Einleitung
Ich möchte heute direkt mit einem Bibeltext beginnen (Matthäus 14, 1-12;NEÜ):
Ich weiß nicht, ob ich über diesen Text schon einmal eine Predigt gehört habe. Es hört sich auf den ersten Blick eher nach Game Of Throwns als nach Bibel an, aber es ist eine reale Begebenheit und nicht ausgedacht und mich hat in diesem Text ein Punkt besonders angesprochen, auf den ich später genauer eingehen möchte.
Die Wunder Jesu
Aber auch der Einstieg in diese Geschichte ist schon interessant. Es fängt mit den Wundern an, die Jesus getan hat und von denen die Leute sich erzählten.Der Herrscher von Galiläa, Herodes Antipas, der übrigens ein Sohn von Herodes dem Großen war, von dem wir ja jedes Jahr zu Weihnachten hören, interpretiert diese Wunder als Tat eines auferstandenen Toten.
Man hat offensichtlich damals viel mehr an Wunder geglaubt und hat sich da einiges zurecht interpretiert.
Wir wissen aus der Bibel, dass es nur eine echte Totenauferstehung mit einer Wesensverwandlung gab, nämlich die von Jesus Christus.
Es gab zwar auch andere Fälle von Totenauferweckungen wie z.B. Lazarus, aber diese Menschen blieben normale Menschen und haben dann normal weitergelebt und sind irgendwann doch wieder gestorben.
Wie würden die heutigen Menschen solche Wunderheilungen, wie Jesus sie damals getan hat, interpretieren und weitererzählen?
Esoterisch angehauchte Menschen würden wahrscheinlich von Geistheilung erzählen, rationalistische Menschen würden vielleicht versuchen, Erklärungen zu finden, dass das alles psychomatisch sein, usw.
Der Mensch versucht sehr oft alles zu erklären, zu verstehen und beherrschen zu können.
Gerade bei übernatürlichen Heilungen stolpere ich immer wieder darüber. Tatsächlich gibt es auch heute noch Gaben der Heilungen, wie es z.B. im 1. Korinther 12, 28 steht. Ich bin mir nur nicht so sicher, wie das genau gemeint ist. In einigen Übersetzungen zu dieser Stelle steht, dass Gott Gaben gibt, gesund zu machen, in anderen Übersetzungen steht, dass es Personen gibt, die die Gabe des Heilens haben.
Schenkt Gott also in besonderen Situationen manchen Leuten übernatürliche Heilungen oder gibt es Christen, die quasi immer die Gabe der Heilung haben und sie immer anwenden können?
Der griechische Grundtext scheint beide Übersetzungen zu erlauben. Mir fällt die zweite Interpretation eher schwer, weil sich das für mich nach einem Kontrollieren und Beherrschen von Gottes Gnadegaben anfühlt. Aber vielleicht irre ich mich.
Verlassen wir nun den Einstieg dieses Textes und kommen zum Kern.
Der neue Mann
Ich lese noch einmal Vers 3 und 4:
Hand aufs Herz: Wer von Euch hat z.B. so eine Aussage an Altbundeskanzler Schröder geschrieben, als er sich Frau Nummer 5 ausgesucht hat?
Schröder musste tatsächlich Schmerzensgeld an den Ex seiner 5. Frau zahlen, weil eine Bedingung für die Scheidung war, dass sich diese Frau von Schröder wieder trennt, denn während sie noch verheiratet waren, hatte sie schon eine Beziehung zu Schröder.
Das hat sich nicht gemacht, daraufhin hat der Ex-Mann Schröder verklagt und gewonnen.
Bei solchen Nachrichten fragt man sich, warum das überhaupt Nachrichten werden. Ich habe auch nur auf Bild.de einen Artikel dazu gefunden, ein Nachrichtenportal, dass ich sonst immer meide.
Oberflächlich betrachtet scheint es ein ähnlicher Fall zu sein.
Offensichtlich hat Herodes seinem Bruder Philippus die Frau weggenommen und selber geheiratet und das war gegen das damalige Gesetz. Und die Frau war offensichtlich damit einverstanden, denn sie hat Herodes angestiftet, Johannes ins Gefängnis zu werfen.
Ich möchte mich jetzt nicht lange daran aufhalten, ob so ein Gesetz auch noch heute sinnvoll wäre oder nicht. Ich persönlich glaube, dass der Gesetzgeber sich auf die Bereiche konzentrieren sollte, die die Aufrechterhaltung des Zusammenlebens garantiert und nicht bis in Fragen der persönlichen Lebenshaltung hinein regieren.
