Brandmauern? Rote Linien?

Braucht es so etwas? Wo liegen unsere persönlichen Grenzen?

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Einleitung

Mich beschäftigt schon länger das Thema „Brandmauer“ oder auch alternativ das Thema „rote Linien“. Beide Themen sind ja irgendwie verwandt.

Ich hatte das in der vergangenen Lobpreisprobe erwähnt, und es entspann sich direkt ein zehnminütige Diskussion zwischen zwei Teilnehmern unserer Lobpreisgruppe, ohne dass ich sonst groß etwas dazu gesagt hatte.

Das bedeutet, dass das Thema schon irgendwie Leute bewegt und damit ist es nicht das schlechteste Predigtthema.

„Brandmauer“ hört man im Augenblick viel in politischen Medien. Es geht darum, sich von der AfD abzugrenzen, das habt ihr sicherlich auch in den Medien gelesen und gehört.

Ein Brandmauer ist ja, wörtlich gesehen, eine Wand, die besonders feuerbeständig ist und damit die Ausbreitung von Feuer verhindert. Es gibt für Wände und auch für Türen sogenannte Feuerwiderstandklassen. Zumindest als wir damals gebaut haben, galt, dass zwischen zwei separaten Wohneinheiten die Wände die Feuerwiderstandklasse F90 haben müssen, also 90 Minuten lang einem Brand standhalten müssen.

„Brandmauern“ gibt es auch in der EDV, da heißt es „Firewall“ und soll verhindern, dass Schadprogramme entweder auf den Rechner draufkommen oder evt. vorhandene Schadprogramme vom Rechner nicht nach außen kommen.

Aber das einmal nur am Rande...

In der Politik wird im Augenblick viel davon gesprochen. Viele verlangen z.B. von der CDU, dass sie die Brandmauer zur AfD einhält. Viele befürchten, dass rechtsradikales Gedankengut salonfähig wird, wenn mit der AfD zusammengearbeitet wird. Ich kann das nachvollziehen und lehne die AfD auch ab, ich hatte mir vor längerer Zeit auch einmal das Programm von denen angeguckt und ich halte nichts davon. Aber es ist gar nicht wichtig, was ich politisch denke, ich möchte nur diesen Begriff vorstellen.

„Rote Linien“ sind so etwas ähnlich wie eine „Brandmauer“. Wo ist für mich die Grenze?

Beispiel Luther

Wir finden in der Kirchengeschichte ein interessantes Beispiel dazu: Martin Luther. Im Wikipedia-Artikel über Luther (https://de.wikipedia.org/wiki/Luther) ist beschrieben, dass er totale Probleme mit der damalige Beichte und dem Ablasshandel hatte. In der Beichte muss man laut damaliger Lehre wahre, umfassende Reue zeigen und nach dem Bekenntnis der Sünden Genugtuung oder Wiedergutmachung ausüben, was teilweise auch durch den Kauf von Ablassbriefen erfolgt ist.

Luther kam damit nicht klar. Er war der Meinung, dass kein Mensch so eine umfassende Reue empfinden kann, sondern das der sündige Mensch sich nur zum Opfer Jesu Christi zu wenden habe.

Auch die Genugtuung oder Wiedergutmachung verneinte er, denn er war der Meinung, dass Rechtfertigung nur aus Gnade erfolgen kann.

Beim Nachdenken über Römer 1,17; LUT ist ihm das klar geworden:

„Denn darin wird offenbart die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, welche aus dem Glauben kommt und zum Glauben führt; wie geschrieben steht: Der Gerechte wird aus dem Glauben leben.“

Dieser Bibelvers hat ihn zu seinem neuen Schriftverständnis geführt: Gottes ewige Gerechtigkeit ist ein reines Gnadengeschenk, das dem Menschen nur durch den Glauben an Jesus Christus gegeben wird. Keinerlei Eigenleistung kann dieses Geschenk erzwingen. Auch der Glaube, das Annehmen der zugeeigneten Gnade, ist kein menschenmögliches Werk

Aus Gnade allein war quasi Luthers Brandmauer, dahinter konnte er nicht mehr zurück. Er wurde dann verurteilt, aber von einigen Fürsten beschützt und so entstand die evangelische Kirche.

Nun wurde diese Diskussion in der ersten Zeit eher in akademischen Kreisen auf Lateinisch geführt. Insbesondere die Ablassdebatte hat anfangs nur das Fachpublikum verstanden. Luther hat dann den „Sermon von dem Ablass und Gnade“ auf Deutsch verfasst und so wurden Luthers Erkenntnisse auch für nicht gelehrte Menschen zugänglich.

Wie kommt einem so eine Diskussion heute vor? Die Kirchen sind generell irgendwie unter Druck. Sollte man da nicht lieber zusammen halten, als sich auch noch zu streiten?

Die Reformation war ja nicht die einzige Kirchenspaltung. Die bekannteste war die Trennung zwischen Orthodoxen und Katholiken 1054.

Auch die erste Baptistengemeinde in England wurde von Thomas Helwys gegründet, der sich von der anglikanischen Kirche abgewendet hatte. Das hatte z.B. mit der Tauflehre der anglikanischen Kirche zu tun.

Machen solche Diskussionen über Lehre heute noch Sinn?

Wie sieht das mit solchen lehrmäßigen Abgrenzungen oder Brandmauern aus, wie Luther sie formuliert hat? „Hier stehe ich, ich kann nicht anders.“ ist ja dieser Spruch, dem Luther als Abschlusswort auf dem Reichstag zu Worm zugeschrieben wird. Ob er das wirklich gesagt hat, darüber sind sich die Forscher nicht einig, wahrscheinlich ist er nicht so offensiv aufgetreten, wie er häufig dargestellt wird, aber in der Sache konnte er wohl wirklich nicht anders.

