Fehlerkultur

Fehler und Veränderung... wie geht man damit um?

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Einleitung

Ich möchte mit Euch heute über Fehler, Fehlerkultur und Sünde und, ob und wie das zusammenhängt, nachdenken.

Dazu möchte ich am Anfang eine Geschichte erzählen.

Ich habe mir in meiner Werkstatt ein Holzlager gebaut, welches aus mehreren Grobspanplatten besteht, um Holzreste platzsparend lagern zu können. Dazu habe ich meine relativ alte und billige Baumarktkreissäge ziemlich traktiert.

Und auf einmal tat sie keinen Mucks mehr. Ich habe sie aus und wieder angemacht, nichts ging mehr. Sie war auch schon ziemlich verranzt, funktionierte aber eigentlich noch gut. Ich hörte für den Tag auf und probierte es am nächsten Tag noch einmal, aber die Kreissäge bliebt tot.

Sehr ärgerlich, also habe ich mir eine neue Kreissäge gekauft, etwas besser als die alte und habe die alte Kreissäge zerlegt und die Teile, mit denen ich vielleicht noch etwas anfangen kann, ausgebaut und den kümmerlichen Rest für den Tüdelü-Mann an die Straße gestellt. Irgendwann war dieser Rest auch weg, war ja fast nur Metall.

Irgendwann wollte ich weitermachen, baute die neue Säge auf, steckte sie in die Steckdose und nichts ging. Ich malte mir schon aus, die Säge wieder abbauen zu müssen, als ich eine andere Steckdose probierte und sie funktionierte.

Da fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Die alte Säge war gar nicht kaputt, sondern es war nur die Steckdose ausgefallen. Diese spezielle Steckdose hatte einen Stromkreis für sich alleine und deshalb war das sonst nicht aufgefallen.

Ich habe also ein funktionierendes Werkzeug zum Ausschlachten kaputt gemacht, das tat mir ein paar Tage lang in der Seele weh.

Ein Fehler, ein blöder Fehler, ein teurer Fehler. Ich hatte mir für die alte Säge auch einen Sägeschlitten selbergemacht, der natürlich nicht auf die neue Säge passt. Den konnte ich dann wirklich nur noch zerlegen.

Wie geht man mit solchen Fehlern um?

Letztendlich muss man irgendwann damit seinen Frieden machen. Das ist nicht mein erster teurer Fehler und wird wahrscheinlich nicht der letzte sein, auch wenn ich versuche, aus meinen Fehlern zu lernen.

Aber vielleicht sollte ich meine eigene Perspektive verlassen und z.B. meine Frau fragen, wie sie darüber denkt, dass ich ca 150 Euro verbrannt habe.

Ich habe ihr das natürlich damals erzählt und sie hat mich getröstet und zugestimmt, eine neue Säge zu holen, die auch ein bisschen besser ist, als die alte.

Sie selbst hat im Laufe unsere Ehe auch schon teure Fehler gemacht und vielleicht ist das auch ein Geheimnis für eine glückliche Ehe, dass man sich nicht nur den Kleinkram verzeiht, sondern auch die richtig teuren Fehler.

Wie geht man nun mit Fehlern um?

Fehlerkultur, Fehler-Management, das ist ja schon seit einigen Jahren eine ganz heiße Kiste, besonders in der Arbeitswelt

Fail early to learn quickly!

Sinngemäß: Mache die Fehler früh, so dass du schnell daraus lernst.

Eine Denkweise dazu ist der sogenannte kontinuierliche Verbesserungsprozess, abgekürzt KVP. Das kommt ursprünglich aus Japan, Kaizen genannt, und soll dazu beitragen, dass Organisationen nicht erstarren, sondern beweglich bleiben.

Das möchte später noch einmal aufgreifen, aber zuerst möchte ich mit dem Begriff „Fehler“ etwas beschäftigen.

Fehler

Fehler und Sünde

Ich habe in der Vorbereitung, das mache ich immer ganz gerne, mal im Internet nach den Schlüsselbegriffen meiner Predigt gesucht, nach „Fehlerkultur“ und „Bibel“.

