Leichlingen, 2.11.2008
Esra 1
Kann das Unmögliche passieren?
Ich lese Euch mal den heutigen Predigttext vor und dann möchte ich mit Euch darüber nachdenken, ob das wirklich passiert sein kann:
1 Und im ersten Jahr des Kyrus, des Königs von Persien, erweckte der HERR, damit das Wort des HERRN aus dem Mund Jeremias erfüllt würde, den Geist des Kyrus, des Königs von Persien, dass er durch sein ganzes Reich einen Ruf ergehen ließ, und zwar auch schriftlich: 2 So spricht Kyrus, der König von Persien: Alle Königreiche der Erde hat der HERR, der Gott des Himmels, mir gegeben. Nun hat er selbst mir den Auftrag gegeben, ihm in Jerusalem, das in Juda ist, ein Haus zu bauen. 3 Wer immer unter euch aus seinem Volk ist, mit dem sei sein Gott, und er ziehe hinauf nach Jerusalem, das in Juda ist, und baue das Haus des HERRN, des Gottes Israels! Er ist der Gott, der in Jerusalem ist. 4 Und jeden, der übrig geblieben ist, an irgendeinem Ort, wo er sich als Fremder aufhält, den sollen die Leute seines Ortes unterstützen mit Silber und mit Gold und mit Habe und mit Vieh neben den freiwilligen Gaben für das Haus Gottes in Jerusalem. 5 Da machten sich die Familienoberhäupter von Juda und Benjamin auf und die Priester und die Leviten, jeder, dessen Geist Gott erweckte, hinaufzuziehen, um das Haus des HERRN in Jerusalem zu bauen. 6 Und alle, die um sie herum wohnten, griffen ihnen unter die Arme mit silbernen Geräten, mit Gold, mit Habe und mit Vieh und mit Kostbarkeiten, abgesehen von allen freiwilligen Gaben. 7 Und der König Kyrus holte die Geräte des Hauses des HERRN wieder heraus, die Nebukadnezar aus Jerusalem herausgeholt hatte und die er als Geschenke in das Haus seines Gottes gegeben hatte. 8 Die brachte Kyrus, der König von Persien, in die Obhut des Schatzmeisters Midredat; und der zählte sie Scheschbazar, dem Fürsten Judas, vor. 9 Und das ist ihre Anzahl: 30 goldene Becken, 1 000 silberne Becken, 29 Messer, 10 30 goldene Becher, 410 silberne Becher von zweiter Wahl, 1 000 andere Geräte. 11 Alle Geräte aus Gold und aus Silber waren 5400. Das alles brachte Scheschbazar mit herauf, als die Weggeführten aus Babel nach Jerusalem heraufgeführt wurden.
Machen wir uns mal über die Tragweite dieser Geschichte Gedanken.
Das damalige Persien umfaßte die heutige Türkei, Teile von Griechenland und Bulgarien, Ägypten, Nordlybien, Syrien, Israel und weiter im Osten Iran, Afganistan, Pakistan bis nach Indien hinein.
Und dieser König von diesem Riesenreich, der soll den Auftrag dafür gegeben haben, in einem winzigen Landstrich den Tempel einer Minderheitenreligion wieder aufzubauen und dafür auch noch Kriegsbeute und extra Gelder zu geben?
Das klingt aber sehr unwahrscheinlich und deshalb will der logisch denkende Mensch dafür nachvollziehbare Erklärungen finden. Das ist ja erstmal auch nicht verkehrt.
In den Unterlagen, die wir zu unserm theologischen Grundkurs, den ich ja mal absolviert habe, steht drin, daß die Perser generell eher tolerant gegenüber ihren Minderheiten waren, um Aufstände gar nicht erst aufkommen zu lassen.
So wird dieses Edikt von dem persischen Herrscher Kyrus erklärt.
Ein weiterer Punkt ist die Rückwanderung der Juden.
In dem Edikt in V.3 werden die Juden zur Rückwanderung nach Israel aufgefordert.
Man muß dazu wissen, daß das Edikt im 1. Jahr
der Herrschaft des Kyrus' erlassen wurde, und vor Kyrus war Israel
unter (Neu-)Babylonischer Herrschaft.
Kyrus hat also Babylonien erobert und noch im selben Jahr dieses
Edikt erlassen.
