Gästegottesdienst Leichlingen, 03.09.2000


Philemonbrief -Hörspiel


Autor: Sonja Schütt, Peter Schütt; Leichlingen, 3.9.2000

Sprecher: Peter Schütt, Sonja Schütt, Ursula Hellmann, Günther Hellmann


(Man kann das Stück mit realen Personen spielen, oder auch, wie wir es gemacht haben, mit Scherenschnitt auf dem Tageslichtprojektor. Dabei wurden die Figuren nur zur Illustration hingelegt und nicht dauernd bewegt.

Die Hintergründe und Figuren sind als BMP-Dateien mit downloadbar.

Die Figuren sind von Sonja Schütt, die Hintergründe sind aus dem Buch „Familien willkommen“ von Kurt Ahlborn, aus dem das 9. Kapitel als grobe Vorlage diente. )


1. Szene


(Musik in die leiser werdende Musik, am besten einfache Harfenklänge, hört man jemanden rufen)


Philemon: (ruft) Onesimus, Onesimus. Wo mag dieser Taugenichts nur sein ?

Appia seine Frau: (erregt rufend) Philemon, Philemon, mein Geld ist weg.

Philemon:Was? Wie kann das passieren?

Appia: Ich weiß auch nicht, ich hatte mein Geld wie üblich in der Truhe verschlossen, wo ich mein Geld für besondere Ausgaben aufbewahre. Vorgestern konnte ich den Schlüssel nicht finden. Aber heute lag er wie gewöhnlich in meiner Schmuckschatulle. Ich war beunruhigt und schaute direkt nach und tatsächlich, es war alles Geld weg. Es müssen an die 1000 oder mehr Sesterzen gewesen sein.

Ob es jemand gestohlen hat?

Philemon: Ich weiß es nicht, aber Onesimus ist auch verschwunden

Appia: Du meinst, daß er das Geld genommen hat?

Philemon: Es könnte sein, er kam mir in den letzten Tagen besonders seltsam vor. Er hat vielleicht schon seit längerem geplant zu fliehen und dann brauchte er Geld.


Philemon läßt nach Onesimus suchen, aber der ist nicht aufzufinden.


Appia: Was machen wir denn jetzt?

Philemon: Es ist, als hätte ich es geahnt. So ein Nichtsnutz. Ich gebe ihm ein Dach über den Kopf, täglich was zu essen und was macht dieser Tölpel: Er stiehlt mein Geld, läßt seine Arbeit liegen und verschwindet über alle Berge.

Appia: Ja und? Lassen wir Ihn laufen? Es war ja nicht sehr viel.....

Philemon: Ich weiß noch nicht, ich werde darüber nachdenken und darüber beten.



2.Szene


(Rennende Schritte kommen und entfernen sich schnell. Onesimus ist auf der Flucht.)


Onesimus: (ganz außer Atem) Ich muß erst mal eine Pause machen, ich kann nicht mehr. Aber lange darf ich nicht bleiben. Vielleicht sind Sklavenfänger hinter mir her. Aber ich muß es schaffen. Wenn ich es bis Rom schaffe, dann kriegt mich keiner mehr. Aber es sind noch zwei Tagesreisen bis Rom. Wenn ich erst dort bin, dann kann ich untertauchen. Dort gibt es viele kleine Gassen, wo man sich verstecken kann. Dann werde ich mir eine Arbeit suchen, auch wenn sie hart ist, egal. Hauptsache, sie wird gut bezahlt. Dann kann ich eine Familie gründen ohne „die Gnade meines Herrn“, dann lebe ich frei ohne „Onesimus hier“ und „Onesimus dort“. Vielleicht gehört mir sogar eines Tages eine kleine Hütte und ein Acker. Ich müßte hart arbeiten, aber das macht nichts, denn es ist ja dann für mich und nicht für irgendjemand anderes.
Wenn erst mal Gras über den Diebstahl und über meine Flucht gewachsen ist, wird kein Hahn mehr nach mir krähen. Solange müßte ich sicherlich noch warten, bis ich eine Arbeit suchen kann. Und Philemon? Der große Herr? Der hat soviel Geld, dem tut das ganz bestimmmt nicht weh, das Geld und einen Sklaven zu verlieren,und auch einen neuen Sklaven zu kaufen, tut ihm sicherlich nicht weh. Das Geld schüttelt der nur so aus dem Ärmel. Und bis dahin kann er ja mal selber ein bißchen mit anpacken. Das tut dem frommen Fettsack nur gut.

Also Onesimus auf nach Rom.


Musik (etwas fröhliches, hoffnungsvolles)


Onesimus: Rom, oh was für eine schöne Stadt. So groß, so voller Leben, voller Reichtümer, so viele Fremde und ich kenne nicht einen einzigen hier in dieser Stadt. Wo kann man hier nach einem Zimmer fragen? Ob ich hier wohl Arbeit finde?



Erzähler: Onesimus ist also in Rom angekommen. Er findet tatsächlich ein Zimmer in einer Herberge und nun sucht er nach einer Arbeit. Aber das ist gar nicht so leicht, wie er sich das vorgestellt hat. Viele Tage sucht er nun schon, aber er hat noch nichts gefunden. Sein Geld ist schon seit drei Tagen aufgebraucht und er weiß nicht, wie er das Zimmer und das Essen bezahlen soll. Onesimus hofft eine Arbeit zu finden, bevor der Wirt seine Geduld verliert. Heute morgen hat ihm die Wirtin schon sehr böse nachgeschaut.
Als er am Abend nach erfolgloser Suche wieder zurück kommt erwartet ihn eine böse Überraschung.
Ein Soldat wartet in der Schenke auf ihn. Die Wirtin zeigt mit dem Finger auf ihn und sagt:


Wirtin: Das ist der Zechpreller, nehmt ihn mit und quetscht ihn aus, bis er die Zeche zahlt.


Soldat: Im Namen des Kaisers: Du bist verhaftet.


Der Soldat nimmt Onesimus so fest am Arm, daß er sich vor Schmerzen gar nicht wehren kann. Das geht alles so schnell, daß er schon eingesperrt ist, bevor er überhaupt wieder zur Besinnung kommt.


3. Szene


Nun sitzt Onesimus da, grübelt vor sich hin und ärgert sich, daß er seine Chance so vertan hat.

Ein Soldat kommt in die Zelle.


Soldat: Steh auf, der Dekurio wartet schon.

Onesimus: Was geschieht jetzt mit mir?

Soldat: Das wird der Dekurio nach der Vernehmung entscheiden.


Nach der Vernehmung sitzt Onesimus verzweifelt in seiner Zelle. So allein wie jetzt hat er sich noch nie gefühlt. Was wird wohl werden ? Muß er lange hier bleiben? Werden sie herausbekommen, daß er ein entflohener Sklave ist? Und was ist, wenn sie es herausbekommen? Egal wie er es dreht und wendet, es scheint aussichtslos. Er ist verloren, entweder wird er sein Leben lang hier bleiben oder er wird vielleicht sogar hingerichtet. Zu Philemon zurück zu gehen scheint ihm auch nicht verlockend. Aber es ging ihm trotz allem dort besser als hier in diesem Dreckloch.

Diese und andere Gedanken schwirren in seinem Kopf hin und her, quälen ihn wieder und wieder.


(Musik ertönt, Lobpreis CD o.ä. und läuft im Hintergrund des Gespräches)


(Onesimus horcht auf, er hört Gesänge)

Onesimus: Was ist denn das ? Wer singt denn da? Hier im Gefängnis! Irgendwo habe ich das Lied schon mal gehört. Es muß im Haus des Philemon gewesen sein. Dann ist hier vielleicht jemand, den ich kenne.
He, Wächter, komm doch mal bitte...

Erzähler: Der Wächter kommt ganz gemächlich näher.


Wächter: Was willst Du denn?

Onesimus: Sag mal weißt du, wer da singt?

Wächter: Ach, das ist Paulus und seine Anhänger. Sie nennen sich Christen und singen und beten jeden Abend zur selben Stunde.

Onesimus: Dürfte ich wohl auch dort hin? Ich habe schon viel von ihm gehört und würde ihn gern mal kennenlernen.

Wächter: Gut, aber nur, wenn Du mir versprichst, keine Schwierigkeiten zu machen.

Onesimus: Ich schwöre bei allem, was mir heilig ist.


4.Szene


Der Wächter führt ihn durch viele dunkle Gänge eine Etage nach unten, wo die Sänger nun leise murmelnd beten. Als die Tür sich laut quietschend öffnet, schauen einige kurz auf und beten aber dann weiter.

Onesimus setzt sich dazu und schaut sich vorsichtig um.

Die Menschen hier scheinen sich gar nicht daran zu stören, daß sie im Gefängnis sind. Eine besondere Ruhe und innerer Frieden geht von ihnen aus. Warum diese Leute wohl im Gefängnis sind?
Nach der Zeit der Andacht fragt er einen, der neben ihm sitzt.


Onesimus: Mein Name ist Onesimus, wie ist dein Name?

Paulus: Friede sei mit dir, mein Name ist Paulus.

Onesimus: Ja, ja Friede sei mit Dir. (Onesimus sagt es wie eine Formel, ein bißchen genervt) Paulus? Bist du aus Tarsus? Ein Zeltmacher?

Paulus: Ja, der bin ich, hast du schon von mir gehört?

Onesimus: Ja und ich glaube du kennst auch meinen Herrn, Philemon in Kolossä.

Paulus: Philemon, natürlich kenne ich ihn. Wir haben uns auf einer meiner Reisen kennengelernt und sind gute Freunde geworden.
Aber was machst du hier? Weiß dein Herr, daß du hier bist?

Onesimus: Nein, ich bin weggelaufen. Ich konnte es nicht mehr ertragen, Sklave zu sein. Ich will frei sein so wie andere Menschen, ich will frei über mein Leben verfügen können, ohne daß mir jemand sagt, was ich tun oder lassen soll.

Paulus: Nun sieh wo dich deine Freiheit hingebracht hat.

Onesimus: Mmmm, warum bist du denn hier ?

Paulus: Ich habe die frohe Botschaft von Jesus Christus verkündigt, das gefiel den Juden nicht und darum haben sie einen Grund gesucht, um mich zu verklagen.


Onesimus und Paulus haben sich lange unterhalten. Jeden Tag durfte Onesimus zu Paulus denn er hatte viele Fragen und jeden Abend nach der Versammlung hatte er viel Zeit zum Nachdenken. Am nächsten Morgen hatte er neue Fragen. Paulus beantwortete jede seiner Fragen geduldig.
Eines Tages betete Onesimus mit Paulus und übergab Jesus sein Leben.


(kurze Musikeinblendung, triumphal, z.B. instrumentales „Amazing Grace“)


Zwei Wochen später erhielt Onesimus die Nachricht, daß er innerhalb von drei Tagen zu Philemon zurückgeschickt wird.


Onesimus: Oh Paulus, was soll ich nur machen? Philemon wird mich sicher zu Tode peitschen lassen. Und das Geld, das ich gestohlen habe, kann ich nie wieder zurückzahlen. Selbst wenn er mich am Leben läßt, werde ich diese Schuld niemals los. Ach könnte ich doch hier bei dir im Gefängnis bleiben!

Paulus: Keine Angst Onesimus, das würde Philemon nie tun. Er ist ein schon manchmal ein grimmiger Bär, aber er gehört Christus. Auch er hat erlebt, daß Jesus ihm die Schuld vergeben hat.
Wenn es dich aber beruhigt, dann schreibe ich ihm extra einen Brief. Außerdem werde ich Tychikus mit dir und einen Brief an die Gemeinde in Kolossä senden.


(Musik)


5.Szene


Tychikus und Onesimus machen ein letztes Mal Rast. Vor ihnen liegt Kolossä. Mit ihnen ist ein Soldat unterwegs, der die Übergabe des Onesimus überwacht.


Onesimus: Ich habe Angst Tychikus. Was erwartet mich dort? Was wird Philemon wohl mit mir machen? Wenn ich dort hingehe, ist er wieder der Herr über mein Leben.

Tychikus: Nein Onesimus, Jesus ist der Herr über dein Leben, egal was Philemon auch tut, du gehörst dem Herrn Jesus Christus. Auch der Tod kann dich nicht mehr aus seiner Hand reißen.
Aber davon abgesehen glaube ich nicht, daß er dir irgendwas antun wird oder gar in den Kerker werfen läßt.
Er ist gar nicht so schlimm, wie du denkst.


Tychikus nickt dem Soldaten zu zum Zeichen, daß sie bereit sind, weiter zu gehen. Der Soldat steigt auf sein Pferd, drückt ihm die Fersen in die Seiten und trabt hinter Onesimus und Tychikus her.


(Musik)


6. Szene


An der Haustür des Philemon hämmert der Soldat mit dem Griff seines Schwertes. Laut hallt es durch den Vorhof. Als die Diener die beiden Flügel des Tores öffnen, stehen Philemon und seine Familie in der Mitte des Hofes und wundern sich, wer zu einer solch ungewöhnlich Zeit Einlaß begehrt.
Onesimus muß seinen ganzen Mut zusammen nehmen und schickt noch schnell ein kurzes Gebet zum Himmel. Er geht auf Philemon zu und fällt vor ihm auf die Knie.


Onesimus: Mein Herr, ich dein Sklave, bitte dich um Vergebung. Es war falsch davon zu laufen und dein Geld habe ICH gestohlen. Ich kann es auch nicht zurückzahlen. Tu mit mir, was Du willst.


Philemon ist tief bewegt. Er weiß nicht wie er reagieren soll. Da kommt Tychikus und reicht ihm den Brief des Paulus. Philemon rollt ihn auseinander und liest laut.


Philemon: Paulus, Gefangener Christi Jesu, und Timotheus, der Bruder, an Philemon, den Lieben, unseren Gehilfen, und an Appia, die Schwester, und Archippus, unseren Streitgenossen, und an die Gemeinde in deinem Hause: Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus!

Ich bitte dich für Onesimus. Hier im Gefängnis habe ich ihn zum Glauben geführt, und so wurde er mein Sohn. Früher hattest Du an ihm nur einen Nichtsnutz, aber jetzt kann er Dir und mir nützlich sein. Ich schicke ihn zu Dir zurück - Was sage ich, ich schicke Dir mein eigenes Herz. Ich hätte ihn gerne selbst behalten; denn er hätte mir an deiner Stelle gute Dienste leisten können, solange ich für die gute Nachricht im Gefängnis bin. Aber ich wollte nicht ohne deine Zustimmung handeln. Du sollst das Gute nicht gezwungen tun, sondern aus freien Stücken.
Wenn ich dein Bruder im Glauben bin, dann nimm ihn auf, als ob ich es wäre. Wenn er dich geschädigt hat oder dir etwas schuldig ist, dann rechne es mir an. Ich Paulus schreibe es mit eigener Hand. Ich bin sicher, daß du meine Bitte erfüllst. Ja du wirst sicher noch mehr tun.
Auch bitte ich dich mir eine Herberge vorzubereiten, denn ich hoffe das ich eure Gebete euch geschenkt werde. Es grüßt dich Epaphras, mein Mitgefangener in Christus Jesus, Markus, Aristarchus, Demas, Lukas, meine Gehilfen.
Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus sei mit euch allen.



Onesimus hält den Atem an. Die ganze Zeit versuchte er im Gesicht des Philemon zu lesen, was er denkt.

Aber er konnte keinen Zorn oder Unwillen erkennen. Je weiter Philemon den Brief las, desto mehr entspannte sich Onesimus. Jetzt, da er aber zu Ende gelesen hatte, waren nun alle gespannt, was Philemon tun würde. Sogar der Soldat wagte sich vor lauter Spannung nicht zu rühren. Er hatte schon oft entlaufene Sklaven nach Hause gebracht, aber so etwas hatte er noch nie erlebt.

Philemon blickte auf seine Familie, seine anderen Diener, den Soldaten und zum Schluß auf Onesimus.
Er beugte sich herab nahm Onesimus bei den Schultern und richtete ihn auf. Er nahm ihn in die Arme und sagte leise :


Philemon: Mein Bruder in Christi. Komm ins Haus, wir haben uns viel zu erzählen.


Ende