wenn Du Dir unsicher bist, dann leg Wolle bzw. ein (Schafs-)Fell (je nach Bibelübersetzung) aus und das bedeutet, daß man dann Gott um ein Zeichen bitten soll.
Der Unterschied zu dem Zeichen vorhin ist, daß bei dem vorigen Zeichen Gideon Gott die Art des Zeichens überlassen hat.
Allgemein gesagt: Mach mir irgendwie durch ein Zeichen klar, daß das mein Auftrag ist. Aber das Zeichen muß dann auch so eindeutig sein, daß ich es auf keinen Fall falsch verstehen kann. Das steckte so bei der ersten Zeichenbitte dahinter.
Aber jetzt bei diesem Zeichen mit der Wolle, da legt Gideon das Zeichen fest.
Und das ist eigentlich nichts anderes als Würfeln. Man könnte sich ja auch ein Würfel nehmen und sagen: Eine Sechs heißt ja und der Rest nein. Und dann beten man: Herr schenk, daß der Würfel so fällt, wie du willst, und dann, zack, hat man Gottes Willen. Bei Kippe muß man dann wiederholen. Und wenn man dann mehr Glauben hat, dann nimmt man 5 Würfel und 5 Sechsen auf einmal bedeuten dann ja und der Rest nein. 5 Sechsen sind sehr unwahrscheinlich. Oder wenn man sicher gehen will, dann bittet man Gott, daß man elfmal hintereinander eine Sechs würfelt, wenn es „ja“ sein soll, denn dann ist die Chance statistisch gesehen geringer als ein Sechser im Lotto. Man könnte auch ein Kartenspiel nehmen und sagen Herz-As bedeutet Ja und der Rest nein, aber spätestens da wird uns unbehaglich, weil Kartenspiele ja oft für Wahrsagerei mißbraucht werden.
Worauf ich hinaus will: Es gibt sicherlichFälle, wo man nicht mehr weiter weiß und um so ein Wunder bittet und Gott in seiner Gnade gewährt uns dann das Wunder. Aber das sollte IMHO eine absolute Ausnahme bleiben, denn sonst könnte man wirklich würfeln.
Aber Gideon marschiert nun los: (Kap. 7, 1-8)
Das ist die nächste Lektion. Wir Menschen denken ja, wenn man mit vielen zusammenarbeitet, dann klappt alles besser, und je mehr eingebunden sind, desto besser. Wir organisieren etwas gemeinsam, wir machen z.B. mit anderen Gemeinden eine gemeinsame Evangelisation und dann klappt doch alles viel besser.
Man kann aus dem Text natürlich nicht ableiten, daß Zusammenarbeit mit einer größeren Zahl von Personen prinzipiell etwas schlechtes ist. Aber wir sollten vermeiden, daß Gott uns sagen muß:
„Zu zahlreich sind Deine Mitarbeiter, als das Dein Projekt Erfolg haben könnte. Ihr sollt Euch nicht rühmen können: Wir haben es geschafft.“
In dem darauf folgenden Text wird beschrieben, wie Gott 300 Israeliten den Sieg gegen 120000 Midianiter geschenkt hat.
Gideon erlebte hier, daß Gott wirklich hilft, und lernte seine Lektion.
Sind wir auch bereit immer wieder neu zu lernen, daß Gott hilft?
AMEN