Dabei bin ich natürlich auf diverse Andachten gestoßen und nahezu alle haben „Fehler“ und „Sünde“ als Synonym, als gleichbedeutend, betrachtet.

An dieser Frage bin ich hängen geblieben. Ist jeder Fehler, den man tut oder verursacht, eine Sünde?

War das, was ich mit meiner alten Kreissäge veranstaltet habe, eine Sünde?

Ich habe einmal mehrere Bibelübersetzungen gleichzeitig nach dem Wort „Fehler“ durchgescannt. Das geht ja mit Portalen wie z.B bibleserver.com ganz gut.

Am häufigsten tauchte das Wort Fehler im alten Testament bei den Opfergesetzen auf, nämlich, dass die Opfertiere alle ohne Fehler sein sollen. Das hat mit unserem heutigen Thema nichts zu tun, sondern bezieht sich eher darauf, dass für Gott das Beste da sein soll und nicht wir das Beste für uns behalten und den fehlerhaften Rest, den wir nicht haben wollen, für Gott übrig lassen.

Weiterhin taucht das Wort „Fehler“ tatsächlich bedeutungsgleich zum Wort „Sünde“ auf; je nach Bibelübersetzung wird an manchen Stellen „Fehler“oder „Sünde“ verwendet.

Das griechische (ἁμαρτία) wie auch das hebräische Wort (chat'at (חַטָּאָה/חַטָּ֣את)), dass auf Deutsch mit Sünde übersetzt wird, hat die ursprüngliche Bedeutung „Verfehlen eines Ziels“ und es ist ja auch so, dass Sünde auch als „Verfehlung“ bezeichnet wird.

Übrigens: Wo das deutsche Wort „Sünde“ herkommt, ist nicht so ganz klar, aber es gibt die Theorie, dass es von dem altnordischen Wort „sundr“ herkommt, was u.a. „trennen“ bedeutet. Das kommt uns Christen ja auch bekannt vor: Sünde trennt von Gott.

Aber kommen wir zur Verfehlung zurück.

Ich tue mich mit der Gleichsetzung von Fehler und Sünde schwer.

Man kann sicherlich sagen, dass jede Sünde ein Fehler ist. Aber Sünde ist in der Bibel ja auch mehr als nur eine falsche Tat.

Die Bibel sagt ja, z.B. in Römer 3, 9, dass alle Menschen unter der Sünde stehen, so wie es so schön bei Luther heißt. Es ist ein Zustand und daraus resultieren die Taten, die man gemeinhin als „Sünden“ bezeichnet.

Dabei hat sich aber der Begriff heute im normalen Sprachgebrauch irgendwie auch etwas verschoben.

Manche „Sünden“ sind ziemlich albern, wie z.B. Modesünden, Diätsünden, andere werden sehr ernstgenommen, wie z.B. Umweltsünden. Bei Verkehrssünden ist die Meinung eher gespalten, wie ernst man das nehmen soll.

Warum gibt es eigentlich noch keine Corona-Sünden? Z.B. wenn man sich mit mehr als zwei Leuten aus einem anderen Haushalt trifft? Oder, wenn man ohne Maske einkaufen geht? Das fühlt sich schon so unterschiedlich schlimm an, oder?

Damit ist man auch schon beim Thema „Maßstäbe“, was falsch und was richtig ist. So eine Diskussion möchte ich als Christ im Detail gar nicht führen, denn die Bibel ist kein Gesetzbuch. Manch einer stellt sich das Christsein ja so vor, dass man sich an einen Haufen Regeln und Paragraphen halten muss, und wenn man irgendeine Regel überschreitet, wird man bestraft. Aber das ist nicht so.

Man kann die Maßstäbe der Bibel so zusammenfassen, wie Jesus es hier tut (Matthäus 22, 37-40); NGÜ:

»›Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, mit ganzer Hingabe und mit deinem ganzen Verstand!‹ 38 Dies ist das größte und wichtigste Gebot. 39 Ein zweites ist ebenso wichtig: ›Liebe deine Mitmenschen wie dich selbst!‹ 40 Mit diesen beiden Geboten ist alles gesagt, was das Gesetz und die Propheten fordern.«

Wenn man sich daran hält, dann ist man auf dem richtigen Weg, man reduziert damit sicherlich seine Tatsünden.

Das ist nicht so leicht, und ich habe ja vorhin vom Zustand der Sünde gesprochen, und deshalb bin ich sicher, dass man für diesen Weg Jesus Christus braucht.

Fehler aus Versehen

Betrachten wir nun die Fehler aus Versehen.

Dazu gibt es eine interessante Stelle in 4. Mose 15, 24, wo es um das versehentliche Nicht-Befolgen von Geboten geht, letztendlich darum, wenn man aus Versehen etwas falsch macht.

Ich stelle mir vor, dass es auf das Motiv des Handeln ankommt, aber das ist nicht so leicht, insbesondere, wenn z.B. die Worte „Ich habe es nur gut gemeint“ ins Spiel kommen.

„Ich habe es nur gut gemeint“ kann insgeheim aber auch „Ich weiß es besser als du!“ bedeuten und wenn dabei Fehler passieren, ist das besonders ärgerlich für den Betroffenen. Und wenn dabei noch eine gewisse Lernresistenz vorhanden ist, weil der andere es eben nicht besser weiß, dann wird es noch einmal ärgerlicher.

Aber auch „normale“ Versehen können andere Menschen verletzen, man wird schuldig, obwohl man es nicht wollte. Oder man hat es mehr oder weniger leichtfertig in Kauf genommen.

Man merkt, dass man Fehler und Sünde nicht immer so scharf trennen kann und die Haltung, Gott und die Mitmenschen zu lieben wie auch zum Verzeihen bereit zu sein, ist eine gute Grundlage für den Umgang mit Sünden wie auch mit versehentlichen Fehlern.

Dumme / teure Fehler

Man kann Fehler unterschiedlich klassifizieren. Wir hatten ja gerade versehentliche Fehler betrachtet.

In der Bibel tauchen Fehler auch im Zusammenhang mit Dummheit auf, z.B. in Psalm 69, 6; NEÜ steht z.B.:

Du kennst meine Dummheit, Gott, und meine Vergehen sind dir bekannt.

Auch hier kann man Fehler nicht immer von Sünden trennen.

Leider sind wir oft genug dumm und machen dumme Fehler und wir müssen auch immer wieder lernen, uns gegenseitig dumme Fehler zu verzeihen.

Natürlich ist das keine Ausrede für Lernresistenz, wir müssen selbstverständlich aus Fehlern lernen wollen, aber trotzdem werden uns immer wieder auch dumme Fehler passieren.

Ebenso gibt es noch die Kategorie „teure“ Fehler. Die habe ich so explizit nicht in der Bibel gefunden, aber es gibt sie. Mit „teuer“ meine ich nicht nur die monetären Kosten eines Fehlers, sondern allgemein gravierende Auswirkungen von Fehlern. Wenn man jemanden verletzt, der einem lieb und teuer ist, dann ist das auch ein teurer Fehler.

Und auch hier, es hilft nichts, muss man immer wieder bereit sein, zu vergeben.

Jesus war sogar am Kreuz zur Vergebung bereit (Lukas 23, 34a; NL):

Jesus sagte: »Vater, vergib diesen Menschen, denn sie wissen nicht, was sie tun.«

Viele Fehler

Wir haben es ja heute schon paarmal gehört, dass die richtige Grundhaltung für unsere Taten ist, Gott und den Mitmenschen zu lieben.

Dazu kommt die Bereitschaft, vergeben zu können, Sünden, Fehler, ob dumm oder teuer.

In Jakobus 3, 2a; NL steht es schön kurz:

Wir alle machen viele Fehler

Oder in der Elberfelder steht es auch schön formuliert:

Denn wir alle straucheln oft

Dazu passt natürlich auch die bekannte Stelle aus Matthäus 18, 21.22; NL

21 Dann kam Petrus zu ihm und fragte: »Herr, wie oft soll ich jemandem vergeben, der mir unrecht tut? Sieben Mal?« 22 »Nein!«, antwortete Jesus, »siebzigmal sieben Mal!

Das ist ein bildhafter Ausdrück für „sehr oft“.

Viele Fehler, häufiges Vergeben, das hört sich einfach an, aber der Umgang mit den Verletzungen, die den Sünden und Fehlern der andern folgen, ist natürlich oft sehr schwierig. Vergebung heißt auch nicht, unter den Teppich zu kehren, aber dieser Themenkomplex würde den heutigen Rahmen sprengen.

Veränderung und Fehlerkultur

Kommen wir nun zu dem Begriff „Fehlerkultur“.

Es wird immer Fehler geben, da denke ich, sind wir uns einig. Dabei muss man trotzdem, ohne leichtfertig zu sein, auch einmal etwas riskieren.

Ich habe ja am Anfang kurz etwas über diesen sogenannten kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP) erzählt. Bei solchen Aktionen bin ich mir nie sicher, ob dass nun so etwas wie Buzzword-Bingo ist, oder wirklich ein gelebtes Prinzip sein kann, das etwas verändert.

Aber ich möcht nun den Abschnitt aus dem Wikipedia-Artikel unter der Überschrift „Organisationstheoretische Sicht“ vorlesen und ersetze darin nur das Wort „Märkte“ durch „Welt“. Ich lasse mal das Wort „Organisation“ drinnen, aber denkt mal an Gemeinde, wenn ich „Organisation“ sage:

Aus systemischer Sicht sind Organisationen immer bestrebt, stabil zu bleiben, sie haben ein „Beharrungsvermögen“ (sind strukturkonservativ). Die Forderung nach ständiger Verbesserung steht dazu im Widerspruch. Kontinuierliche Verbesserung benötigt also ständigen Einsatz und Kommunikation, sonst werden Ergebnisse nicht umgesetzt und der gesamte Verbesserungsprozess schläft ein. Für KVP muss gezielt Zeit und Geld bereitgestellt und Energie investiert werden.

KVP fördert Flexibilität, ein wichtiges Qualitätsmerkmal, um sich der verändernden Welt anpassen zu können. Eine Organisation wandelt sich nur, wenn es dafür einen äußeren Anlass gibt – oder eben wie in KVP durch eine innere Haltung kontinuierlich. Wenn die Organisation nicht erkennt, dass sich die Bedingungen im Umfeld verändern und wie, dann kann sie ihre Aufgabe nicht mehr erfüllen und stirbt früher oder später.

Dieser Abschnitt ist natürlich nicht auf Gemeinden hin geschrieben, sondern auf Organisationen allgemeinen, mit dem Schwerpunkt Firmen.

Mich hat der Abschnitt sehr gefesselt. Die Welt ändert sich laufend und nicht nur wegen Corona. Die Wahrheit der Bibel und, dass Jesus Christus für unsere Sünden am Kreuz gestorben ist, bleibt dabei gültig.

Und wir haben ja auch unverändert die Aufgabe, diese Botschaft, wie auch immer. in die sich verändernde Welt zu tragen.

Änderungen führen zu Risiken, zu Fehlern, natürlich. Man muss sich etwas trauen, sonst verändert sich nie etwas.

Paulus drückt es in 2. Korinther 4, 7; so aus, dass wir den kostbaren Schatz des Evangeliums in zerbrechlichen Gefäßen tragen, ein schönes Bild für die Fehlerhaftigkeit eines Menschen.

Selbstverständlich kann man diesen ganzen Themenkomplex der Veränderung und der Fehlerkultur nicht nur als organisatorische Frage sehen. Es ist eine geistliche Frage, so wie es Jesus Christus in Lukas 10, 2; NGÜ sagt:

Die Ernte ist groß, doch es sind nur wenig Arbeiter da. Bittet deshalb den Herrn der Ernte, dass er Arbeiter auf sein Erntefeld schickt.

Wir brauchen Leute, die mitbeten, mitdenken und mitarbeiten, um die ewige Botschaft in eine sich dauernd verändernde Welt hineinzutragen, in der passenden Art und Weise und in einer angemessenen Sprache, die verstanden wird. Und solche Menschen kann nur Gott berufen.

Wir müssen bereit sein, Dinge auszuprobieren, etwas zu riskieren und Fehler zu machen und dabei bereit bleiben, uns immer wieder neu zu vergeben.

Zusammenfassung

Ich fasse zusammen.