Laut den Unterlagen des theologischen Grundkurses ist die Anordnung der Rückwanderung sehr unwahrscheinlich, weil die Rückwanderung von 1000en von Juden direkt nach dem Herrschaftswechsel eine große Unruhe erzeugt hätte.
Nun sind auch gar nicht alle mitgegangen, sondern nur die, dessen Herz laut V. 5 von Gott erweckt wurde.
In den Unterlagen vom theologischen Grundkurs wird diese Rückwanderungsaufforderung so erklärt, daß der Autor des Esra-Buchs sie aus theologischen Gründen erfunden hat, um deutlich zu machen, daß der Aufbau des Tempels ein Auftrag der Juden ist und sie deshalb alle zurückkehren müssen.
Wenn man im Kurs übrigens ein Problem damit
hatte, daß da ja behauptet wird, in der Bibel stünden erfundene
Geschichten aber als wahr dargestellt, dann hieß es immer:
Das ist nicht wichtig, ob das wirklich passiert ist. Gott kann
trotzdem durch diese Geschichte zu uns reden.
Das hat mir in diesem theologischen Grundkurs immer die meisten
Bauchschmerzen bereitet:
„Es ist nicht wichtig, ob die biblischen Schilderungen historisch authentisch sind.“
Mit dieser Aussage kam ich nie so richtig klar.
Es ist sicherlich interessant, mal darüber
nachzudenken, wie wichtig die historische Authenzität der Bibel für
meinen und für Deinen Glauben ist.
Wir kommen später noch einmal darauf zurück.
Warum versuchen Menschen das Eingreifen Gottes denn überhaupt logisch zu erklären?
Früher hatten Menschen die Neigung, alles, was sie nicht verstehen, einem Gott zuzuordnen.
Gewitter, Sonnenfinsternisse, Naturkatastrophen waren nicht beherrschbar und deshalb hat man das einem Gott zugeschrieben und ihn versucht, durch Opfer zu besänftigen.
Auch Seuchen und Krankheiten wurden als Gericht Gottes angesehen und man konnte da nichts gegen machen.
Der logisch-forschende Mensch fing an diese Phänomene zu verstehen.
Viele Krankheiten und Seuchen verschwanden einfach durch eine bessere Hygiene und durch bessere medizinische Versorgung.
Wir wissen wie Gewitter, Sonnenfinsternisse und Naturkatastrophen entstehen und können uns zum Teil darauf einstellen.
Sonnenfinsternisse sorgen sogar nicht mehr für Angst, sondern sie werden zum Event, wo man mit lustigen Schutzbrillen in die Sonne glotzt (das habe ich natürlich auch gemacht).
Dazu kam noch, daß sich die großen Kirchen der
wissenschaftlichen Forschung zum Teil entgegen gestellt
haben.
Gerade die katholische Kirche hat zwar selber auch wissenschaftlich
forschen lassen, aber sie wollte die Forschung und die Ergebnisse
kontrollieren, was natürlich auf Dauer nicht ging.
Ein ganz kurioses Beispiel: Es wurde z.B. auch mal ein Mathematiker als Ketzer angeklagt, weil der eine Lösungsmethode für bestimmte mathematische Gleichung, eine ganze rationale Funktion 5. Grades, entdeckt hat, und ein kirchlicher Mathematiker konnte sich nicht vorstellen, daß so etwas ohne Zauberei möglich ist.
Bei all dem ist es doch irgendwie kein Wunder, daß Gott da so ein bißchen aus dem Leben der Menschen verschwunden ist, und sie alle Probleme selbst lösen wollen.
Wie machen wir es?
Ich hoffe, Gott ist aus unserem Leben nicht verschwunden ;-)
Ich denke, wir sollten – und die meisten machen es hoffentlich auch so – zweigleisig an unser Leben rangehen: Ihn um Hilfe bitten und dabei mit unserem Verstand und auf sein Eingreifen hoffend die Probleme lösen.
Denn wenn man ehrlich ist, dann können wir als logisch-denkende Menschen zwar vieles verstehen, aber wir können auch vieles nicht beherrschen.
Die Krankheiten wurden immer noch nicht weggeforscht und eine Tsunami-Verhinderungsmaschine gibt es auch noch nicht.
Und gegen die Bosheit im Menschen, die Krieg, Verfolgung, ungerechte Verhältnisse und alles, was sonst noch die Zeitungen füllt, verursacht, gibt es auch noch keine Medizin.