Persönlich, allgemein gesprochen, finde ich Scheidung falsch und ist laut Bibel auch nicht gewollt. Aber wir sind alle fehlerhafte sündige Menschen und dadurch kann man z.B. auch soweit aneinander schuldig werden, dass es eben nicht mehr geht. Von daher wird es immer Trennungen geben, und es ist meiner Meinung nach auch richtig, dass das Schuldprinzip bei Scheidungen abgeschafft wurde. Denn nach welchen Kriterien soll man die Schuld bei einer Trennung beurteilen?
Die Kosten der Ethik
Aber kommen wir jetzt endlich zum Kern des Textes.
Machen wir uns einmal klar, wofür Johannes in den Knast kam. Er hat die Lebensweise des Herrschers kritisiert.
Er ist für eine ethische Frage ins Gefängnis gegangen.
Er ist nicht für das Evangelium, für Menschenrechte, oder ähnliches verhaftet worden, sondern weil er das persönliche, falsche Verhalten eines Herrschers kritisiert hatte.
Was ist uns eigentlich Ethik wert?
Das ist schwierig.
Wenn man uns verbieten würde, vom Evangelium zu erzählen, dann würden wir uns, hoffentlich, nicht daran halten.
Aber das persönliche Fehlverhalten eines Menschen zu kritisieren, dazu noch eines eher despotischen Herrschers, sollte man das?
Das ist heute übrigens immer noch gefährlich.
Es gibt z.B. in der Türkei den Artikel 299 des türkischen Strafgesetzbuches, welches die Beleidigung des Staatspräsidenten mit einer bis zu vierjährigen Haftstrafe bedroht. Seit Erdogan an der Macht ist, wurde die Anwendung dieses Paragraphen im Vergleich zum Vorgänger um 500% gesteigert (Quelle: Wikipedia).
Jegliche Kritik an ihm wurde schon als Beleidigung angeklagt.
Nehmen wir z.B. den Zweifel am akademischen Grad von Erdogans Hochschulabschluss. Laut türkischem Gesetz muss ein Präsident einen Hochschulabschluss haben. Wahrscheinlich ist das von ihm vorgelegte Dokument nicht authentisch, die Namen und die Daten passen nicht zur Wirklichkeit. So steht es in Wikipedia.
Rein vom Recht her könnte man das kritisiern, aber man riskiert zumindest in der Türkei einiges damit, ja auch Gefängnis.
Ist es das wert?
War das richtig, dass Johannes die Lebensführung von Herodes kritisiert hat? Man kann sich auch auf den Standpunkt stellen, die Obrigkeit macht eh, was sie will, wir nutzen die Zeit, um auf Jesus hinzuweisen, was ja auch Johannes' Auftrag war.
Aber zu Johannes' Auftrag gehörte nicht nur der Hinweis auf das Kommen des Messias', sondern er hat auch klargemacht, warum die Leute den Messias brauchen.
Ein Beispiel dazu aus Lukas 3, 7.8; NL
Nun war Johannes auch ein besonderer Mensch mit einem besonderen Auftrag. Ich könnte nicht so reden. Ich hoffe, dass man an meinem Lebenswandel so ein bisschen sehen kann, dass ich Christ bin, dass ich immer bereit bin, meine Fehler und Sünden zu Jesus zu bringen und dass ich auch bereit bin, mich zu ändern oder von Gott ändern zu lassen.
Vielleicht kann man es nur von Johannes' Auftrag her sehen, dass er ziemlich schmerzbefreit dem Herodes sein Fehlverhalten vorgehalten hat.
Aber nochmal: Wieviel ist uns Ethik wert?
Nehmen wir z.B. das Thema „Abtreibung“. Es gibt nicht wenige Stimmen im grünen und im linken Lager, die den Paragraph 218 vollständig streichen wollen und dass als ein Frauengrundrecht ansehen.
Wenn wir uns dazu öffentlich äußern, werden wir uns unbeliebt machen. Und erschwerend kommt für dieses konkrete Thema noch dazu, dass die katholische Kirche, die ja immer ein wichtiger Abtreibungsgegner war, durch die ganzen Missbrauchsskandale ihre Glaubwürdigkeit in Sachen Menschenschutz ja vollkommen verspielt hat.
Es ist natürlich auch nicht immer leicht. Ich glaube, dass wir uns heir in der Ablehnung der Abtreibung grundsätzlich wohl einig sind, ohne da jetzt zu sehr ins Detail zu gehen.
Bei anderen ethischen Fragen ist das schwieriger. Johannes hat sein Urteil aus einem Gebot im alten Testament abgeleitet und ich glaube sein Urteil an sich wurde auch gar nicht hinterfragt.
Wir leiten heute unsere ethischen Beurteilungen aus der ganzen Bibel ab, auch aus unseren Erfahrungen und wir müssen da häufig sehr defensiv sein, weil man sich natürlich auch irren kann.
Und auch das Urteil, wie gravierend ein Fehlverhalten ist, finde ich auch nicht leicht.
Als Beispiel aus der Politik: Die Berliner Politikerin Franziska Giffey hat bei ihrer Doktorarbeit abgeschrieben und deshalb wurde ihr der Doktortitel aberkannt. Das Prüfgremium urteilte: „Der Doktorgrad wurde durch eine mindestens bedingt vorsätzliche Täuschung erheblichen Ausmaßes erworben. Die Dissertation genügt damit nicht den Anforderungen an die Gute Wissenschaftliche Praxis.“
Nun gibt es Stimmen, die sagen, man kann auch ohne Doktortitel gute Politik machen. Natürlich ist das so.
Wie passt aber ihr Verhalten zu dem gewünschten Job als Bürgermeisterin von Berlin? Wie wirkt Berlin dann als Wissenschaftsstandord?
Wir merken, das Thema Ethik bleibt schwierig und man muss nicht selten auch im Einzelfall eine Beurteilung finden.
Umgang mit dem Vorwurf des Fehlverhaltens
Lasst uns noch ansehen, wie auf den Vorwurf des Fehlverhaltens reagiert wurde.
Herodes hätte Johannes gerne ermorden lassen, hatte aber Angst vor einem Aufstand. Machterhalt vor persönlicher Befindlichkeit, er war also ein schlauer Despot.
Aber seine (neue) Frau war von Johannes' Kritik auch angepisst und so hat sie bei Herodes durchgesetzt, dass er zumindest ins Gefängnis kommt. Aber das reichte ihr nicht. Sie benutzt ihre Tochter, um Herodes zu zwingen, Johannes zu ermorden.
Man lernt aus diesem Text auch, dass man nicht ohne Verstand alles mögliche versprechen sollte: „Egal, was du willst, du kriegst es.“
So eine gewisse Restnüchternheit bei aller Euphorie schadet nie.
Anscheinend war diese Frau mit Namen Herodias so in ihrem Stolz verletzt, dass sie ohne Rücksicht auf Verluste handelte. Das Risiko eines Aufstandes bestand ja immer noch.
Nun sind wir hier alle keine Despoten oder Ehepartner von Despoten, aber Kritik kann uns auch ärgern, mich auch.
Ich persönlich brauche manchmal einen Tag, um meinen Ärger zu überwinden und dann mit Abstand rational für mich zu beurteilen, ob die an mir geäußerte Kritik berechtigt oder unberechtigt ist.
Und auch der Ton und auch das Medium macht die Musik. Mir ist letztens bei mir aufgefallen, dass ich analog viel freundlicher als im Chat bin. Ja, man schreibt dort häufig das, was einen bewegt oder ärgert und die Formulierung wird nicht selten ungewollt scharf.
Für mich persönlich möchte ich lernen, Kritik anzunehmen und eine evt. Phase des Ärgerns eher schnell zu überwinden.
Und ich möchte auch immer wieder lernen, Kritik so zu äußern, dass der anderes sich nicht ärgert und schon gar nicht meinen Kopf auf einem Teller verlangt.
Zusammenfassung
Ich fasse zusammen.
- Die Wunder Jesu wurden unterschiedlich interpretiert, aber wir dürfen sicher sein, dass Jesus Christus auch noch heute Wunder tut.
- Wir haben am Beispiel unseres Altbundeskanzlers kurz betrachtet, dass die Frage eines Fehlverhaltens für die Öffentlichkeit manchmal nicht wichtig ist.
- Johannes war das ethische Fehlverhalten des damaligen Herrschers sehr wichtig und er ist dafür ins Gefängnis gegangen. Nun hatte Johannes auch den Auftrag, die Sündhaftigkeit der Menschen und damit die Notwendigkeit das Messias herauszustellen. Und das hat er ohne Rücksicht auf Verluste getan.
- Auch wenn wir nicht so wie Johannes reden, müssen wir doch manchmal auch Position in ethischen Fragen beziehen und uns damit vielleicht auch unbeliebt machen. Ein weiteres Beispiel aus der Politik zeigte uns, dass man oft genug ethisches Verhalten im Einzelfall sehen muss.
- Kritik kann Ärger hervorrufen und man muss damit umgehen lernen. Dabei ist auch der Ton und das Medium wichtig. Und wir sollten lernen, so zu kritisieren, dass der andere sich möglichst nicht ärgert.