Einleitung
Ich möchte heute mit Euch über ein besonderes Buch in der Bibel sprechen, besonders wegen des Stils.
Die üblichen Bibeltexte sind eher beschreibend oder tiefsinnig mit dichtem Inhalten, so dass man häufig über jeden Vers nachdenken möchte.
Das Buch „Ester“ liest sich aber wie ein kleiner Roman. Wer dieses Buch noch nicht kennt, der muss heute in Kauf nehmen, dass ich zumindest über die erste Hälfte etwas spoilern werde.
Verletzter Stolz
Schon der Anfang des Buches wirkt auf eigenartige Weise einerseits aus der Zeit gefallen und andererseits erkennt man manche moderne Diktatoren von heute wieder.
Ich lesen von Anfang (Ester 1, 1-7; NEÜ):
1 Es war in der Zeit des Xerxes, jenes persischen Königs, der von Indien bis Nubien über 127 Provinzen regierte 2 und dessen Thron in der befestigten Oberstadt von Susa stand. 3 In seinem dritten Regierungsjahr gab er ein Fest für alle Fürsten und Beamten seines Reiches. Auch die höchsten Offiziere des Heeres von Persien und Medien waren erschienen, der hohe Adel und die Statthalter der Provinzen. 4 Volle 180 Tage lang stellte der König ihnen die Herrlichkeit seines Königtums und die strotzende Pracht seiner Größe zur Schau. 5 Danach lud er auch alle Bewohner der Residenz Susa, vom Vornehmsten bis zum Geringsten, zu einem Fest ein. Sieben Tage lang wurde auf dem Platz zwischen Palast und Park gefeiert. 6 Weiße und violette Vorhänge aus Baumwolle waren mit weißen und roten Schnüren an silbernen Stangen aufgehängt, die von Marmorsäulen getragen wurden. Auf dem Mosaikboden aus verschiedenfarbigen kostbaren Marmorsteinen und Perlmutt waren goldene und silberne Ruhelager aufgestellt. 7 Die Getränke reichte man in goldenen Gefäßen, von denen keins dem anderen glich. Der Wein aus den königlichen Kellern floss in Strömen. 8 Bei dem Gelage sollte keinerlei Zwang herrschen. Der König hatte seine Palastbeamten angewiesen, sich ganz nach den Wünschen der Gäste zu richten.
Bäm, er lässt es krachen, er zeigt, was er hat. Er ist der Größte, keiner kann ihm was.
Doch es geht weiter (V.9-12):
9 Gleichzeitig veranstaltete Königin Waschti im Palast des Königs ein Fest für die Frauen. 10 Am siebten Tag rief König Xerxes in einer Weinlaune die sieben Eunuchen zu sich, die ihn persönlich bedienten. Es waren Mehuman, Biseta, Harbona, Bigta und Abagta, Sethar und Karkas. 11 Er befahl ihnen, die Königin im Schmuck ihrer Krone herzubringen. Das ganze Volk und die Fürsten sollten ihre außerordentliche Schönheit bewundern. 12 Doch Königin Waschti weigerte sich, der Aufforderung zu folgen. Da erboste sich der König sehr; Zorn loderte in ihm auf.
Auf einmal wird der ach so große Herrscher ziemlich empfindlich. Widerspruch geht ja gar nicht. Ein riesiges Ego geht häufig nicht mit Gelassenheit konform. Wie schon erwähnt, mich erinnert das an manch einen modernen Diktator.
Aber es wird noch besser (V.13-21):
13 Gleich darauf besprach er sich mit den Weisen, die sich in der Geschichte auskannten, denn er pflegte seine Angelegenheiten vor die Gesetzes- und Rechtskundigen zu bringen. 14 Seine engsten Vertrauten, die zu ihm Zutritt hatten und den ersten Rang im Königreich einnahmen, waren die sieben Fürsten von Persien und Medien: Karschena, Schetar, Admata, Tarschisch, Meres, Marsena und Memuchan. 15 Er fragte sie: "Was soll nach dem Gesetz mit Königin Waschti geschehen? Sie hat sich einem durch die Eunuchen überbrachten Befehl von König Xerxes widersetzt." 16 Da sagte Memuchan vor dem König und den Fürsten: "Die Königin Waschti hat sich nicht nur am König vergangen, sondern auch an allen Fürsten und am ganzen Volk in allen Provinzen des Königreiches. 17 Was sie getan hat, wird sich unter allen Frauen herumsprechen. Sie werden die Achtung vor ihren Ehemännern verlieren, wenn man erzählt, dass die Königin Waschti sich weigerte, einem ausdrücklichen Befehl von König Xerxes zu folgen. 18 Und wenn unsere Frauen von dem Verhalten der Königin gehört haben, werden sie es auch uns vorhalten. Das wird viel Ärger und Verdruss geben. 19 Wenn es dem König recht ist, sollte ein unwiderruflicher königlicher Erlass herausgegeben werden, der ins Gesetz der Perser und Meder aufgenommen wird, dass Waschti nie wieder vor ihm erscheinen darf. Der König möge eine andere Frau zur Königin machen, die diese Würde auch verdient. 20 Wenn man diesen Erlass des Königs in seinem ganzen Reich – so groß es auch ist – bekannt macht, werden alle Frauen, von den vornehmsten bis zu den geringsten, ihren Ehemännern den schuldigen Respekt erweisen." 21 Der Vorschlag gefiel dem König und den Fürsten. Wie Memuchan vorgeschlagen hatte, 22 schickte der König Schreiben in alle Provinzen seines Reiches, jeweils in der Schrift und Sprache des betreffenden Landes. Jeder Mann sollte Herr in seinem Haus sein, und in jeder Familie sollte die Sprache des Mannes gesprochen werden.
Da kann man nur den Kopf schütteln. Wie wenig Selbstbewusstsein muss „Mann“ haben, um so zu reagieren. Heute wirkt das eher belustigend, aber damals war das eine ernste Sache. Und auch heute finden wir solche Denkweisen z.B. im Iran, wo die religiöse Führerschaft Panik bekommt, wenn Frauen ihre Kopftücher ablegen.
Die Frau befolgt einen Befehl nicht. Kann es ein größeres Zeichen für männliche Schwäche geben, wenn ein Mann deswegen seine Frau verstößt?
Und auch die Berater des Königs scheinen von der Angst getrieben zu sein, dass auch ihnen die eigenen Frauen widersprechen.
Das Unvermeidliche
Kapitel 2;
1 Einige Zeit nach diesem Geschehen hatte sich der Zorn des Königs gelegt. Er dachte an das, was Waschti getan hatte und wie sie von ihm getrennt worden war. 2 Seine jungen Diener bemerkten es und schlugen ihm vor: "Man sollte für den König schöne, unberührte junge Mädchen suchen. 3 Der König könnte Beamte in allen Provinzen seines Reiches beauftragen, diese Mädchen in seinen Harem nach Susa zu bringen. Der königliche Eunuch Hegai, der für die Frauen des Königs verantwortlich ist, kann sie in seine Obhut nehmen und dafür sorgen, dass sie alle Mittel zur Schönheitspflege bekommen. 4 Das Mädchen, das dem König am besten gefällt, sollte dann an Waschtis Stelle Königin werden." Der König fand den Vorschlag gut und gab die entsprechenden Anordnungen.
Wegen so etwas bin ein Fan der Demokratie und habe ich Probleme mit autoritären Herrschern. Die können sich einfach machen, was sie wollen. In 1. Samuel 8, 11 wurde das damalige Volk Israel schon vor einem König gewarnt, weil der sich halt alles erlauben kann und alles darf. Und selbst wenn autoritäre Herrscher laut Gesetz nicht alles darf, dann nimmt er sich häufig doch alles raus.
Es geht weiter (V. 5-9):
5 Nun lebte im Palastbezirk von Susa ein jüdischer Mann namens Mordechai Ben-Jaïr aus dem Stamm Benjamin. Er war ein Nachkomme von Schimi und Kisch. 6 Seine Vorfahren waren unter den Verschleppten gewesen, die vom babylonischen König Nebukadnezzar mit König Jojachin von Juda in die Verbannung geführt worden waren. 7 Mordechai hatte nun die Tochter seines Onkels nach dem Tod ihrer Eltern als Pflegetochter angenommen. Sie hieß Hadassa, wurde aber auch Ester genannt und war außerordentlich schön. 8 Als der königliche Erlass bekannt gemacht war und viele Mädchen in den Palastbezirk von Susa gebracht wurden, war auch Ester unter ihnen. Sie wurde in den Königspalast geholt und kam unter die Obhut Hegais, dem Aufseher über den Frauenbereich. 9 Das Mädchen fiel ihm auf und gewann seine Gunst. Er sorgte dafür, dass ihre Schönheitspflege sofort begann und sie die beste Ernährung erhielt. Sieben ausgewählte Dienerinnen aus dem königlichen Haushalt stellte er ihr zur Verfügung und ließ sie im schönsten Teil des Frauenpalastes wohnen.