Für den kirchenfernen Normalbürger hören sich solche Diskussionen vielleicht eher wie das Lateinisch zur Luthers Zeiten an.

Aber für meinen Glauben und, ich behaupte mal auch für unseren Glauben hier in der Gemeinde, ist Luthers Erkenntis, die Gerechtigkeit aus Glauben, ganz zentral. Da können wir nicht hinter zurück. Das ist für mich inhaltlich eine rote Linie.

Die rote Linie in der Bibel

Wir finden auch einige markante Aussagen in dieser Richtung in der Bibel, z.B. sagt Jesus Christus in Lukas 11, 23; NL

Wer nicht für mich ist, ist gegen mich, und wer nicht Hand in Hand mit mir arbeitet, arbeitet gegen mich.

In der Luther-Übersetzung steht es so:

Wer nicht mit mir ist, der ist gegen mich; und wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut.

Jesus fordert hier ganz klar zur Entscheidung auf. Neutral gibt es nicht.

Ähnlich wird in Apostelgeschichte 4, 12; NL über Jesus Christus gesagt:

In ihm allein gibt es Erlösung! Im ganzen Himmel gibt es keinen anderen Namen, den die Menschen anrufen können, um errettet zu werden.

Rein von der Lehre her müsste das unsere rote Linie sein, unsere Brandmauer. Nur in Jesus Christus ist die Erlösung, ohne Jesus Christus macht unser Christsein, unsere Gemeinde keinen Sinn.

Rote Linien in der christlichen Praxis

Was hat das nun alles mit dem praktischen Christenleben zu tun?

Manch einer zuckt vielleicht, wenn ich das so hart formuliere und befürchtet jetzt irgendwelche Abgrenzungsaussagen gegenüber anderen.

Ich möchte dazu eine Stelle aus Markus 9, 38-41; NL betrachten:

38 Johannes sagte zu Jesus: »Lehrer, wir haben einen Mann gesehen, der in deinem Namen Dämonen austrieb. Wir haben versucht, ihn davon abzubringen, weil er nicht zu uns gehört.« 39 »Hindert ihn nicht!«, sagte Jesus. »Wer in meinem Namen Wunder tut, wird nicht bald darauf schlecht von mir reden. 40 Wer nicht gegen uns ist, ist für uns. 41 Wenn jemand euch auch nur einen Becher Wasser gibt, weil ihr zu Christus gehört, wird er belohnt werden.

Dieser Text scheint ja dem allen von vorhin so ein bisschen zu widersprechen. Es geht also offensichtlich nicht darum, andere Christen zu bewerten.

Die Jünger beschweren sich: „Der gehört nicht zu uns, der ist nicht baptistisch zertifiziert, der macht sicherlich nicht alles richtig.“

Wir müssen nicht den Glauben von anderen beurteilen oder bewerten. Das geht, denke ich, hier aus dem Text klar hervor.

Wir sind zwar mit Jesus auf dem Weg, aber trotzdem bleiben wir Lernende. Diese Haltung wird in Apostelgeschichte 17, 11; NGÜ sehr schön beschrieben:

Die Juden in Beröa waren nicht so voreingenommen wie die in Thessalonich. Mit großer Bereitwilligkeit gingen sie auf das Evangelium von Jesus Christus ein, und sie studierten täglich die Heilige Schrift, um zu prüfen, ob das, was Paulus lehrte, mit den Aussagen der Schrift übereinstimmte.

Diese Übersetzung „voreingenommen“ ist interessant. Wir dürfen diese Perspektive des Lernenden nie verlieren, egal wie alt wir sind. Insbesondere müssen wir auch immer berücksichtigen, dass auch der andere recht haben könnte.

Hier steht nicht, wie sich die Thessalonicher damals verhalten haben. Vielleicht sind sie skeptisch gegenüber Paulus aufgetreten. „Erzähl mir nichts, das weiß ich schon alles.“ oder so ähnlich.

Das scheint jetzt den Aussagen über Brandmauern und rote Linien von vorhin zu widersprechen, aber es hängt schon irgendwie zusammen.

Luther war Teil der Kirche und war als Mönch eigentlich verpflichtet, diese Lehre, die er als falsch erkannt hat, zu vertreten. Und da musste er Position beziehen und Konsequenzen ziehen.

In der heutigen Zeit wird von uns gefühlt immer mehr Positionierung verlangt. Z.B. sind wir gegen Rechtsextremismus, sind für die Energiewende? Natürlich (also ich schon). Wie stehen wir zum Ukrainekrieg? Wie denken wir über das Impfen? usw. Und durch die zunehmende Polarisierung kann es immer schwieriger werden, seine Meinung zu äußern, je nachdem, wo man sich so bewegt. Ich persönlich finde vieles offensichtlich, aber andere halt auch.

Aber lassen wir die politischen Themen.

Nur in Jesus Christ ist das Heil. Und wir werden vor Gott nur durch den Glauben an das Opfer Jesu gerecht. Das ist unsere Brandmauer, unsere rote Linie, dahinter können wir nicht zurück, genau wie Luther das auch nicht konnte.

Luther ist laut Überlieferungen eher vorsichtig, zitternd und zagend aufgetreten, also der junge Luther. Als Luther älter wurde, ist er etwas abgedreht, aber das ist ein anderes Thema.

Und so ein Verhalten entspricht so ungefähr auch dem, wie die Christen in Beröa waren: Lernend und nicht voreingenommen.

Also halten wir konsequent an Jesus Christus fest, an der Sündenvergebung, an Gerechtigkeit aus Glauben und bleiben wir demütig Lernende auf dem Weg, auch demütig gegen über anderen.

Zusammenfassung

Ich fasse zusammen: