Leichlingen Kreuzkirche, 21.10.2001

Predigt 1. Chr. 4, 10;

Und Jabez rief den Gott Israels an und sagte: Daß du mich doch segnen und mein Gebiet erweitern mögest und deine Hand mit mir sei und du das Übel [von mir] fern hieltest, daß kein Schmerz mich treffe! Und Gott ließ kommen, was er erbeten hatte.

Einleitung

Der Name „Jabez“ taucht nur an vier Stellen auf. In 1. Chr. 2, 55 ist eine Stadt mit dem Namen „Jabez“ erwähnt, welche aber wahrscheinlich nichts mit dem Mann Jabez zu tun hat.

Von daher beschränkt sich Jabez' Geschichte auf 2 Verse:

1. Chr. 4, 9.10;

Und Jabez war angesehener als seine Brüder; und seine Mutter gab ihm den Namen Jabez, denn sie sagte: Mit Schmerzen habe ich ihn geboren. Und Jabez rief den Gott Israels an und sagte: Daß du mich doch segnen und mein Gebiet erweitern mögest und deine Hand mit mir sei und du das Übel [von mir] fern hieltest, daß kein Schmerz mich treffe! Und Gott ließ kommen, was er erbeten hatte.

Über seine Lebensgeschichte wissen wir also so gut wie nichts und können von daher, von dem, was er erlebt hat, kaum Rückschlüsse auf seine Motive für sein Gebet ziehen.

Aber ich möchte mit Euch dieses Gebet doch einmal genauer betrachten, um festzustellen, ob wir es uns zu eigen machen können, vielleicht Du persönlich für dich.

Gott hat es bei Jabez erhört. Vielleicht erhört er es auch bei uns.

Sein Gebet besteht aus vier Teilen:

Segen

Er bittet darum, daß Gott ihn segnet.

Was heißt das?

Im alten Testament war Gottes Segen sehr oft mit Wohlstand verbunden, z.B.:

1 Mose 26,12; „Und Isaak säte in dem Lande und erntete desselben Jahres hundertfältig; denn der HERR segnete ihn.

oder:

Sprüche 10,22; „Der Segen des HERRN, er macht reich, und Anstrengung fügt neben ihm nichts hinzu.

Vielleicht hatte Jabez das im Auge. Vielleicht hat er sein Leben lang geschuftet und gemerkt, daß er irgendwie kaum voran gekommen ist. Die Leute damals waren im Durchschnitt ärmer als heute und mußten mehr arbeiten. Da kann dann schon der Wunsch nach Wohlstand aufkommen.

Was heißt denn „Segen“ überhaupt?

Das Wort „Segnen“ bedeutet eigentlich: „Das gute Wort sagen“. Und es schon logisch, daß es gut für uns ist, wenn Gott gute Worte über uns spricht. Und es kann auch Wohlstand bedeuten, wenn Wohlstand gut für uns ist, was aber nicht immer der Fall ist.

Psalm 3,9; „Vom HERRN ist die Rettung; dein Segen ist auf deinem Volk.

Gott uns schon viel Segen gegeben. Durch sein Wort ist die Schöpfung entstanden, die unheimlich viel Reichtum für uns Menschen bereithält. Die Naturwissenschaft entdeckt ja immer wieder neue Sachen und wenn die Menschheit ihre Umwelt nicht so rasend schnell zerstören würde, würden wir noch viel mehr entdecken.
Aber nicht nur das; Gott hat auch eine Möglichkeit geschaffen, daß wir unsere Schuld vor ihm loswerden können. Er hat über Jesus gesagt:

Matthäus 17,5; „Während er noch redete, siehe, da überschattete sie eine lichte Wolke, und siehe, eine Stimme kam aus der Wolke, welche sprach: Dieser ist mein geliebter Sohn, an welchem ich Wohlgefallen gefunden habe; ihn hört.

Und Jesus hat uns nicht die Geheimnisse Gottes kundgetan, er hat auch unserer Schuld am Kreuz bezahlt, so daß jeder, der es annimmt, frei davon werden kann.

Das ist schon ein gewaltiger Segen.

Aber gehen wir ins persönliche. Was erwartest Du persönlich von Gott, wenn Du betest: „Herr, bitte segne mich.“? Oder hast Du noch nie so gebetet? Die meisten, die zu Jesus gehören, haben sicherlich irgendwann einmal so gebetet.
Dieses Gebet hat etwas schwammiges, unklares an sich. Wir hoffen, daß Gott es gut mit unserem Leben macht, daß nicht all zu viel schief geht.
Er meint es ja auch gut mit uns. Denen, die Gott lieben, müssen alle Dinge zum Besten dienen, sagt uns der Römerbrief (Kap. 8,28). Und das gilt auch für Zeiten, die uns nicht gefallen, für die kleinen und großen Katastrophen, die uns in unserem Leben begegnen. Auch da hat Gott über uns ein gutes Wort gesagt, auch wenn wir es noch nicht oder hier auf Erden nie verstehen werden. Aber unser Leben besteht ja nicht nur aus Katastrophen. Oft können wir den Segen Gottes erleben und uns darüber freuen.

Aber Segen geht noch weiter:

Über Abraham wurde in 1 Mose 12,2; gesagt:
Und ich will dich zu einer großen Nation machen und dich segnen, und ich will deinen Namen groß machen; und du sollst ein Segen sein!

Über David ist in Psalm 21, 7 gesagt:

Denn du setzest ihn zum Segen ewiglich; du erfreuest ihn mit Freude vor deinem Antlitz.

Zum Segen gesetzt: Kann das auch für uns gelten?

Römer 12,14; „Segnet, die euch verfolgen; segnet, und fluchet nicht.

1 Petrus 3,9; „und vergeltet nicht Böses mit Bösem, oder Scheltwort mit Scheltwort, sondern im Gegenteil segnet, weil ihr dazu berufen worden seid, daß ihr Segen erbt.

Segnen ist unsere Aufgabe. Das gute Wort kann da natürlich nicht von der guten Tat abgekoppelt werden. In 2. Kor 9, 5 wird eine materielle Gabe als „Segen“ bezeichnet.
Man merkt hier, daß „segnen“ nicht nur gute Worte bedeutet, sondern ein entsprechendes ganzheitliches, echtes Leben.

Kommen wir zu Jabez zurück. Ob er diese ganze Dimension des Themas „Segen“ begriffen hat, wissen wir nicht. Vielleicht hat er erst gar nicht daran gedacht, selber ein Segen zu sein. Aber er hat trotzdem den richtigen Anfang gemacht. Man muß erstmal Gottes Segen empfangen, bereit sein, sich segnen zu lassen, bevor man selber zum Segnen bereit wird, bevor man selber segnen kann.



Kommen wir zum nächsten Teil von Jabez Gebet:



Gebiet erweitern

Ich glaube, für Jabez bedeutete das erstmal ganz einfach eine Vermehrung seines Besitzes und seines Einflusses. Damals war Land sicherlich besonders wertvoll, weil fast alle Israeliten von irgendeiner Form der Landwirtschaft lebten, bzw. zumindest nebenbei noch ein bißchen Landwirtschaft betrieben. Und von daher ist es klar: Je mehr Land, desto besser.

Was kann das für uns bedeuten? In unserem heutigen dicht besiedelten Land bedeutet viel Land natürlich auch viel Geld und wir würden uns über ein paar Hektar Bauland in Leichlingen – zentral gelegen natürlich – auch nicht ärgern ;-)

Ich denke, man auch heute Jesus um mehr Geld, z.B. um ein höheres Gehalt bitten. Es kann aber u.U. auch die Antwort kommen, daß man lernen soll, mit seinem Gehalt besser auszukommen. Mehr Geld ist nicht immer die richtige Lösung. Aber es kann in einer bestimmten Situation die richtige Lösung sein. Wir können uns ruhig trauen auch dafür zu beten, wenn wir für alle Antworten Gottes bereit sind.

Aber nicht alle Begriffe aus dem alten Testament haben für uns heute diesselbe tiefere Bedeutung. Und ich denke, daß dieses Gebet weniger materiell sondern eher geistlich für uns ausgelegt werden sollte.

Mir fiel bei dem Begriff ganz spontan der Ausdruck „Horizont erweitern“ ein. Das bedeutet ja in unserem Fall, mehr verstehen, mehr begreifen, von dem, was Gott will und was er uns mitteilen will.

Aber vielleicht muß man noch mehr auf die damalige Bedeutung von Land eingehen, um diese Aussage für uns heute zu verstehen. Das Land war eigentlich die Lebensgrundlage von den meisten. Die heutige Lebensgrundlage der meisten, die hier sitzen, ist, auch wenn sich das für manchen komisch anhört, Jesus Christus und sein Wort, die Bibel. Als materielle Lebensgrundlage würde man eher seinen Beruf ansehen, aber der Mensch lebt nicht vom Brot allein. Er braucht mehr. Und dieses mehr kann und will Gott geben. Von daher ist auch mein – ich gebrauche jetzt mal dieses böse Wort – Fundament Jesus Christus und die Bibel. In 1. Kor . 3, 11; steht „Einen anderen Grund kann niemand legen außer dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus.“ Jesus ist mein Grund, mein Fundament, ich bin also – ich traue es mich kaum zu sagen – ein Fundamentalist. Keine Angst, ich bin kein Massenmörder und ich zünde auch keine Häuser an. Und ich würde auch keine Andersdenkenden einsperren, wenn ich König von Deutschland wäre.

Aber das Wort „Fundamentalist“ wird von den Medien zu einem Inbegriff für intolerante Verbrecher und Mörder gemacht. Ich staune immer wieder, was man mir alles zutraut. Die denken anscheinend, ich bin richtig gefährlich. Dabei bin ich eigentlich ganz nett, ich habe nur eine Grundlage für mein Leben gefunden.

Hinter dieser Fundamentalistenhetze stecken meiner Ansicht Menschen, die für ihr Leben keine richtige Grundlage haben und die nicht zugeben wollen, daß ihnen was fehlt. Sie behaupten, es kann keine absolute Wahrheit geben, denn wenn es sie gäbe, dann haben sie sie ja nicht. Dann gibt es halt immer noch genügend Verführer und Unterdrücker, die im Namen einer selbsterfundenen Wahrheit ihre Verbrechen begehen. Dann wird ganz fix der Trugschluß gezogen: Eine absolute Wahrheit, ein Fundament, führt zu Verführung, Unterdrückung und Verbrechen.
Dabei ist doch Fundament nicht gleich Fundament. Der Koran sagt z.B. etwas ganz anderes als die Bibel. Mein Fundament verbietet mir, Häuser anzuzünden, Leute zu ermorden und was auch immer sich Menschen mit einem anderen Fundament als ich einfallen lassen.

Ich denke, wir sollten zu unserem Fundament stehen. Wir können Jesus bezeugen und bezeugen, daß wir an die Bibel glauben. Und das Gebiet erweitern bedeutet für uns, daß wir unsere Lebensgrundlage noch mehr einnehmen, noch mehr die Bibel verstehen, Jesus noch besser kennenlernen. Das bedeutet ja nicht, daß wir außer der Bibel um uns herum nichts mehr wahrnehmen sollen. Es ist sehr vernünftig, das Weltgeschehen zu verfolgen und auch Hintergrundinformationen zu lesen und nicht nur dumme Boulevardblätter. Unser Kopf ist groß, da paßt genug hinein. Aber unsere Grundlage sollte für uns doch einen besonderen Stellenwert haben.

Beten wir darum, Jesus besser kennen zu lernen und die Bibel besser zu verstehen? Wollen wir die Bibel besser verstehen und kennen lernen oder reichen uns die zwei Losungsverse pro Tag? Wollen wir unser Gebiet erweitern? Beten wir darum?



Gottes Hand mit Dir

Jabez bittet Gott, daß Gottes Hand mit ihm sei.

Was könnte das bedeuten?

Spontan fiel mir beim Lesen des Verses ein, das bedeutet Erfolg und Gelingen.

Aber später fiel mir eine Begebenheit ein, die mir schon öfter passiert ist.
Wenn ich mit meinem kleinen Sohn Tim an einer Stelle bin, wo es etwas gefährlicher ist – auf einem Parkplatz mit vielen Autos oder an einer viel befahrenen Straße –, dann kommt Tim zu mir und greift nach meiner Hand.

Eigentlich trifft diese Begebenheit „Gottes Hand“ viel eher. An meiner Hand ist Tim sicher. Er weiß, daß ich auf ihn aufpasse. Ihm kann nichts passieren, ich bringe ihn sicher ans Ziel.

Wollen wir, daß Gottes Hand uns führt? Oder gehen wir lieber ohne ihn?

An Gottes Hand zu gehen bringt Gelingen, bringt uns ans Ziel, aber genauso wie ich den Tim manchmal von gefährlichen Orten mit meiner Hand wegziehen muß, genauso wird uns Gott an seiner Hand von manchen Sachen fernhalten.

Wollen wir das? Wir geben unsere vermeintliche Unabhängigkeit auf. Das fällt gerade aufgeklärten Erwachsenen schwer.
Aber sind wir doch mal ehrlich. So unabhängig sind wir gar nicht. Wir leben in der Gesellschaft und die Gesellschaft bestimmt zum Großteil unser Denken und Handeln. Man glaubt sich unabhängig von einem Gott, schwimmt aber weitgehend im Zeitgeist der Masse mit.

An Gottes Hand lebt es sich anders. Er zieht uns zwar von manchen Orten weg, wo die Masse sich gerne aufhält, aber er bringt uns an ganz besondere Orte, wo die Masse nie hinkommen wird.

Das hört sich vielleicht jetzt alles sehr unbestimmt und schwammig an, aber Gott nimmt jeden persönlich an die Hand, der im die Hand reicht und geht einen persönlichen Weg. Man wird zum echten Individuum, zur echten Persönlichkeit und man kann das nur schwer beschreiben, man muß es erleben.

Möchtest Du Gott bitten, daß seine Hand mit Dir sei?



Bewahrung vor Schmerz

Die letzte Bitte von Jabez beinhaltet noch das umfangreiche Thema „Leid“.

du das Übel [von mir] fern hieltest, daß kein Schmerz mich treffe!

Da sagen wir alle laut „Amen“ dazu, oder? Wer ist schon scharf darauf, das ihn Leid trifft.

Vielleicht ist Jabez bei diesem Thema besonders empfindlich, weil sein Name ja irgendetwas mit „Schmerz“ zu tun haben muß, da: „seine Mutter gab ihm den Namen Jabez, denn sie sagte: Mit Schmerzen habe ich ihn geboren“.

Wir alle wären nicht traurig drum, wenn uns Schmerz erspart bliebe.

Aber gibt es ein Leben ohne Schmerz? Jeder hier hat sicherlich schon schmerzvolle Sachen in seinem Leben mitgemacht und könnte hier erzählen, mancher mehr, mancher weniger.

Ist es denn richtig zu beten, „daß kein Schmerz mich treffe!“?

Über dieses Thema könnte man eine eigene Predigt halten, weil es auch viele Menschen beschäftigt. Ich möchte hier einen Aspekt herausgreifen.

Man kann den Schmerzen in dieser Welt nicht entkommen. Irgendwelcher Schmerz wird immer kommen. Ich denke entscheidend ist, wie einen der Schmerz trifft. Wirft mich der Schmerz aus der Bahn, macht er mich fertig? Oder lebe ich nach einer Zeit der Trauer weiter? Bringt mich der Schmerz in meinem Glauben und meinem Leben weiter oder macht er mich depressiv und kaputt?

Ich kann hier nur so allgemeine Fragen stellen, weil auch die Sache mit dem Schmerz etwas ganz persönliches ist. Jeder erlebt auch Schmerz anders; der eine verkraftet vieles nicht gut, der andere kann das meiste gut wegstecken.

Wir können uns das Gebet von Jabez so zu eigen machen, daß uns der Schmerz nicht tödlich treffen soll. Er soll uns nicht kaputtmachen. Wir können Gott bitten, daß er uns vor Leid bewahrt, das uns kaputt macht und das wir nicht ertragen können und wenn uns Schweres begegnen muß, möchte er uns doch mit der nötigen Kraft ausstatten.



Warum erhört Gott Jabez' Gebete?

Jetzt haben wir alle vier Bitten durch: Segen, Gebiet erweitern, Gottes Hand dabei, kein Schmerz

Und Gott ließ kommen, was er erbeten hatte.

Warum? Was sind Gottes Bedingungen dafür? Vielleicht war Jabez ja ein ganz netter Typ – das wissen wir nicht – und deswegen hat Gott es erhört.

Ich glaube, daß hier Jabez gar keine besonderen Bedingungen erfüllen mußte, sonst würde das hier noch mit dabei stehen. In Matth. 7,7; steht „Bittet, und es wird euch gegeben werden.“ Wenn wir diese Gebete für uns heute bibelgemäß auslegen, dann wird Gott sie auch bei uns erhören. Da bin ich sicher.



Zusammenfassung

Ich möchte das Gesagte noch einmal kurz zusammenfassen.

Machen wir dieses Gebet von Jabez zu unserem eigenen Gebet.



AMEN