Man darf sich das auf keinen Fall als eine Art Märchen hier vorstellen, wo der holde Prinz Cinderella mit dem Glasschuh sucht.
Der König betrachtet die Frauen in seinem Reich als seine Verfügungsmasse und hat die hübschesten, jungen Fragen einfach in seinen Palast und seinen Harem bringen lassen. Das wird zwar alles ganz nett eingerichtet gewesen sein, aber es war ein goldener Käfig, eine vergoldete Sklaverei, eine Art Dunkelheit, aus der die Mädchen nicht mehr herauskamen. Ester war anscheinend auffallend schön und bekam durch ihr Aussehen eine Sonderrolle. Trotzdem hatte sie keine Wahl und musste dem Herrscher zu Diensten sein, wann immer er wollte.
10 Ester verschwieg jedoch ihre jüdische Herkunft, wie Mordechai es ihr eingeschärft hatte. 11 Jeden Tag ging Mordechai vor dem Hof des Frauenpalastes vorbei, um zu erfahren, wie es Ester ging und was mit ihr geschah.
Mordechai hat sich Sorgen um seine Cousine gemacht. Er hat sie aufgenommen und für sie gesorgt und hat sie wie eine Tochter geliebt. Und dann kamen die königlichen Beamten und haben sie hoppla-hopp in den königlichen Harem verfrachtet.
Und das war natürlich schon ziemlich frauenverachtend, was da ablief (V.12-15)
12 Wenn nun eins der Mädchen an die Reihe kam, zum König zu gehen, nachdem es ein Jahr lang darauf vorbereitet worden war – denn so lange dauerte ihre Schönheitspflege: sechs Monate mit Myrrhenöl und sechs Monate mit Balsamöl und anderen Pflegemitteln –, 13 wenn es also dann zum König ging, wurde ihm alles, was es verlangte, aus dem Frauenhaus mitgegeben. 14 Am Abend ging es in den Palast des Königs, und am Morgen kehrte die junge Frau in den zweiten Frauenpalast zurück und kam unter die Aufsicht des königlichen Eunuchen Schaaschgas. Keine von ihnen durfte noch einmal zum König kommen, es sei denn, sie hatte dem König besonders gefallen und wurde namentlich gerufen. 15 Als nun die Reihe an Ester kam, verlangte sie nur das, was Hegai, der königliche Eunuch, ihr empfahl. Sie gewann die Zuneigung bei allen, die sie sahen.
Aber Ester hatte sich mit dem Unvermeidlichen wohl irgendwie arrangiert. Manchmal muss man sich mit Situationen abfinden, weil man sie nicht ändern kann, auch wenn sie einem nicht gefallen oder unfair sind.
Wir finden im neuen Testament etwas ähnliches dazu, 1. Korinther 7, 20.21; NGÜ
20 Jeder soll die Lebensumstände akzeptieren, in denen er sich befand, als er zum Glauben gerufen wurde.
21 Warst du ein Sklave, als Gott dich rief? Lass dich davon nicht niederdrücken! Wenn sich dir allerdings eine Gelegenheit bietet, die Freiheit zu erlangen, dann mach dankbar davon Gebrauch.
Es geht hier um eine grundsätzliche Zufriedenheit, die darin besteht, dass man zu Jesus Christus gehört. Er trägt einen in allen Situationen. Das heißt aber nicht, dass man alles hinnehmen muss. Wenn man seine Situation verbessern kann, warum nicht?
Ich vermute, dass Ester auch ihre Grundzufriedenheit hatte und dabei die leider unvermeidlichen Lage akzeptiert hat. Aus dem Harem kam sie nicht heraus.
16 Es war im Januar des siebten Regierungsjahrs von Xerxes, als Ester zum König gebracht wurde. 17 Und sie erlangte seine Gunst; der König gewann sie einfach lieb. Seine Zuneigung zu ihr war größer als zu allen anderen jungen Frauen. Deshalb setzte er ihr die Krone auf und machte sie an Waschtis Stelle zur Königin. 18 Dann veranstaltete er zu Ehren von Ester für alle seine Fürsten und Beamten ein großes Festmahl. Den Provinzen gewährte er einen Steuernachlass und teilte mit königlicher Großzügigkeit Geschenke aus.
Verhaltensweisen kann man an dieser Stelle nur schwer für sich ableiten, aber man kann schon den Eindruck bekommen, dass hier ein gewisser Plan dahinter liegt.
Mordechai
19 Als die jungen Frauen in das zweite Frauenhaus gebracht worden waren, hatte Mordechai einen Posten am Königshof inne. 20 Und wie er es Ester eingeschärft hatte, erzählte sie niemand von ihrer jüdischen Herkunft. Sie gehorchte ihm noch genauso wie damals, als sie seine Pflegetochter war. 21 Zu dieser Zeit verschworen sich Bigtan und Teresch, zwei königliche Eunuchen, gegen Xerxes. Sie befehligten die Torwache und planten einen Anschlag auf den König. 22 Mordechai hörte davon und teilte es der Königin Ester mit, die es in seinem Auftrag sofort dem König meldete. 23 Die Sache wurde untersucht und für richtig befunden. Daraufhin wurden beide Eunuchen gepfählt. Den Vorfall trug man in die königliche Chronik ein.
Mordechai hätte auch anders reagieren können. „Der hat meine liebe Ester in seinen Harem gesperrt, soll er doch verrecken.“ Solche Gedanken hätte man verstehen könnten. Aber ich glaube, dass Mordechai ein rechtschaffender Mann war und deshalb diesen Anschlag gemeldet hat.
Ich finde das ethisch gar nicht so leicht zu beurteilen. Die Anschläge auf Hitler gelten heute als Heldentaten, was ich auch gut verstehen kann. Wäre ein Anschlag auf Putin auch eine Heldentat? Sollte man Putin überhaupt mit Hitler vergleichen, weil das ja die Einzigartigkeit der national-sozialistischen Verbrechen relativiert? Solche Fragen werden wir heute morgen nicht lösen können.
Aber die beiden Eunuchen hatten wahrscheinlich nicht die edlen Motive wie die damaligen Widerstandskämpfer, sondern haben sich laut anderen Bibelübersetzungen einfach über den König geärgert.
Mordechai lebte auch ziemlich konsequent, wie man im nachfolgenden Abschnitt lesen kann (Ester 3, 1-6; NEÜ):
1 Einige Zeit später erhob König Xerxes Haman Ben-Hammedata aus Agag zu höchsten Ehren und Würden. Er gab ihm einen Rang über allen anderen Fürsten in seiner Umgebung.
2 Sämtliche Beamte am Königshof mussten sich vor Haman hinknien und tief niederbeugen. So hatte es der König befohlen. Mordechai jedoch kniete sich nicht hin, er beugte sich nicht.
3 Da fragten ihn die anderen Beamten: "Warum übertrittst du dauernd das Gebot des Königs?"
4 "Weil ich Jude bin", sagte er. Als sie ihm dennoch Tag für Tag zusetzten und er nicht darauf reagierte, zeigten sie ihn bei Haman an. Sie wollten sehen, ob er mit seiner Begründung durchkam.
5 Haman wurde wütend, als er erfuhr, dass Mordechai sich nicht hinkniete und vor ihm beugte.
6 Doch er hielt es unter seiner Würde, sich an Mordechai allein zu rächen. Deshalb beschloss er, alle Juden im ganzen Reich des Xerxes zu vernichten. Man hatte ihm nämlich mitgeteilt, dass Mordechai ein Jude wäre.
Hier haben wir zum Einen wieder diesen männlichen Minderwertigkeitskomplex. Ich habe ein großes Ego, deshalb sollen sich alle verbeugen. Und wenn der das nicht macht, dann ist mein Ego in Gefahr, also räche ich mich nicht nur an ihm, sondern an allen Juden.
Zum anderen haben wir hier das kindische Verhalten der anderen Beamten: „Wenn wir das machen, dann muss der das auch machen.“ Sie schwärzten ihn an. Sie persönlich haben nichts davon. Sie trauen sich nicht, sich dem Verbeugungsgebot sich zu widersetzen. Das heißt, egal, ob Mordechai sich daran hält oder nicht, sie werden sich weiter verbeugen. Diese kindische Verhalten findet man auch heute noch bei vielen Erwachsenen. Wenn ich das muss, dann muss der das auch. Wenn der das darf, will ich das auch.
Die Gefahr
Ich lese mal jetzt nicht alles vor.
Haman überredet den König, die Juden zu vernichten und der König gibt ihm die Vollmacht dafür, so dass Haman die Vernichtung der Juden vorbereitet. Er legt ein Datum fest und versendet alle notwendigen Befehle dazu.
Mordechai ist schockiert (Ester 4, 1-3; NEÜ):
1 Als Mordechai erfuhr, was geschehen war, zerriss er sein Gewand, zog sich den Trauersack an und streute Asche auf den Kopf. Er ging durch die Stadt und stieß laute, durchdringende Klagerufe aus. 2 So kam er bis an das Tor zum Königspalast, durch das man im Trauersack nicht gehen durfte. 3 Auch in den Provinzen herrschte große Trauer unter den Juden, sobald dort der Erlass des Königs bekannt gemacht wurde. Die Juden fasteten, weinten und klagten. Die meisten schliefen sogar in Sack und Asche.
Mordechai sucht dann Ester auf und über durch einen Diener erfährt sie von Hamans Plan, aber sie hat Bedenken (V.11-17):
11 "Alle Diener des Königs und alle seine Untertanen in den Provinzen kennen das unumstößliche Gesetz: Wer ungerufen zum König in den inneren Hof kommt, wird hingerichtet, egal ob Mann oder Frau. Nur wenn der König ihm das goldene Zepter entgegenstreckt, darf er am Leben bleiben. Und ich bin schon seit 30 Tagen nicht mehr zum König hineingerufen worden." 12 Als man Mordechai die Worte Esters mitgeteilt hatte, 13 ließ er ihr antworten: "Bilde dir nicht ein, dass du als einzige Jüdin dein Leben retten kannst, nur weil du im Königspalast wohnst. 14 Denn wenn du in diesem Augenblick schweigst, wird von anderswoher Hilfe und Rettung für die Juden kommen. Doch du und deine Verwandtschaft, ihr werdet zugrunde gehen. Wer weiß, ob du nicht gerade für eine Zeit wie diese zur Königin erhoben worden bist." 15 Da ließ Ester Mordechai antworten: 16 "Geh und rufe alle Juden, die sich in Susa finden lassen, zusammen. Fastet für mich! Esst und trinkt drei Tage lang nichts, weder am Tag noch in der Nacht! Ich werde mit meinen Dienerinnen dasselbe tun. Und dann will ich zum König hineingehen, auch wenn es gegen das Gesetz ist. Und wenn ich umkomme, komme ich eben um." 17 Da ging Mordechai los und tat, was Ester ihm aufgetragen hatte.
Man merkt, dass Mordechai ein großes Vertrauen auf Gott hat. Er ist sich sicher, dass Hilfe kommen wird. Dieses Vertrauen wünsche ich mir auch für uns und für mich persönlich.
Dazu vermutet er einen Plan Gottes hinter Esters Position am Hof. Wir sollten uns nicht einbilden, Gottes Pläne zu kennen und erklären zu können. Aber manchmal schimmert es so ein bisschen durch und hier anscheinend auch.
Ester ist eine mutige Frau und möchte es riskieren. Das Fasten hier ist, denke ich, ein Bild für eine sehr ernsthafte Gebetsunterstützung. Man kann nicht immer alles alleine machen. Sehr schwere Sachen muss man auf vielen Schultern tragen.
Die Hilfe
1 Am dritten Tag legte Ester ihre königlichen Gewänder an und betrat den inneren Hof vor dem Königspalast. Der König saß gerade auf seinem Thron, der dem Eingang gegenüberstand. 2 Als er die Königin Ester im Hof stehen sah, fand sie seine Gunst und er streckte ihr das goldene Zepter entgegen, das er in der Hand hielt. Ester trat heran und berührte die Spitze des Zepters. 3 Der König fragte sie: "Was hast du, Königin Ester? Was ist dein Wunsch? Auch wenn es die Hälfte meines Reiches kosten würde, soll er dir erfüllt werden!"
Es ist recht spannend, wie das jetzt weitergeht, aber das würde den zeitlichen Rahmen sprengen. Ester bringt jetzt nicht sofort ihr Anliegen vor, sondern bereitet es noch vor, um den König um die Rettung ihres Volkes zu bitten. Es gibt dann auch noch eine Parallelhandlung von Haman und Mordechai, aber wie gesagt, dass würde den zeitlichen Rahmen sprengen. Wenn Ihr das Buch Ester noch nicht kennt, dann lest es zu Hause, um zu erfahren, wie es aus geht. Und selbst, wenn ihr es schon kennt, lest es nochmal.
Sie traut sich und kommt vor den Thron und wird angenommen. In manchen Lobpreislieder taucht ja auch das Bild vom „Thron“ auf und eigentlich mag ich dieses Bild nicht, weil ich „Thron“ mit solchen diktatorischen Herrschern wie Xerxes verbinde.
Weil zur Zeit der Bibel aber solche Regierungsformen normal waren und damit den Leuten damals vertraut, tauchen solche Bilder in der Bibel auf.
Z.B. wird in Hebräer 1, 7-9; NEÜ über die Engel und den Sohn Gottes folgendes gesagt:
7 Von den Engeln heißt es zwar: "Seine Engel macht er zu Sturmwinden, seine Diener zu Feuerflammen", 8 vom Sohn aber: "Gott, dein Thron hat für immer Bestand. Dein Zepter bürgt für eine Herrschaft in Gerechtigkeit. 9 Du hast das Recht geliebt und das Unrecht gehasst. Darum, Gott, hat dein Gott dich gesalbt mit dem Öl der Freude wie keinen der anderen bei dir."
Und in Hebräer 4, 14-16; NEÜ werden wir aufgefordert, vor diesen Thron zu kommen:
14 Weil wir nun einen großen Hohen Priester haben, der alle Himmel ‹bis zum Thron des Höchsten› durchschritten hat – Jesus, den Sohn Gottes –, lasst uns am Bekenntnis zu ihm festhalten! 15 Dieser Hohe Priester hat Mitgefühl mit unseren Schwächen, weil ihm die gleichen Versuchungen begegnet sind wie uns – aber er blieb ohne Sünde. 16 Darum wollen wir mit Zuversicht vor den Thron unseres überaus gnädigen Gottes treten, damit wir Gnade und Erbarmen finden und seine Hilfe zur rechten Zeit empfangen.
Unser Gott ist kein willkürlicher Xerxes, der nach Lust und Laune seit Zepter uns entgegenstreckt oder halt nicht. Unser „Xerxes“ ist Jesus Christus, der Mitgefühl mit unseren Schwächen hat, der uns wirklich verstehen kann.
Und deshalb brauchen wir keine Angst zu haben, mit unseren Anliegen zu Jesus Christus zu kommen und nicht nur, wenn wie bei Ester, die Hütte brennt.
Zusammenfassung
Ich fasse zusammen:
- Wir haben gesehen, dass es verletzten männlicher Stolz schon sehr lange gibt und auch heute noch existiert. Und ein großes Ego kann schnell verunsichert werden und übertriebene Reaktionen hervorbringen.
- Wir haben die Situation von Ester betrachtet. Ein Grundzufriedenheit mit der vorhandenen, vielleicht auch unvermeidlichen, Situation kann man mit Gott leben. Kann man etwas verbessern, dann kann man das natürlich tun.
- Mordechai schien ein anständiger Mensch zu sein. Und er war konsequent und hat für seinen Glauben etwas riskiert.
- Die anderen Beamten waren neidisch auf ihn und haben ihn angeschwärzt, getreu dem kindischen Motto: Wenn wir uns verbeugen müssen, dann muss er das auch tun.
- In der Gefahr schimmert ein bisschen Gottes Plan durch, dass Ester genau für diese Situation dort gelandet ist. Nach einigen Bedenken ist sie sehr mutig und riskiert ihr Leben für ihr Volk.
- Zum Schluss betrachteten wir noch, wie sie vor den Thron kam und wie das auch ein Bild dafür ist, wie wir vor Gottes Thron kommen dürfen. Nur unser König ist ein Hohepriester, der Mitleid und Mitgefühl mit unseren Schwachheiten hat und uns versteht, im Gegensatz zu dem grausamen Herrscher Xerxes.
- Wie die Geschichte von Ester weitergeht, das müsst Ihr selber lesen ;-)