Vor dem ersten Weltkrieg war die Meinung sehr weitverbreitet, daß die Wissenschaft und der Fortschritt bald alle Probleme der Menschheit lösen kann.
Und dann kam der erste Weltkrieg und dann war diese Meinung nicht mehr so weitverbreitet.
Und so fragt der moderne logische Mensch auch heute noch nach Gott.
Wir wollen nun anhand des Bibeltextes sehen, wie Gott wirkt.
V. 1-2
1 Und im ersten Jahr des Kyrus, des Königs von Persien, erweckte der HERR, damit das Wort des HERRN aus dem Mund Jeremias erfüllt würde, den Geist des Kyrus, des Königs von Persien, dass er durch sein ganzes Reich einen Ruf ergehen ließ, und zwar auch schriftlich: 2 So spricht Kyrus, der König von Persien: Alle Königreiche der Erde hat der HERR, der Gott des Himmels, mir gegeben. Nun hat er selbst mir den Auftrag gegeben, ihm in Jerusalem, das in Juda ist, ein Haus zu bauen.
Die Rückkehr nach Juda und den Tempel wieder
aufzubauen war der Traum aller deportieren Israeliten.
Bloß wie?
Freie Wohnortwahl gab es für die Israeliten lange nicht. Sie konnten nichts machen.
Gott muß erst den Geist des Kyrus erwecken, um die grundsätzliche Möglichkeit zu schaffen.
Und genauso gilt das auch für uns als Gemeinde, z.B. Psalm 127,1
Wenn der HERR das Haus nicht baut, arbeiten seine Erbauer vergebens daran. Wenn der HERR die Stadt nicht bewacht, wacht der Wächter vergebens.
Ich denke, man kann auch unseren Anbau unter dieses Wort stellen.
Ein anderes Wort, daß diese Notwendigkeit der Grundlage deutlich macht, ist Offenbarung 3, 8
Siehe, ich habe eine geöffnete Tür vor dir gegeben, die niemand schließen kann.
Wenn Gott uns keine geöffnete Tür zu Außenstehenden gibt, dann können wir uns die ganze Evangelisation sparen, denn sonst reden wir zu einer verschlossenen Tür.
Wir finden in der Bibel auch Bedingungen dafür, warum Gott die Grundlage legt.
In unserem Text liegt die Bedingung einfach darin, daß die Strafe abgelaufen ist und das ist vorher in 2. Chronik 36, 14-16 beschrieben:
14 Auch alle Obersten der Priester und das Volk häuften Untreue auf Untreue, entsprechend allen Gräueln der Nationen, und machten das Haus des HERRN unrein, das er in Jerusalem geheiligt hatte. 15 Und der HERR, der Gott ihrer Väter, sandte zu ihnen durch seine Boten, früh sich aufmachend und sendend; denn er hatte Mitleid mit seinem Volk und seiner Wohnung. 16 Aber sie verhöhnten die Boten Gottes und verachteten seine Worte und verspotteten seine Propheten, bis der Zorn des HERRN gegen sein Volk so stieg, dass es keine Heilung mehr gab.
Weiter heißt es dann in Vers 21 als direkte Begründung für die Vertreibung:
damit erfüllt würde das Wort des Herrn durch den Mund Jeremias, bis das Land seine Sabbate ersetzt bekam. All die Tage seiner Verwüstung hatte es Ruhe, bis siebzig Jahre voll waren.
Diese generelle Abkehr von Gott war letztendlich die Ursache für die Vertreibung.
Als besondere Begründung sind hier die
„Sabbate, die ersetzt werden sollten“ aufgeführt.
Das macht deutlich, wie die Israeliten mit dem Sabbat umgegangen
sind: Sie haben die Sabbate wohl meist ignoriert und dazu gehört
einerseits der wöchentliche Sabbat und auch das Sabbatjahr.
Es ging hier nicht darum, irgendwelche Rituale einzuhalten, sondern es ging darum, daß der Sabbat für die Menschen da war, daß z.B. die Sklaven einen Ruhetag bekamen und sich erholen konnten.
Oder auch das Land sollte ja im siebten Sabbat-Jahr nicht bebaut werden, damit es sich regenerieren konnte.
Aber das haben damals wohl viele als
Verschwendung gesehen:
Auch am Sabbat kann man noch Profit machen und wenn die Sklaven tot
umfallen, holen wir uns halt neue.
Unter anderem ist diese Gier eine der Ursachen für Israels Probleme.
So ein bißchen erinnert uns diese Gier ja an
die heutige Finanzkrise, worin wir ja u.a. auch durch Gier vieler
hineingeschlittert sind.
Manchmal möchte man ja zum Linken werden, wenn man so liest, wie
die Vorgeschichte dieser Finanzkrise war.
Aber ich glaube, wir haben hier eher ein Systemproblem.
Unser Wirtschaftssystem ist auf Gier aufgebaut und gerade diejenigen, die jetzt nach der Hilfe des Staats schreien, haben vorher verlangt, daß der Staat sich aus der Finanzwelt heraushalten soll, damit man mit besonders kruden Finanzprodukten, -derivaten, usw möglichst viel Rendite machen kann.
Das Problem können wir heute natürlich nicht
lösen, weil wir keine Wirtschaftswissenschaftler sind und die
wahrscheinlich selber auch keine Lösung haben.
Als Laie würde ich sagen, daß auf alle Fälle Vorstand und
Aufsichtsrat dieser Banken und Versicherungen, die nicht mehr
zahlen können, gefeuert werden müßten und für einige Jahre
Berufsverbot in dieser Branche haben müßten.
Dazu müßten noch alle Gratifikationen und Boni der letzten fünf
Jahre oder so eingezogen werden.
Aber das sage ich nur so als Laie; eigentlich müßte der Gesetzgeber
da irgendwas machen.
Diese Gier, die man gerne denen da oben
vorwirft, was ich ja auch gerade gemacht habe: Sind wir da frei
von?
Wenn wir die da oben gewesen wären, hätten wir anders
gehandelt?
Die Gier der da oben, hat zwar mehr Auswirkungen auf die Gesellschaft, als die Gier von kleinen Leuten, aber vor Gott zählt ja die falsche Einstellung und die ist unabhängig vom Stand und von der Auswirkung.
Der Weg von der vernünftigen Verwaltung der uns anvertrauten Geldmittel, welche ja unbedingt notwendig ist, zu der Gier nach mehr ist manchmal kurz.
Jesus Christus sagt ja in der Bergpredigt in Matthäus 6, 24 daß man nicht zwei Herren, Gott und dem Mammon dienen kann und fährt dann mit den bekannten Versen fort, daß wir uns nicht um Essen, Trinken, Kleidung sorgen sollen, weil er für uns sorgen wird.
Er verspricht uns Klamotten, die schöner als die Lilien auf dem Felde sind.
In V. 29 steht ja, daß nicht einmal Amani so schöne Kleidung herstellen kann, wie eine Lilie auf dem Feld ist.
Also Gier ist eigentlich nicht nötig, wir kommen schon nicht zu kurz.
So, nach dem wir das ein bißchen ausgewalzt haben, warum die Israeliten überhaupt vertrieben wurden, kommen wir noch einmal darauf zurück, was es sonst noch für Voraussetzungen geben kann, daß Gott die Grundlage schafft.
Die Grundlage für die Rückkehr war ja Gottes Zusage, daß, wenn die Strafe abgelaufen ist, sie wieder zurückdürfen.
Wir haben ja vorhin schon von der geöffneten Tür aus Offenbarung 3, 8 gehört und dazu gehört die Voraussetzung, daß die Gemeinde eine kleine Kraft hat und Gottes Wort bewahrt und seinen Namen nicht verleugnet hat.
Wenn man treu ist, dann stellt sich Gott dazu.
Ein weiterer Punkt ist, wenn man sich seiner kleinen Kraft bewußt ist.
Gott greift gerade dann ein, wenn merkt, daß eben nicht alles selbst im Griff hat.
So auch der andere vorhin erwähnte Vers (Psalm 127, 1):
Wenn der HERR das Haus nicht baut, arbeiten seine Erbauer vergebens daran. Wenn der HERR die Stadt nicht bewacht, wacht der Wächter vergebens.
Da geht es weiter mit:
Vergebens ist es für euch, daß ihr früh aufsteht, euch spät niedersetzt, das Brot der Mühsal eßt. Soviel gibt er es seinem Geliebten im Schlaf.
Es geht hier natürlich nicht um Faulheit, sondern darum, daß mit eigener Anstrengung nicht Gottes Reich bauen kann.
Wenn Gott nicht dahinter steht, dann machen alle Anstrengungen keinen Sinn.
Also Gott muß die Grundlage schaffen.
Der nächste Punkt ist
Lesen wir noch einmal Esra 1, 5
5 Da machten sich die Familienoberhäupter von Juda und Benjamin auf und die Priester und die Leviten, jeder, dessen Geist Gott erweckte, hinaufzuziehen, um das Haus des HERRN in Jerusalem zu bauen.
Bei fast allem, was Gott irgendwo neu beginnt, erweckt er Leute, mit denen er sein Werk im besonderen Maße vorantreibt.
Versetzen wir uns noch einmal in die Situation der Israeliten im Exil.
Sie sind schon 70 Jahre da, also in der dritten oder vierten Generation.
Die Nachkommen der Vertriebenen kennen die alte Heimat nur noch vom Hörensagen.
Vergleichen wir das mal mit den Vertriebenen, die nach dem 2. Weltkrieg aus Pommern, Schlesien und Ostpreußen vertrieben wurden. In 7 Jahren ist das ungefähr auch 70 Jahre her.
Von den Nachkommen dieser Vertriebenen will
wohl kaum noch einer zurück.
Sie können den Dialekt nicht mehr und haben sich hier
akklimatisiert.
Der Vergleich hingt natürlich etwas: In der
alten Heimat, in Juda, lebten damals auch noch Juden; es war ja nur
die Ober- und Mittelschicht deportiert worden.
Das Land wäre also nicht so fremd gewesen, wie z.B. Ostpreußen
heute für die Nachkommen der Vertriebenen ist.
Und außerdem war Jerusalem nicht nur verlorene Heimat, sondern es wurde auch als Ort angesehen, wo Gott dem Volk begegnet und trotz aller Abwendung von Gott sind viele sich gerade im Exil wieder bewußt geworden, daß sie Gott doch brauchen und deswegen war eine Sehnsucht nach Jerusalem da, wie sie auch in einigen Psalmen besungen wurde (z.B. Psalm 137).
Trotzdem werden sich auch damals viele der
Exilanten in ihrer neuen Umgebung eingerichtet haben, was sie ja
auch erstmal sollten.
In Jeremia 29, 7 steht, daß die Exilanten das Wohl der Stadt, in
die sie deportiert wurden, suchen sollten (in Lutherdeutsch: Suchet
der Stadt Bestes).
Es macht ja keinen Sinn jahrzehntelang in Flüchtlingslagern zu wohnen.
In diesem Konflikt sind wir ja grundsätzlich immer:
Einerseits die Hoffnung auf den Himmel,
andererseits müssen wir uns hier einrichten und einbringen und wenn
wir uns einige Jahrzehnte hier eingerichtet haben, kann es schon
passieren, daß die Hoffnung auf den Himmel zur bloßen
Gottesdienstformel verkommt.
Ich denke, daß wir immer mal wieder neu über unsere Hoffnung auf
den Himmel, auf das direkt bei Jesus-Sein, nachdenken und sie immer
mal wieder neu vertiefen müssen.
Aber auch hier auf der Erde in unserem Christenleben kann uns das passieren, was den Israeliten im Exil begegnet ist.
Die neue Heimat wieder verlassen? Haus, Land, Freunde, alles, was wir uns aufgebaut haben, zurücklassen und eine vergangene Heimat, die wir nur aus Erzählungen kennen, ziehen, die z.T. auch in Trümmern liegt und die wir aufbauen müssen?
Sicherlich gibt es immer Leute, die gerne ins Neue aufbrechen, vielleicht weil sie das brauchen oder sie sich nicht wohlfühlen, da wo sie sind, aber auf die meisten damals wird das wohl nicht zugetroffen haben, da Juden in Persien zu der Zeit nicht diskrimiert wurden und sie daher in Frieden leben konnten.
Für die meisten Juden war der Aufbruch daher sicherlich eine sehr harte Anforderung.
So kann es uns auch gehen.
Gott möchte etwas neues mit uns anfangen.
Das Alte liegen lassen? Wer macht denn das weiter? Vertrautes
zurücklassen und in das Ungewisse ziehen?
So etwas ist schwer und überfordert uns üblicherweise.
Nun – wie schon erwähnt – beruft Gott in
solchen Fällen häufig Leute, die anfangen, die vorangehen, quasi
Pioniere.
Diese Leute, die diese Berufung für etwas neues für sich von Gott
haben, ecken oft an, weil die anderen entweder gar nicht für den
neuen Auftrag berufen sind oder noch Zeit brauchen, sich daran zu
gewöhnen.
Man kann sich gut vorstellen, was in den Köpfen der anderen Juden damals vorging: Ich soll hier alles zurücklassen, um in ein 1000 Kilometer entferntes Trümmerfeld zu ziehen?
Und sie hatten ja auch – rein menschlich gesehen – recht.
Sie sind ja später auch nicht in einem Paradies angekommen, sondern sie sind angekommen, um den Tempel und die Stadt aufzubauen.
Gott beruft solche Menschen, solche Pioniere, häufig nicht dazu, gemachte Nester zu polieren, sondern um etwas neues aufzubauen.
Da liegt natürlich auch ein gewisser Reiz
drinnen, den auch Paulus erkannt hat.
In Römer 15, 20 schreibt er (NGÜ):
20 Dabei machte ich es mir zum Grundsatz, das Evangelium nur dorthin zu bringen, wo sich noch niemand zu Christus bekannte; denn ich wollte nicht da bauen, wo schon ein anderer das Fundament gelegt hatte. 21 Vielmehr hielt ich mich an die Schriftstelle, die sagt:»Die sollen es sehen, denen noch nie etwas von ihm gesagt worden ist; die, die noch nie von ihm gehört haben, werden es verstehen.«
Aber auch bei uns haben es Pioniere nicht immer
leicht.
Solche ganz neuen Aufgaben wirken ja manchmal etwas befremdlich und
manchmal fragt man sich schon, ob jemand da wirklich eine Berufung
von Gott hat oder ob er nur etwas seltsam ist.
Solche Pioniere müssen da durch und die anderen müssen halt ihre Einwände zu Gott bringen und bereit sein, sich für diese neuen Aufgaben zu öffnen.
Wir sollen ja alles prüfen und das Gute
behalten und ich denke, das gilt nicht nur für die Lehre sondern
auch für Berufungen.
Und manchmal erkennen andere auch erst später die Richtigkeit des
Handels der Pioniere.
Z.B. sind später auch noch andere Juden nach Israel zurückgekehrt
(Esra 7, 7).
Gott beruft nicht nur in einen schwierigen Auftrag, sondern hilft dabei auch, und das oft auch in unerwarteter Weise.
Stellen wir uns mal vor, wie das damals in einem Ort im Exil abging.
Es spricht sich langsam herum, daß die Juden – zumindest einige – den Ort verlassen wollen und ihre alte Heimat, die ca 1000 km Luftlinie entfernt liegt, zurückkehren wollen.
Was denken nun die anderen Einwohner?
Ganz klar: Die Juden können ihre Häuser und
Ländereien nicht mitnehmen, also müssen sie sie verkaufen, und wenn
mehrere Anbieter verkaufen müssen, dann drückt das auf die
Preise.
Da werden sich sicherlich manche die Hände gerieben haben.
Außerdem müssen sie Sachen für die Reise
einkaufen, und wenn mehrere das müssen, dann steigen die Preise
dafür. Pferdewagen hatten sicherlich Hochkonjunktur.
1000 km Luftlinie werden wohl so 1500 km Weg sein, und das durch
schwieriges Gelände.
Da wird man wohl viel mitnehmen müssen.
Auch da werden sich manche die Hände gerieben haben.
Das sind schlechte Startbedingen und auch bei neuen Aufgaben heute, wird so mancher Pionier nicht wissen, wie das zeitlich, finanziell und sonst wie zu stemmen sein soll.
Damals tat Gott nach meinem Empfinden ein Wunder (nochmal V.4-6):
4 Und jeden, der übrig geblieben ist, an irgendeinem Ort, wo er sich als Fremder aufhält, den sollen die Leute seines Ortes unterstützen mit Silber und mit Gold und mit Habe und mit Vieh neben den freiwilligen Gaben für das Haus Gottes in Jerusalem. 5 Da machten sich die Familienoberhäupter von Juda und Benjamin auf und die Priester und die Leviten, jeder, dessen Geist Gott erweckte, hinaufzuziehen, um das Haus des HERRN in Jerusalem zu bauen. 6 Und alle, die um sie herum wohnten, griffen ihnen unter die Arme mit silbernen Geräten, mit Gold, mit Habe und mit Vieh und mit Kostbarkeiten, abgesehen von allen freiwilligen Gaben.
Das hört sich an wie im Märchen, oder?
In den Unterlagen zum theologischen Grundkurs stand nichts darüber, ob „man“ heute glaubt, ob das wirklich so passiert ist.
Ich habe erst überlegt, ob hiermit nur die anderen Juden gemeint sind, die nicht mitgehen, aber hier ist die Rede der anderen Leute vom Ort, und die Juden hatten keine Orte für sich allein.
In anderen Übersetzungen steht „Nachbar“, in der Übersetzung „Hoffnung für alle“ steht sogar „Alle Untertanen des Reiches“.
Es sollen also wirklich Menschen, die damals nichts mit dem Gott Israels zu tun hatten, den Israeliten bei ihrer Rückkehr und beim Tempelwiederaufbau helfen und sie tun es auch.
Wie stark der Druck der persischen Obrigkeit dabei war, kann man aus dem Text nicht so genau entnehmen, aber es scheinen ja auch manche freiwillige Gaben zum Tempelaufbau mit hinzugetan zu haben
Gott sorgt auch dafür, daß der persische König
alle Tempelutensilien, die Nebukadnezar vor einigen Jahrzehnten aus
dem Tempel mitgenommen hat, wieder zurückgibt.
Nun Nebukadnezar hat sie seinem Gott geschenkt, für den die Perser
nichts übrig haben.
Aber seit wann gibt auch ein Nachfolger eines Plünderers das Plündergut wieder zurück?
Wir müssen nur an die ganze Diskussion über Rückgabe von Kunstwerken denken, die als Kriegsbeute geraubt wurden oder die die Kolonialmächte aus ihren Kolonien sich geholt haben.
Hier kommt also die Hilfe aus einigen ganz unerwarteten Ecken und so ist das heute auch.
Gott greift auch heute noch ein, und manchmal in ganz unerwarteter Weise, so daß er zum Beispiel die Handlungen von Menschen passend lenkt, die mit Gott eigentlich gar nichts zu tun haben.
Gott hat Möglichkeiten, die weit über unsere Vorstellungskraft hinaus gehen, und wir sollten erwarten, daß Gott eingreift, wenn für ihn unterwegs sind.
Unser Leben wird meistens von der Logik bestimmt und das Eingreifen Gottes gerät oft etwas aus unserm Blickwinkel.
Aber am Beispiel von der Rückkehr der Israeliten nach Jerusalem aus Esra 1 haben wir gesehen, daß Gott wirkt und eingreift, auch bei so einer ungewöhnlichen und schwierigen Berufung.
Und ich glaube, das dieser Bericht wirklich so
passiert es.
Er würde einiges an Kraft verlieren, wenn davon ausgehen würde, daß
sich der Autor vom Buch Esra einiges davon ausgedacht hat.
Gott schafft die Grundlage für so eine
Berufung.
Das kann z.B. einfach darauf beruhen, daß eine Zusage einhält, die
er vor langer Zeit gegeben hat.
Er stellt sich auch dazu, wenn man ihm treu ist und wenn man sich
seiner eigenen Begrenztheit bewußt ist und alles von ihm
erwartet.
Gott erweckt für neue Aufgaben und Berufungen
Menschen (Pioniere), die es oft nicht leicht haben und die sich von
vielem Vertrauten trennen müssen.
Sie müssen sich manchmal gegen Widerstände aus den eigenen Reihen
durchsetzen, ziehen aber oft dann die anderen mit.
Gott hilft – oft in unerwarteter Weise –
mit.
Er motiviert die nicht-jüdischen Nachbarn, Gold, Silber, Vieh und
sonstiges für die Rückkehr der Juden zu geben und genauso bewegt er
heute auch Menschen, die manchmal nichts mit dem Glauben zu tun
haben, zu seinem Werk in irgendeiner Form mit beizutragen.
Gott hat Möglichkeiten, da können wir nur von träumen.
AMEN
Segen:
Der Herr segne und behüte Dich.
Der Herr lasse sein Angesicht über dir leuchten und sei dir gnädig.
Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden.